Ein von Schatten begrenzter Raum – Emine Sevgi Özdamar

AutorEmine Sevgi Özdamar
Verlag Suhrkamp Verlag
Erscheinungsdatum 10. Oktobert 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten763
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3518430088

„Der Rest des Raumes ist ohne Schatten. Deswegen sieht es nur dort, wo der Schatten gewachsen ist, wie ein Raum aus, wie ein von Schatten begrenzter Raum“ (Zitat Seite 90) „Der Rest des Raumes war ohne Schatten. Deswegen sah er nur dort, so unsere Schatten gewesen waren, wie ein Raum aus, ein von Schatten begrenzter Raum, der sich mit Leben füllte.“ (Zitat Seite 242)

Inhalt

Die junge Ich-Erzählerin aus Istanbul flüchtet vor der türkischen Militärregierung über das Meer nach Europa. Sie hat in Istanbul die Schauspielschule besucht und hält an ihrem Traum fest, als Schauspielerin zu arbeiten. In Berlin pendelt sie als Assistentin des Regisseurs Benno Besson zwischen West- und Ostberlin. Dann holt Besson sie für sein nächstes Projekt nach Paris, anschließend kehrt sie nach Deutschland zurück, zu Claus Peymann an das Schauspielhaus Bochum. „Die Bühne ist großherzig, dort reden die Toten, und jede Nacht kommen die Zuschauer, um diese Toten zu sehen und ihnen zuzuhören. Und die Toten mischen sich nur am Theater in des Leben der Lebenden.“ (Zitat Seite 506). In Bochum schreibt sie auch ihr erstes Theaterstück.

Thema und Genre

Dieser stark autobiografische Roman handelt von der Suche nach Heimat und eigener Identität in einem fremden kulturellen Umfeld, dem Wunsch, sich selbst auch in neuen, fremden Sprachen zu finden. Auch die politische Vergangenheit und Gegenwart Europas im 20. und aktuellen 21. Jahrhundert sind prägende Themen. Doch vor allem geht es um Kultur, um Literatur und das Leben am Theater.

Charaktere

Dieser Roman schildert das Leben und den Werdegang einer vielseitigen Künstlerin als Schauspielerin, Theaterregisseurin und Schriftstellerin. Damit verbunden sind Erinnerungen an befreundete Künstlerpersönlichkeiten, an Menschen, die sie begleitet und gefördert haben.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog auf einer namentlich nicht genannten Insel ähnlich Alibey Atasi, von der aus man nauf die griechische Insel Lesbos, nach Europa, sehen kann. Dort endet die Geschichte auch mit einem Epilog und dieser Kreis schließt sich wortgenau: „Über uns die Nacht hat aus de dunkelsten Ecken ihrer Erinnerungen etwas herausgeholt und hat dieses Etwas zwischen der Orthodoxkirche, dem Esel, der blinden Frau und mir in der Luft leise verteilt.“ (Zitat Seite 10 und Seite 754). Wortgleiche Wiederholungen wie diese finden sich öfter auf diesen insgesamt 763 Seiten.

Die von vielen Rückblenden unterbrochene Handlung der alltäglichen Ereignisse und Beobachtungen wird in einfachen Sätzen erzählt, ähnlich den Einträgen in einem persönlichen Tagebuch. Doch immer wieder gibt es Überblendungen, plötzlich eingeschobenen Fragmente, die Ort, Zeit und Realität durch- und überschreiten. Dies, und der überbordende Stil der Schilderungen und Beschreibungen fordert sprachlich. Die poetische Sprache, ergänzt durch zweisprachige Gedichte, ist bildintensiv wie ein Film, wie expressionistische Theaterkulissen, aber auch surreal und extrem verstörend und beklemmend, wo es um die Träume der Ich-Erzählerin geht, in denen immer Ängste, Traumata und Tod eine Rolle spielen.

Fazit

Dieser Roman ist eine Herausforderung, eine wilde, anstrengende Reise zwischen dem Wunsch, das Lesen auf Grund der langen, immer wiederkehrenden Gedankenschlingen, der ausufernden Schilderungen und in ihrem Chaos nicht nachvollziehbaren Gedankenbrüche abzubrechen, und der Faszination gerade dieser imposanten sprachlichen Ausdrucksformen der türkisch-deutschen Schriftstellerin.

Oskar Werner. Genie und Fetzenschädl – Robert Dachs

AutorRobert Dachs
Verlag Der Apfel
Erscheinungsdatum 1. Januar1994
FormatTaschenbuch
Seiten128
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3854500278

„Er war ein Verrückter, aber auf eine grandiose Art. Er war eine Art Genie und kannte die Schwerkraft, die für uns übirge Menschen gilt, nicht.“ (Simone Signoret, Zitat Seite 24, 25)

Thema und Inhalt

Robert Dachs lernte den Schauspieler Oskar Werner zwar erst in den 1980er Jahren kennen, die beiden werden aber rasch enge Freunde. Robert Dachs schrieb drei biografische Bücher über Oskar Werner. Das vorliegende Buch, 1994 erschienen, ist das mittlere aus dieser Reihe.  

Gestaltung

Das Buch umfasst sieben Kapitel, die chronologisch wichtige Stationen im Leben von Oskar Werner schildern. Im ersten Kapitel geht es um die Kindheit Oskar Werners, um Episoden, die sein späteres Leben geprägt haben. Das zweite Kapitel handelt von den Frauen an seiner Seite, das dritte hat seine künstlerische Laufbahn zum Inhalt. Kapitel vier trägt den Titel „Nie wieder Krieg“ und zeigt seinen unermüdlichen Einsatz als überzeugter Gegner des Nationalsozialismus. Kapitel fünf beschäftigt sich mit der nicht immer einfachen Beziehung des Wieners Oskar Werner zu seiner Heimatstadt. Kapitel sechs zeigt sein zurückgezogenes Leben zwischen seiner Wohnung in Wien und seinem Haus in Triesen in Liechtenstein, umgeben von seinen Büchern und Lieblingsautoren. Das letzte Kapitel berichtet über sein Alkoholproblem, aus dem er nie ein Geheimnis gemacht hat. Die letzten Lebensjahre von Oskar Werner, der noch viele Pläne hatte, als er am 23. Oktober 1984 völlig überraschend an einem Herzinfarkt verstarb, wenige Wochen vor seinem 62. Geburtstag, waren gezeichnet von Missverständnissen. Es wurden ihm Filmrollen als Killer oder SS-Offiziere angeboten, oder Darstellungen von Persönlichkeiten wie Franz Schubert, aber in kitschigen Filmen. Rollen, die er ablehnte und so den Ruf bekam, alle Angebote abzulehnen, was dazu führte, dass ihm keine Rollen mehr angeboten würden, darunter sicher Rollen, die er sehr wohl angenommen hätte, so wie seine letzte Filmrolle 1976, wo er den Arzt Egon Kreisler im Film „Die Reise der Verdammten“ verkörperte. Zitate, Erzählungen von Erlebnissen und Aussagen von Menschen, die ihn kannten, Abbildungen von persönlichen Notizen und viele Fotografien ergänzen den Text. Das Buch schließt mit einem umfassenden Abbildungsverzeichnis.

Anmerkung

Dieses Buch ist nur mehr in gebrauchtem Zustand erhältlich, oder man hat Glück, denn ich habe ein neues Exemplar unter den vor einer Buchhandlung in der Wiener Wollzeile präsentierten verbilligten Restexemplaren zwischen Kriminalromanen und Kochbüchern entdeckt.

Fazit

Ein einfühlsames, sehr persönliches Portrait des vielseitigen Künstlers Oskar Werner. Von Menschen, die mit seiner unbedingten, manchmal schroffen Geradlinigkeit nicht umgehen konnten oft als „schwierig“ bezeichnet, zeigt diese Biografie nicht nur den raschen Aufstieg eines hochbegabten Künstlers, sondern einen großzügigen, herzlichen Menschen, der sich und seinen Idealen immer treu geblieben ist.