Die Frau vom Strand – Petra Johann

AutorPetra Johann
Verlag Rütten & Loening
Erscheinungsdatum 15. Februar 2021
FormatTaschenbuch
Seiten466
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3352009525

„Sie liebte diesen Teil ihres Jobs, den Moment, wenn sie all die Puzzleteile vor ihrem geistigen Auge ausbreitete, um sie dann zusammenzusetzen und zu sehen, was für ein Muster sie ergaben. Das Faszinierende bei Tötungsdelikten war, dass es immer nur ein richtiges Muster gab: die Wahrheit.“ (Zitat Pos. 2837)

Inhalt

Vor fünfzehn Monaten sind Rebecca Friedrichsen und Lucy Hagen, glücklich verheiratet, in das Ostseebad Rerik gezogen. Lucy ist eine erfolgreiche Game-Designerin und pendelt zwischen dem Unternehmenssitz in Hamburg und dem schönen Haus, das nur durch einen kleinen Küstenwald von der Steilküste und dem Strand entfernt ist. Rebecca ist Physiotherapeutin, doch zurzeit ist die kleine Greta, ihre fünf Monate alte Tochter, ihr Lebensmittelpunkt. Bei einem ihrer Spaziergänge lernt sie die Urlauberin Julia kennen, freundet sich mit ihr an, doch nach einigen Tagen ist Julia plötzlich spurlos verschwunden. Dann wird eine tote Frau gefunden, die an der Steilkürste abgestürzt ist, doch es nicht Julia.

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman nach klassischem Whodunit-Vorbild geht es um Entscheidungen, die zu Ereignissen führen, die nicht vorhersehbar sind, sich aber auch nicht mehr rückgängig machen lassen. Auch psychologische Momente spielen eine Rolle.  

Charaktere

Die einzelnen Figuren sind sehr realistisch und präzise entwickelt, ihre Vielschichtigkeit trägt zusätzlich zur Spannung bei. Lucy Hagen ist einfühlsam, ihre liebevolle Beziehung mit der etwas labilen Rebecca ist seit der Geburt von Greta sehr glücklich. Rebecca hat wenig Kontakt zu ihrem früheren Freundeskreis in Hamburg, ihr Leben dreht sich nun um Greta. Edda Timm, Kripo Rostock, Ermittlerin im sogenannten Todesteam, ist das ergänzende Gegenteil zu ihrer einfühlsamen, wandlungsfähigen Kollegin Britt. Edda ist impulsiv, stur, zielbewusst und hartnäckig, wenn es um die Wahrheit geht.

Handlung und Schreibstil

Die Ereignisse spielen in einem straffen Handlungszeitraum von nur wenigen Tagen. Die Gliederung in sechs übergeordnete Teile, ergänzt durch die Angabe des jeweiligen Wochentages und in Kapitel eingeteilt, sorgt dafür, dass man beim Lesen den Überblick behält und sich auf die Handlung konzentrieren kann. Denn diese spannende Geschichte beginnt mit einer Fülle von losen Puzzleteilen und Fragen, die sich langsam zusammenfügen, um dann durch völlig überraschende Wendungen wieder neu gemischt zu werden. Der Wechsel der Erzählperspektiven zwischen Kapiteln, in denen Rebecca in der Ich-Form berichtet und den Ermittlungen in personaler Erzählform, in deren Mittelpunkt Edda steht, ist ein weiteres interessantes Detail. Lebhafte Schilderungen des Umfeldes und erklärende Rückblicke begleiten die Handlung, ohne jedoch den Spannungsbogen zu unterbrechen.

Fazit

Vom Verlag als Thriller eingestuft, ist diese Geschichte in meinen Augen ein ungemein clever, vielschichtig und sehr packend geschriebener, klassischer Whodunit-Kriminalroman. Es ist lange her, dass ich dieses Genre so begeistert und mit großem, spannendem Lesevergnügen gelesen habe.

Geheimakte Aton – André Milewski

AutorAndré Milewski
SerieGeheimakte Band 4
Verlag epubli
Erscheinungsdatum 18. Dezember 2017
FormatKindle-Ausgabe
Seiten320 (Taschenbuch)
SpracheDeutsch
ASINB00J1LK9KU

„Er sah sich den Zettel noch einmal genau an. Las die Hieroglyphen, die ihn an seine Kindheit erinnerten. Schon als Sechsjähriger hatte sein Vater damit begonnen, ihn mit diesen Schriftzeichen vertraut zu machen.“ (Zitat Seite 36)

Inhalt

Max Falkenburg hat, ebenso wie seine Freunde Joe Carter und Patrick O’Malley, sein Studium mit dem Doktorat abgeschlossen und unterrichtet am Elliot-College. An einem Morgen im Mai 1957 erhält er überraschend Besuch von Howard Greenberg, einem CIA-Agenten, den er von einem früheren gemeinsamen Fall kennt. Er zeigt Max das Fragment eines Zettels, auf dem auch die Namen Cheops und Echnaton notiert sind und darunter zwei Namenskürzel, eines davon K.L.F.: Karl Leopold von Falkenburg, Max‘ Vater. Sofort entscheidet sich Max, Howard zu unterstützen. Auch sein Freund Joe kommt mit und sie fliegen nach Kairo, wo die Spuren sie nach Achetaton, zu Echnaton und den Bruchstücken der mythischen Sonnenscheibe führen. Der CIA, Feinde seines Vaters und eine alte, mächtige Magie werden rasch zur lebensgefährlichen Bedrohung.

Thema und Genre

In diesem archäologischen Abenteuer-Thriller geht es um Ausgrabungen in Ägypten, die berühmte Cheops Pyramide, vor allem jedoch um Echnaton, den mächtigen Pharao der 18. Dynastie, und den Aton-Kult, mit Aton, dargestellt durch die Sonnenscheibe, als einziger Gottheit.  

Charaktere

Max Falkenburg folgt auch diesmal wieder den Spuren seines Vaters, diesmal geht es zurück in das Land seiner frühen Kindheitsjahre, nach Ägypten. Wir treffen auf alte und neue Freunde, alte und neue Feinde und auch Ike, der Rauhaardackel ist wieder dabei. Die Charaktere und auch ihre Entwicklung über die Jahre sind nachvollziehbar und stimmig.

Handlung und Schreibstil

Der Archäologe Max Falkenburg scheint das Abenteuer förmlich anzuziehen, stellt sein Gönner Professor Chrichton fest und damit hat er Recht. Noch immer holt ihn die Vergangenheit ein, diesmal gibt es eine direkte Verbindung zu seinem Vater, dem berühmten Ägyptologen. Diese Geschichte, ergänzt durch einige Rückblenden, spielt 1957 in Ägypten und ist packend, interessant und überzeugt durch die gelungene Mischung zwischen den bekannten wissenschaftlichen Daten, die alten Ägypter betreffend, und die actionreiche, fiktive Handlung. Besonders diese Verbindung zwischen Cheops und Echnaton, den immer noch geheimnisvollen Herrscher der wesentlich späteren, 18. Dynastie, ist spannend, überraschend, originell und sehr interessant.

Fazit

Ein archäologisches Abenteuer mit Action und sympathischen Hauptcharakteren. Auch in dieser Geheimakte Aton sind geschichtliche Tatsachen, wissenschaftliche Erkenntnisse und eine fiktive Handlung sehr gekonnt, überzeugend und extrem spannend verbunden.

Geheimakte Midas – André Milewski

AutorAndré Milewski
SerieGeheimakte Band 3
Verlag epubli
Erscheinungsdatum 10. Juli 2020
FormatKindle-Ausgabe
Seiten384 (Taschenbuch-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB089S9QKS7

„Vor der Vergangenheit kannst du nicht davonlaufen. Sie wird immer ein Teil von dir sein.“ (Zitat Seite 25)

Inhalt

Max Falkenburg steht kurz vor dem Abschluss seines Archäologie-Studiums, als er und seine Studienfreunde Patrick O’Malley und Joseph Carter den japanischen Archäologen Professor Morita im Juni 1955 auf ein Symposium nach Athen begleiten darf. Zu seiner Überraschung erhält sein verstorbener Vater Carl Falkenburg, einen Ehrenpreis für seine herausragenden Leistungen als Ägyptologe, den nun Max als Sohn entgegennimmt. Mehrere Archäologen treten an Max heran und fragen nach Aufzeichnungen und einem Tagebuch seines Vaters, der neue Hinweise auf das Goldene Vlies gefunden haben soll. Obwohl er davon nichts weiß, wird er mit dem Ruf seines Vaters erpresst und entführt. Doch Professor Morita, Joe und Patrick fliegen nicht ohne Max zurück in die USA, sie folgen seiner Spur und damit beginnt ein gefährliches Abenteuer.

Thema und Genre

Dieser archäologische Abenteuerroman spielt in Griechenland und in der Türkei und diesmal geht es um den mythologischen König Midas und das Goldene Vlies.

Charaktere

Max Falkenburg hat sich endgültig für die Archäologie entschieden und sein Fachwissen hilft ihm in Verbindung mit seinem Mut, auch scheinbar aussichtslose Situationen zu meistern. So unterschiedlich die Hauptcharaktere sind, so sympathisch sind sie und sie halten in jeder Situation zusammen.

Handlung und Schreibstil

Der Weg führt Max Falkenburg diesmal über Izmir zu den Tumulus-Gräbern von Gordion, der antiken Hauptstadt des Phrygerreiches und nach Midasstadt im anatolischen Hochland. Weiter folgen sie dem mythischen Vlies bis nach Kolchis im heutigen Georgien. „Du hast ein Talent dafür, immer irgendwelche Spinner anzuziehen“, kommentierte Joe trocken mit Blick auf den Deutschen. (Zitat Seite 174) Damit hat Joe absolut Recht. Denn auch die Alchemisten sind auf der Suche nach dem Goldenen Vlies, welches als Stein der Weisen gilt. Es sind Zweckgemeinschaften mit unterschiedlichen Interessen, die sich auf die Spuren von Max Falkenburg und seine Entführer geheftet haben und sie schrecken vor Mord nicht zurück. Die Geschichte ist eine gekonnt inszenierte Mischung aus interessanten Fakten, zum Beispiel die Ausgrabungen von Gordion betreffend, und spannender Fiktion. Die Sprache passt ins Genre, liest sich flüssig, rasant in den Actionszenen und nimmt sich dennoch Zeit für Erläuterungen und lebhafte Beschreibungen. Humorvolle Dialoge runden das Gesamtbild ab.

Fazit

Ein packendes archäologisches Abenteuer zwischen Fakten und Fiktion, zwischen Wissenschaft und Action.

Geheimakte Inkarrí – André Milewski

AutorAndré Milewski
SerieGeheimakte Band 2
Verlag epubli
Erscheinungsdatum 26. Januar 2018
FormatKindle-Ausgabe
Seiten386 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB078JPQBLZ

„Und es wäre nicht das erste sagenhafte Artefakt, sich plötzlich als real erwies.“ (Zitat Seite 206)

Inhalt

September 1954, fast zwei Jahre lang lebt und studiert Max Falkenburg nun schon in Cambridge, Boston. Noch immer hat er Probleme damit, an seinem verstorbenen Vater, dem berühmten Archäologen Carl von Falkenburg, gemessen zu werden. Als Professor Crichton auf Einladung eines spanischen Kollegen einige Studenten auf eine Exkursion nach Peru mitnehmen kann, ist auch Max Falkenburg neben seinen Freunden Joe Carter und Patrick O’Malley in diesem Team. Der Weg führt nach Cusco und Cajamarca, denn es sind neue Unterlagen entdeckt worden, dass Paititi, die geheime Stadt der Inka, tatsächlich existiert. Doch nicht nur sie sind auf der Suche nach dieser Stadt, denn vor allem geht es um tapac-yauri, den goldenen Stab des Inkarrí.

Thema und Genre

Dieser archäologische Abenteuerroman ist Teil einer Serie, in deren Mittelpunkt der junge Archäologe Max Falkenburg steht. Diesmal geht es um das Reich der Inka, Gold und die Legende von der geheimnisvollen Stadt Paititi.

Charaktere

Max Falkenburg steht gerade an einer Wende in seinem Leben, ernsthaft denkt er darüber nach, sein Archäologie-Studium aufzugeben, das er gerade mit mehr Fehlstunden als Überzeugung betreibt. Diese Expedition ist seine letzte Chance, teilt ihm sein Gönner und Förderer, Professor Frederick Crichton, mit.

Handlung und Schreibstil

Wo auch immer Max Falkenburg auftaucht, rasch ist er im Mittelpunkt des Geschehens, denn noch immer folgen mächtige, skrupellose Männer, schon Feinde seines Vaters, seinen Spuren. Dieser Gruppe geht es einerseits um Reichtum und Macht, andererseits auch um Rache. Auch in dieser packenden Geschichte geraten die Freunde und ihr Professor auf der wissenschaftlichen Suche nach Paititi zwischen die Fronten von unterschiedlichen Interessensgruppen und es wird sehr spannend und actionreich. Humorvoll in den Dialogen, präzise bei den einzelnen Charakteren und lebhaft in den Schilderungen der Ereignisse und der Handlungsorte, passt auch die Sprache perfekt zum Genre. Historische Fakten ergänzen nachvollziehbar die fiktive Suche.

Fazit

Ein rasantes archäologisches Abenteuer, eine packende Lektüre zwischen genau recherchierten Fakten und phantasievoller Fiktion.

Das Böse, das du bist (Marie Wagenfeld 3) – Kristin Lukas

AutorKristin Lukas
Verlag TWENTYSIX
Erscheinungsdatum 28. Dezember 2020
FormatKindle-Ausgabe
Seiten290 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB08RGJ96RC

„Jemand verfolgt und beobachtet mich. Jemand benutzt die Bilder, die ich ansehe, als Auswahl für seine nächste Mordszenerie.“ (Zitat Seite 38)

Inhalt

Die IT-Beraterin Marie Wagenfeld pendelt zwischen Berlin und Frankfurt, wo sie jeweils ein Beratungsprojekt leitet, in Frankfurt ist es nach wie vor die Sega Invest. Obwohl die Kunstkiller-Morde nun schon zwei Jahre her sind, recherchiert sie weiterhin, nach wie vor auf der Suche nach einem bisher unbekannten Komplizen. Da besucht Kommissar Kellermann sie in Berlin, denn es wurden zwei Frauen ermordet und jeweils zu Kunstwerken gestaltet. Es hat wieder begonnen und wieder steht Marie im Mittelpunkt, denn es sind Werke, die sie kurz zuvor in Ausstellungen besichtigt hat. Ihr wird klar, dass sich dieser grausame Serienmörder in ihrer unmittelbaren Umgebung aufhalten muss.

Thema und Genre

In diesem psychologischen Thriller geht es um den Tod und das Leiden als Kunstform, Edvard Munch und Zitate aus Les Fleurs du Mal von Charles-Pierre Baudelaire, neu interpretiert und umgesetzt, bilden Tathintergründe. Neueste Technologien werden zwar für die aufwändigen Recherchen eingesetzt, doch stehen diesmal die starken psychologischen Themen im Vordergrund.

Charaktere

Die psychologische Anspannung ist für Marie enorm, denn das Wissen, eine ihr völlig unbekannte Person kennt jeden ihrer Schritte, ist bedrückend und beunruhigend. Daher kann sie nicht aufgeben, selbst wenn sie es wollte, sie muss es endlich zu Ende bringen. Auch in diesem dritten Teil der Serie sind die einzelnen Charaktere überzeugend gestaltet und ihre Handlungen sind nachvollziehbar. Auch die Entwicklung und die zwischenmenschlichen Beziehungen der bereits bekannten Personen sind sehr gut überlegt und stimmig fortgeschrieben.

Handlung und Schreibstil

Die packenden Recherchen führen Maria Wagenfeld in diesem dritten Teil der Serie bis nach Lüderitz in Namibia, überall finden sich in der Vergangenheit Spuren ihres Bruders und eines Unbekannten, der unter wechselnden Namen agiert und alle sind falsch. Diesmal gibt es zwei Erzählstränge, beide spielen in der aktuellen Zeit und in beiden berichtet ein Ich-Erzähler, einerseits wieder Marie Wagenfeld, und parallel dazu die Täterperson, ebenfalls in der Ich-Form. So erhalten wir beim Lesen wesentlich mehr Informationen über die Gedanken, Gefühle und Handlungen der Täterperson und wir wissen, wie genau diese Person jeden Schritt Maries verfolgt. Diese Situation der Titelfigur ergibt, in Verbindung mit der Schilderung der Morde, eine auch sprachlich sehr intensive, beklemmende, eindrückliche Geschichte, die ich in Gedanken dem ebenso düsteren Thriller-Genre Nordic Noir zuordne, obwohl sie in Deutschland und Namibia spielt, beides keine einsamen, tief verschneiten, dunklen Handlungsorte.

Fazit

Eine psychologisch dichte, packende Handlung mit überraschenden Wendungen, welche die sympathische IT-Expertin Marie Wagenfeld und den ruppigen, aber sehr um sie besorgten Kommissar Kellermann an ihre Grenzen bringt und darüber hinaus. Ein intensiver, spannender Pageturner.

Der Zorn, der dich trifft (Marie Wagenfeld 2) – Kristin Lukas

AutorKristin Lukas
Verlag Grafit Verlag
Erscheinungsdatum 16. April 2018
FormatTaschenbuch
Seiten480
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3894255787

„Ich vertraue Ihnen und das ist mir wichtig. Ich möchte nicht mit irgendeinem x-beliebigen Ermittler zusammenarbeiten. Wir brauchen jemanden, der Rückgrat hat und sich auch vor unbequemen Fragen nicht scheut.“ (Zitat Seite 40)

Inhalt

Seit der Mordserie, in deren Mittelpunkt die IT-Beraterin Marie Wagenfeld geraten war, ist ein Jahr vergangen. In diesen zwölf Monaten hat Marie sich weitgehend zurückgezogen, denn sie hat diese Zeit gebraucht, zum Abstand zu gewinnen. Als Kommissar Kellermann sie um Mithilfe bei Recherchen zu einem neuen, ähnlich brutalen Mordfall bittet, lehnt sie ab. Doch in den Unterarm der Leiche war der Name „Wagenfeld“ eingeritzt worden. Die Spur führt wieder zu einem Immobilienfonds der Sega Invest. Einige Tage nach dem Mord hat der Fondsmanager Selbstmord begangen. Daher nimmt Marie Wagenfeld den vorgeschlagenen Beratungsauftrag an, um gleichzeitig intern zu ermitteln. Da bemerkt sie, dass jemand jeden ihrer Schritte verfolgt, doch nicht, um sie an ihren Recherchen zu hindern, im Gegenteil, sie wird massiv bedroht, ihre Ermittlungen fortzusetzen.

Thema und Genre

Ein spannender Thriller, in dem es um wirtschaftliche Hintergründe wie Immobilienfonds und neueste Blockchain-Systeme geht, vor allem jedoch stehen diesmal Cliquenbildung von Jugendlichen, Mobbing  und damit verbundene, starke psychologische Elemente und Themen im Mittelpunkt.

Charaktere

Marie Wagenfeld und Kommissar Kellermann bilden wieder ein Team, soweit es ihnen als erklärte Einzelgänger möglich ist. Gerade die vorsichtige Annäherung und Empathie zwischen dem wie immer eher ruppigen Umgangston machen das spezielle Ermittlerduo so sympathisch. Wie schon im ersten Band dieser Serie sind auch die weiteren Figuren sehr präzise entwickelt und handeln nachvollziehbar.

Handlung und Schreibstil

Die Schauplätze der straffen Handlung liegen in Frankfurt, Berlin, Hamburg und dem jeweiligen Umand. Erst im Zuge der Geschichte führen Spuren von der aktuellen Handlung sowohl zur ein Jahr zurückliegenden Mordserie, als auch weit zurück in die Vergangenheit, wobei sich hier in einem gekonnt aufgebauten Plot erst langsam völlig unabhängige Aspekte zu einem Ganzen fügen. Die packende Geschichte ist durchgehend stimmig, die Schilderungen eindrücklich und führen dort, wo es um das zentrale Anliegen geht, zu sehr intensiven Gedankenbildern. Wie im Thrillergenre zu erwarten, beschreibt die Autorin alle Ereignisse und Tathergänge detailliert, bleibt jedoch immer sachlich, was die sprachliche Intensität erhöht. Blut, das in diesem Genre manchmal in Strömen durch die Seiten fließt, hat diese intelligente, vielschichtige und sehr spannende Geschichte nicht nötig. Für mich ein weiterer Pluspunkt für diese Autorin.

Fazit

Eine packende Geschichte mit vielschichtigen, zeitlos aktuellen, nachdenklich stimmenden Themen und die durch ihre Eigenheiten sehr sympathischen Hauptfiguren machen auch diesen zweiten Teil der Serie zu einem spannenden Lesevergnügen.

Geheimakte Labrador – André Milewski

AutorAndré Milewski
Verlag epubli
Erscheinungsdatum 22. Dezember 2012
FormatKindle-Ausgabe
Seiten305
SpracheDeutsch
ASINB00AS9ZW4C

„Daher das Medaillon. Der Legende nach gravierte er es mit den genauen Angaben, wo der Hammer zu finden ist.“ (Zitat Seite 31)

Inhalt

Max Falkenburg wurde von der Universität Oslo exmatrikuliert und arbeitet vorübergehend als Museumswärter. Als er am 27. April 1952 etwas verkatert seinen Dienst antritt, überrascht er einen Mann, der gerade ein Medaillon entwendet hat. Er verfolgt den Täter und in einem mutigen Zweikampf kann er ihm das Medaillon wieder abnehmen. Der Museumsdirektor ersucht ihn, das Medaillon dem amerikanischen Archäologen Frederick Crichton zu bringen, der gerade in Island Ausgrabungen leitet. Doch die gefährlichen Gegner geben nicht auf, denn es geht um mehr, sie sind auf der Suche nach Mjöllnir, dem legendären Hammer des Gottes Thor, der dem Besitzer unermessliche Macht bringen soll. Der Weg führt nach Island, Grönland und Labrador. Für Max wird es auch persönlich gefährlich, denn die Feinde haben aus der Vergangenheit noch eine Rechnung mit seinem Vater offen. Jemand im Team von Professor Crichton spielt ein doppeltes Spiel, doch wer?

Thema und Genre

In diesem spannenden Abenteuerroman geht es um Archäologie, die germanische Mythologie, Artefakte, besonders um den Kriegshammer, die magische Waffe des Gottes Thor. Gekonnt verbindet der Autor Fakten und Fiktion.

Charaktere

Max Falkenburg ist Deutscher, ist jedoch in Norwegen aufgewachsen. Durch einen Studentenstreich, der gegen ihn verwendet wird, muss er die Universität verlassen. Er hat zwar Flugangst, aber vor seinen Feinden fürchtet er sich nicht. Alle Charaktere sind authentisch und glaubhaft. Liebenswert und mutig ist auch Ike, der Rauhaardackel des Professors.

Handlung und Schreibstil

Die aktuelle Handlung ist straff, mit kurzen Rückblicken in die Vergangenheit. Fakten, fachliche Erklärungen und spannende Actionszenen wechseln einander ab. Eindrückliche Schilderungen der Landschaft und Natur in Island, Grönland und Labrador ergänzen die Handlung, ohne jedoch die Spannung zu unterbrechen. Die Sprache liest sich flüssig, passt zum Genre und nimmt sich in den Dialogen auch Zeit für Humor.

Fazit

Der packende Beginn einer neuen Serie von Abenteuerromanen um den jungen Archäologen Max Falkenburg und berühmte mythische Artefakte.

Geheimakte Atlantis – André Milewski

AutorAndré Milewski
Verlag Neopubli GmbH
Erscheinungsdatum 19. Januar 2021
FormatTaschenbuch
Seiten400
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3753151243

„Mein alter Mentor, Sir William Rutherford, hat ein Stück Metall gefunden, von dem er sicher glaubt, dass es sich um Orichalcum handelt, das legendäre Metall, das den Atlantern ebenso wertvoll wie Gold gewesen sein soll und aus dem sie eine riesige Schutzmauer um ihre Hauptstadt errichtet hatten.“ (Zitat Seite 51)

Inhalt

Vor Jahren hatte Dr. Jody Wellesley am Trinity College bei Sir William Rutherford studiert. Nun führt eine Reise den bekannten Archäologen in die Vereinigten Staaten und er besucht seine frühere Studentin in Boston. Bei einem gemeinsamen Abendessen zeigt er ihr ein ungewöhnlich schweres Stück Metall. Es kann sich nur um das legendäre Orichalcum handeln und er will Jody und ihren Freund Max Falkenburg überreden, ihn auf eine Expedition zu begleiten und ihn bei seiner Suche nach Atlantis zu unterstützen. Am nächsten Tag ist Sir William verschwunden und Max ist überzeugt, dass der Archäologe entführt worden ist. Sie folgen seinen Spuren und erkennen rasch, wer ihre mächtigen Gegner sind. Diese Gruppe von Männern weiß genau, dass in dem verschwundenen Inselreich Atlantis die kostbarste, mächtigste Substanz der Alchemie verborgen ist.

Thema und Genre

Dieser spannende Roman handelt von der Suche nach dem legendären Atlantis, wobei der Autor genau recherchierte Fakten und wissenschaftliche Hintergründe mit einem fiktiven Abenteuer verbindet.

Charaktere

Alle Charaktere sind sehr anschaulich geschildert, ihre Beweggründe sind nachvollziehbar. Max, Jody, Joe und Professor Crichton suchen konzentriert und intensiv und geben nicht auf, auch als mächtige Gegner ihr Leben bedrohen. Sie treffen auf alte Bekannte, Freunde, Feinde und nicht immer ist der Unterschied klar erkennbar.

Handlung und Schreibstil

Nach einem kurzen Prolog, einem Ereignis, das beinahe zweihundert Jahre zurückliegt, beginnt die aktuelle Handlung, die im Jahr 1963 spielt. In kurzen Kapiteln, die zwischen den handelnden Personen und Orten wechseln, wird die Geschichte rasant erzählt. Die Handlung führt von Amerika nach Europa, von New York nach Paris, Athen, an die spanische Küste und dann nach Marokko. Humorvolle Dialoge, Informationen über wissenschaftliche Details und lebhafte Schilderungen der unterschiedlichen Örtlichkeiten wechseln einander mit spannenden Actionszenen ab. Es spielt keine Rolle, wenn man die bisherigen neun Geheimakte-Romane der Serie nicht gelesen hat. Es gibt zwar einige Hinweise auf vorhergehende Fälle, es tauchen alte Bekannte auf, aber dem Autor gelingt es, hier nur auf jene Details zu verweisen, welche für diese aktuelle Geschichte wichtig sind, ohne dabei zu viel zu verraten und dadurch die Spannung zu nehmen, im Gegenteil, es macht neugierig, auch die anderen Abenteuer zu lesen.

Fazit

Dieser packende Roman, in dessen Mittelpunkt die Suche nach dem mythischen Inselreich Atlantis steht, schildert das neueste Abenteuer des sympathischen Archäologenpaares Jody Wellesley und Max Falkenburg. Geschichtliche Fakten, interessante Informationen und spannende Action machen auch dieses zehnte Buch der Geheimakte-Serie zu einem Pageturner. 

Wo wir Kinder waren – Kati Naumann

AutorKati Naumann
Verlag HarperCollins
Erscheinungsdatum 26. Januar 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten496
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3749900008

„Ich frage mich: Wie weit darf man gehen, um eine Tradition aufrechtzuerhalten?“ (Zitat Seite 317)

Inhalt

Eva, gelernte Spielzeuggestalterin, hat schon als Kind begeistert Spielzeug getestet, als sie zwischen fünf und dreizehn Jahre alt war. Dies war in Sonneberg, damals DDR. Heute ist Eva zweiundfünfzig Jahre alt und lebt immer noch in Sonneberg. Gemeinsam mit ihrem Cousin Jan und ihrer Cousine Iris gehört sie zur Erbengemeinschaft der ehemaligen Spielzeugfabrik Langbein, gegründet von ihrem Urgroßvater Albert Langbein. Als Jan das alte Haus der Familie räumen muss, da es vermietet werden soll, wollen Eva und Iris helfen. Sie tauchen tief in ihre gemeinsamen Kindheitserinnerungen an dieses Haus und besonders an ihre Großmutter Flora ein, entdecken die abwechslungsreiche Geschichte der Familie und einige alte Familiengeheimnisse, gleichzeitig wächst das gegenseitige Verständnis und langsam formt sich eine Idee.

Thema und Genre

In diesem Familien- und Generationenroman geht es um die wechselvolle, reale Geschichte der Spielwarenerzeugung in der Spielwarenstadt Sonneberg von 1910 bis nach der Wende, am Beispiel eines fiktiven Familienunternehmens.

Charaktere

In der Buchinnenseite findet sich ein Stammbaum der fiktiven Familie Langbein. Alle Charaktere sind sehr lebensnah, stimmig und authentisch geschildert, ihre Handlungen und Entscheidungen sind nachvollziehbar. Es ist ein bunter Reigen an Figuren, die uns in dieser Geschichte begegnen und alle haben eines gemeinsam: sie sorgen sich um die Familie und das Familienunternehmen.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung wird in zwei Zeitebenen erzählt und der Aufbau ist sehr kreativ und originell, auch sprachlich macht es richtig Freude, diese Geschichte zu lesen und die Spannung kommt nicht zu kurz. Die drei Cousins finden im alten Familienhaus einen besonderen Gegenstand, oder sie entdecken Unterlagen, bisher unbekannte Dokumente, und im nachfolgenden Kapitel wir genau jenes Ereignis in der Vergangenheit geschildert, in dem jeweils dieses gerade entdeckte Objekt eine Rolle spielt. Dadurch erfahren wir beim Lesen auch alle Hintergründe, welche die Erben nicht wissen können. So entsteht langsam ein großartiger Familienroman, ergänzt durch sehr lebendige, interessante Schilderungen des Handwerks der Spielzeugherstellung, besonders von Puppen und Plüschtieren, im Wandel der Zeit, von der Handarbeit zur Industrialisierung. Auch der Alltag und die täglichen Probleme der Menschen in jener Zeitspanne, in der Sonneberg zur DDR gehörte, sind sehr eindrücklich geschildert.

Fazit

Ein großartiger Familien- und Generationenroman, ein lebhaftes, vielschichtiges Zeitbild. Reale Vorbilder und eine intensive Recherche ergänzen die packende Geschichte mit interessanten Informationen und ergeben in Summe ein überzeugendes Leseerlebnis.

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid – Alena Schröder

AutorAlena Schröder
Verlag dtv Verlagsgesellschaft
Erscheinungsdatum 20. Januar 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten368
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3423282734

„Evelyn fixierte Hannah für einen kurzen Moment, prüfend, abwägend, müde. Sie hätte ihn einfach wegwerfen sollen, diesen Brief, nun war es zu spät.“ (Zitat Seite 13)

Inhalt

1942 fertigt Senta für ihren Schwiegervater Itzig Goldmann eine Inventurliste aller Kunstgegenstände an, die er den Nationalsozialisten übergeben muss. Seither sind die Liste und auch die Kunstwerke verschwunden. In der Jetztzeit erhält Dr. Evelyn Borowski, vierundneunzig Jahre alt, die einzige Tochter von Senta Goldmann, einen Brief von einem israelischen Anwaltsbüro, die auf diesen Tatbestand gestoßen sind und weiter Recherchen anbieten. Hannah, Germanistin, schreibt an ihrer Doktorarbeit und besucht ihre Großmutter Evelyn jede Woche. Da entdeckt sie durch Zufall diesen Brief. Warum hat man ihr nie etwas von diesem Teil ihrer Familiengeschichte erzählt und warum schweigt ihre Großmutter auch weiterhin? Hannah beginnt mit eigenen Nachforschungen.

Thema und Genre

In diesem Familien- und Generationenroman geht es um die Vergangenheit und Raubkunst, vor allem jedoch um Mütter und ihre Töchter, um die Probleme von Frauen, die schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein eigenständiges, beruflich erfolgreiches Leben führen wollten, was nur schwer mit ihrer Mutterrolle vereinbar war.

Charaktere

Evelyn hat mit ihrem langen Leben schon abgeschlossen, vor allem jedoch mit der Vergangenheit. Hannah ist für ihre siebenundzwanzig Jahre erstaunlich orientierungslos, weiß nicht, was sie will. Doch während sie sich nur sehr halbherzig ihrer Dissertation widmet, lässt sie bei ihrer Suche nach der Vergangenheit ihrer Familie nicht locker. Senta, Evelyn, Silvia, Hannah, vier Generationen, vier im Grunde nicht so unterschiedliche Frauen, die versuchen, ihren eigenen Weg zu gehen.

Handlung und Schreibstil

Die aktuelle Handlung spielt in der Gegenwart, im Mittelpunkt steht Hannah, ihr Leben und ihre Suche nach den Bildern und nach ihrer Familiengeschichte. Diese wird parallel in einem zweiten Handlungsstrang erzählt, der 1922 beginnt und 1950 endet und der das Leben von Senta und Evelyn zum Inhalt hat. Eine weitere Rückblende führt in das Jahr 2007, zu Evelyn und Silvia. Die Geschichte, in deren Mittelpunkt weniger die Ereignisse, als die Entscheidungen, Konflikte, Probleme und Beziehungen der vier Frauen stehen, ist dicht und stimmig entwickelt, beginnt intensiv und spannend, flacht jedoch im letzten Viertel etwas ab.

Fazit

Eine interessante, angenehm zu lesende Familien- und Generationengeschichte.

Dunkeltot, wie deine Seele (Targa Hendricks, Band 3) – B.C. Schiller

AutorB.C. Schiller
Verlag Edition M.
Erscheinungsdatum 26. Februar 2021
FormatTaschenbuch
Seiten346
SpracheDeutsch
ISBN-13978-2496705263

„Nur das Licht ist wütend. Die Nacht ist ruhig. Ein Fehler wie dieser darf nie wieder geschehen.“ (Zitat Pos. 242)

Inhalt

Eine junge Frau taumelt aus dem dunklen Wald auf die Straße, genau vor einen fahrenden Lkw. Der Fahrer kann bremsen, doch die Frau stirbt trotzdem, an Hunger und Erschöpfung. Schon ein Jahr zuvor war in einem alten DDR Bunker in dieser Gegend eine beinahe verhungerte junge Frau gefunden worden. Auch diese hat nicht überlebt, nennt jedoch zwei Namen, Adam und Zoey. Es handelt sich um Adam und Zoey Yankowski, Waisen, Geschwister, hochbegabt, die das nahe gelegene Privatcollege Blumenthal besuchen. Obwohl die beiden ein Alibi haben, stehen sie unter Verdacht und Volker Lundt, Chef des K2, setzt seine beste Undercover-Ermittlerin, Targa Hendricks, ein. Diese spürt, dass dieser Auftrag eine Reise ins Herz der Finsternis ist.

Thema und Genre

In diesem psychologischen Thriller geht es um verstörende Geheimnisse, extrem traumatisierende Kindheitserfahrungen und Erlebnisse, die das Leben nachhaltig prägen.

Charaktere

Zoey und ihr ein Jahr jüngerer Bruder Adam haben eine enge Bindung. Attraktiv, aber hellhäutig und lichtempfindlich, fühlen sie sich nur in der Dunkelheit sicher. Targa Hendricks ist eine Einzelgängerin, eine sehr spezielle und gerade durch ihre Eigenheiten auch sehr sympathische Ermittlerfigur. Sie mag keine Überraschungen, doch inzwischen kann sie besser damit umgehen und hat auch ihre Ordnungszwänge im Griff, sobald sie im Einsatz ist, diesmal als Coach für Psychologie und Sport am Elitecollege Blumenthal.

Handlung und Schreibstil

Die aktuelle, straffe Handlung wird durch Rückblenden und Erinnerungen ergänzt, wodurch die komplexe Geschichte nachvollziehbar und stimmig bleibt. Die unterschiedlichen Figuren mit ihren eigenen Geschichten sorgen für zusätzliche Spannung und überraschende Wendungen. Die psychologische Komponente ist durchgehend präsent und sorgt für Beklemmung, aber auch Verständnis. Die Sprache ist dem Genre Thriller angepasst, packende Szenen wechseln einander mit stimmungsvollen, eindrücklichen Schilderungen ab. „Es ist die Zeit zwischen Mitternacht und Morgen, in der Mystik und Wirklichkeit aufeinandertreffen.“ (Zitat Pos. 510)

Fazit

Auch dieser dritte Fall der intelligenten, unkonventionellen Ermittlerin Targa Hendricks ist ein sehr dunkler, intensiver, sehr packender Page-Turner und das kongeniale Autorenpaar B. C. Schiller sorgt wieder für spannende, schlaflose Lesenächte.

Orangen für Dostojewskij – Michael Dangl

AutorMichael Dangl
Verlag Braumüller Verlag
Erscheinungsdatum 26. Januar 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten480
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3992002979

„Doch am meisten beseelte ihn die Anwesenheit des grandiosen Musikers, der auch ein grandioser Mann war und dabei so schlicht, so natürlich mit ihm sprach, als kennten sie einander schon lang.“ (Zitat Seite 112)   

Inhalt

Anfang August 1862 trifft Fjodor Michailowitsch Dostojewskij mit dem Zug in Venedig ein. Es ist seine erste Auslandsreise nach Europa, die am 7. Juni begonnen hatte. Er kommt aus Florenz und Italien hat ihn bisher enttäuscht. Schon vierzig Jahre alt, hat er nach ersten Erfolgen, Straflager und Strafdienst beim Militär, eine Schaffenskrise, auch wenn er durch seine Reise eine Fülle von neuen Ideen gesammelt hat. Schon überlegt er, aus Venedig früher abzureisen, als er den berühmten Komponisten Gioachino Rossini kennenlernt, der auch mit siebzig Jahren das Leben fröhlich feiert und genießt, hilfsbereit, liebenswert und großzügig. Durch ihn erlebt der zurückhaltende, schwermütige russische Schriftsteller die unvergleichliche Stadt Venedig, wie sie wirklich ist.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um eine Begegnung des Schriftstellers Dostojewskij mit dem Komponisten Rossini. Obwohl die beiden Künstler einander tatsächlich nie getroffen haben, ist diese Geschichte eine so lebendige, geniale Verbindung zwischen intensiver Recherche und einfühlsamer Phantasie, dass man beim Lesen vergisst, dass es sich um keine reale historische Begebenheit handelt.

Charaktere

Der lebensfrohe, überschäumend italienische Komponist Rossini ist das genaue Gegenteil des schwermütigen, damals von Selbstzweifeln erfüllten Schriftstellers Dostojewskij. Die gemeinsamen Gespräche sind trotz oder gerade wegen ihrer unterschiedlichen Sichtweisen für beide eine Bereicherung und beeinflussen das weitere künstlerische Schaffen. Auch die Personen im Umfeld sind so typisch italienisch, man hat sie und die teilweise chaotischen Situationen sofort vor Augen, sie werden lebendig, sind liebenswert, ohne je in Klischees abzugleiten.

Handlung und Schreibstil

Es sind nur fünf Tage, die Dostojewskij vor seiner Heimreise nach St. Petersburg in Venedig verbringt, doch die Fülle an Erlebnissen und Eindrücken, die uns jeder Tag in diesem auch sprachlich überzeugenden Roman schildert, lässt diese kurze Zeitspanne wie Wochen scheinen. Großartig ist die Szene, in der Rossini und Dostojewskij einander zum ersten Mal begegnen. Auch der Umgang der venezianischen Bevölkerung mit den österreichischen Besatzern ist ein Thema. Spätestens, als Dostojewskij zu einem Treffen im Caffè eilt und zuerst das Quadri betritt, wo er auf das gegenüberliegende Florian verwiesen wird, erkennt er die Zusammenhänge und Viva Verdi bekommt eine völlig neue Bedeutung. Doch während die Erinnerungen an den Strafmilitärdienst die Gedanken des russischen Dichters oft in tiefes Dunkel tauchen, hat sich Venedig die lebensfrohe, südliche Leichtigkeit auch unter der österreichischen Herrschaft erhalten. Spannung erhält diese Geschichte durch eine Idee Rossinis, er macht Dostojewskij einen Vorschlag und man ist neugierig, wie der Autor dies auflösen wird, da auch diese Idee fiktiv ist. 

Fazit

Ein funkensprühendes Zeitbild, eine Begegnung von zwei großen Künstlern, der schwermütige, ernste Russe trifft auf den fröhlichen italienischen Genussmenschen und lernt die einzigartige Stadt Venedig kennen und lieben. Ein Leseerlebnis, das mich begeistert hat, mich zum Träumen brachte und Erinnerungen an Venedigbesuche lebendig werden ließ. „Italien ist Italien, Venedig ist Venedig. Venedig bleibt Venedig. Immer.“ (Zitat Seite 434)

Das Letzte, was du siehst – Kristin Lukas

AutorKristin Lukas
Verlag Grafit Verlag
Erscheinungsdatum 28. Februar 2017
FormatTaschenbuch
Seiten476
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3894254827

„Seine Zweige nehmen die Vertraute in die Obhut, umschlingen und legen schützend ihr Blattwerk über sie. Der Kopf der Freundin ruht in einer Astgabel.“ (Zitat Seite 7)

Inhalt

Die IT-Spezialistin Marie Wagenfeld wird von der Sega Invest, einer Bank mit Schwerpunkt Immobilien als Anlageobjekte, als externe Beraterin für die Einführung eines neuen IT-Systems herangezogen. Nach einem langen Arbeitstag bemerkt sie Licht im Projektraum und als sie es löschen will, sieht sie einen Kollegen an einem Schreibtisch sitzen, doch es ist sein Körper ohne Kopf. Kriminalkommissar Ben Kellermann, der die Ermittlungen leitet, findet rasch heraus, dass Marie früher selbst Polizistin gewesen ist und zieht sie immer öfter in die Ermittlungen mit ein. Doch Maries Interesse ist ohnedies längst geweckt, denn zeitgleich mit Unregelmäßigkeiten im Geschäftsbereich der Sega Invest zeigen sich Parallelen zu nie geklärten Mordfällen und es muss einen Zusammenhang geben.

Thema und Genre

In diesem Wirtschaftsthriller geht es um internationale Anlageobjekte, Investmentfonds, Immobiliengeschäfte und moderne IT-Technologien. Auch Kunstwerke spielen eine Rolle und die SM Szene in Frankfurt.

Charaktere

Die selbstbewusste, unabhängige IT-Expertin Marie Wagenfeld und der ruppige,  Kommissar Ben Kellermann sind Figuren, die absolut glaubhaft und auf ihre eigenwillige Art sofort sympathisch sind. Großartig zu lesen ihre Dialoge, die Logik in den Schlussfolgerungen. Auch die anderen, sehr unterschiedlichen Charaktere dieses Thrillers sind interessant, realistisch und sehr gut vorstellbar.

Handlung und Schreibstil

Die im Zeitablauf straffe Handlung wird von Marie Wagenfeld als Ich-Erzählerin berichtet und spielt in der Jetzt-Zeit, hauptsächlich in Frankfurt und Berlin. Parallel dazu und völlig unabhängig von den Vorgängen rund um die Sega Invest schildert eine weitere Ich-Erzählperson Szenen, die ambitioniert und künstlerisch gestaltet und fotografisch festgehalten werden. Umfeld und Thema variieren, doch den Mittelpunkt bildet jeweils eine ansprechend drapierte Person, die das jeweilige Gesamtkunstwerk vollendet und eines haben alle diese Personen gemeinsam: sie sind tot. Es ist die besondere Erzählform, die diesen Thriller so packend und spannend macht, dennoch nimmt sich die Autorin Zeit für Beschreibungen von Museen, modernen Kunstrichtungen, typischen Örtlichkeiten, Lokalen und Milieuschilderungen. Da der Kommissar wenig Ahnung von den neuesten Technologien und dem internationalen Immobiliensektor hat, erklärt ihm Marie die Details in präzisen und durchaus humorvollen Dialogen und wir Leser erhalten so auf lebhafte Weise ebenfalls interessante Einblicke.

Fazit

Ein sehr spannender, vielschichtiger Wirtschaftsthriller mit aktuellen Themen. Die IT-Expertin und der Kommissar ergeben ein ungewöhnliches, eigenwilliges Duo, aus dem im Zuge der zeitintensiven Ermittlungen eine Art Team wird. Es handelt sich hier um den ersten von bisher drei Bänden einer Serie und man sollte auch mit diesem ersten Band zu lesen beginnen. Der nächste Band spielt ein Jahr später und man würde sich durch einige Hinweise und Rückblenden einen Teil der großartigen Spannung und unvorhersehbaren Wendungen in dieser ersten Geschichte nehmen.  

Hexenjäger – Max Seeck / Jessica-Niemi-Reihe, Band 1

AutorMax Seeck
Verlag Lübbe
Erscheinungsdatum 21. Dezember 2020
FormatBroschiert
Seiten448
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinGabriele Schrey-Vasara
ISBN-13978-3785727126

„Gerade Koponens Buch ist der Schlüssel zu allem. Nichts, was damit zusammenhängt, ist ein Zufall. Das ist ausgeschlossen.“ (Zitat Seite 140)

Inhalt

Roger Koponen ist ein sehr erfolgreicher Schriftsteller, denn seine Hexenjagd-Trilogie wurde sofort zum Bestseller. Während er im über 300 km entfernten Savonlinna eine Lesung hält, geschieht in seinem Haus in Helsinki ein Mord. Detailgetreu wurde eine brutale Szene aus seiner Thriller-Trilogie nachgestellt. Auch die zweite Leiche, von der im entsprechenden Text die Rede ist, ist genau so gestorben, wie im Buch beschrieben. Rasch folgen weitere Morde, alle analog zu dieser Bestseller-Trilogie, doch nach weiteren Zusammenhängen sucht die Polizei zwar intensiv, aber vergeblich. Eines haben die Opfer gemeinsam, dunkelhaarige, schöne Frauen, die der Ermittlerin Jessica Niemi frappierend ähnlich sehen.

Thema und Genre

Dieser psychologische Thriller spielt in Helsinki. Es geht um Morde nach Romanvorlagen, Geheimbünde und den berüchtigten „Hexenhammer“ aus dem Jahr 1487.

Charaktere

Kriminalhauptmeisterin Jessica Niemi, Polizei Helsinki, ist die Hauptermittlerin in diesem Fall. Psychisch durch Flashbacks und Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit belastet, ermittelt sie verbissen, weil sie bewusst durch den Mörder in den Focus des Geschehens gestellt wird. Alle Figuren sind sehr präzise entwickelt, blieben für mich beim Lesen zwar in ihrem Verhalten logisch nachvollziehbar, aber auf Distanz.

Handlung und Schreibstil

Die straffe Haupthandlung wird rasant in kurzen Kapiteln und aus wechselnden Perspektiven erzählt, wobei unterschiedliche Mitglieder des insgesamt sechs Personen umfassenden Ermittlerteams im Mittelpunkt stehen. Parallel dazu verläuft eine zweite Geschichte, ein Venedigaufenthalt der jungen Jessica. Viele Facetten und überraschende Wendungen führen zu ebenso vielen Fragen, die sich beim Lesen stellen, nicht nur die Ermittler, auch als Leser sucht man lange nach möglichen Zusammenhängen und Erklärungen. Dies sorgt für packende Spannung, allerdings nicht unbedingt für nachvollziehbare Logik, denn je näher man dem Ende des Buches kommt, desto unglaubwürdiger wird diese Geschichte.

Fazit

Ein sehr spannend geschriebener Thriller, dessen facettenreiche lose Fäden leider in ein enttäuschend unlogisches, nicht wirklich neues Setting als Showdown führen. Der Beginn einer Serie, die sicher ihre Fans findet.

Fast hell – Alexander Osang

AutorAlexander Osang
Verlag Aufbau Verlag
Erscheinungsdatum 18. Januar 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten237
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3351038588

„Fast hell“ von Alexander Osang, Aufbau Verlag, 18. Januar 2021, Gebundene Ausgabe: 237 Seiten, Sprache: Deutsch, ISBN-13: 978-3351038588

Inhalt

Anfang der 2000er Jahre trifft Alexander Osang den in New York lebenden Kosmopoliten Uwe zum ersten Mal. Wie der Autor stammt auch Uwe ursprünglich aus Ostberlin und in der Folge treffen sie einander immer wieder. Als Alexander Osang 2019 für den SPIEGEL ein Porträt über Ostdeutsche schreiben soll, denkt er sofort an Uwe und dieser ist bereit, seine Geschichte zu veröffentlichen. Zusammen mit Uwes Mutter unternehmen sie eine Schiffsreise von Helsinki nach St. Petersburg. In den langen gemeinsamen Gesprächen verbinden sich Uwes lebhafte Geschichten mit Alexander Osangs eigenen Erinnerungen.

Thema und Genre

Dieses Buch handelt vom Aufwachsen in der DDR und der Situation der Ostdeutschen nach der Wende, Vergangenheit, Umbrüche, Aufbruch, Reisen und Leben zwischen Berlin, New York, Tel Aviv. Vor allem geht es um die Frage, wie sehr sich Dinge, die wir erlebt haben, in unseren Erinnerungen verändern und welche Geschichte wir dann tatsächlich als unsere Lebensgeschichte erzählen.

Charaktere

Uwe ist ein schillernder Weltenbürger und eine schwer zu fassende Figur. Seine Erlebnisse und die Menschen darin sind bunt, vielfältig und manchmal skurril, doch sind sie auch wahr? Der Journalist Alexander Osang, der als Ich-Erzähler von seinen Begegnungen und Gesprächen mit Uwe berichtet, begibt sich auf eine intensive Reise in die eigene Vergangenheit.

Handlung und Schreibstil

Der Hauptteil der Geschichte spielt zwischen Juli und September 2019. Er beginnt der Schiffsreise im Juli, mit der Fähre von Helsinki nach St. Petersburg, drei Tage in St. Petersburg. Darin eingeschlossen die Erinnerungen, zurück in die Familiengeschichte, die Zeit in der DDR, durch die dreißig Jahre zwischen dem Mauerfall und diesem Sommer 2019. Die Sprache erzählt poetisch, lebhaft, mit feinem Humor und viel Einfühlungsvermögen, beschreibt auch sehr gut die eigenen Zweifel, die Suche nach sich selbst.

Fazit

Einfühlsam umgesetzte, interessant zu lesende Einblicke in die Zeit nach dem Mauerfall und die gedankliche Teilung zwischen Ost- und Westdeutschland, die auch nach dreißig Jahren noch nicht abgeschlossen ist. Eine Reise in die Vergangenheit, das Leben, eingeschlossen in Erinnerungen. Großartig erzählt, bewegt sich die Geschichte zwischen poetischer Leichtigkeit und eindrücklicher Nachdenklichkeit. „Eine Erzählung dann eben, dachte ich, eine absurde, aber wahre Novelle.“ (Zitat im Epilog, Pos. 2482)

Kindheit – Tove Ditlevsen

AutorTove Ditlevsen
Verlag Aufbau Verlag
Erscheinungsdatum 18. Januar 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten112
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinUrsel Allenstein
SerieDie Kopenhagen-Trilogie, Band 1
ISBN-13978-3351038687

„Irgendwann möchte ich all die Wörter aufschreiben, die mich durchströmen. Irgendwann werden andere Menschen sie in einem Buch lesen und sich darüber wundern, dass ein Mädchen doch Dichter werden konnte.“ (Zitat Pos. 287)

Inhalt

In diesem ersten Teil der Kopenhagen-Trilogie schildert die Autorin Tove Ditlevsen ihre Kindheit in Vesterbro, einem Vorstadtviertel von Kopenhagen. Tove wächst in einer kleinen Wohnung in einem Hinterhaus in sehr bescheidenen Verhältnissen auf. Der Vater wird arbeitslos und verfällt in Schweigen, doch er vermittelt Tove schon früh die Liebe zu Büchern. Die Mutter zieht den älteren Bruder Edvin vor und hat kein Verständnis für Tove, die unbedingt Schriftstellerin werden will.

Thema und Genre

In ihren autobiografischen Erinnerungen schildert die dänischen Autorin ihre Kindheit, das Aufwachsen in einer Arbeiterfamilie im Kopenhagen der 1920er Jahre, ihr Anders-sein, ihre Ängste, aber auch die unterschiedlichsten Bewohner in dem Umfeld der Istedgade.

Charaktere

Die nachdenkliche Tove ist eine Außenseiterin. Schon vor der Einschulung kann sie lesen, schreibt bald erste Gedichte und auch alltägliche Eindrücke formen sich in ihren Gedanken sofort zu einer Fülle von Wörtern. Ihre Freundin Ruth dagegen ist aufgeweckt, frech und zeigt Tove die Stadt der Erwachsenen. 

Handlung und Schreibstil

Ehrlich und offen schreibt die Autorin über das problematische Verhältnis zu ihrer Mutter, die den Bruder Edvin der verträumten, unsicheren Tove vorzieht, die ärmlichen Verhältnisse im Arbeitermilieu der 1920er Jahre. Tove ist eine genaue Beobachterin und versucht, die Welt der Erwachsenen zu verstehen. Daraus ergibt sich eine berührende Mischung zwischen den Ängsten und Konflikten des Heranwachsens und humorvollen Erlebnissen und Eindrücken. Ihre Liebe zu Büchern teilt sie mit ihrem Vater, doch ihre Träume, Schriftstellerin zu werden, behält sie für sich, nachdem auch ihr Vater ihr erklärt hat, dass ein Mädchen kein Dichter werden kann.

Fazit

In ihrer präzisen, klaren Sprache führt uns die Autorin in die Stadt Kopenhagen in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts und schildert beeindruckend das Leben von Frauen und Kindern der Arbeiterklasse.

Schuld: Ein Cold-Case-Team Thriller – Patrick Burow

AutorPatrick Burow
Verlag Independently published
Erscheinungsdatum 11. Januar 2021
FormatTaschenbuch
Seiten312
SpracheDeutsch
ISBN-13979-8592576362

„Ihnen werden Top-Kriminaler zur Seite gestellt. Ein ehemaliger SEK-Leiter, eine überaus erfahrene Profilerin und ein Computergenie werden Sie unterstützen.“ (Zitat Seite 17)

Inhalt

Der ehemalige Staatsanwalt Michael Thomforde ist nicht sicher, was er von den Mitgliedern seiner neuen Truppe halten soll, die weit davon entfernt sind, jene Top-Kriminaler zu sein, die ihm versprochen worden waren. Jan mit seiner Neigung zu aktiven Alleingängen, Renate, die davon überzeugt ist, selbst am besten für die Leitung dieses Ermittlerteams qualifiziert zu sein und Sasha, die meistens in ihren Laptop oder Notizen vertiefte schweigende Beobachterin. Der unaufgeklärte Mord, den Thomforde unbedingt wieder aufgreifen will, ist erst dreieinhalb Jahre her. Ausgerechnet diesen Fall? Da geschieht ein weiterer Mord. Gibt es einen Zusammenhang?

Thema und Genre

Dieser Thriller mit Regionalbezug spielt in Hamburg. Im Mittelpunkt stehen alle Facetten der Justiz. Auch die Frage nach der Verantwortung von Anwälten, die durch ihre Kompetenz Freisprüche von Schwerverbrechern erwirken, ist ein Thema.

Charaktere

Die Figuren sind sehr gut und präzise entwickelt, mit Ecken und Kanten und im jeweiligen Verhalten stimmig, ohne je ins Klischee abzugleiten. Anfangs hat dieses neue Cold-Case-Team nur eines gemeinsam: sie alle sind Einzelgänger und halten nichts von den anderen Teammitgliedern. Doch mit der Gefahr, denn jemand will die Ermittlungen um jeden Preis verhindern, wächst ihre Einsatzbereitschaft und sie beginnen, tatsächlich ein Team zu werden.

Handlung und Schreibstil

Die aktuelle Handlung spielt in einem straffen Zeitrahmen von nur vier Wochen. Rückblicke ergänzen die Ereignisse mit zusätzlichen Details und Informationen. Kurze Kapitel stellen jeweils ein Mitglied des Ermittlerteams und das entsprechende Ereignis in den Mittelpunkt, abwechselnd dazu aber auch Täterpersonen oder Verdächtige. Gleichzeitig nimmt sich der Autor Zeit für Beschreibungen, ohne jedoch den Spannungsbogen zu unterbrechen. Auch das Fachwissen des Autors ist eine interessante Bereicherung, ohne je belehrend zu wirken. Der Schreibstil ist dem Genre angepasst, packend, mit einem humorvollen Augenzwinkern und einem lockeren Umgangston in den Dialogen. Jan im Einsatz: „Okay, zweiter Versuch, diesmal mit Licht und Musik.“ (Zitat Seite 241)

Fazit

Ein sehr spezielles, gerade wegen der Eigenheiten sympathisches Team, brisante Themen, eine spannende Handlung mit Überraschungen, dazu Hamburg und eine gute Prise Humor: packendes, unterhaltsames Lesevergnügen. Der Beginn einer Serie mit Fanpotenzial.

Stilles Grabeskind – B.C. Schiller

AutorB. C. Schiller
SerieTony-Brown-Reihe
Verlag Independently published
Erscheinungsdatum 12. August 2019
FormatKindle-Ausgabe
Seiten372 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB07VP94VY6

“Ich schicke dir einen Beweis, dass ich es mit meiner Mission ernst meine. Denn manchmal kann die Wahrheit auch tödlich sein.“ (Zitat Pos. 236)

Inhalt

Ein Anrufer ist in der Leitung der Radiosendung „Wahre Werte“ und spricht mit dem Moderator „Nighthawk“ über seine Mission gegen Leute, die lügen. Dieser Moderator ist Tony Brown, Chefinspektor der Mordkommission Linz und auf dem Video, das er anschließend erhält, ist zu sehen, wie eine junge Frau begraben wird. Noch lebt sie und Tony Brown hat genau zwei Stunden Zeit, sie zu finden. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit und es stehen noch mehr Namen auf der Liste des Täters. Was ist diese Wahrheit, die Tony Brown ans Licht bringen soll?

Thema und Genre

In diesem intensiven Thriller mit starken psychologischen Elementen, dem neunten Fall von Chefinspektor Tony Brown, geht es um traumatische Kindheitserlebnisse, Missbrauch, um Lügen aus Berechnung, die gravierende Auswirkungen auf das Leben anderer haben.

Charaktere

Die einzelnen, sehr unterschiedlichen Figuren dieses Ermittlerteams sind, wie auch Täter und Opfer, einfühlsam und stimmig charakterisiert, ihre Handlungen sind nachvollziehbar und ihre Ecken und Kanten, ihre jeweilige Geschichte, machen sie realistisch.

Handlung und Schreibstil

Auch diesmal ist die Geschichte ein geschickt geknüpftes Netz aus mehreren parallelen Handlungssträngen. Die aktuellen Ermittlungen von Tony Brown und seinem erfahrenen Team werden durch die Erinnerungen und die damit verbundenen tiefen Einblicke in die Gedankenwelt und das Schicksal der in Ich-Form erzählenden Täterperson unterbrochen. Gleichzeitig folgen wir den Erlebnissen von rumänischen Flüchtlingen, die illegal in Österreich einreisen. Tony Browns Sohn Jimmy ist mit seinem Streetfood erfolgreich, doch plötzlich wirkt er verändert, geht eigene Wege und hat neue Freunde. Ergänzt wird die rasant erzählte Handlung durch überraschende Wendungen. Gleichzeitig nimmt sich das phantasievolle Autorenduo auch Zeit für vertiefende Beschreibungen, ohne jedoch den Spannungsbogen zu verlassen.

Fazit

Ein sehr spannendes, perfekt durchdachtes Netz aus Action, detaillierten Recherchen und wichtigen sozialen Anliegen mit nachvollziehbaren, realistischen Figuren, kurz gesagt, wieder ein überzeugender Pageturner des phantasiebegabten Autorenpaares.

Die verstummte Liebe – Melanie Metzenthin

AutorMelanie Metzenthin
SerieLeise Helden Band 3
Verlag Tinte & Feder
Erscheinungsdatum 12. Januar 2021
FormatTaschenbuch
Seiten461
SpracheDeutsch
ISBN-13978-2496703924

„Aber welchen Platz gab es für ein Mädchen aus reichem Haus in der Welt, das weder seine Familie noch seine Freiheit verlieren wollte? Sie hoffte so sehr, dass ihr die Reise durch Europa Antworten liefern und sie endlich befreien würde.“ (Zitat Pos. 437)

Inhalt

Am 2. Januar 1879 kommt Helen Mandeville in London als Tochter einer wohlhabenden Bankiersfamilie zur Welt. Das eigenwillige, wissbegierige Mädchen erhält eine umfassende Ausbildung, wie sie damals nur Söhnen vorbehalten war. Dennoch muss sie ihrem Vater gehorchen und im Mai 1899 findet die Verlobung mit dem sehr vermögenden, aufstrebenden Anwalt James Mitchell statt. Vor der Heirat wünscht sie sich eine Bildungsreise durch Europa. In Hamburg trifft sie ihre große Liebe, den Arzt Dr. Ludwig Ellerweg und heiratet ihn, sobald sie volljährig ist. Als ihre Mutter 1914 im Sterben liegt, reist Helen trotz aller Warnungen für einige Wochen zurück nach England. Ihr Mann bleibt mit dem gemeinsamen Sohn Fritz zu Hause in Hamburg. Als England Deutschland den Krieg erklärt, ist sie noch in London und der gefährliche Versuch, nach Hamburg zurückzukehren, scheitert. James Mitchell erweist sich als Freund und Retter und Helen trifft eine folgenschwere Entscheidung.

Thema und Genre

In diesem Familienroman mit geschichtlichem Hintergrund, dem dritten Teil der Serie „Leise Helden“, geht es um die traditionelle Stellung der Frauen, um Familie, Ehe, Gefühle und Entscheidungen, die das Leben für immer verändern.

Charaktere

Helen Mandeville, die Mutter des Arztes Fritz Ellerweg aus „Im Lautlosen“ und „Die Stimmlosen“, steht im Mittelpunkt dieses Romans, denn es ist ihre Geschichte, die erzählt wird. Entscheidungen, die sie 1914 trifft, machen aus der selbstbewussten, glücklichen Frau eine verbitterte, harte Person, die sich selbst längst verloren hat. Voll Selbstmitleid sucht sie die Schuld bei den anderen, nur in einigen ehrlichen Momenten bei sich selbst. Dies macht sie wenig sympathisch.

Handlung und Schreibstil

Die Rahmenhandlung beginnt im November 1945 und umschließt die Geschichte von Helen, beginnend mit ihrer Kindheit, bis zu diesem Tag im November 1945, an dem Helen selbst ihrer Tochter Ellinor die Wahrheit über die Vergangenheit erzählt. Die Autorin wählt jedoch nicht die Ich-form, sondern die personale Erzählform, dadurch wird aus diesem zweiten Erzählstrang eine eigenständige Geschichte, der Hauptteil dieses Romans. Obwohl man die Ereignisse durch den Einstieg in der aktuellen Zeit 1945 schon kennt, ist es spannend, die Entwicklung bis zu diesem Punkt zu verfolgen. Die gesamte Handlung ergibt sich als Konsequenz einiger unwiderruflicher Entscheidungen der Hauptfigur Helen. Das damalige Verhalten von Helen ist für mich nicht stimmig und schwer nachvollziehbar, daher ist für mich die Geschichte nicht immer plausibel.

Fazit

Ein interessanter, angenehm und leicht zu lesender Roman, etwas sehr konstruiert und daher weniger glaubhaft und überzeugend, als die beiden ersten Bücher der Serie „Leise Helden“.

Elfenborn: Ein Zeitreiseroman – Marie von Stein

AutorMarie von Stein
Verlag tredition
Erscheinungsdatum 30. November 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten252
SpracheDeutsch
SerieRegenbogenReigen 1
ISBN-13978-3347158115

„Das sah aus, als folgten die Gestalten da unten dem Regenbogen und seinem Weg bis in die Gegend von Elfenborn. Wie passend. Susannas Neugier war geweckt.“ (Zitat Seite 66)

Inhalt

An die weiße Frau, die sie manchmal sieht und in ihren Gedanken hört, ist Susanna Kallen, eine moderne junge Frau Ende zwanzig, seit ihrer Kindheit gewöhnt. Doch erst als ihre Vorfahrin Anna, Freiin von Callendorf, dringend ihre Hilfe benötigt, erkennen beide die Zusammenhänge.

Thema und Genre

Ein Roman mit Regionalbezug und zugleich eine magische Zeitreise in das 17. Jahrhundert. Die Geschichte spielt in der grünen Hügellandschaft der alten Grafschaft Lippe, heute Gemeinde Kalletal. Themen, damals wie heute, sind Neid und Geldgier, Ausgrenzung und als Gegenteil Toleranz und Verständnis, aber auch Freundschaft und mutige, tatkräftige Frauen.

Charaktere

Susanna ist naturverbunden, offen, interessiert, und wenn ihre Hilfe benötigt wird, fragt sie daher nicht lange, sondern handelt.

Anna, Freiin von Callendorf, trägt die Verantwortung für das Gut und die Ländereien der Familie, obwohl sie erst zwanzig Jahre alt ist. Sie bemüht sie sich um Bildung für alle  Kinder, aus allen Gesellschaftsschichten, um fortschrittliche Hygiene- und Gesundheitsbedingungen, was 1669 bei den meisten Menschen noch auf Unverständnis stößt. Doch sie ist mutig und lässt sich nicht beirren.

Handlung und Schreibstil

Dieser erste Band der RegenbogenReigen-Serie umfasst zwei Handlungsstränge. Die aktuelle Handlung spielt im Spätsommer 2019, der historische Teil findet 1669 statt. Auch wenn die Zeitreise in das Reich der Magie und Phantasie gehört, spürt man die genaue Recherche des Lebens in dieser Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg und die spannende Geschichte liest sich glaubhaft, bunt und sehr lebendig. Der Autorin gelingt es, auch die Sprache der jeweiligen Zeit und den Figuren anzupassen, sie tut dies jedoch charmant und unverkrampft, sodass die Geschichte sehr angenehm zu lesen ist. Typische lippische Ausdrücke werden in einem Glossar am Ende des Buches erklärt, gefolgt von den Quellenangaben. 

Fazit

Eine spannende, magische Zeitreise in das Tal der Kalle im Lipper Bergland, als die moderne Gemeinde Kalletal des 21. Jahrhunderts im 17. Jahrhundert noch die Grafschaft Lippe war. Was jedoch zeitlos ist, ist die Schönheit der Natur, die beim Lesen in unseren Gedanken entsteht und das unterhaltsame Lesevergnügen abrundet.

1 24 25 26 27 28 44