Mary Shelley: Freiheit und Liebe – Barbara Sichtermann

AutorBarbara Sichtermann
Verlag Osburg Verlag
Erscheinungsdatum 22. Februar 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten300
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3955102777

„Zu ihrer Liebe gehörten auch der Geist, die Lektüre und das Schreiben, gehörte die schaffende und interpretierende Arbeit an Texten, und damit sparten sie nicht.“ (Zitat Pos. 825)

Inhalt

1814 bricht Mary Godwin, erst sechzehn Jahre alt, mit ihrer großen Liebe, dem Dichter Percy Bysshe Shelley, heimlich nach Frankreich auf, obwohl dieser verheiratet ist. Ihre Stiefschwester Claire Clairmont begleitet die beiden auf ihren Reisen durch Europa. Es ist ein unruhiges Leben, oft geprägt von Geldsorgen, das diese beiden unangepassten, zutiefst dem liberalen Gedanken verbundenen Künstler führen. Den Sommer 1816 verbringen sie am Genfer See, in der Gesellschaft des damals schon berühmten Dichters Lord Byron, der dort für sich und den Schriftsteller und Arzt John Polidori die Villa Diodati gemietet hat. Es ist ein kalter, verregneter Sommer. Die dunklen, nur von Gewitterblitzen erhellten Abende in der Villa Diodati verbringen sie mit Diskussionen und dem gemeinsamen Lesen von Schauergeschichten. Dann hat Lord Byron die Idee zu einem Wettbewerb, wer von ihnen schreibt die beste Schauer- oder Gespenstergeschichte. So entstehen zwei Werke, welche Jahrhunderte prägen sollten: The Vampyre von John Polidori, ursprünglich Lord Byron zugeordnet und Frankenstein or The Modern Prometheus von Mary Shelley, anonym erschienen und ursprünglich Percy B. Shelley zugeordnet. 1822 stirbt Percy bei einem Segelunfall und Mary kehrt mit ihrem Sohn nach England zurück, wo sie sich bewusst entscheidet, als unabhängige Schriftstellerin vom Schreiben leben zu wollen.

Thema und Genre

Diese Romanbiografie schildert das Leben einer eigenwilligen, ihren Idealen verbundenen Frau. Beim Lesen sollte man immer vor Augen haben, wann diese Ereignisse stattgefunden haben, nämlich während der ersten zwanzig Jahre des 19. Jahrhunderts, und damit war sie ihrer Zeit weit voraus.

Charaktere

Die biografischen Daten und Quellenangaben zeigen die intensive Recherchearbeit der Autorin und ergeben so nachvollziehbare, authentische Darstellungen der einzelnen Personen, ihrer Handlungen und ihres Lebens.

Handlung und Schreibstil

Mary Godwin, geboren am 30. August 1797 in London, ist die Tochter des Philosophen William Godwin und der bekannten Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Mary Wollstonecraft. Ihre Mutter stirbt jedoch wenige Tage nach der Geburt und Marys Leben ist durch ihre strenge Stiefmutter oft schwierig, bis Mary auf den charmanten Freigeist Percy Bysshe Shelley trifft, einen Bewunderer ihres Vaters. Damit beginnt das turbulente, unabhängige, aber niemals einfache Leben der Schriftstellerin Mary Shelley. Diese Romanbiografie folgt ihrem Leben chronologisch, beschreibt auch die persönlichen Rückschläge durch tragische Verluste, Perioden, in denen sie nur das Schreiben und ihr Wille aus drohenden Depressionen ziehen. Auf Grund der genauen Daten, Originalzitate und Textauszüge, der umfangreichen Recherchen, Quellenangaben und Sekundärliteratur würde ich dieses Buch als Biografie, verfasst in einer sehr angenehm zu lesenden Romansprache beschreiben. Die Spannung liegt im Leben von Mary Shelley selbst, auch hier musste nicht fiktiv nachgeholfen werden.

Fazit

Eine sehr gut recherchierte Biografie, verfasst in der angenehm zu lesenden Sprache eines Romans. Mary Shelley war eine starke Frau, in ihren Ansichten ihrer Zeit weit voraus, und ihr Leben verlief in der Realität schon so packend und facettenreich, dass nichts hinzugedichtet werden muss, um alle Wünsche nach einer interessanten, spannenden Lektüre zu erfüllen.

Nora Joyce und die Liebe zu den Büchern – Nuala O’Connor

AutorNuala O’Connor
Verlag Insel Verlag
Erscheinungsdatum 18. April 2021
FormatBroschiert
Seiten461
SpracheDeutsch
ÜbersetzungEike Schönfeld
ISBN-13978-3458681427

„Vielleicht bin ich ihm als Frau zu einfach, zu sehr Galway, zu wenig Bildung, zu arm. Vielleicht stehe ich ihm im Weg und er will jetzt seine Freiheit, vielleicht schreibt er mir deshalb Dinge, damit ich mich gräme und weine, allein in unserem Bett.“ (Zitat Seite 189)

Inhalt

Die Irin Nora Barnacle arbeitet als Zimmermädchen in einem Hotel in Dublin. Sie ist zwanzig Jahre alt, als sie 1904 James Joyce kennenlernt. Gemeinsam verlassen sie heimlich Irland und leben in wilder Ehe zusammen. Ihr Weg führt sie nach Zürich, Triest, Paris. Beide können nicht mit Geld umgehen und so leben sie viele Jahre mit ihren zwei Kindern auf engstem Raum und in großer Armut, unterstützt von seinem Bruder  Stanislaus Joyce und Freunden, bevor der Erfolg seiner Bücher sie finanziell absichert. Für Nora, Vorbild der Frauenfiguren in seinen Romanen, ist der alkoholsüchtige, schwierige Künstler, ihr Jim, der Mittelpunkt ihres Lebens und sie glaubt an seinen Erfolg als Schriftsteller.

Thema und Genre

Dieser Roman mit biografischem Hintergrund schildert das Leben von Nora Joyce an der Seite des irischen Schriftstellers James Joyce als fiktive Autobiografie der Ich-Erzählerin Nora.

Charaktere

Im zeitgenössischen Freundes- und Bekanntenkreis wird Nora als sehr gewöhnliche, ungebildete Frau geschildert. Obwohl Brenda Maddox in ihrer Biografie dieses wohl einseitige Bild ändern konnte, zeigt der vorliegende Roman wieder das Bild einer Nora, die zwar die Gedichte ihres Jim liebte, doch seine Bücher nie gelesen hat, weil sie einfachste Heftromane bevorzugte. In den schwierigen Zeiten vor seinem Erfolg bleibt sie nur bei ihm, weil sie befürchtet, alleine nicht für ihre beiden Kinder sorgen zu können. Die Gutmütigkeit von Stanislaus, James‘ Bruder, nützt sie aus, immer wieder bittet sie ihn mit Selbstverständlichkeit um Geld. So macht dieser Roman aus Nora eine nicht sehr sympathische Frau.

Handlung und Schreibstil

Nora Barnacle-Joyce schildert ihre Geschichte selbst, der Roman ist als Ich-Erzählung in Tagebuchform gestaltet. Er beginnt mit dem ersten Date mit James „Jim“ am 16. Juni 1904. Es folgt eine kurze Schilderung ihrer Kindheit bis zu diesem Tag. Die Handlung endet 1951 in Zürich. Um Nora authentisch wirken zu lassen, ist dieser Roman in einer einfachen Umganssprache geschrieben und konnte mich streckenweise nicht überzeugen und packen. Vielleicht liegt dies teilweise auch an der Übersetzung, oftmals „grunzt“ Jim, oder Nora, oder ein Freund, bevor sie bzw. er etwas sagen und hier hätte es, wie so oft in der englischen Sprache, mehrere Übersetzungsmöglichkeiten geben. Während der Bahnfahrt nach Zürich: „Jim grunzt. ‚Bald geht’s durch den Arlbergtunnel, Nora.‘“ (Zitat Seite 260)

Fazit

Ein Roman in autobiografischer Form, dessen deutscher Untertitel „und die Liebe zu den Büchern“, der im englischen Original fehlt, dazu führte, dass ich eine etwas andere Schilderung des Lebens von Nora Joyce erwartet hatte. Hier wird zwar auch erzählt, wie James Jocye an seinen Romanen schreibt, aber generell geht es nicht um Literatur, sondern um Noras Alltag, ihre Befindlichkeiten, ihre Suche nach Freundinnen in fremden Städten, ihre sexuellen Phantasien. Dennoch ist es eine interessante Frauengeschichte über das Leben an der Seite eines schwierigen Künstlers, die sicher begeisterte Leserinnen finden wird.

Die Stunde der Räuber: Der Schiller-Roman, Erster Teil – Udo Weinbörner

AutorUdo Weinbörner
Verlag Fehnland-Verlag
Erscheinungsdatum 20. Mai 2019
FormatTB, broschiert
Seiten420
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3947220311

„Konnte dies sein eigener Weg sein? Konnten die Worte, wohl gesetzt in Vers und Reim die Welt weiten, Stütze sein auf der Suche nach der Wahrheit und Freiheit?“ (Zitat Seite 22)

Inhalt

Obwohl groß gewachsen, ist der junge Friedrich Schiller eher zart und auch seine Gesundheit ist nicht besonders robust. Nach dem Wunsch seines Vaters sollte er später einmal Theologie studieren und einen geistlichen Beruf ergreifen. Doch Herzog Carl Eugen, der Landesherr, fordert ihn für seine herzogliche Militärschule. Für Friedrich, gerade erst sieben Jahre alt, beginnen Jahres des Drills, Hunger, Kälte, Strafen. Doch er findet auch Freunde, die Gruppe hält zusammen und heimlich lesen sie die von ihnen verehrten Dichter wie Schubart, Goethe, Shakespeare. Friedrich Schiller erkennt bald, dass er nur eines will: schreiben und im neuen Geist er Freiheit seine Gedanken äußern.

Thema und Genre

In diesem historischen Roman wird die Kindheit und Jugend Friedrich Schillers geschildert, seine schwierigen Jahre an der Militärakademie, seine Anfänge als Dichter und der Weg zu seinem ersten Drama, „Die Räuber“. So entsteht ein lebendiges Bild des jungen Dichters und der Epoche der Aufklärung zwischen Absolutismus und französischer Revolution.

Charaktere

Der intensiven Recherchen des Autors, sein Hinzuziehen aller in den Archiven vorhandenen Unterlagen ist es zu verdanken, dass der ungestüme, unbeugsame, manchmal unvernünftige junge Friedrich Schiller und seine Familie, seine Freunde und auch der despotische Herzog Carl Eugen zwischen den Seiten dieses biografischen Romans lebendig werden und ein buntes Bild dieser Zeit entsteht.

Handlung und Schreibstil

Dieser erste von zwei Bänden beschreibt die Jugendjahre Schillers, die unmenschlich harte, an starre Regeln gebundene Ausbildung der Knaben an der Herzoglichen Militärakademie beim Schloss Solitude, später in Stuttgart. Sein Aufbegehren wurde von einem Freundeskreis geteilt und unterstützt. Gemeinsam diskutierte man Freiheit und wichtige Werte, kritisierte den Prunk, den der Herzog trieb, während sein Volk hungerte. Vor allem jedoch las man heimlich die Dichter, deren Werke für diese Freiheitsgedanken und Aufbegehren standen, Schubart, Shakespeare, Goethe. Schon früh begann Friedrich Schiller, selbst zu schreiben, gegen alle Widerstände, Strafen und Gefahren. Höhepunkt dieses Buches ist die Uraufführung seines Dramas „Die Räuber“.

Der Autor passt die Sprache der Zeit an, findet jedoch eine perfekte Mischung und Verbindung zum modernen geschriebenen Wort. Die Handlung ist vielschichtig, es gibt sehr spannende Episoden und auch sehr humorvolle Szenen: Geschichte lebt.

Fazit

Ein biografischer Roman, der die Jugendjahre, die Entwicklung Friedrich Schillers erzählt und die Entstehungsgeschichte seines ersten Dramas „Die Räuber“. Ein lebhaftes Bild dieser Zeit, bietet dieses packende Buch nicht nur Wissen und Informationen, sondern man taucht als Leser begeistert in die Seiten und die Zeit, liest mit Vergnügen und Spannung und wird sich vielleicht, wie ich, sich anschließend wieder Zeit für Schillers Dramen, Gedichte und Schriften nehmen.