Ein falsches Wort – Vigdis Hjorth

AutorVigdis Hjorth
VerlagS. FISCHER
Datum13. März 2024
AusgabeHardcover
Seiten400
SpracheDeutsch
ISBN-13 978-3103975130

„Das war gut, und es war kein Wunder, dass sie wahrscheinlich darüber gesprochen hatten, was von der Geschichte zu halten war, denn man kann nicht alles glauben, was Menschen über ihre Kindheit erzählen.“ (Zitat Seite 245)

Inhalt

Der Erbstreit zwischen den vier Geschwistern beginnt schon Wochen vor dem Tod des Vaters, als dieser die beiden Ferienhütten der Familie auf der Insel Hvaler auf die zwei jüngeren Töchter Astrid und Åsa überschreibt und sowohl Bård, den Ältesten, als auch die ältere Tochter Bergljot übergeht. Dreiundzwanzig Jahre ist es her, seit Bergljot mit der Familie gebrochen hat, doch nun ergreift sie Partei für Bård. Bald wird klar, in dieser Geschichte ihrer Familie, die uns Bergljot hier erzählt, ist der Streit um das Erbe nur der Auslöser, denn es ist Bergljot, die endlich gesehen werden will. Sie will, dass man ihr endlich zuhört und ihr glaubt, denn ihre Kindheit ist anders verlaufen, als die ihrer beiden jüngeren Schwestern. Vielleicht könnte sie dann endlich einen Schlussstrich ziehen.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Familiengeheimnisse, prägende Kindheitserfahrungen, Mutter-Kind-Konflikte, Geschwister, Anerkennung, Glaubwürdigkeit, Vertuschung, Schuld und die Frage nach den Grenzen der Vergebung.

Erzählform und Sprache

„Ich wusste nicht, wie es war, ein normaler Mensch zu sein, ein unbeschädigter Mensch, ich hatte keine andere Erfahrung als meine eigene.“ (Zitat Seite 75) Dies sagt die Ich-Erzählerin Bergljot, beinahe sechzig Jahre alt, Literaturwissenschaftlerin und Mutter von drei erwachsenen Kindern, über sich selbst. Die aktuelle Handlung erstreckt sich über einen knappen Zeitraum zwischen dem Tod des Vaters, Notartermin und Abwicklung des Nachlasses. Die persönlichen Erinnerungen, welche die Ich-Erzählerin mit uns teilt, schieben sich als kurze Episoden und nicht chronologisch zwischen die aktuellen Ereignisse. So wird rasch klar, dass sich der tiefe Riss, der sich seit dem Erbstreit durch die Familie zieht, nur symbolisch ist für Verfälle, sie weit in der Vergangenheit liegen und die nicht klar ausgesprochen werden, aber dennoch deutlich genug sind, wenn Bergljot „darüber“ sprechen will. Durch die gewählte Form der direkt Betroffenen als Ich-Erzählerin tauchen wir tief in ihre Gedankenströme ein. Die Sprache, wie die Hauptfigur Bergljot selbst, ist anstrengend, wie ein in Wiederholungen sich drehender Gedankenkreisel, und man wird beim Lesen in diesem Sog mitgewirbelt. Als bewusst eingesetztes Stilelement passen die dauernden Wiederholungen einzelner Gedankengänge für mich perfekt, aber diese Wiederholungen der Gedanken, Worte und Sätze ziehen sich konstant durch die gesamte Geschichte. Auch wenn die Idee dahinter klar ist, es wird die Situation der Hauptfigur auch durch die Sprache eindrücklich dargestellt, so hat die Handlung dadurch trotz einiger bewusst eingesetzter Wendungen und Spannungselemente Längen. „Das Leben der Menschen ist wie ein Roman, dachte ich, wenn du in einem Roman weit genug gekommen bist, willst du, auch wenn er ziemlich langweilig ist, wissen, wie es weitergeht …“ (Zitat Seite 310) Dieses Teilzitat beschreibt perfekt meine persönliche Leseerfahrung mit diesem Roman.

Fazit

Eine gespaltene Familie, verstörende Geheimnisse, über die nicht gesprochen wird, und die wiederholten Versuche einer etwas nervenden, an sich selbst und ihrem Leben zweifelnden Hauptfigur, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen.

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