„Auch um jung zu sein und zu lachen, musste man frei sein. Alle dachten so, und sie waren allesamt intelligente junge Frauen.“ (Zitat Seite 207)
Inhalt
Emanuela Andori kommt im November 1934 in das Grimaldi-Konvikt in Rom, ein von Nonnen geführtes Wohnheim für junge Frauen während des Studiums. Rasch wird sie in den Kreis einer Gruppe von sieben Freundinnen aufgenommen. Sie treffen einander abends in jeweils einem der Zimmer, wo sie nicht nur miteinander lernen, sondern ihre persönlichen Pläne und Träume für die Zeit nach dem Abschluss ihres Studiums mit den anderen teilen. Doch nicht immer erfüllen sich die Hoffnungen und so ändern sich auch ihre Lebenswege. Einen Wunsch haben diese jungen Frauen jedoch gemeinsam, sie sehnen sich nach Freiheit und wollen sich den traditionellen Gesellschaftsnormen nicht mehr unterordnen.
Thema und Genre
In diesem Roman geht es um einen wichtigen Abschnitt im Leben von jungen Frauen, ihre Träume, Sehnsüchte und Geheimnisse. Themen sind die traditionellen Gesellschaftsstrukturen und die Situation der Frauen in Italien in den 1930er Jahren, aber auch Familie, Freundschaft und die Liebe.
Erzählform und Sprache
Die Handlung umfasst einen begrenzten Zeitabschnitt zwischen Studium, Abschluss und die darauffolgende Zeit. Frühere wichtige Ereignisse im Leben der acht Hauptfiguren Emanuela, Milly, Silvia, Anna, Xenia, Valentina, Vinca und August, werden rückblickend als Erinnerungen, Gedanken und Gespräche geschildert und ergänzen so die einzelnen Charaktere mit vielen prägenden Details. Daraus ergeben sich auch die Konflikte, Probleme, das Verhalten und die Entscheidungen, um die es in diesem Roman geht. Zusätzliche, lebhafte Schilderungen führen uns durch Rom, Florenz und weitere Orte Italiens und die Autorin nimmt sich Zeit für das Beschreiben der jeweiligen Familiengefüge und auch der Männer, die in das Leben der Frauen treten. Die Sprache ist zeitlos modern und auch heute noch ohne Einschränkungen ansprechend und angenehm zu lesen.
Fazit
Dieser Roman spielt 1934 und ist ein wichtiges, facettenreiches Zeitdokument, da er auch in dieser Zeit geschrieben wurde. Eine interessante, beeindruckende Lektüre.
„Das Jahr 1956 war ein Rausch gewesen, aus dem Nebel längst vergangener Zeiten war der Mensch wieder aufgetaucht, der sie einmal gewesen war. Es war ihr Leben vor ihr aufgetaucht, das sie hätte leben können, wenn die Deutschen sie nicht verfolgt und aus dem Land gejagt hätten.“ (Zitat Pos. 2159)
Thema und Inhalt
Seit 1942 lebt die deutsche Lyrikerin mit ihrem Ehemann Chemjo Vinaver und Sohn Steven in Greenwich Village. Im September 1938 konnten sie Deutschland auf der Flucht vor den Nationalsozialisten gerade noch verlassen und gelangten über Paris im Oktober nach New York. Zunächst will sie nicht nach Deutschland zurück, doch die Sehnsucht ist groß und am 31. Dezember 1955 tritt sie ihre Reise zurück nach Deutschland an, zu ihrem Sehnsuchtsort Berlin, auf der Suche nach dem Berlin ihrer Vergangenheit und einer möglichen Zukunft. Dieses Jahr 1956 zeigt ihr das Leben, das sie ohne Verfolgung in Deutschland hätte leben können, doch sie erkennt auch, dass es dieses Land nicht mehr gibt. „Mascha Kaléko ist im Jahr ihrer wundersamen Rückkehr nach Deutschland bei all dem Glück, das sie erfahren hat, auch ihr Unglück noch einmal mit besonderer Drastik vor Augen erschienen. Ihr verlorenes Leben. Erst jetzt, nach diesem märchenhaften Jahr, ist wie wirklich heimatlos.“ (Zitat Pos 2159 – 2169) Genau darum geht es in diesem Buch, um dieses prägende Jahr in ihrem Leben und um ihr lyrisches Werk, um ihre Gedichte, in denen sich diese Themen und ihre Gefühle zeitlos widerspiegeln.
Umsetzung
Volker Weidermann erzählt eindrücklich leise über die Rückkehr zwischen Traum, Sorge und einer großen Hoffnung, und von einem Künstlerleben im Exil, in dem immer die Sehnsucht nach der alten Berlin mitschwingt. Die Geschichte basiert auf ausführlichen Recherchen Volker Weidermanns und vor allem auch die bereits erschienenen Biografien. So stehen die Briefe, die Mascha Kaléko beinahe täglich an ihren Mann schreibt, in denen sie ihre alle ihre Erlebnisse, Eindrücke und auch Sorgen schildert, im Mittelpunkt dieses Buches, eng verbunden mit den vielen entsprechenden Gedichten, die ihre Gefühle besser als jede Schilderung in Worte gefasst haben.
Fazit
Eine beeindruckende, vielseitige, einfühlsame und interessante Schilderung eines besonderen Jahres im Leben der bekannten Lyrikerin. Die in den Erzähltext eingefügten Gedichte machen Lust, in den Gedichtbänden von Mascha Kaléko weiterzulesen.
„Dass ich nicht mehr Schauspielerin bin, sondern in einer Bar arbeite, ist für meine Mutter eine schlimme persönliche Beleidigung. Und ich fühle mich oft schlecht, ihr das antun zu müssen.“ (Zitat Seite 10)
Inhalt
Schon als Kind hatte Anja sich danach gesehnt, von ihrer Mutter einfach nur geliebt zu werden, statt immer nur kritisiert, weil sie den Erwartungen nicht entsprach. Inzwischen ist Anja knapp über vierzig Jahre alt, hat auf Grund ihrer Selbstzweifel und einer prägenden Erfahrung ihren Beruf als Schauspielerin aufgegeben und arbeitet zum Entsetzen ihrer Mutter in einer Bar. Als ihre Mutter sie zum Essen einlädt, ahnt sie nicht, was sie erwartet: der Termin, an dem ihre Mutter ihr Leben beenden wird. Sie hat bereits alle notwendigen Schritte unternommen und ist dabei ihre eigene Beisetzung perfekt zu organisieren. Anja ist fassungslos. Was soll sie tun? „Ich bin froh, dass mein Psychiater mir ein Viertelchen Valium zu nehmen erlaubt hat, wenn ich meine Mutter treffe. Für ihn gehört sie ganz oben auf die Hitliste der Tausenden von Müttern, über die in seiner Praxis geredet wird.“ (Zitat Seite 5)
Thema und Genre
In diesem Roman geht es um problematische, im Grunde toxische Beziehungen, zwischen Mutter und Tochter, zwischen Mann und Frau, und eine zutiefst verunsicherte Hauptfigur voller Selbstzweifel, Minderwertigkeits- und Schuldgefühle. Es geht um die Problematik Sterbehilfe in der in der Schweiz legalen Form, und die vielschichtigen Konflikte und Fragen, die auftreten, wenn ein Mensch sich entscheidet, sein Leben selbstbestimmt zu beenden.
Erzählform und Sprache
Anja ist die Ich-Erzählerin ihrer Geschichte. Die Handlung verläuft chronologisch in der knappen Zeitspanne zwischen Januar und Februar, wird jedoch doch viele Erinnerungen der Hauptfigur ergänzt, die weit zurück in ihre Kindheit und die Geschichte ihrer Familie reichen. Die Erzählsprache ist geradlinig und modern, wird präzise, wenn es um die Facetten von Anjas Gefühlen und ihre tiefen Probleme geht, unterbrochen von Szenen, die mit Ironie und Humor geschildert werden.
Fazit
Eine vielschichtige Geschichte über eine komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung und das brisante Thema selbstbestimmtes Sterben als assistierter Suizid. Allerdings macht das dauerhaft von dem bewusst manipulativen Einflüssen ihrer egozentrischen Mutter geprägte Verhalten Anjas und ihr damit verbundenes Gedankenkarussell die Handlung teilweise etwas langatmig und mühsam, obwohl es durchaus immer wieder Ansätze gibt, dass Anja sich selbst durchaus kritisch-humorvoll sieht. „Ich nehme mir vor, sie heute den Rest des Tages allein zu lassen und mir deswegen keine Vorwürfe zu machen. Das wäre doch mal was, ein Nachmittag ohne Selbstvorwürfe.“ (Zitat Seite 113)
„Ein normaler Tag mitten in einer normalen Woche, mitten in allem, mitten in einem Leben, in dem sie sich zurechtzufinden begann.“ (Zitat Pos. 969)
Inhalt
Anna ist Künstlerin, sie malt, gleichzeitig führt sie ebenso kreativ einen Laden für Topfpflanzen. Im letzten Sommer war sie nach Berlin Kreuzberg gezogen, nun hat das Jahr gerade begonnen und Annas Leben ist völlig verändert. Ihre Freundin Vinka hat sie überraschend und ohne Erklärung verlassen. Seither hat sich Anna völlig zurückgezogen, mit einer Ausnahme: der tägliche Besuch bei dem ebenso introvertierten Henning, der in seinem Antiquariat seine Bücher nur ungern verkauft und selbst an einem Buch schreibt. An einem kalten Tag Anfang Januar kommt Alex in Annas Pflanzenladen. Er sucht dringend einen Platz in einer WG und da nach Vinkas Verschwinden auch Annas Plan hinfällig geworden ist, dass Vinka bei ihr einzieht und einen Teil der Miete übernimmt, nimmt sie Alex vorübergehend in ihrer Wohnung auf. Bald holen Alex und die Besuche in der Mini-Bar, die er gemeinsam mit seinem Freund Bence führt, Anna aus ihrer Einsamkeit, es sind zunächst nur kleine Veränderungen, aber als Alex Anna dazu bringt, ihm von Vinka zu erzählen und ihr klar wird, dass sie noch ein Mal mit Vinka reden muss, passt Henning auf den Pflanzenladen auf und Alex begleitet Anna.
Thema und Genre
In diesem Roman geht es um Liebe und Verlust, prägende Kindheitserlebnisse, Mutter und Töchter, Kunst, Einsamkeit und die Suche nach dem eigenen Leben.
Erzählform und Sprache
Anna und ihre Geschichte stehen im personalen Mittelpunkt der chronologisch erzählen Haupthandlung. Erinnerungen an Kindheitserlebnisse ergänzen die Ereignisse im Lauf des Buches mit weiteren Details und ergeben sich, ebenso wie die Schilderungen von Vinka und der gemeinsamen Zeit, aus ihren Gesprächen mit Alex. Die Erzählsprache ist ruhig fließend und schildert einfühlsam Annas Konflikte und Probleme, auch wenn ihr Verhalten nicht immer klar nachvollziehbar ist.
Fazit
Ein leiser Unterhaltungsroman über eine junge, etwas verträumte und sensible Künstlerin, die sich erst aus den Erinnerungen an eine unglückliche Liebe befreien muss, um wieder Selbstvertrauen und damit einen Weg in ihr eigenes Leben zu finden.
„Die Wand war blutverschmiert, und man musste kein Experte sein, um zu sehen, dass die Worte zur Situation passten, egal, ob sie sich auf Þorgeir oder den Täter bezogen.“ (Zitat Pos. 517)
Inhalt
Am Dienstag, den 8. Dezember, wird in einem Sommerhaus die Leiche des einundvierzigjährigen Softwareingenieurs Þorgeir entdeckt. Er ist seit einigen Tagen tot und war durch mehrere Messerstiche brutal ermordet worden. An die Holzwand wurde mit einem schwarzen Filzstift eine Zeile aus einem isländischen Kirchenlied geschrieben. Für die Kommissarin Elma ist es der erste Fall nach der Babypause und er verlangt sofort ihren intensiven Einsatz. Die zunächst rätselhafte Inschrift führt zurück in den Sommer 1995, wo im beliebten Ferienlager des Christlichen Vereins in Vatnaskógur ein Junge ertrunken war. Die Ermittlungsunterlagen endeten damals rasch mit der Feststellung, es sei ein Unfall gewesen, doch jemand sieht dies anders. Auch Elmas Ehemann Sævar, der nun in Elternzeit auf die gemeinsame Tochter Adda aufpasst, beginnt heimlich zu recherchieren. Denn beim Leeren der Umzugskartons entdeckt er einen Karton, der noch von den Vorbesitzern ihres Hauses stammt, und darin befindet sich ein Tagebuch mit Einträgen aus genau diesem Sommer 1995.
Thema und Genre
Dieser Kriminalroman ist der fünfte Band der Serie „Mörderisches Island“ mit dem Ermittlerteam Hörður und Elma. Es geht um Geheimnisse und prägende Erlebnisse der Jugendzeit, und ein Verbrechen, das nun, fünfundzwanzig Jahre später, gerächt wird.
Erzählform und Sprache
Die Geschichte wird in drei Handlungssträngen erzählt, die einander abwechseln und jeweils durch die Zeitangabe oder den betreffenden Namen in der Überschrift einfach zuzuordnen sind. Eine Erzählebene ist der Sommer 1995, der zweite Teil betrifft die Ereignisse in Þorgeirs Leben bis zu seinem Tod und im dritten Handlungsstrang geht es um die aktuellen Ermittlungen. So ergeben sich für den Leser parallel zu den Erkenntnissen der Polizei weitere Details und Hintergründe, damals und heute. Es wird jedoch nie mehr verraten, als die Informationen, welche das Ermittlerteam durch Recherchen und Gespräche erfährt. So bleibt dieser Kriminalroman offen für eigene Überlegungen und überraschende Wendungen, wobei der aktuelle straffe Zeitrahmen vom 8. bis zum 23. Dezember für zusätzliche Spannung sorgt.
Fazit
Ein Nordic Noir Kriminalroman in einem düsteren Ambiente, dessen Rätsel, einprägsame Figuren und gesellschaftskritische Themen für ein facettenreiches, packendes Lesevergnügen sorgen.
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