Atom – Steffen Kopetzky

AutorSteffen Kopetzky
VerlagRowohlt Berlin
Datum11. März 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten416
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3737101523

 „Er sammelt die Schätze ein, versteckt sie und verschwindet. Dann übergibt er stückweise wichtige Forschung, Ergebnisse, Pläne oder eben Spezialisten – aber er selbst ist nie vor Ort und hat immer noch wesentliches Material in der Hinterhand.“ (Zitat Pos. 4119)

Inhalt

Commander Scully Hamilton, MI6, vermittelt in diesem Sommer 1926 dem begabten Rugby-Spieler, vor allem jedoch in Physik hochbegabten Simon Batley, Student an der Universität Bristol, ein Auslandsstipendium an der Uni Berlin. Neben der Verschwiegenheitsvereinbarung, die er für den britischen Geheimdienst unterschreiben musste, berichtet er auch über die Aktivitäten seines Studienfreundes Sascha, mit dramatischen Folgen. 1939 unterrichtet Simon, inzwischen Dr. Batley und nach England zurückgekehrt, Physik an einem englischen Gymnasium. Er hat sich vom Geheimdienst zurückgezogen und will seine Ruhe. Doch dann tritt Scully wieder in Simons Leben, mit dem Oslo-Report, in dem ein „Wohlgesinnter“ den Briten auf sieben Seiten von den aktuellen Forschungen und Waffen der Deutschen berichtet. Auf einer Liste von deutschen Wissenschaftlern in der Raketenforschung findet Simon den Namen seiner großen Liebe Hedi, Dr.rer.nat. Hedwig von Treyden, die er nach dem Desaster in Berlin ohne Abschied verlassen musste. „Scientific Intelligence“ heißt die neue Spezialabteilung des Geheimdienstes in London, und Simon ist von Anfang an dabei. Berichte über neue deutsche Forschungsprojekte, Waffen von enormer Reichweite und mit unvorstellbarer Zerstörungskraft, führen ihn schließlich zu dem Namen Hans Kammler, General der Waffen-SS und Chefplaner von geheimen, großräumigen, unterirdischen Forschungsstätten. Ein Wettlauf beginnt, denn auch die Amerikaner und die Russen sind an Kammlers Forschungserfolgen interessiert. Parallel zu seinen gefährlichen Einsätzen verliert Agent Batley jedoch nie sein persönliches Ziel aus den Augen, Hedi zu finden und endlich zu erfahren, was damals in Berlin wirklich geschehen ist.

Thema und Genre

In diesem historischen Polit- und Wissenschaftsthriller geht es um die Atomforschung und die Entwicklung der Atombombe im zweiten Weltkrieg, um Spionage, Vertrauen und Verrat. Die Hauptfiguren sind fiktiv, jedoch im Rahmen der geschichtlichen Fakten mit tatsächlichen Ereignissen und realen Namen verbunden.

Erzählform und Sprache

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Wissenschaftler und Geheimagent Simon Batley,

überzeugt von der Notwendigkeit seiner Einsätze, aber nie skrupellos, was ihn menschlich und sympathisch macht. Die Ereignisse verlaufen chronologisch, Zeitsprünge werden durch Datumsangaben im Text und erklärt. Die Spannung steigt stetig, bis zu einem gleichbleibend hohen, jedoch immer rasanteren Spannungsbogen.  Die Handlung wird durch wissenswerte Informationen und Fakten aus diesem wichtigen Kapitel von Wissenschaft und Forschung ergänzt, was diesem Roman eine brisante Aktualität verleiht. Die Sprache ergänzt die Ereignisse durch Beschreibungen der Charaktere, der Örtlichkeiten in den verschiedenen Ländern, ruht kurz in Stimmungsbildern der Natur, bindet auch bekannte Werke der Literatur in die Dialoge ein und rundet so das Lesevergnügen ab.

Fazit

Eine überaus interessante, packende Geschichte, ein rasanter Polit-, Wissenschafts-und Spionagethriller über die Atomforschung und die Entwicklung von Atomwaffen während des zweiten Weltkriegs.

Ginsterburg – Arno Frank

AutorArno Frank
VerlagKlett-Cotta Verlag
Datum15. Februar 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten432
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3608966480

„Im Spätsommer 1940 wartete Ginsterburg im hügeligen Herzen des Reiches geduldig auf das Ende eines Krieges, der anderswo wütete, in den fernen Peripherien des Kontinents.“ (Zitat Seite 257, 258)

Inhalt

In Ginsterburg, einer deutschen Provinzstadt, scheint das Leben auch unter der neuen nationalsozialistischen Ordnung weiterzufließen, Familienbande werden gefestigt oder getrennt, und auch die Liebe bewegt die Menschen wie zu allen Zeiten. Während der Blumenhändler Otto Gürckel, nun auch Bürgermeister und Kreisleiter, seine beiden langjährigen Freunde, den Redakteur Eugen von Wieland und den Unternehmer Clemens Jungheinrich weiterhin von „der Sache“ zu überzeugen versucht, und sei es nur durch neue Profitmöglichkeiten und Aufstiegschancen, beginnt für die Buchhändlerin Merle eine Zeit erhöhter Vorsicht. Doch sie kann und will nicht verhindern, dass ihr Sohn Lothar der HJ beitritt, denn nur so kann er seinen Traum vom Fliegen umsetzen. Durch seine außerordentliche Begabung ist er nach erfolgreicher Ausbildung 1940 bereits aktiv im Einsatz. 1935 hatte er es beim Angeln nicht über sich gebracht, den Fisch zu töten, doch diese zehn Jahre zwischen 1935 und 1945 verändern nicht nur ihn.

Thema und Genre

Dieser Roman verfolgt den Weg eines kleinen Personenkreises in der beschaulichen deutschen Stadt Ginsterburg, symbolisch für ganz Deutschland. Es geht um persönliche Schicksale, Familienkonflikte, Freundschaft, Liebe, vor allem jedoch um das Leben und die Einstellung der Menschen im Nationalsozialismus zwischen innerem Widerstand, Anpassung und Überzeugung.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte von Ginsterburg und seinen Bewohnern wird chronologisch geschildert, in übergeordneten Kapiteln werden die Jahre 1935, 1940, 1945 beleuchtet, ergänzt durch Rückblicke in Gesprächen und Gedanken. Parallel dazu lesen wir die Geschichte von Alfred „Alfie“ Wellbeck aus Wales, dessen Flugzeug getroffen wurde und der langsam im Fallschirm auf Ginsterburg herabschwebt, während er über sein bisheriges Leben nachdenkt. Weiter kurze Texte beleuchten die Entwicklung der deutschen Luftwaffe. Es ist die besondere Erzählsprache von Arno Frank, die sofort beeindruckt, poetisch in den Schilderungen, mit gekonnt eingesetzten und dosierten Metaphern, und genau bis in die feinsten Nuancen bei der Charakterisierung der einzelnen Figuren.

Fazit

Ein Roman, der einfach sprachlos macht, leise und doch so ungemein intensiv erzählt Frank die Geschichte von Ginsterburg und seiner Einwohner, eine Stadt wie viele andere, mit Menschen wie viele andere in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Wir lernen eine Gruppe von Hauptfiguren sehr gut kennen, folgen ihrem Verhalten, ihren Konflikten, Wünschen und Träumen. Sympathisch oder unsympathisch, das macht schließlich keinen Unterschied. Ein Roman mit vielen Facetten und Themen, der bewegt und überzeugt.