„Das Meer der Illusionen – Leonardo Padura

UntertitelDas Havanna-Quartett: Herbst
AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum16. September 2006
Ausgabe(metro) Taschenbuch
Seiten288
SpracheDeutsch
ÜbersetzerHans-Joachim Hartstein
ISBN-13978-3293203747

„Man hat uns in die Schule geschickt, in die wir gehen mussten, dann auf die Uni zu dem Studium, das wir absolvieren mussten, und später zu dem Arbeitsplatz, an dem wir arbeiten mussten, alles, ohne uns zu fragen. Und man kommandiert uns weiter rum, ohne uns auch nur ein verdammtes Mal in unserem verdammten Leben zu fragen, ob wir das auch wollen …“ (Zitat Seite 20)

Inhalt

Ein angenehm warmer Herbstabend im Oktober 1989, doch Wirbelsturm Félix rast auf Kuba zu. Einige Tage vor seinem Geburtstag, nach zehn Jahren als Ermittler, ist für den Teniente Mario Conde die Zeit gekommen, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Doch sein neuer Chef, Coronel Alberto Molina, hat einen neuen, politisch brisanten Fall für ihn. El Conde, unterstützt von Sargento „Manolo“ Palacios,  muss rasch und sehr diskret ermitteln, nach Möglichkeit unter Einhaltung der Vorschriften. Einige Nächte zuvor war die Leiche eines Kubaners, inzwischen nordamerikanischer Staatsbürger, gefunden worden. Der Ermordete ist Miguel Forcade, ein ehemaliger Vizedirektor im Außenhandelsministerium, der sich 1978 in die USA abgesetzt hatte. Sofort stellt sich El Conde viele Fragen, der Fall interessiert ihn, warum hat man Forcade wieder ins Land gelassen, was unüblich ist. Wollte Forcade tatsächlich nur seinen schwer kranken Vater besuchen, oder hatte er auch noch andere Gründe, nach Kuba zurückzukehren. Forcade scheint eine reine Weste gehabt zu haben, doch der brutale Mord weist auf Rache als Motiv hin.

Thema und Genre

Auch in diesem Kriminalroman, dem vierten und letzten Teil des Havanna Quartetts, geht es um das Leben in Kuba 1989, Kunst und Kultur, Politik, die Macht der Parteifunktionäre, Enteignung, Bereicherung, Korruption, aber auch um Familie, Freundschaft und die Sehnsucht nach Liebe.

Charaktere

El Conde, über sich selbst: „Er erinnerte sich daran, dass dieser Tag sein offiziell vorletzter als Polizist sein konnte und ganz gewiss sein letzter als Mann von fünfunddreißig Jahren war.“ (Zitat Seite 95)

Mayer Rangel über El Conde: „Du bist das Schlimmste, das mir in meiner Laufbahn passiert ist, aber der beste Ermittler, den ich je gehabt habe.“ (Zitat Seite 99)

Erzählform und Sprache

Die Wahl der Erzählform, der Teniente Mario Conde ist die personale Hauptfigur, ermöglicht es Leonardo Padura einerseits, zusätzliche Spannung in die Handlung mit den vielen offenen Fragen, Möglichkeiten und Vermutungen zu bringen, andererseits erleben wir die persönlichen Zweifel  von El Conde, die Wünsche und Hoffnungen der Jugend, die das Leben nicht erfüllt hat, Erinnerungen und verlorene Träume. Mit El Conde werfen wir jedoch auch einen Blick auf das echte Havanna, die kleinen Lokale, Gassen, Plätze und die Menschen, die sich auf einen gewaltigen Wirbelsturm vorbereiten. Durch die Ermittlungen, die Gespräche und Recherchen wird die aktuelle Handlung nach und nach zu einem Gesamtbild, das weit in die Vergangenheit zurückführt.

Fazit

Ein spannender, vielschichtiger Abschluss der Tetralogie, ein Eintauchen in ein Meer von Illusionen. Kuba und die alten, auch nach den Umbrüchen immer noch mächtigen Familien, und El Conde und sein Freundeskreis als die kubanische Generation der Mittdreißiger, die ihr Leben hinterfragt und neue Wege sucht. Ein literarischer, politischer Kriminalroman mit eindrücklichen Schilderungen der Gesellschaftsstruktur und der Lebensumstände in Kuba im Jahr 1989.  

Ein perfektes Leben – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum27. Juni 2005
AusgabeTaschenbuch
Seiten272
SpracheDeutsch
ÜbersetzungHans-Joachim Hartstein
ISBN-13978-3293203440

„Mario Conde nahm die geschlossene Akte in die Hand. Ihm schwante, dass sie eine Art Büchse der Pandora sein könnte, und er verspürte keinerlei Lust, die Dämonen der Vergangenheit aus ihr zu befreien.“ (Zitat Seite 22)

Inhalt

Noch sehr angeschlagen von der Silvesterfeier, freut sich Teniente Mario Conde über sein freies Wochenende, als sein Chef anruft und dieses beendet. Denn am Abend des 1. Januar hat die Ehefrau von Rafael Morín Rodríguez ihren Mann als vermisst gemeldet. Dieser Fall ist brisant und Conde muss sofort zu ermitteln beginnen, denn Rodríguez ist der einflussreiche Leiter der Import-Export-Abteilung im Industrieministerium. Da es sich bei Rafael Morín um genau jenen Schulkollegen handelt, der Tamara Valdemira geheiratet hat, die heimliche große Jugendliebe von Mario Conde, begleiten persönliche Erinnerungen den Teniente bei seinen aktuellen Recherchen. Das Leben und Verhalten von Rafael Morín Rodríguez waren immer perfekt, ein untadeliger Mann mit einer weißen Weste, wo sind die Schatten?

Thema und Genre

Der vorliegende Kriminalroman spielt in Kuba. Es ist der erste Band der Serie Havanna Quartett und es geht hier um wesentlich mehr, als das Verschwinden einer Person. Themen sind Politik, Gesellschaft, Jugenderinnerungen, sowie die Lebensträume einer jungen Generation und die Veränderungen im Laufe der Jahre.

Charaktere

Seit zwölf Jahren ist die Hauptfigur, Teniente Mario Conde, bei der Polizei und ebenso lang fragt er sich, warum. Gerade dieser aktuelle Fall führt El Conde weit in seine Vergangenheit zurück und kurz wünscht er sich, wieder sechzehn Jahre alt zu sein, einen anderen Weg für sein Leben auszuprobieren. „Eines Tages vielleicht würde er seine alten Illusionen wieder haben, würde in einem Haus in Cojímar wohnen, wie Hemingway, direkt an der Küste, in einem Holzhaus mit roten Dachziegeln und einem Zimmer zum Schreiben.“ (Zitat Seite 147)

Erzählform und Sprache

Die Handlung wird personal erzählt, die aktuellen Ermittlungen werden ergänzt durch Erinnerungen an Ereignisse im Jahr 1972 und Gedankenströme, sowie Beobachtungen und Schilderungen des Umfeldes und der Situation in Kuba. Zwischendurch wechselt die Erzählform sowohl bei Mario Conde, als auch bei seinem Mitarbeiter Manolo in die Ich-Form, was uns tief in die Gedanken der Figuren eintauchen lässt und die Geschichte auch sprachlich interessant und abwechslungsreich gestaltet.

Fazit

Ein vielschichtiger Kuba-Roman mit interessanten Themen und ebenso facettenreichen Figuren. Eine spannende Geschichte mit atmosphärischen Schilderungen Kubas, auch sprachlich überzeugend.

Labyrinth der Masken – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum22. Februar 2006
Ausgabemetro-Taschenbuch
Seiten256
SpracheDeutsch
ÜbersetzungHans-Joachim Hartstein
ISBN-13978-3293203648

„Er fühlte sich hoffnungslos überfordert, ohne im Mindesten die Antwort auf eine der tausend Fragen zu wissen, die sich ihm stellten.“ (Zitat Seite 53)

Inhalt

In diesem dritten Band des Havanna-Quartetts ist es Sommer geworden, 1989, ein heißer, staubiger August. Nach der Prügelei mit Teniente Fabricio vor drei Monaten ist Mario Conde zum Erkennungsdienst strafversetzt worden, während nicht nur gegen ihn interne Ermittlungen laufen. Doch nun wird er gebraucht, denn dieser Mord an einem jungen Mann in einem roten Frauenkleid mitten im Stadtwald von Havanna ist besonders heikel, der tote Transvestit stammt aus einer sehr bekannten, angesehenen Familie. Die ersten Spuren führen die beiden Ermittler El Conde und Manuel Palacios zu dem international bekannten Dramatiker und Theaterregisseur Alberto Marqués Basterrechea. Während der Teniente die Vor- und Nachgeschichte des Mordes zu ergründen versucht, der ausgerechnet am 6. August, dem Fest der Verklärung Christi, der Transfiguration, stattgefunden hat, führen seine Gespräche mit Alberto Marqués dazu, dass El Condes Vorurteile schwinden.

Thema und Genre

In diesem Kuba-Roman geht es um Politik, Korruption, Gesellschaft, Vorurteile, Diskriminierung, Homosexualität. Im Mittelpunkt von Mario Condes Ermittlungen stehen diesmal ein alter, exzentrischer Künstler und natürlich wieder die Literatur.

Charaktere

„Mario Conde ist kein Polizist, sondern eine Metapher und sein Leben spielt sich im virtuellen Raum der Literatur ab.“ (Zitat Seite 6, Vorbemerkung des Autors) Doch es liegt an der genauen Beobachtungsgabe, der Phantasie und dem genialen Können des Autors, reale Menschen in seine fiktiven Charaktere einzubringen, Mario Conde und auch alle anderen Figuren seiner Romane, ungemein glaubwürdig und lebensnah wirken zu lassen, mit ihren Fehlern, Zweifeln, Träumen und Gefühlen.

Erzählform und Sprache

Auch dieser dritte Kriminalfall, den Mario Conde während des Jahres 1989 lösen muss, ist nur ein Teil der Geschichte, um die es in diesem Kuba-Roman geht. Das Thema Homosexualität, die damit verbundenen Vorurteile, die politischen Versuche einer Umerziehung, in Verbindung mit dem alltäglichen Leben in Havanna in dieser Zeit des Umbruchs, verdichten und erweitern die Handlung zu einem intensiven, weit gefächerten Gesamtbild. Mario Conde sagt von sich selbst, ein Mann der Erinnerungen zu sein und so erfahren wir durch seine Gedanken interessante Details darüber, wie sich Kuba, und vor allem die Stadt Havanna, verändert haben. „Ich verstehe das, natürlich verstehe ich das, denn diese Insel hat den historischen Auftrag, immer wieder neu zu beginnen, alle dreißig oder vierzig Jahre. Das Vergessen ist Balsam für alle offenen Wunden …“ (Zitat Seite 116). Die Sprache ist eine elegante, poetische Sprache der Literatur, verbunden mit der manchmal verstörend direkten Sprache einer Männerwelt.

Fazit

Ein spannendes, interessantes, beeindruckendes Leseerlebnis, eingebettet in die Liebe zu Kuba und zur Literatur.  

Handel der Gefühle – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum28. Februar 2006
Ausgabemetro-Taschenbuch
Seiten256
SerieDas Havanna-Quartett: Frühling
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3293203525

 „Na prima, dachte er, wenn ichs mir recht überlege, äuft das doch so: Ich bring das Leben anderer Leute in Ordnung, krieg aber mein eigenes nicht in den Griff.“ (Zitat Seite 50)

Inhalt

Es ist Frühling 1989 in Havanna und einer der typischen Frühlingsstürme wirbelt den Staub durch die Straßen. Einen Tag nach dem Aschermittwoch wird Lissette Núñez Delgado in ihrer Wohnung tot aufgefunden, es war ein brutaler Mord. Die Gymnasiallehrerin für Chemie war nur vierundzwanzig Jahre alt geworden. Die ersten Spuren führen den Ermittler, Teniente Mario Conde, genau in jenes Gymnasium, in dem auch er vor Jahren seine Oberstufenzeit verbracht hatte. Der Fall ist heikel, denn neben Alkohol ist auch Marihuana im Spiel und bald wird El Condo und seinem Teampartner Sargento Manuel „Manolo“ Palacios klar, dass Spuren auf einen professionellen Drogenhandel hinweisen. Obwohl im Lauf der Ermittlungen langsam einige Fakten zusammenführen, passt für Conde irgend etwas einfach nicht, auch wenn er es zunächst nicht erfassen kann.

Thema und Genre

Die Serie um den Ermittler Mario Conde spielt in Havanna und es steht nicht der Kriminalfall im Mittelpunkt, sondern es geht um die politische Situation Kubas 1989, Korruption, Überwachung, Drogenhandel, Kleinkriminalität und das bunte Leben der unterschiedlichen Menschen in der Stadt Havanna, eine Stadt mit einer bewegten Vergangenheit und unendlich vielen Facetten. Es geht um Männerleben, Freundschaft, Liebe, Einsamkeit und um Literatur.

Charactere

Als Junge träumte der Teniente Mario Conde davon, Schriftsteller zu werden und dieser Traum ist geblieben, eines Tages wird er den Polizeidienst verlassen und wieder schreiben. Er gilt als verbissen, intelligent und zu effizient für den Polizeidienst. Persönlich ist er pessimistisch, melancholisch, hat Macho-Allüren und liebt guten Rum, wenn erhältlich, sehr guten, starken Kaffee, wenn verfügbar, und in stillen Stunden träumt er davon, endlich die Liebe fürs Leben zu finden.

Erzählform und Sprache

Die Recherchen und Ermittlungen sind in den Tagesablauf von Mario Conde eingebettet, er teilt mit uns seine Liebe zu Havanna, zum Meer, zu Kuba und seine Erinnerungen. Wir beobachten ihn in seinem winzigen Büro im dritten Stock, das er wegen der Aussicht liebt, und das er sich mit Sargento Manolo teilt. Mit dem dünnen Carlos verbindet ihn eine enge Freundschaft fürs Leben, andere Freunde besucht El Condo, wenn er Tipps für seine Ermittlungen braucht. Diese sehr spezielle Figur El Condo hätte beinahe dazu geführt, dass ich nach etwa achtzig Seiten die Lektüre abgebrochen und das Buch zurück ins Regal gestellt hätte. Auch an die Sprache, literarisch, philosophisch, bildintensiv in den Schilderungen, in den Dialogen und speziellen Szenen jedoch umgangssprachlich, hart bis ins Vulgäre, musste ich mich gewöhnen. Doch dann plötzlich war ich im Sog der Geschichte, der Themenvielfalt und auch der Figuren dieses Romans, El Condo, frisch in die attraktive Saxofonspielerin Karina verliebt, eingeschlossen.

Eine Bemerkung zur Reihenfolge der Bücher des Havanna-Quartetts: ich habe mit dem Frühling begonnen, ohne zuvor nachzulesen, doch diese Serie beginnt mit dem Winter und endet mit dem Herbst. Da es insgesamt um die Ereignisse nur eines Jahres geht und jeder Fall in sich abgeschlossen ist, sehe ich kein Problem in der geänderten Reihenfolge. Zur Zeit lese ich den Sommer, werde den Winter anschließen und zuletzt dann den Herbst lesen, da dieser doch einen gewissen Abschluss bildet.

Fazit

Ein intensiver Kuba-Roman mit vielen Facetten, offen, direkt, realistisch, auch sprachlich teilweise eine Herausforderung und gleichzeitig ein packendes Leseerlebnis.

Die Töchter der Kälte – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagUllstein Taschenbuchverlag
Datum30. November 2015
AusgabeKindle-Ausgabe
Seiten481 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
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„Langsam spürte er, wie der Korb nachgab; hoffentlich war er nicht beschädigt. Er warf einen Blick an der Wand seines alten Kahns herunter, um zu sehen, in welchem Zustand der Korb nach oben kam.“ (Zitat Seite 6)

Inhalt

Maja, die kleine Tochter von Kommissar Patrik Hedström und Erica Falk, ist gerade zwei Monate alt und hat das Leben der beiden völlig verändert. Besonders Erica ist überfordert und deprimiert und sie ist froh, dass sie in Charlotte eine verlässliche Freundin gefunden hat, die sie versteht und unterstützt. Charlotte Klinga, ihr Mann Niclas ist Arzt in Fjällbacka, ist Mutter von zwei Kindern, der sieben Jahre alten Sara und dem acht Monate alten Alvin. Dann kommt jener Montag, an dem zusammen mit dem letzten Fangkorb, den der Hummerfischer Frans Bengtsson aus dem Wasser holt, auch der Körper eines toten Mädchens auftaucht. Es ist Sara, die Tochter von Charlotte und Niclas. Rasch kursieren Gerüchte über Verdächtige in Fjällbacka und es ist nicht einfach für Patrik, das Netz aus Rätseln in diesem Fall, der ihn auch emotional sehr stark belastet, zu entwirren.

Thema und Genre

In diesem dritten Falck-Hedström-Krimi geht es um den Mord an einem Kind, der in dem engen Dorfgefüge von Fjällbacka sofort alle Vorurteile den Mitmenschen gegenüber zum Vorschein bringt. Themen sind Nachbarschaftsstreit, Beziehungen, prägende Kindheitserlebnisse und verstörende Familiengeheimnisse, die weit zurück in die Vergangenheit reichen.

Erzählform und Sprache

Auch diesmal wird die Handlung von einer Parallelgeschichte bestimmt, die in den 1920er Jahren beginnt und das Schicksal von Menschen über Jahrzehnte bestimmt und prägt. Erst langsam lassen sich Personen und Zusammenhänge vermuten, obwohl wir mit diesem Wissen um die Vergangenheit den Ermittlern voraus sind. Die aktuellen Ereignisse werden einerseits geprägt von Ericas und Patricks Alltagsproblemen als junge Eltern, von der Frage, was der plötzliche Verlust eines Kindes für die Familie bedeutet, andererseits folgen wir einer spannenden Suche nach dem Täter, die wieder unvorhersehbare Wendungen bringt. Intensität erhält die Geschichte durch die psychologischen Momente und die Figurenvielfalt in dem nur scheinbar friedlichen Ort Fjällbacka.    

Fazit

Auch dieser dritte Band der Serie bringt interessante, facettenreiche, packende Lesestunden.

Die Eisprinzessin schläft – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagUllstein Taschenbuchverlag
Datum6. Februar 2015
AusgabeKindle-Ausgabe
Seiten401 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ÜbersetzungGisela Kosubek
ASINB00PLXQ1T0

„Schweigen lässt sich niemals zurücknehmen.“ (Zitat Seite 377)

Inhalt

Erica Falck ist Journalistin und Schriftstellerin und schreibt Biografien von schwedischen Autorinnen. Gerade ist Selma Lagerlöf ihr Thema, doch ihr fehlt die Motivation. Da ihre Eltern kürzlich verstorben sind, muss sie das Elternhaus in Fjällbacka räumen, denn ihre Schwester Anna will dieses rasch verkaufen. Da erfährt sie, dass ihre langjährige Jugendfreundin Alexandra Wijkner, eine erfolgreiche Galeristin in Göteborg, sich in ihrem Wochenendhaus in Fjällbacka das Leben genommen hat. Erica als Freundin soll den Nachruf schreiben und entdeckt hier gleichzeitig den Stoff für ein eigenes Buch, denn rasch ist klar, dass es kein Selbstmord war, auch wenn es so aussehen sollte. Während Ericas Schulfreund Patrick Hedström als Polizist die offiziellen Ermittlungen leitet, beginnt Erica ebenfalls zu recherchieren.

Thema und Genre

Die Falck-Hedström-Serie umfasst inzwischen elf Bände, dieses ist der erste Band der schwedischen Krimiserie, die in dem Ort Fjällbacka spielt. In diesem Kriminalfall, der weit in die Vergangenheit zurückführt, geht es um gesellschaftliche und persönliche Beziehungen, um prägende Kindheitserinnerungen, unterschiedliche Familiengefüge und Familiengeheimnisse.

Erzählform und Sprache

Die Autorin baut die Geschichte in unterschiedlichen Zeitebenen auf, wobei ein Handlungsstrang, der in der Vergangenheit liegt, abwechselnd mit den aktuellen Geschehnissen geschildert wird. So erfährt man noch vor dem Ermittlerteam eine Hintergrundgeschichte, ohne jedoch zu wissen, wie das mit dem Fall zusammenhängt. Diese Erzählform baut rasch Spannung auf, welche in Verbindung mit den vielen unterschiedlichen und sehr präzise entwickelten Figuren, Themen und Konflikten eine vielschichtige Geschichte ergibt. Die Sprache nimmt sich auch Zeit für Beschreibungen und ist sehr angenehm zu lesen.

Fazit

Der spannende, facettenreiche Beginn einer schwedischen Krimiserie, ein packender Kriminalfall mit vielen menschlichen Aspekten. Lesevergnügen, das Lust darauf macht, die Serie weiterzulesen.

Glut – Sven Petter Naess

AutorSven Petter Naess
VerlagAufbau Taschenbuch
Datum15. Januar 2024
AusgabeTaschenbuch
Seiten463
SpracheDeutsch
ÜbersetzerAndreas Brunstermann
ISBN-13978-3746640358

„Gleichwohl konnte er nichts gegen den sich bildenden Kloß in seinem Hals ausrichten, als er zum ersten Mal nach zwei Jahrzehnten die grüne Stahlbrücke wiedersah. Er wusste, dass auf der anderen Seite noch alte Gespenster warteten.“ (Zitat Seite 20)

Inhalt

Am Palmsonntag, 25. März, geht in der Polizeistation Elvestad die Meldung ein, dass bei der Brücke über den Fluss Glomma ein verlassenes Fahrzeug stehe. Per Lyngstad und seine Kollegin Dina Martinsen finden nicht nur den Wagen, sondern auch die Leiche eines Mannes. Dieser Mordfall führt dazu, dass Kommissar Harinder Singh von der Kripo Oslo nach einundzwanzig Jahren in die Stadt seiner Kindheit und Jugend zurückkehrt, wo für ihn jede gute Erinnerung mit mindestens einer schlechten verbunden ist. Gemeinsam mit seiner Kollegin Rachel Hauge wird er bald mit einem weiteren Mordfall konfrontiert. Ist es möglich, dass die aktuellen Ereignisse irgendwie mit dem noch immer unaufgeklärten, spurlosen Verschwinden der jungen Carina Johnson im Sommer vor zwanzig Monaten zusammen hängen? Es ist ein dicht gesponnenes Netz aus Lügen und Schweigen, in dem Harinder und Rachel ermitteln müssen, verstärkt wird diese Aufgabe durch Harinders Erinnerungen, die sich durch die Ermittlungsarbeit ziehen.

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman des Genre Nordic Noir geht es um Verbrechen, Ermittlungsarbeit, ungeklärte Fälle in der Vergangenheit, Rache, Erinnerungen, und eine einflussreiche Familie im Gefüge einer kleinen Stadt, wo die Menschen ihre eigenen Geheimnisse haben.

Erzählform und Sprache

Dieser erste Band der Serie „Team Oslo ermittelt“ spielt in Elvestad, einer kleinen Stadt in Norwegen, nahe der schwedischen Grenze. Die Geschichte beginnt mit einem kurzen Prolog, eine Situation, die nicht ganz zwei Jahre zurückliegt. Daran schließt die aktuelle Handlung an, die am Palmsonntag beginnt und während der Karwoche stattfindet. Dazwischen führen weitere kurze Episoden zurück zu den Ereignissen, die vor zwanzig Monaten stattgefunden haben, ergänzt durch Harinders Erinnerungen, Ereignisse im September 1996 betreffend. Erst mit dem Fortschreiten der straffen, packenden Handlung erschließen sich überraschende Zusammenhänge. Die Sprache entspricht dem Genre Kriminalroman, nimmt sich Zeit für die Charakterisierung jeder einzelnen Figur, und unterstützt die perfekte Mischung aus Spannung und Schilderungen des Umfeldes.

Fazit

Eine realistische, spannende, sehr gut durchdachte und kombinierte Geschichte, glaubwürdig, überraschend, facettenreich. Der Beginn einer Serie, deren zwei Folgebände ich schon vorab notiert habe.

Tag der Wahrheit – Hendrik Falkenberg

AutorHendrik Falkenberg
Verlag Edition M
Erscheinungsdatum 1. September 2020
FormatKindle-Ausgabe
Seiten397 (Print)
SpracheDeutsch
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„Die Fragestellung des Meetings war klar: Was hatten Lauras und Stevens Funde zu bedeuten und – war es überhaupt ein Fall fürs BKA?“ (Zitat Seite 47)

Darum geht es

An diesem frühen Morgen Ende Februar erlegt Florian Beck eine Hirschkuh, ohne Rücksicht auf die bestehende Schonzeit. Doch auch für ihn ist dies sein letzter Morgen Als er später gefunden wird, liegt er tot über der erlegten Hirschkuh. Sein Herz fehlt und wird kurz darauf von der BKA-Ermittlerin Laura Westermann gefunden, mit einer Notiz „Gruß ans BKA“. Dies ist eine von einer Reihe von Botschaften einer Gruppe von Klimaaktivisten, die inzwischen Mitglieder des obersten Managements von namhaften Unternehmen der Automobilindustrie in ihre Gewalt gebracht haben. Sie stellen Forderungen und ein Ultimatum, Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit für das BKA-Team Steven Haberland und Laura Westermann.

Themen dieses Kriminalromans, Band 1 der Westermann-Haberland-Serie, sind Umweltschutz, Klimawandel, die Hintergründe des Dieselskandals.

Meine Meinung

Eine spannende Geschichte mit aktuellen Themen, rasant erzählt, wenn auch nicht immer glaubwürdig. Stoff für unterhaltsame Lesestunden.

Hildur – Die Spur im Fjord – Satu Rämö

AutorSatu Rämö
Verlag Heyne Verlag
Erscheinungsdatum 1. Oktober 2023
FormatKindle
Seiten369 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinGabriele Schrey-Vasara
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„Der rote Rucksack mit den Ponys darauf war das Letzte, war von den Mädchen zu sehen war. Dann verschwanden sie.“ (Zitat Seite 16)

Inhalt

Hildur Rúnarsdóttir hat Geschichte studiert, wollte aber keine akademische Laufbahn einschlagen. Zu sehr ist sie von ihrer Vergangenheit geprägt und immer noch auf der Suche nach Antworten, denn ihre beiden jüngeren Schwestern sind vor beinahe fünfundzwanzig Jahren eines Nachmittags spurlos verschwunden. Seit nunmehr zehn Jahren ist Hildur zurück in ihrer alten Heimat Ísafjörður und leitet als Kriminalbeamtin die Abteilung für vermisste Kinder im Verwaltungsbezirk Westfjorde. Als im November 2019 eine Lawine ein Gebiet mit Sommerhäusern unter sich begräbt, werden auch Hildur, ihr neuer Kollege Jakob Johanson, ein finnischer Polizist, und ihre Chefin Beta zu Hilfe gerufen, denn angeblich war eines der Häuser bewohnt. Es gibt tatsächlich einen Toten, doch dieser ist eindeutig ermordet worden. Damit beginnt eine Serie von Morden, die auf den ersten Blick überhaupt nichts gemeinsam haben, doch Hildur ist überzeugt, dass es einen Zusammenhang gibt.

Darum geht es

Dieser Kriminalroman, Band eins der Hildur-Reihe, spielt in Island. Im Mittelpunkt stehen unterschiedliche Ereignisse, die teilweise in der Vergangenheit stattgefunden haben, und rätselhafte Mordfälle in der Gegenwart. Weitere Themen sind Verlust, Familie, Beziehungen und das Leben in einem abgelegenen, wilden Teil Islands im grauen Wintermonat November.

Meine Meinung

Hildur liebt das Surfen im unbeständigen, stürmischen Meer, um den Kopf freizubekommen, Jakob dagegen strickt Pullover in den komplizierten isländischen Mustern. Dieses interessante, sympathische Ermittlerteam in Kombination mit einer spannenden Handlung, einer glaubhaften Geschichte mit Tiefgang, und lebhaften Schilderungen der beeindruckenden Natur und Landschaft Islands garantieren ein facettenreiches Lesevergnügen.

Rachefrühling – Andreas Gruber

AutorAndreas Gruber
VerlagGoldmann Verlag
Datum13. September 2023
AusgabeTaschenbuch
Seiten608
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442491087

„Dann sähe ich Sie wieder einmal in Aktion – außerdem denke ich, dass das mindestens genauso spannend ist, wie wenn Sie mir die Ringstraße, den Zentralfriedhof und den Stephansdom zeigen.“ (Zitat Seite 44)

Inhalt

Walter Pulaski ist zum ersten Mal in Wien und Evelyn Meyers freut sich darauf, ihm die Stadt zu zeigen. Daher lehnt die erfolgreiche Anwältin sofort ab, als ein internationaler Geschäftsmann sie beauftragen will, den bekannten True Crime-Podcaster Martin Kilian zu vertreten, der des Mordes an der Wiener Chirurgin Aleyna Al-Raschid verdächtigt wird. Doch Pulaski und Evelyns Mitarbeiter Florian überzeugen sie, das Mandat anzunehmen, denn die Tat und die damit verbundenen Nachforschungen, auch wenn er diese als Urlauber inkognito anstellen muss, interessieren Pulaski wesentlich mehr, als die Sehenswürdigkeiten der schönen Stadt Wien. Je länger sie nach Zusammenhängen suchen und den Spuren und möglichen Motiven folgen, desto größer werden ihre Zweifel, denn manche Details fügen sich allzu offensichtlich.

Thema und Genre

Dieser Thriller ist Band 4 der Jahreszeiten-Serie um den Dresdner Kommissar Walter Pulaski und die Wiener Anwältin Evelyn Meyers. Themen sind Recherchen, Mordanklage, polizeiliche Ermittlungsarbeit und die damit verbunden spannenden Rätsel. Wie der Titel schon andeutet, geht es auch um Rache. Ort der Handlung ist diesmal Wien.

Charactere

Mit Evelyn Meyers, Florian Zock und Walter Pulaski treffen wir ein sympathisches, hartnäckiges Ermittlerteam wieder, das wir bereits aus den Jahreszeiten Sommer, Herbst und Winter kennen, oder aber, wenn man die Serie erst mit diesem Band Frühling zu lesen beginnt, mit Vergnügen kennenlernen wird. Was alle Figuren in diesem Thriller auszeichnet, ist die Nachvollziehbarkeit ihres Verhaltens, ihre Glaubwürdigkeit und ihr Facettenreichtum.

Erzählform und Sprache

Zu einem Thriller gehört eine rasante, packende Handlung, die hier schon durch den knappen Zeitrahmen von neun Tagen im Mai vorgegeben ist. Innerhalb dieser Zeit wechselt der chronologische Ablauf, geht mal einige Tage zurück, dann wieder vorwärts, was die Spannung erhöht, langsam immer mehr Details einfließen lässt und auch das eigene Miträtseln interessant macht. Durch genaue Datumsangaben als Überschrift der Kapitel ergibt sich die einfache Zuordnung innerhalb des Geschehens. Überraschende Wendungen mit völlig neuen Aspekten erhöhen die kriminalistische Unterhaltung beim Lesen, ohne konstruiert oder unglaubwürdig zu wirken. Das Verbrechen selbst mit den komplexen, rätselhaften Hintergründen verzichtet auf seitenlange, bluttriefende Schilderungen, was ich persönlich sehr schätze. Es ist ein sehr gekonnt und clever aufgebauter Plot mit vielen vernetzten Zusammenhängen, sie sich jedoch erst langsam ergeben und die Ermittler und auch uns Leser manchmal zu falschen Schlüssen verleiten. Die Sprache passt zum Genre und ergänzt mit humorvoll-charmanten Dialogen und Szenen. 

Fazit

Eine spannende, vielschichtige Geschichte, gekonnt aufgebaut und sehr gut recherchiert, dazu interessante Themen – ein Lesevergnügen, das unterhält und Freude macht.

Jenny Erpenbeck über Christine Lavant – Jenny Erpenbeck

AutorJenny Erpenbeck
Verlag Kiepenheuer&Witsch
Herausgegeben vonVolker Weidermann
Erscheinungsdatum 17. August 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten160
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462004687

„Das eigene Leben bewahren, ohne den eigenen Willen aufzugeben, Kompromisse eingehen, die einen nicht die Seele kosten – wie das gelingen kann, und auch, wie manche ihrer Figuren tragisch daran scheitern, hat Christine Lavant in ihren Texten beschrieben.“ (Zitat Pos. 817)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist der fünfte Band der Serie „Bücher des Lebens“, herausgegeben von Volker Weidermann. Es geht um Bücher, welche die Schriftstellerin Jenny Erpenbeck besonders beeindruckt und geprägt haben. Erpenbeck ist dreißig Jahre alt, als sie zum ersten Mal ein Gedicht von Christine Lavant liest. „Dreißig Jahre alt musste ich werden, bevor ich zum ersten Mal ein Gedicht von Christine Lavant gelesen habe. Bevor sich mir diese fremde Welt aufgetan hat, die ich nicht kannte und dich im ersten Moment wiedererkannt habe.“ (Zitat Pos. 284) Seither folgt sie den Spuren und dem Leben dieser ungewöhnlichen Frau, der einfachen Strickerin und Schriftstellerin und vertieft die biografischen Geschichten mit den Themen Bücher, Lyrik, das Leben als Schriftstellerin.

Umsetzung

Nach einem kurzen Vorwort von Volker Weidermann beginnt Jenny Erpenbeck ihr Essay mit der Frage, wann der richtige Moment sei, um ein Gedicht zu lesen, gibt sich selbst in Gedanken verschiedene Antworten, die ebenfalls Fragen bleiben. Im zweiten Kapitel schreibt sie, was Christine Lavant in ihren biografischen Notizen über das Lesen von Gedichten geschrieben hat und tritt so mit dieser österreichischen Lyrikerin aus Kärnten in einen inneren Dialog. Diesen führt sie in allen weiteren Kapiteln abwechselnd fort, Jenny Erpenbeck berichtet über ihre Erlebnisse während der fünf Jahre, die sie in Graz gelebt hat und beginnt danach mit der Kindheit von Christine Lavant, mit bürgerlichem Namen Christine Habernig, geb. Thonhauser. Erpenbeck folgt einerseits dem von Selbstzweifeln geprägten Leben von Christine Lavant, sucht in den vielen vorhandenen Aufzeichnungen, besonders Briefen, in den Archiven und Museen nach dem Menschen und der Künstlerin. Besondere Aussagen ergänzt Erpenbeck mit entsprechenden Gedichten von Christine Lavant.

Im Anhang finden sich die Lebensdaten von Christine Lavant und die Erklärungen zu den durchnummerierten Fußnoten.

Fazit

Dieses Buch berichtet über das Leben der österreichischen Schriftstellerin Christine Lavant, deren literarisches Werk in der breiten Öffentlichkeit nicht allzu bekannt ist, und in deren Würdigung seit 2016 ein eigener Literaturpreis, der Christine Lavant Preis, verliehen wird.

Falsche Freunde: Commissario Morello ermittelt in Venedig – Wolfgang Schorlau, Claudio Caiolo

AutorWolfgang Schorlau
AutorClaudio Caiolo
Verlag KiWi-Paperback
Erscheinungsdatum 4. Mai 2023
FormatBroschiert
Seiten352
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462003031

„Hören Sie, Commissario, die Vereinbarung mit dem Innenministerium besagt, dass Sie nach Sizilien versetzt werden, sobald Sie Salinis Mörder gefasst haben.  Wenn Sie Ihre Arbeit hier erledigt haben, können Sie am nächsten Tag wieder zurück zu Ihrer Mafia.“ (Zitat Seite 42)

Inhalt

Venedig im Nebel ist nicht romantisch und mystisch, sondern einfach nur nass und kalt, denkt Commissario Antonio Morello und vermisst sein geliebtes Sizilien. „In Sizilien ist die Sonne wärmer, das Licht des Himmels klarer und von einem unerreichten seidenweichen Blau, der Geschmack des Salzes im Meer ist würziger als der der Lagunenbrühe.“ (Zitat Seite 147) Doch viel Zeit für diese Gedanken bleibt dem Commissario nicht, denn an diesem nassen, kalten Tag im Oktober 2022 wird in Venedig der Buchhalter Paolo Salini gefunden, tot auf einer Parkbank sitzend. Damit beginnen für den Commissario und sein Team Ermittlungen, die diesmal besonders brisant sind. Rasch führen die ersten Verdachtsmomente und Spuren den Commissario zu sehr vermögenden und seit Jahrhunderten einflussreichen Venezianer Familien und zu ihren Plänen, aus Venedig eine glitzernde, glamouröse Luxusdestination für Superreiche zu machen. Ebenso rasch versuchen seine Vorgesetzten, seine Ermittlungen in diesem Umfeld zu unterbinden, doch andererseits hat er das Versprechen, dass er zurück nach Sizilien versetzt wird, sobald er Salinis Mörder gefunden hat.  

Thema und Genre

In diesem neuen Fall für Commissario Morello, den Sizilianer in Venedig, Band drei der Serie, geht es um Immobilien, Investments, Bestechung, Politik und die (teilweise leider schon realen) Pläne, ganz Venedig als Luxusdestination für sehr vermögende Menschen zu vermarkten.

Charaktere

Auch diesmal lässt sich Morello in seinen Ermittlungen nicht stoppen, den Freien Hund legt man nicht an die Leine, auch wenn sein Team wieder mal in eine andere Richtung zieht. Doch persönlich ist er nach wie vor durch den Verlust seiner Frau blockiert. Er vermisst Sizilien nicht nur als Heimat, sondern er will zurück, weil er endlich weiter nach dem Mafia-Boss suchen will, der seine Frau auf dem Gewissen hat.

Handlung und Schreibstil

Handlung und Schreibstil

Der Zeitraum der Ermittlungen umfasst acht Tage im Oktober, von Montag bis Montag, die letzten Ereignisse finden noch einige Tage danach statt. Dieser straffe Zeitrahmen sorgt für zusätzliche Spannung in dieser interessanten Geschichte, die zunächst eine Reihe von Rätseln für das Ermittlungsteam bereithält. Eine Szene zu Beginn des Buches zeigt uns Lesenden einige Details, wir wissen etwas mehr, als der Commissario, jedoch bleiben auch für uns mögliche Zusammenhänge viele Seiten hindurch reine Spekulationen mit Varianten von Möglichkeiten. Die Handlung nimmt sich aber auch Zeit für persönliche Momente und Konflikte der einzelnen Hauptfiguren und mit dem Commissario genießen wir die  bunt geschilderte Vielfalt des alltäglichen Lebens in der auch bei Regen und Kälte magischen Stadt Venedig, eine Magie, die auch längst auf den Commissario gewirkt hat.

Die Gliederung der Handlung ist klar strukturiert. Die Überschrift trägt Tag und Zeitangabe, die einzelnen Abschnitte tragen dann den jeweiligen Ort der Handlung.

Fazit

Ein sizilianischer Commissario, unangepasst, eigensinnig, der zwar immer noch seine Heimat Sizilien vermisst, jedoch längst schon dem Zauber Venedigs erlegen ist und nun gegen alle Widerstände und Gefahren bereit ist, Venedig vor den bizarren Plänen von Immobilienfirmen und Investoren zu retten – ein realistischer Plot, eine stimmige Geschichte, packendes Lesevergnügen.

Nachtspiel – Catherine Shepherd

AutorCatherine Shepherd
Verlag Kafel Verlag
Erscheinungsdatum 24. Oktober 2017
FormatKindle-Ausgabe
Seiten346 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB076TDRFJZ

„Was sie in der Hand hielt, war eine Eintrittskarte für ein Fußballspiel. Ein Spiel, das vor mehr als fünfzehn Jahren stattgefunden hatte.“ (Zitat Pos. 3180)

Inhalt

Die Ermittlungen in einem grausamen Mord an einer Frau führen Kriminalkommissar Florian Kessler rasch zum Täterkreis und als sich der mutmaßliche Täter das Leben nimmt, scheint der Fall aufgeklärt. Doch für die Rechtsmedizinerin Julia Schwarz gibt es zu viele offene Fragen. Während Florian Kessler und sein Team gleichzeitig an mehreren, ihrer Meinung nach völlig unabhängigen, Fällen ermitteln, entdeckt Julia Schwarz Details, die plötzlich in eine völlig andere Richtung weisen. Doch werden die Kriminalkommissare ihr glauben, da sie selbst gerade unter enormen psychischen Belastungen steht, denn ein prägendes Ereignis aus ihrer Vergangenheit ist nach fünfzehn Jahren plötzlich wieder in ihrem Leben präsent.

Thema und Genre

Dieser Thriller ist Teil einer Serie, in deren Mittelpunkt die Rechtsmedizinerin Julia Schwarz steht, kann jedoch auch als Einzelband gelesen werden. Es geht um Gewaltverbrechen an Frauen, Rechtsmedizin, Pathologie und Ermittlungsarbeit.

Charaktere

Julia Schwarz, für ihre Kollegen die „Eislady“, ist eine toughe Rechtsmedizinerin. Gerade schwer unter dem Druck ihrer persönlichen Probleme, weigert sie sich, eine Psychologin aufzusuchen und ist überzeugt, trotzdem voll einsatzfähig zu sein.

Handlung und Schreibstil

Der Handlungsablauf wird chronologisch geschildert, ergänzt durch Rückblenden und Erinnerungen an vergangene Ereignisse. Im Mittelpunkt stehen Julia Schwarz und die Ermittlungen. In einem zweiten Erzählstrang beobachten wir auch die Figur der Tatperson, um wen es sich handelt, bleibt jedoch unklar und den Überlegungen der Lesenden überlassen. Die Sprache entspricht dem Genre Thriller und unterstützt die packende, wenn auch nicht immer realistische Handlung. Besonders das persönliche Verhalten der Hauptfigur Julia Schwarz passt nicht zu ihrer Eigenschaft als selbstbewusste, sachliche, erfahrene Rechtsmedizinerin.

Fazit

Ein spannender Thriller, teilweise etwas konstruiert und vorhersehbar, aber dennoch sehr unterhaltsam zu lesen.

Kalt und still: Der erste Fall für Hanna Ahlander – Viveca Sten

AutorViveca Sten
Verlag dtv Verlagsgesellschaft
Erscheinungsdatum 19. Oktober 2022
FormatTaschenbuch
Seiten512
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinDagmar Lendt
ISBN-13978-3423263382

„Durch die Glasscheibe sieht sie, dass es angefangen hat zu schneien, große, weiße Flocken, die der Wind vor sich hertreibt. Busse fahren jetzt nicht mehr, und zu Fuß braucht sie vierzig Minuten bis nach Hause.“ (Zitat Seite 63)

Inhalt

Als die achtzehnjährige Amanda Halvorssen nach der Luciaparty nicht nach Hause kommt, wartet Polizeikommissar Daniel Lindskog nicht die üblichen vierundzwanzig Stunden ab, sondern es wird sofort mit der Suche begonnen. Extrem tiefe Temperaturen und Teenager in dünner Partykleidung, dazu Alkohol, das ist eine gefährliche Kombination, in der jede Minute zählt. Doch die Polizeiwache von Åre ist auf Grund von Sparmaßnahmen unterbesetzt. Die Stockholmer Polizistin Hanna Ahlander, eine brillante Ermittlerin, der von ihrem Chef einige Tage zuvor dringend nahegelegt worden war, sich freiwillig versetzen zu lassen, wollte im Ferienhaus ihrer Schwester Lydia in Åre eigentlich nur zur Ruhe kommen und über ihre Zukunft nachdenken, da gerade auch ihre Beziehung gescheitert war. Doch sobald sie von dem vermissten Mädchen hört, nimmt sie zuerst an der Suche und dan auch an den Ermittlungen teil. Ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihr Einsatz sind hier in Åre sehr willkommen, die Chance auf einen Neubeginn?

Thema und Genre

In diesem Polarkreis-Krimi, der in den extrem kalten Dezembertagen vor Weihnachten in der bekannten schwedischen Schiregion Åre spielt, geht es um ein vermisstes Mädchen, um die Ermittlungsarbeiten der örtlichen Polizei in ländlichen Gebieten.

Charaktere

Hanna ist eine toughe Ermittlerin, ihr früherer Chef hat ihr Eigensinn und mangelnde Disziplin vorgeworfen, was so nicht stimmt, doch sie neigt zu Alleingängen. Besonders wenn sie auf Grund ihrer beruflichen Erfahrungen Gewalt an Frauen vermutet, beginnt sie unbeirrbar nachzuforschen.

Daniel war früher Kommissar beim Drogendezernat in Göteborg und ist froh, hier in Åre nun regelmäßige, ruhigere Dienstzeiten zu haben. So hat er auch Zeit für seine Partnerin und die erst drei Monate alte Tochter Alice. Als nun die intensiven Ermittlungen im Zusammenhang mit der verschwundenen Amanda einsetzen, hat er ein schlechtes Gewissen seiner Familie gegenüber, doch er nimmt seinen Beruf sehr ernst und dieser geht hier vor, denn die Zeit drängt.

Handlung und Schreibstil

Dieser Kriminalroman spielt in dem knappen Zeitrahmen zwischen 9. und 22. Dezember 2019 und wird auch chronologisch erzählt. Die fortlaufenden Kapitel tragen jeweils die neue Datumsangabe, wenn der nächste Tag begonnen hat. Viele Ereignisse mit unterschiedlichen Personen finden zeitgleich am selben Tag statt, was die gesamte Handlung rasant, packend und realistisch macht. Doch die Autorin nimmt sich auch Zeit, dieses beliebte Schigebiet am Fuße des Åreskutan zu schildern, die wilde Natur im Winter, und das Leben in einer Gemeinde in der Provinz mit den unterschiedlichen Menschen.

Fazit

Spannende Unterhaltung aus Schweden. Dieser erste, abgeschlossene, Band einer neuen Serie spielt im stürmischen, eisigen Dezember. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall für Hanna Ahlander.

Verschwiegen: Ein Island-Krimi – Eva Björg Ægisdóttir

AutorEva Björg Ægisdóttir
Verlag KiWi-Paperback
Erscheinungsdatum 12. Januar 2023
FormatBroschiert
Seiten368
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462002584

„Mehr haben wir nicht in der Hand, und mir scheint relativ offensichtlich, dass wir den Fall ohne neue Beweismittel nicht lösen werden.“ (Zitat Position 3643)

Inhalt

Immer wieder verlassen junge Menschen die Enge der isländischen Kleinstadt Akranes, mit dem Wunsch, nie mehr zurückzukehren. Doch manchmal gibt es im Leben Gründe, genau dies zu tun. Die Polizistin Elma verlässt nach dem Ende ihrer langjährigen Beziehung die Kripo Reykjavík und kehrt zurück nach Akranes, die Stadt ihrer Kindheit. Oder diese junge Frau, die nur kurz zurückkommen wollte und dann tot in der Nähe des Leuchtturms aufgefunden wurde. Elma und ihr Kollege Saevar beginnen unter der Leitung von Hördur Höskuldsson mit den Ermittlungen. Sie finden zwar bald heraus, wer die unbekannte Tote ist, doch auch Tage danach gibt es keine Spuren, nicht einmal Anhaltspunkte. Auf dem Computer der Toten finden sie einen Termin mit einem Anwalt in Reykjavik. Kann dies eine Spur sein?

Thema und Genre

Dieser Nordic Noir-Kriminalroman mit starken psychologischen Elementen ist der erste Band der Serie „Mörderisches Island“. Themen sind die beklemmende Struktur einer isländischen Kleinstadt und prägende Ereignisse, die in der Vergangenheit stattgefunden haben und bis in die Gegenwart reichen.

Charaktere

ie sehr unterschiedlichen Figuren der Handlung haben eines gemeinsam: jeder und jede, seien es Ermittelnde, Befragte oder Nahestehende, hat auch ihre eigenen Geheimnisse, Konflikte und Beziehungen und Familiengefüge sind hinter den verschlossenen Türen nicht immer so, wie sie vor der Öffentlichkeit scheinen.

Handlung und Schreibstil

Die aktuelle Handlung, in diesem Fall der Verlauf der Ermittlungen, die Suche nach möglichen Zusammenhängen, wird abwechselnd mit einer Geschichte erzählt, deren Ereignisse im Jahr 1989 in Akranes stattfanden. Der Schwerpunkt dieses Kriminalromans liegt nicht bei der Tat selbst, sondern bei den Ermittlungen und Recherchen, bei den Befragungen und Gesprächen, bei der Suche nach möglichen Hintergründen und Tatpersonen und vor allem bei den psychologischen Gegebenheiten und Konflikten in diesem engen Kleinstadtgefüge, wo man einander schon seit der Kindheit kennt. Die Sprache entspricht dem Genre und bleibt auch bei den Schilderungen der Menschen und des Umfeldes düster.

Fazit

Ein psychologischer Kriminalroman des Genre Nordic Noir, beklemmend und düster, mit einem von Problemen belasteten Ermittlerteam und brisanten gesellschaftskritischen Themen.

Winterkalt – Catherine Shepherd

AutorCatherine Shepherd
Verlag Kafel Verlag
Erscheinungsdatum 21. Oktober 2018
FormatTaschenbuch
Seiten340
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3944676210

„Es glitzert und strahlt. Das Licht bricht sich tausendfach und erschafft eine atemberaubende Zauberwelt, einen Palast aus Eis.“ (Zitat Seite 1)

Inhalt

Kriminalkommissar Florian Kessler erhält in einer kalten Winternacht einen Anruf. Er muss zu einem Tatort und bald danach bittet er die Rechtsmedizinerin Julia Schwarz, zu diesem großen Platz an dem kleinen, künstlich angelegten See mitten in Köln zu kommen. Zunächst sieht sie nur eine prächtige Eisskulptur, etwa zwei Meter hoch. Sie wird von extra aufgestellten Scheinwerfern angestrahlt. Dann erkennt Julia es: in der Statue schwebt eine tote Frau, eingefroren. Ein ungewöhnliches Kunstwerk, entsetzlich und gleichzeitig wunderschön. Eine Eiskönigin und ein Eiskünstler, der gerade erst begonnen hat …

Thema und Genre

Dieser Thriller ist Teil der Serie um die Kölner Rechtsmedizinerin Julia Schwarz, ist jedoch ein in sich abgeschlossener Fall und kann unabhängig von den anderen Bänden gelesen werden. Starke psychologische Momente verbinden sich mit Themen aus dem Kunstbereich.

Charaktere

Julia Schwarz, in ihrem Institut wegen ihrer Unnahbarkeit heimlich „Eislady“ genannt, ist nicht nur eine brillante Rechtsmedizinerin, sondern auch eine hervorragende Ermittlerin. Ihr Chef lässt ihr zum Glück freie Hand, eng mit der Kriminalpolizei zusammenzuarbeiten. Zunächst etwas skeptisch ihrer neuen Assistentin Lenja Nielsen gegenüber, erkennt Julia rasch, dass diese ihr ähnlich ist, was Einsatz und rasche Auffassungsgebe betrifft und zudem sofort bereit ist, sie bei ihren gefährlichen Alleingängen zu begleiten.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung beginnt mit einem kurzen Prolog und verläuft chronologisch. Auch der Prolog passt bereits in die Abfolge der Ereignisse. Parallel zu den Ermittlungen werden weitere Geschichten abwechselnd geschildert, die zunächst keinen Bezug zu diesem Fall zu haben scheinen. Dazu kommen noch Szenen, in denen die Tatperson mit Gedanken und Handlungen im Mittelpunkt steht. Dies erlaubt eine Fülle von eigenen Überlegungen und  Vermutungen betreffend die Täterschaft, denn es gibt eine Reihe von Verdächtigen und alle könnten auch ein Motiv und das entsprechende Fachwissen über den Umgang mit Eis haben. Auch für persönliche Konflikte der Hauptfiguren nimmt sich die Autorin Zeit. Die Sprache passt zum Genre und zu dieser rasanten Geschichte.

Fazit

Ein spannender Thriller, sympathische Hauptfiguren und eine sehr gut entwickelte Geschichte mit Überraschungen und unvorhersehbaren Wendungen.

Geschändet: Ein Cold-Case-Team Thriller – Patrick Burow

AutorPatrick Burow
Verlag Independently published
Erscheinungsdatum 16. November 2022
FormatTaschenbuch
Seiten328
SpracheDeutsch
ISBN-13979-8363998812

„Die Fledermaus lag auf dem Flachdach im Dunkeln und spähte zu der Wohnung seines Opfers. Den Namen hatte sich der Mann gegeben, weil er nachts zuschlug.“ (Zitat Seite 1)

Inhalt

Er nennt sich selbst „die Fledermaus“, denn er schlägt nur in der Nacht zu. Geduldig hat er die junge Frau, Lara Roosen, beobachtet, hat herausgefunden, dass sie allein lebt. In dieser warmen Sommernacht in Hamburg steht ihre Balkontüre offen. Zuerst denkt Lara an einen Albtraum, als sie aus dem Schlaf aufschreckt und die schwarze Gestalt neben ihrem Bett stehen sieht. Doch dies ist Realität. Fünf Jahre später betritt eine junge Frau die Kellerräume des Cold-Case-Teams. Nach fünf Jahren hat sich der Täter telefonisch wieder bei ihr gemeldet und sie will, dass das Team ihren Fall neu aufrollt und den Täter endlich findet. Schon die ersten Ermittlungen zeigen, es ist nicht ein Fall, es sind insgesamt vierzehn Fälle, die nie aufgeklärt werden konnten. Der ehemalige Ermittler, inzwischen in Rente, rät ihnen, sich einen anderen Fall zu suchen, dieser sei aussichtslos. Doch er kennt das Cold-Case-Team nicht.

Thema und Genre

Auch in diesem dritten Thriller der Cold-Case-Team Serie geht es um nie aufgeklärte Verbrechen. Die Fakten in Verbindung mit der Tat selbst spielen bei der Suche nach dem Täter natürlich eine wichtige Rolle, doch der Autor verzichtet auf unnötig ausführliche Details. Denn ebenso wichtig ist für ihn der psychologische Aspekt, welche Auswirkungen ein derartiges Erlebnis auf die Opfer und das gesamte nachfolgende Leben der Opfer hat, vor allem, so lange Täter nicht gefasst worden sind.

Charaktere

Das Cold-Case-Team hat den letzten Fall erfolgreich gelöst, doch dies ändert an ihrer Situation nichts. Polizeipräsident Beesten warnt sie ausdrücklich vor weiteren Alleingängen, ihre Aufgabe sei es, die Aktenberge zu sichten und zu sortieren. Aber davon lassen sie sich nicht aufhalten, denn der ehemalige Staatsanwalt Michael Thomforde, die Polizeipsychologin Renate Krayenberg, die Computerexpertin Sasha Petrowa und Jan Erikson, der ehemalige Leiter eines Sondereinsatzkommandos, sind bei aller Individualität längst ein Team geworden.

Handlung und Schreibstil

Nach dem Prolog, der fünf Jahre vor der aktuellen Handlung in Hamburg spielt, wird der Fall chronologisch erzählt. Im Mittelpunkt der einzelnen Kapitel stehen abwechselnd das Team, einzelne Mitglieder des Teams und dazwischen auch „die Fledermaus“. Die vielen unterschiedlichen Informationen und überraschenden Wendungen laden zum Mitdenken ein, lassen Platz für eigene Überlegungen. Das Cold-Case-Team steht unter Zeitdruck, nach fünf Jahren droht die Verjährung und der Täter kennt sich aus, er hat keine Spuren hinterlassen. Daraus ergibt sich eine rasante, trotzdem präzise, Ermittlungstätigkeit, mit vielen kleinen, neuen Details, die nach und nach auftauchen. Dies macht die Geschichte sehr interessant und packend. Auch dieser Fall ist in sich abgeschlossen, die Hintergründe und Mitglieder des Cold-Case-Teams werden kurz vorgestellt, einige Rückblicke auf den letzten Fall bilden den Übergang. Daher lässt sich dieser Band drei der Serie auch sehr gut lesen, wenn man die beiden anderen Fälle nicht kennt. Die Sprache ist so vielseitig, wie dieser Fall: sachlich und präzise bei den Einsätzen, witzig in einigen Dialogen und Szenen, nimmt der Autor sich auch Zeit für die Beschreibung der Hintergründe und für die Schilderung der Konflikte der einzelnen Figuren.

Fazit

Auch dieser dritte Fall des Cold-Case-Teams enttäuscht nicht. Ein eigenwilliges, sympathisches Ermittlerteam, facettenreiche Ermittlungen, sowie ein zeitlos brisantes Thema machen diesen Thriller zu einem spannenden Page-Turner.

Mithu Sanyal über Emily Brontë – Mithu Sanyal

AutorMithu Sanyal
HerausgeberVolker Weidermann
Verlag Kiepenheuer&Witsch
Erscheinungsdatum 6. Oktober 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten160
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462003666

„Es macht etwas mit mir und zwar jedes Mal, wenn ich es lese. Ich weiß nicht, warum es das tut, ich weiß nicht einmal, ob ich es herausfinden möchte, wie es das tut – aus Angst, damit den Zauber zu brechen -, aber ich möchte ein wenig von diesem Zauber teilen.“ (Zitat Pos. 173)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist der zweite Band der Serie „Bücher des Lebens“, herausgegeben von Volker Wiedermann. Die Idee dazu entstand während eines Videogespräches zwischen ihm und Mithu Sanyal. Es ging um Bücher, die Mithu Sanyal geprägt haben und zu der Autorin gemacht, die sie heute ist. Sie hat sich spontan und ohne nachdenken zu müssen für Emily Brontë entschieden. Entdeckt hatte sie das Buch Wuthering Hights auf Grund des gleichnamigen Songs von Kate Bush und sie war erst fünfzehn Jahre alt, als sie diesen Roman zum ersten Mal las. Sie war beeindruckt von dem Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen Heathcliff und Cathy. Gleichzeitig konnte sie sich eine mit Heathcliff identifizieren, ein Fremder, ein Außenseiter in der Familie Earnshaw. Bis heute übt dieses Buch eine besondere Magie auf Mithu Sanyal aus und diese Magie möchte sie mit uns teilen.

Umsetzung

An ein kurzes Vorwort von Volker Weidermann schließen Motti an, Zitate der damals vorwiegend ablehnenden Meinungen des viktorianischen Publikums.

In dem folgenden Kapital „Warum“ schildert und erklärt Mithu Sanyal, was dieser Roman für sie bedeutet, in „Worum“ beschreibt sie, worum es in Wuthering Heights geht: Sie beleuchtet Handlung, Charaktere und geschichtliche Zusammenhänge aus vielen unterschiedlichen Perspektiven und ergänzt ihre persönlichen Eindrücke mit einer ebenso breiten Vielfalt an Aussagen, Interpretationen und Sichtweisen. In den beiden folgenden Kapiteln „Leben“ und „Nachleben“ geht es um die Mitglieder der Familie Brontë, vor allem natürlich um Emily Brontë. Mit den Kapiteln „Sex“, „Class“, „Race“ und „Ghosts“ vernetzt sie die Kernthemen dieses inzwischen einhundertfünfundsiebzig Jahre alten Romans mit unserer Zeit, schafft zeitlos aktuelle Verbindungen.

Im Anhang finden sich die Lebensdaten Emily Brontës, die Quellenangabe zu den in den jeweiligen Kapiteln zitierten Textstellen aus dem Originalroman, sowie die Fußnoten.

Fazit

Dieses Buch ist interessante, vielseitige, mit Vergnügen zu lesende Mischung aus literaturwissenschaftlichen Interpretationen und Meinungen und der eigenen Sichtweise von Mithu Sanyal, in Verbindung mit ihren persönlichen Erfahrungen und Gedanken. Mich hat es angeregt, wieder einmal das Original, „Sturmhöhe“ von Emily Brontë, aus dem Regal zu nehmen und mit Mithu Sanyals Anleitung neu zu entdecken.

Todesrache – Andreas Gruber

AutorAndreas Gruber
Maarten S. Sneijder – Sabine Nemez 7
Verlag Goldmann Verlag
Erscheinungsdatum 21, September 2022
FormatTaschenbuch
Seiten592
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442491100

„Schon wieder dieses Wort. Grundsätzlich! Sneijders Bauchgefühl sagte ihm, dass die Ermittlungen nicht so einfach und zügig ablaufen würden, wie er sich das erhofft hatte.“ (Zitat Seite 98, 99)

Inhalt

Der letzte Einsatz von Maarten S. Sneijder, Profiler beim BKA Wiesbaden, hat einen hohen Preis gefordert. Auch die Ermittlerin Sabine Nemez, von ihm ausgebildet und seine engste Mitarbeiterin, ist in dem brennenden Wrack vor Kaliningrad umgekommen. Davon sind alle überzeugt, auch Maarten S. Sneijder, bis er plötzlich einen Anruf von ihr erhält, kaum verständlich, nur ein paar Worte. Ihm ist klar, dass er sie finden muss und das schnell. Er stellt ein kleines Team zusammen. Die erste Spur führt nach Polen. Eine andere Spur führt zu einem pensionierten Richter in Leipzig und damit auch zu Walter Pulaski, Kripo Leipzig. Schwierig, absolut kein Teamplayer, klärt er eigenmächtig und erfolgreich komplexe Fälle auf. Maarten S. Sneijder braucht Pulaskis Unterstützung, doch dieser hat sich gerade beurlauben lassen, um in einem Verbrechen zu ermitteln, das ihn persönlich betrifft. Er hat weder die Zeit noch die Nerven für den Profiler aus Wiesbaden, und hat generell für die BKA-Kravattenträger nichts übrig. Doch er hat nicht mit der Hartnäckigkeit von Maarten S. Sneijder gerechnet.

Thema und Genre

Dieser Thriller, Band sieben der Reihe um Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez, führt das Ermittlerteam quer durch Deutschland und nach Polen. Es geht um Netzwerke, die weit in die Vergangenheit zurückreichen und lukrative Geschäftsideen. Auch Cyberkriminalität ist ein Thema.

Charaktere

Diesmal lässt der Autor zwei seiner speziellsten Ermittlerfiguren aufeinandertreffen, den Profiler Maarten S. Sneijder und Kommissar Walter Pulaski, und dies ergibt ein geniales Feuerwerk an Dialogen und Ideen. Der vielseitig, versierte IT-Spezialist Marc Krüger „Marc wechselte zweimal den Benutzernamen, nahm ein paar nicht ganz legale Abkürzungen und war dann auch schon im Archiv der Justizvollzugsanstalt.“ (Zitat Seite 376) ist ebenfalls wieder Mitglied in Sneijders Team, das ergänzt wird durch junge, hochbegabte Kriminalkommissaranwärterin Miyu Nakahara. Die Unterschiedlichkeit dieser sehr präzise und konsequent entwickelten Figuren ist die perfekte Ergänzung zur Spannung der Handlung.

Handlung und Schreibstil

Von Beginn der Geschichte an entwickeln sich mehrere Handlungsstränge gleichzeitig, die zunächst keinen erklärbaren Zusammenhang erkennen lassen. Der straffe Zeitrahmen der aktuellen Handlung vom Prolog am 29. Mai bis zum 9. Juni sorgt dafür, dass die Geschichte rasant und sehr packend verläuft. Die Handlung ist in sieben übergeordnete Teile gegliedert, wobei jeder Teil einem Tag der Ermittlungen entspricht, beginnend am 3. Juni, und in übersichtliche Kapitel unterteilt ist. Die Schilderung der Ereignisse der Vergangenheit unterbricht mehrmals die aktuellen Handlungen und trägt als Überschrift das entsprechende Jahr und den Ort. Es sind einzelne, in sich abgeschlossene Fälle, ein weiteres spannendes Puzzleteil.  Es ist großartig, wie es dem Autor gelingt, die einzelnen Teile Schritt für Schritt zu einer sehr abwechslungsreichen und komplexen Geschichte zusammenzufügen, und dabei immer nachvollziehbar und glaubhaft zu bleiben. Die Sprache entspricht dem Genre und die witzigen, schrägen Dialoge lockern die Spannung auf, ohne jedoch den Spannungsbogen zu unterbrechen.

Fazit

Eine unglaublich facettenreiche, sehr gekonnt aufgebaute, komplexe Geschichte. Hochspannung und Lesevergnügen, ein Thriller, der begeistert.

Blauregen: Ein Zeitreiseroman – Marie von Stein

AutorMarie von Stein
Verlag tredition
Erscheinungsdatum 1. September 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten280
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3347687325

„Doch würde es gelingen, gegen den Willen des Grafen zu bestehen? Dies konnte allein der kommende Tag entscheiden.“ (Zitat Seite 152)

Inhalt

Im März 1671 läuft die alte Witwe aufgeregt zum Pastor. Gerade hat sie das Böse, das die Menschen hier bedroht, mit eigenen Augen gesehen: Isabein Luhmann hat mit einem Wolf Unzucht getrieben, sie ist eine Hexe, welche die Wölfe anführt. Zu viele Rudel teilen sich den enger werdenden Lebensraum im Kalletal mit den Menschen, die Bauern fürchten sich und rüsten zur Jagd auf die Wölfe. Anna Callendorp versucht verzweifelt, dies zu verhindern. Burkhard vom Fels, der neue Oberjagdmeister des Grafen zur Lippe, ist ihrer Meinung, doch wie kann er sich gegen die Befehle des Grafen stellen, der schon eine große Wolfshatz plant. Susanna Kallen ist in diesem Februar 2022 mitten in den Vorbereitungen für ihre Hochzeit mit Thomas. Zur Entspannung dreht sie eine kurze Joggingrunde, als sie den Ruf aus der Vergangenheit hört. Sofort biegt sie vom Weg ab und läuft zum Elfenborn.

Thema und Genre

Blauregen ist der dritte Teil der Serie RegenbogenReigen. Es ist ein historischer Zeitreiseroman mit Regionalbezug zum Kalletal und dem Lipperland. Es geht um die Natur, das Leben im späten 17. Jahrhundert, aber auch zeitlos brisante soziale Themen, die Situation der Frauen, damals wie heute. Ein wichtiges Thema ist die Wolfspopulation und ein mögliches Zusammenleben zwischen Wolf und Mensch, das damals wie heute am Fehlen von einfachen Dingen wie dem Schutz der Weidetiere durch Zäune scheitert. Natürlich fehlt auch diesmal eine gute Prise Magie nicht.

Charaktere

Susanne Kallen in der Gegenwart und Anna Callendorp verbindet ein magisches Band. Beide sind selbstbewusst und kämpfen für die Dinge, die ihnen wichtig sind. Damit begeben sie sich in große Gefahr.

Handlung und Schreibstil

Diese Geschichte einer Zeitreise spielt im Kalletal, die Umgebung und Örtlichkeiten sind dieselben, im Frühjahr 1671 und auch im Frühjahr 2022. Die Autorin kennt ihre Heimat sehr genau und schildert die Landschaft mit den Wäldern, Felsen, Feldern in eindrücklichen Bildern, man wird sofort in die jeweilige Situation, das Umfeld und die Zeit versetzt. Es ist ein Roman mit einer fiktiven Handlung und fiktiven Figuren, doch die Autorin hat das Leben in den Grafschaften im Kalletal in der Vergangenheit sehr gut recherchiert und so wirken beide Zeitebenen authentisch und glaubhaft. Auch diesmal gelingt es der Autorin, die sich langsam anbahnenden kleinen Veränderungen nachvollziehbar einfließen zu lassen, den magischen Regenbogen, der die Vergangenheit mit der Zukunft, unserer Gegenwart, verbindet. Ein ausführliches Glossar mit Erklärungen typischer Ausdrücke des Lippischen, aber auch älterer Redewendungen, Erklärungen der Ortsnamen und Eigennamen und Links zu vertiefenden Artikeln im Internet finden sich im Anhang.

Fazit

Es ist die Stärke dieser RegenbogenReigen-Serie, dass es nicht nur eine wunderbar magische Zeitreise ist, sondern auch zum Nachdenken anregt. Auch dieser dritte Roman verzaubert und garantiert Lesevergnügen.

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