Das Fundament des Eisbergs: Eine arktische Sehnsucht – Stefan Moster

AutorStefan Moster
Verlag mareverlag
Erscheinungsdatum 20. September 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten320
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3866486805

„Wenn ich in mich gehe und suche, was den Reiz der Arktis für mich verkörpert, stoße ich nicht auf ein mathematisches Resultat, sondern auf das Bild einer weißbauen Eisformation bei Windstille und gutem Wetter. Ich sehe kaltglattes Meer, auf dem Eis in unterschiedlicher Gestalt treibt, illuminiert von einer Sonne, deren Strahlen von keinem Feinstorbkorn gebrochen werden.“ (Zitat Seite 66)

Thema und Inhalt

Dieses Buch behandelt die vielfältigen Aspekte der geheimnisvollen Anziehung, welche die eisigen Landschaften rund um die beiden Pole seit Jahrhunderten auf die Menschen haben, wobei es hier, wie schon der Titel sagt, um die Arktis geht. Von den authentischen Berichten der berühmten Entdecker über Reiseberichte und literarische Annäherungen  bis zu den Daten der Arktis-Expedition des Forschungsschiffs Polarstern 2019/2020 reicht der Bogen, den Stefan Moster als Erzähler zwischen seiner eigenen Sehnsucht und seinen Erfahrungen und fundiertem Wissen und Fakten spannt.

Umsetzung

In sieben großen Abschnitten lesen wir Ausschnitte aus den Berichten der Polarforscher über die Suche nach dem Nordpol, das oft mehrjährige Driften, monatelang umgeben von Dunkelheit und undurchdringbarem Eis. Dazu erzählt der Autor von seinen eigenen Annährungen an die Arktis, von der Weite, dem einzigartigen Licht und den Farben. Wir blicken mit Amundsen aus der Luft auf den Pol, lernen die Vielfalt der Vogelwelt und die eindrückliche Tierwelt kennen, das Leben der frühen Jäger und Walfänger in diesem Gebiet, verfolgen die Entwicklung des Arktistourismus von den Anfängen bis zu den heutigen Kreuzfahrten, Spitzbergen mit seinen einst einsamen Bergarbeiter-Siedlungen wurde zum neuen, vielbesuchten Sehnsuchtsziel. Doch auch mit den Fakten und den zahlreichen Auswirkungen der Klimaveränderungen, nicht nur auf die Eisbären, sondern auf das gesamte ökologische Gefüge der Erde, beschäftigt sich dieses Buch. Interessant, packend und eindrücklich stellt Stefan Moster dabei die Berichte der früheren Polarforscher und Entdecker den Berichten und Erfahrungen der Polarstern-Expedition gegenüber, denn deutlicher lassen sich diese Veränderungen nicht beschreiben. „Naturschutz ist für den Planeten unverzichtbar. Im Hinblick auf die Arktis kann man es auf die Formel bringen: Naturschutz ist das Fundament des Eisbergs.“ (Zitat Seite 304)

Fazit

Stefan Moster hat schon in seinen Romanen gezeigt, dass er ein wunderbarer, poetischer Erzähler ist und genau das spiegelt sich auch in diesem Buch wider. Wer bereits im hohen Norden unterwegs war, taucht sofort ein in Erinnerungen und die alte Sehnsucht erwacht. Eine Sehnsucht, die beim Lesen, Eintauchen in die eindrücklichen Beschreibungen und persönlichen Gedanken des Autors, in Verbindung mit dem interessanten Wissen, sicher auch in Lesern erwacht, die noch nicht dort waren und nun ihre Gedanken auf die Reise schicken, lesend einen Blick auf die Schönheit der Arktis und unseres Planeten zu werfen.

Die Schrecken des Eises und der Finsternis – Christoph Ransmayr

AutorChristoph Ransmayr
Verlag FISCHER Taschenbuch
Erscheinungsdatum 1. Januar 1987
FormatTaschenbuch
Seiten288
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3596254194

„Tatsächlich aufmerksam wurde ich auf Mazzini erst, nachdem er im Eis verschwunden war. Denn das Rätselhafte und Beklemmende an diesem Verschwinden begann seine Existenz rückwirkend und in einem Ausmaß zu durchdringen, daß allmählich alles, was dieser Mann getan und womit er sich beschäftigt hatte, rätselhaft und beklemmend wurde.“ (Zitat Seite 24, 25)

Inhalt

Anfang Juli 1872 erreicht die  „Admiral Tegetthoff“ Tromsø, von wo aus sie am 14. Juli 1872 die Segel Richtung Nowaja Semlja setzt. Damit beginnt die österreichisch-ungarische Nordpolexpedition unter dem Kommando von Carl Weyprecht und Julius Payer, deren Ziel die Entdeckung und Erforschung bisher unbekannter Gebiete der Arktis ist. Bereits am 30. Juli friert die Tegetthoff zum ersten Mal im Eis fest, denn in diesem Jahr 1872 breiten sich die Treibeisfelder sehr früh und wesentlich weiter südlich aus, als erwartet. Der Mannschaft der Admiral Tegetthoff stehen Monate voller Gefahren, unvorstellbarer Kälte, Entbehrungen und die endlose Dunkelheit der langen arktischen Wintermonate bevor.

Mehr als einhundert Jahre später entdeckt Josef Mazzini in einer Wiener Buchhandlung den Expeditionsbericht aus dem Jahr 1876, verfasst von Julius Ritter von Payer. Er ist sofort fasziniert und sammelt alle Unterlagen über diese abenteuerliche Entdeckungsreise. Am 26. Juli 1981 beginnt Mazzini seine eigene Reise an Bord eines norwegischen Forschungsschiffes mit dem Ziel, den Spuren der österreichisch-ungarischen Eismeerfahrt zu folgen.

Thema und Genre

In diesem facettenreichen Abenteuerroman geht es um die österreichisch-ungarische Nordpolexpedition, die wichtige Erkenntnisse auf dem Gebiet der Polarforschung erbrachte.

Charaktere

Die bekannten Teilnehmer der Expedition sprechen durch ihre Aufzeichnungen zu uns. Ihre Beweggründe, ihre Ängste und Gefühle werden vom Autor im Laufe der Handlung sprachlich umgesetzt und verdichtet, ebenso wie der Charakter und das Verhalten der fiktiven Figur Josef Mazzini.

Handlung und Schreibstil

Der Autor mischt Ausschnitte aus den vorhandenen Aufzeichnungen der Ereignisse in Logbüchern, Tagebüchern, Handschriften und Briefen und dem von Julius Payer später selbst verfassten Buch mit fiktiven Erzählelementen, welche diese Fakten ergänzen und sie sprachlich bildintensiv und beeindruckend darstellen. Parallel dazu lernen wir den 1948 in Triest geborenen, in Wien lebenden Josef Mazzini kennen, der immer mehr in den Bann dieser Expedition gerät und sich 1981 selbst auf den Weg macht, um diese Reise nachzuvollziehen. Die Erlebnisse dieser fiktiven Figur bilden einen zweiten Handlungsstrang, der abwechselnd zu der Handlung aus den Jahren 1872-1874 geschildert wird, wobei die einzelnen Ereignisse jeweils im Zeitablauf chronologisch  erzählt werden. Das Buch enthält auch ein Verzeichnis der Mannschaft und viele ganzseitige Abbildungen aus dem Originalwerk von 1876.

Fazit

Ein facettenreicher, interessanter Abenteuerroman, der durch die sprachliche Umsetzung und die gewählten Erzählformen packend zu lesen ist und durch Vielseitigkeit und Spannung überzeugt.

DAS EULENTOR – Andreas Gruber

AutorAndreas Gruber
Verlag Luzifer Verlag
Erscheinungsdatum 30. November 2021
FormatBroschiert
Seiten370
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3958356214

„Denn bis auf einen verdammt tiefen, geometrisch exakten Schacht, ein paar Gesteinsproben, unheimliche Vogelgerippe und einer Menge vager Theorien haben wir nichts zu bieten.“ (Zitat Seite 177)

Inhalt

Im August 1911 bricht der junge Wiener Arzt und Schriftsteller Dr. Alexander Berger mit einer Gruppe von insgesamt sechs Personen in die Arktis auf. Mit im Team ist auch die Isländerin Marit Ragnarsdóttir, eine Kartografin. Ihr Ziel ist die Erkundung und Kartografierung von Spitzbergen. Am 11. August starten sie mit drei Hundeschlitten die Inselumrundung, dann schlägt das Wetter um. Sie müssen die Expedition abbrechen, zuvor jedoch entdecken sie einen geheimnisvollen Schacht. Schon im Frühjahr 1912 kehren sie zurück und errichten eine richtige Station auf dem Plateau, wo sie 1911 gescheitert waren. Ihr Ziel ist nicht mehr die Kartografierung, sondern die Erforschung dieses Schachts, dessen dunkle, noch rätselhafte Tiefe sie magisch anzieht und gleichzeitig in tiefe Angst versetzt. Im November 2021 kommt die Huskytrainerin Neele Tujunen in die inzwischen moderne, groß ausgebaute Forschungsstation. Sie hat das erste Tagebuch von Alexander Berger im Nachlass ihres Großvaters gefunden und will wissen, was damals passiert ist.

Thema und Genre

Vom Verlag als Horrorthriller eingestuft, ist dieses Buch gleichzeitig auch ein spannender Abenteuerroman. Es ist eine interessante Geschichte über naturwissenschaftliche Expeditionen und Entdeckungen. Sie spielt auf der arktischen Inselgruppe Spitzbergen.

Charaktere

Der Autor nimmt sich Zeit für seine unterschiedlichen Charaktere. Sie sind glaubhaft und ihre Handlunge nachvollziehbar, dadurch sind sie nahe an uns Lesenden und man fiebert gepackt mit. Alexander Berger und Marit Ragnarsdóttir sind eher skeptisch, während sein Freund, der Abenteurer Jan Hansen, und Ing. Gottfried Prehm wie Besessene sind, sie sehen diesen Schacht als persönliche Herausforderung, sich selbst als wissenschaftliche Pioniere. Hansen ist ungeduldig und emotional, Prehm der besonnene, rationale Wissenschaftler. Neele will 2021 unbedingt herausfinden, ob es einen Zusammenhang zwischen ihrer Familie und dieser Geschichte gibt.  

Handlung und Schreibstil

Die Handlung ist in zwölf Teile gegliedert und wird in zwei unterschiedlichen Erzählsträngen und Zeitebenen erzählt. Die erste Geschichte, in personaler Erzählform mit Neele im Mittelpunkt, findet im aktuellen Jahr 2021 statt. Sie bildet die Rahmenhandlung für die zweite Geschichte, die Erlebnisse von Alexander Berger ab 1911, erzählt als Aufzeichnungen in der ersten Person. Die Ereignisse werden jeweils chronologisch geschildert und beide Zeitebenen wechseln einander ab. Diese Art des Erzählens passt perfekt zum Genre. Das Handlungstempo ist rasant und umfasst einerseits die wissenschaftlichen Erkenntnisse, logisch nachvollziehbare physikalische Überlegungen, Erfahrungen, andererseits die rätselhaften Ereignisse im Zusammenhang mit dem Schacht. Auch die Gefahren der Natur mit tiefer Kälte und Eis zwischen Mitternachtssonne und Dunkelheit sind so gut und eindrücklich beschrieben, dass wir uns sofort mitten in den Schneestürmen fühlen und uns das dunkle, mystische Grauen, das Ahnen von etwas Übernatürlichem, beim Hinabgleiten in den Schacht erfasst.

Fazit

Eine packende, interessante, sehr spannende Mischung aus Entdeckergeschichte, Abenteuerroman und Horrorthriller, ein großartiges Lesevergnügen. Ein Pageturner, perfekt für kalte, dunkle Winterabende, aber nicht nur für diese.