Drei Kameradinnen – Shida Bazyar

AutorShida Bazyar
Verlag Kiepenheuer&Witsch
Erscheinungsdatum 15. April 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten352
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462052763

„Ihr werdet alles, was ich sage, ein wenig anzweifeln und euch vergewissern, dass ihr es besser wisst. Ihr habt vielleicht recht, genauso wie ich. Ich habe recht, und ich habe beim Schreiben manchmal gelogen, okay, aber ich habe trotzdem recht, denn lügen und recht haben, das schließt sich nicht aus, auch bei mir nicht.“ (Zitat Pos. 4193)

Inhalt

Kasih kennt Hani und Saya schon seit ihrer Kindheit und Jugend in einer hauptsächlich von Menschen mit Migrationshintergrund bewohnten Problemsiedlung am Stadtrand. Inzwischen haben sie studiert, Saya ist beruflich viel auf Reisen, doch ihre Freundschaft ist beständig. Nun treffen sie einander nach sechs Jahren wieder, Saya kommt für einige Tage zu Kasih auf Besuch, da eine gemeinsame Freundin heiratet. Dann kommt diese besondere Nacht, in der Kasih alles niederschreibt, wie es ist, als Deutsche mit den täglichen Diskriminierungen und Vorurteilen zu leben, die sich allein durch das Aussehen ergeben. Es sind Erinnerungen und aktuelle Ereignisse in einer Zeit, in welcher Ausländerhass und Rassismus stärker werden, statt zu verschwinden.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um die Kraft der Freundschaft, den Alltag von Frauen und Familien mit Migrationshintergrund, um Alltagsrassismus, Rechtsruck in der Politik, Vorurteile und Missverständnisse.

Charaktere

Kasih ist studierte Soziologin, arbeitslos, kritisch und dennoch der Ruhepol zwischen der pragmatischen Hani und der zornigen, aufbrausenden Saya, deren innere Wut und Solidarität dazu führen, dass sie keine Konfrontation auslässt. „Damit war die Diskussion beendet und erst Jahre später, wirklich viele Jahre später, sagen wir, in diesem Jahr, war Saya aufgefallen, dass sie in solchen Diskussionen nie eine Chance gehabt hatte, denn alle, auch sie selbst, sahen ihre Rolle lediglich darin, provozierende Dinge in die Runde zu werfen und allen inbrünstig zu widersprechen, aber ihre Rolle sah nicht vor, recht zu haben.“ (Zitat Pos. 702)

Handlung und Schreibstil

Dieser Roman besticht neben Inhalt und Handlung durch seine moderne Erzählform, in Verbindung mit einer modernen, aber gleichzeitig eindrücklichen Sprache. Wir Lesende sind „Ihr“, viele von uns sicher die „Weißen“, während die drei Frauen Kasih, Hani und Saya „wir“ sind. Es sind Episoden, Ereignisse, kurze Szenen, die hauptsächlich Kasih als Ich-Erzählerin schildert, Erinnerungen an die Kindheit und Jugend, an ihre Beziehungen als Erwachsene. Eingebettet sind diese Rückblicke, in die ebenfalls knapp und rasch aufeinanderfolgend skizzierten aktuellen Ereignisse innerhalb von wenigen Tagen. Wenn es sich um Situationen handelt, in denen Kasih nicht anwesend ist, wechselt die Autorin in eine personale Erzählperspektive. Diese Vielfalt, die raschen Gedankensprünge, die geballte, zornige Kraft der Aussagen und Inhalte der Ich-Erzählerin machen diesen Roman packend, intensiv, und gleichzeitig regt jede Seite zu neuem Nachdenken an, zu Änderungen der eigenen Erfahrungen und Sichtweisen. Auch ich musste ein persönliches Vorurteil revidieren, denn ich hätte dieses Buch längst lesen können, aber die für mich negative Wortwahl des Titels schreckte mich ab, bis ich durch die Longlist-Broschüre eine längere Leseprobe lesen konnte, zusammen mit mehr Informationen.

Fazit

Eine intensive Geschichte über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, bewusst, oder im Alltag unbewusst, über gegenseitige Vorurteile und Missverständnisse, die einen normalen, unverkrampften Umgang miteinander verhindern. Es geht um eine einfach Frage: Jobsuche, Wohnungsnot, Beziehungen – es sind Probleme, die wir alle kennen, egal, ob unsere Haut etwas heller oder dunkler ist. Warum aber macht das immer noch einen Unterschied?

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