Alle ungezählten Sterne – Mirko Bonné

AutorMirko Bonné
VerlagSchöffling
Datum27. Juli 2023
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten332
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895613487

„Ich hatte eine junge Marsianerin bei mir zu Gast, nach einer Bruchlandung bei mir untergekrochen. Sobald Gefühle ins Spiel kamen, wurde alles, was sie von sich gab, kryptisch, und ich fragte mich, ob das Absicht war, fragte mich aber zugleich, zu welchem Zweck ich mich überhaupt auf sie einließ.“ (Zitat Seite 32, 33)

Inhalt

Der Ingenieur Benno Romik, ist beinahe siebzig Jahre alt und trotz seiner Pensionierung noch fallweise als sachverständiger Brückenkommissar in Hamburg tätig. Soeben hat er erfahren, dass seine Krankheit ihm nur mehr eine in Tagen abzählbare Restlebenszeit gewährt. Es ist in einer sternenklaren Julinacht, als Benno Romik auf seinem Balkon schläft, um dies ein Mal in seinem Leben getan zu haben, als um exakt 2 Uhr 48 ein geparktes Auto in Flammen aufgeht und die darauffolgende Explosion Hollie Magenta, einundzwanzig Jahre alt, unangepasst, tough, zornig und abweisend, in sein Leben wirbelt. Brücken begleiten sein Leben, er bewundert sie, begutachtet sie, doch er hat keine gebaut, nur in seinem Flur steht ein riesiges Modell. Nun muss er eine Brücke zu bauen, von Mensch zu Mensch, um alle gegenseitigen Vorurteile und das Unverständnis zwischen den Generationen zu überbrücken, eine Brücke, die auch ihm neue Wege eröffnen könnte

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um das Leben in den Unsicherheiten und Brüchigkeiten unserer aktuellen Zeit, von der älteren Generation teilweise schwer zu verstehen und um die Unterschiede zwischen den Generationen, die intensiver und unüberbrückbarer scheinen, als je zuvor. Im Zentrum stehen Brücken, real, oft Symbole, das Universum mit der Vielfalt an nicht zu fassenden Sternen und die ebenso schwer zu fassende Vielfalt an zwischenmenschlichen Beziehungen.

Erzählform und Sprache

„Das Gute an jedem Ende: Alles ist Vergangenheit. Auf mich kommt nichts mehr zu, ich habe die Zukunft hinter mir.“ (Zitat Seite 18) Mit diesem Argument bricht der Ich-Erzähler Benno Romik aus der Chronologie seiner Lebensgeschichte aus, er will nicht mehr schildern, sondern spontan erzählen. Sein Leben teilt er gedanklich in fünf Teile ein, beginnend mit der Kindheit und endend mit Hollie Magenta. Er folgt dem Ablauf der aktuellen Ereignisse, deren Zeitrahmen wenige Wochen umfasst, doch unterbricht er diese durch seine Erinnerungen und weit gefächerten Gedankenflüge, ungeordnet, wie sie sich ergeben. Er ist immer noch ein Suchender in seinem Leben, und diese Tage mit Hollie, die Gespräche und Auseinandersetzungen, stellen auch sein bisheriges Leben in Frage. Einfühlsam, aber mit einer geradlinigen Offenheit, geht Mirko Bonné mit seinen zwei Hauptfiguren um, und ebenso präzise umgibt er sie mit einem Kreis von ihnen nahestehenden Figuren, die zumindest in den Gedanken immer präsent sind und ihr Leben geprägt haben und immer noch prägen. Er ist ein poetischer Erzähler, der uns mit dieser Geschichte und seiner Sprache sofort in seinen Bann zieht. Er spielt mit Anlehnungen an literarische Vorbilder, schafft metaphorische Gedankenbilder, doch er lässt es uns frei, ob wir auch diesen, oder nur der Handlung folgen wollen.

Fazit

Ein großartiger Roman, literarische Magie, die mich zunächst sprachlos machte. Eine Geschichte, der man von der ersten bis zur letzten Seite gebannt und ohne Unterbrechungen folgen will und es gleichzeitig bedauert, schon auf der letzten Seite angelangt zu sein.

Jahrbuch der Lyrik 2023 – Hrsg. Matthias Kniep und Sonja vom Brocke

HerausgebendeMarrhias Kniep
Sonja vom Brocke
Verlag Schöffling & Co.
Erscheinungsdatum 23. März 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895615047

„ich habe einen text geschrieben dessen veröffentlichung / man mir vorschnell aus den händen nimmt / keine empörung / man stellt mich ruhig: ich hätte keine eigene stimme / meine stimme sei kollektivgut“ (einige Zeilen aus „reparatur“, Seite 111)

Thema und Inhalt

Seit 2022 ist Matthias Kniep der Herausgeber des jährlich erscheinenden Jahrbuchs der Lyrik. Diesmal ist seine Mitherausgeberin die Dichterin Sonja vom Brocke. Die hier vorliegende Sammlung umfasst zwölf Kapitel und präsentiert eine Auswahl moderner, deutschsprachiger Lyrik aus mehr als sechshundert eingesandten Gedichten.

Es ist eine weit gefächerte Vielfalt an Themen, Menschen, Beziehungen, Natur, immer verbunden mit Gedanken und Gefühlen, Fragen, Um- und Unterbrüchen, und dem Versuch, den eigenen sprachlichen Ausdruck zu finden, oder neu zu erfinden.

Umsetzung

Diesmal erfolgte die Auswahl zum ersten Mal in einem anonymisierten Verfahren, die Herausgebenden kannten die Namen der Personen nicht, von denen die eingesandten Gedichte stammten. Obwohl die Herausgebenden doch einige Verfasser und Verfasserinnen an der Art ihres Schreibens erkennen konnten, genau gesagt waren es 34 der insgesamt 123 in diesem Buch präsentierten Dichter und Dichterinnen, so beeinflusste dies, wie sie im Nachwort betonen, ihre Entscheidungen nicht. Eine Ausnahme bilden nur die im Kapitel XII zu lesenden Gedichte, da diese von 2022 verstorbenen Schriftstellern stammen. Es sind dies die einzigen Gedichte, die über dem Titel auch den jeweiligen Namen zeigen, alle anderen Gedichte scheinen nur mit dem Titel im Buch auf. Wer wissen will, von wem die Gedichte stammen, findet am Buchende, nach dem Nachwort der Herausgebenden, ein komplettes Inhaltsverzeichnis, gefolgt von kurzen Angaben zur Person der alphabetisch gereihten Namen der Autoren und Autorinnen.  

Fazit

Ein Gedicht ist immer auch die kürzeste Form einer Geschichte, die mit diesen wenigen Worten erzählt wird und die eigenen Gedanken und Gedankenbilder anregt. Diese Leseerfahrung teilte sich mir in nicht allen der hier präsentierten Gedichte mit, manchmal steht für mich das vielfältige Spiel der Sprache sehr gewollt im Vordergrund, Lücken und Gedankensprünge machen die Texte durch ihre Unruhe schwer fassbar. Dennoch, oder gerade deshalb, ist das Jahrbuch der Lyrik 2023 ein interessanter Wegweiser durch die vielen neuen, auch experimentellen, Ausdrucksformen der deutschsprachigen Lyrik.

Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist – Gert Loschütz

AutorGert Loschütz
Verlag Schöffling & Co.
Erscheinungsdatum 1. Februar 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten208
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895611582

„Ich habe dir erzählt, daß es das erste Hotel war, in dem ich übernachtet habe, und daß vielleicht alle anderen, die unzähligen, die ihm später gefolgt sind, nur dem einen Zweck gedient haben, dieses erste ungeschehen zu machen, wie auch die Reisen, ja, mein Beruf diesem einen Zweck gedient haben mochten, die erste Reise über die Grenze durch unendliche Wiederholung auszulöschen.“ (Zitat Seite 66)

Inhalt

Karsten Leiser ist zehn Jahre alt, als er an diesem Tag im Mai buchstäblich über Nacht aus seinem gewohnten Umfeld und Landschaft seiner Kindheit gerissen wird. Der Zorn darüber, nicht gefragt worden zu sein, von seinen Eltern nicht auf die geplante Flucht aus der DDR vorbereitet worden zu sein, hindert ihn daran, in Wildenburg im Westen anzukommen. Er wird Reisejournalist, rastlos, getrieben, doch jedes Jahr an genau diesem Tag kommen die Erinnerungen an damals zurück, immer wieder holt ihn die Vergangenheit ein und löst ihn aus seiner Gegenwart, in der er nie wirklich ankommt.

Thema und Genre

Als dieser Roman 1990 zum ersten Mal erschienen ist, trug er den Titel „Flucht“. Es geht um dieses Gefühl des „Entwurzelt-Werdens“, das Unverständnis und die Wut eines Menschen, der plötzlich die vertraute Heimatstadt, seine Freunde und damit seinen Lebensmittelpunkt und seine Wurzeln verliert, als die Familie in den Westen flieht. Ein wichtiges Thema sind auch die Erinnerungen.

Charaktere

Am Tag der Flucht in den Westen ist Karsten zehn Jahre alt. Inzwischen ist er längst erwachsen, doch es ist ihm nicht gelungen, seine Erinnerungen hinter sich zu lassen und sich mit der Vergangenheit zu versöhnen. Alle Ereignisse in seinem späteren Leben bezieht er auf diesen Tag. „Dieses Rückwärtsgucken, dieses Nichtdrüberwegkommenwollen“ (Zitat Seite 192)

Handlung und Schreibstil

Der Ich-Erzähler, Reisejournalist, schildert Episoden aus seinem Leben, prägende Erinnerungen und Erlebnisse mit unterschiedlichen Handlungsorten. Rastlos schweifen seine Gedanken immer wieder ab, gehen zurück in die Vergangenheit, er erzählt über die Landschaft seiner Kindheit in Plothow, die Stunden der Flucht, dann wieder ein Fragment, ein Erlebnis von einer seiner Reisen viele Jahre später. Auch dabei bleibt er bruchstückhaft, wechselt Ort und dort erlebte Geschichte, um im späteren Verlauf irgendwann den Faden wieder aufzunehmen. Genau genommen sind es viele Fäden und manche bleiben auch am Schluss der Geschichte lose, lassen uns mit Fragen und eigenen Versuchen zurück, das Gelesene zu entwirren und zu deuten. Großartig dagegen ist die Erzählsprache des Autors, er brennt Bilder und Gefühle in unsere Gedanken und kommt mit gut zweihundert Seiten für eine intensive, dichte Geschichte aus, wofür andere sechshundert Seiten brauchen.

Fazit

Dieser Roman ist weniger die Geschichte einer Flucht, sondern vielmehr die Schilderung der nachfolgenden Auswirkungen dieser einen Nacht im Mai, dieser Bahnfahrt aus der DDR in den Westen, auf einen damals zehn Jahre alten Jungen und sein ganzes späteres Leben.

So war’s eben – Gabriele Tergit

AutorGabriele Tergit
Verlag Schöffling & Co.
Erscheinungsdatum 24. August 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten624
NachwortNicole Henneberg
UmschlagbildLesser Ury
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895614743

„Der Bürger erlebte den Zusammenbruch seiner Ideale, Besitz und Bildung, und fand im Felde seinen Kameraden, den Arbeiter. Das Nationale löste sich aus seiner Verflechtung mit dem Kapitalismus, der Sozialismus entschied sich für die nationale Idee.“ (Zitat Seite 346)

Inhalt

Sie treffen einander zum Damentee, die Frauen der jüdischen Familien, die im Zentrum dieses Generationenromans stehen. Ende der 1890 Jahre sind dies die Gastgeberin Franziska Stern, geborene Kollmann, Roserl, die Frau von Amtsrichter Julius Mayer, Sabine Gutmann, die Schwester des Amtsrichters, Adelina Markus, die Frau des Fabrikanten Manfred Markus. Immer wieder treffen sie einander in diesen Jahren, später sind es ihre Kinder und Enkelkinder. Ihre Schicksale und Beziehungen verbinden sich mit weiteren Familien und Personen, mit der reichen Familie Jacoby und der Bankiersfamilie Beer, aber auch mit der Familie v. Rumke, die zur militärischen deutschen Oberschicht gehört, und mit überzeugten Kommunisten, Künstlern und Journalisten. Am 30. Januar 1933 treffen sie alle nochmals bei einer Wohnungseinweihungsfeier zusammen, dann trennen sich ihre Wege. Mehr als zwanzig Jahre später besucht Grete Jacoby, geborene Mayer, die nun in London lebt, die früheren Freunde und Bekannten in New York, nun ein sehr kleiner Kreis von Menschen, die überlebt haben. „ … und langsam würde dieser Kinderkreis von fünf Menschen aufhören.“ (Zitat Seite 558)

Thema und Genre

Dieser Generationenroman ist ein authentisches Zeitbild der Geschichte Deutschlands zwischen 1890 und den fünfziger Jahren, erzählt durch das Leben und Schicksal der Menschen, die damals gelebt haben.

Charaktere

Es sind die Personen mit ihren Eigenheiten, ihrer Zugehörigkeit, ihrer Erziehung, Tradition, Gefühlen, Träumen und Schicksalen, deren Geschichte erzählt wird, ihr Alltag in diesen für immer die Geschichte prägenden Jahren Deutschlands. Eine der wichtigsten Romanfiguren, Grete Jacoby, ist autobiografisch geprägt.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung ist in fünf Abschnitte eingeteilt, die der Chronologie der geschichtlichen Abläufe entsprechen: Kaiserreich, Krieg, Weimarer Republik, Drittes Reich, Nachkrieg. Die Ereignisse werden nicht erzählt, sondern in langen Gesprächen zwischen den vielen unterschiedlichen Personen der Handlung  geschildert. Ergänzt werden diese politischen, gesellschaftskritischen und tagesaktuellen Dialoge durch ausführliche Beschreibungen des Lebensumfeldes, des alltäglichen Lebens der verschiedenen Gesellschaftsschichten in einer Zeit der Kriege, politischen Umstürze, der Wohnungsnot, der Arbeitslosigkeit, des Hungers, der Verfolgung. Hilfreich ist die Aufstellung aller Personen als entnehmbare Liste in Form eines Lesezeichens, denn es sind insgesamt über siebzig Personen, die einander bei unterschiedlichen Ereignissen treffen bzw. familiär verbunden sind. Die Sprache der auktorialen Erzählform entspricht der Zeit, in der dieser Roman geschrieben wurde. Verlegt wurde nun die ursprüngliche, ungekürzte Fassung, wodurch der Text mit den langen Dialogen und sich wiederholenden Schilderungen der persönlichen Lebens- und Wohnumstände manchmal etwas langatmig wirkt. Andererseits ergibt sich gerade daraus ein lebendiges Bild dieser Zeit, lässt uns nachempfinden, wie es damals eben war.

Fazit

Dieses Buch ist ein umfassendes Zeitbild, geschrieben als Generationenroman, in dessen Mittelpunkt Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stehen und ihr Leben in Deutschland in den Jahren zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.

Besichtigung eines Unglücks – Gert Loschütz

AutorGert Loschütz
Verlag Schöffling
Erscheinungsdatum 20. Juli 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten336
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895611575

„Es ist die Liste, die am nächsten Tag in der Genthiner Zeitung abgedruckt wurde, die erste einer ganzen Reihe von Listen, die bereits den Namen enthielt, der mich lange beschäftigen würde, weil es der einzige ausländische war. Buonomo Giuseppe aus Neapel.“ (Zitat Pos. 600)

Inhalt

An diesem 22. Dezember 1939, um 0 Uhr 53, sind die Wetterverhältnisse extrem schlecht und knapp vor dem Bahnhof Genthin prallen zwei Züge aufeinander. Vier entscheidende Sekunden führen zu einem Trümmerfeld mit hunderten Toten und Verletzten und dennoch ist dieses schwere Zugunglück durch die deutsche Geschichte der darauffolgenden Jahre in Vergessenheit geraten. Der Journalist Thomas Vandersee hat seine Kindheit in Genthin verbracht. Als er von einem alten Herrn, der Lisa, die Mutter von Thomas, aus Schultagen vom Sehen kannte, einen Zeitungsartikel über dieses Zugunglück erhält, ist er zunächst nicht interessiert. Doch eine Bemerkung über eine der beiden Unglückslokomotiven, die unter einer geänderten Nummer wieder in Betrieb genommen wurde, ändert alles. Er beginnt zu recherchieren, doch während er versucht, anhand der Akten den Unglückshergang zu rekonstruieren, tauchen eine Reihe weiterer Fragen auf. Carla Finck war in diesem Zug, warum steht ihr Name auf keiner Opferliste? Immer tiefer taucht er in Einzelschicksale ein und gleichzeitig auch in die Vergangenheit der eigenen Familie, in die Geschichte seiner Mutter.

Thema und Genre

Was als Recherche zu einem tragischen Eisenbahnunglück beginnt, erweitert sich in diesem Roman rasch zu den Geschichten von irgendwie mit diesem Zugunglück in Verbindung stehenden Menschen mit ihren Beziehungen, Träumen, Geheimnissen. Es geht um Entscheidungen, Zufälle und den Faktor Zeit, denn es sind immer wenige Sekunden, die alles verändern.

Charaktere

Der Autor nimmt sich Zeit für seine Figuren, er schildert ihr Verhalten und Entscheidungen im Kontext mit der damaligen Zeit. Thomas Vandersee erkennt, dass es die Familiengeheimnisse seiner Kindheit und Jugend sind, die ihn prägen.

Handlung und Schreibstil

Der Roman umfasst fünf große Teile und Thomas Vandersee als Ich-Erzähler ergänzt die Geschichte noch mit seinen persönlichen Erinnerungen. Der erste Teil führt uns in die Gegenwart, in das Leben und den Alltag des Journalisten Thomas Vandersee als Ich-Erzähler, unterbrochen von minutiösen Schilderungen möglicher Hergänge des Zugunglücks, wie auch die Akten unterschiedliche Versionen zur Klärung der Schuldfrage darstellen. Im zweiten Teil geht es um das Leben von Carla Finck, im personalen Mittelpunkt des dritten Teils steht Lisa, die Mutter von Thomas, der vierte Teil trägt den Titel „Aus den Notizheften“, denn Thomas macht sich zu allen Alltagsereignissen Gedanken und füllt damit Notizhefte, die er alle aufbewahrt, weil sie seine Vergangenheit dokumentieren. Der letzte, fünfte Teil bringt nochmals ergänzende Details zu Carlas Leben, einige Fragen werden gelöst, andere bleiben offen und überlassen es uns, darüber nachzudenken. Die poetische, klare Sprache schildert und beschreibt eindrücklich.

Fazit

Dieser facettenreiche Roman ist nicht nur die Besichtigung eines Unglücks, sondern vielmehr eine vielschichtige, intensive Besichtigung von Lebenswegen und folgenreichen Entscheidungen, von Sekunden, die das Leben eines Menschen verändern können.

Wimpern und Asche: Gedichte – Mirko Bonné

AutorMirko Bonné
Verlag Schöffling & Co
Erscheinungsdatum 7. August 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten148
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895614095

„Jeder erwartet viel Besseres als Träume. / Such keinen Ausgang, finde den Eingang! (Zitat aus „Venceremos“, Seite 67)

Inhalt

Dieser Band enthält Gedichte, die in den letzten sechs Jahren vor dem Erscheinungsdatum entstanden sind, in insgesamt dreizehn Kapitel zusammengefasst, deren Überschrift sich immer als Aussage in einem der Gedichte des jeweiligen Kapitels wiederfindet. Nur das Kapitel „Wimpern und Asche“, das diesem Gedichtband auch den Namen gibt, umfasst ein einziges Gedicht.

Themen und Sprache

Die Themen umfassen alle Bereiche des Lebens, Gedanken, Gefühle, Fragen und die Suche nach Antworten. Es sind oft kleine Situationen, die den Autor zu seinen Gedanken und Überlegungen anregen, die sich dann oft zu einer Geschichte weiten. Da besucht er zum Beispiel das New Yorker Metropolitan Museum und findet dort, am Fuße einer Statue der Aphrodite, ein Gecko, klein, blau, aus Gummi, unterhält sich mit ihm. Immer wieder geht es um die Schönheit der Natur in allen Jahreszeiten und darüber, wie wir Menschen sie zerstören. Das Gedicht, das diesem Gedichtband den Namen gibt, „Wimpern und Asche“, ist eine Gedankenreise in epischer Länge, von der Alster bei Hochwasser folgt der Text drei Plastikkanistern, die dort treiben, in die Elbe, in die Nordsee, verbindet sie mit Fakten zu Mikroplastik im Meer. „Obgleich für Plastik wohl / dasselbe gilt wie für die Seele. Ein / endgültiges Verschwinden, / nein, das gibt es nicht.“ (Zitat aus „Wimpern und Asche“, Seite 76, 77). Das Gedicht „Zwischen den Zeilen“ dagegen erinnerte mich sofort an die Romane „Eiskalte Himmel“, 2006, und seinen neuen, 2021 erschienenen Roman „Seeland Schneeland“. „Am Morgen war die Schneelandschaft / zurück, nicht irgendeine, sondern die / am Ende des Romans. Und damit auch / das ganze Buch mit seinen Menschen.“ (Zitat aus „Zwischen den Zeilen“, Seite 116)

Fazit

Mirko Bonné ist ein Poet, der uns in seinen Gedichten, wie auch in seinen Romanen, eindrückliche und bewegende Geschichten erzählt.

Der Tag an dem die Möwen zweistimmig sangen, Gedichte 2001-2008 – Silke Scheuermann

AutorSilke Scheuermann
Verlag Schöffling & Co.
Erscheinungsdatum 13. März 2013
FormatGebundene Ausgabe
Seiten216
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895613753

„Manchmal fragst du dich wie / es dazu kam Dass du in einem Leben voller Türen / fest gezimmert steckst wie ein Einbauschrank (Zitat aus „Tür zur Außenwelt, Seite 165)

Inhalt

Dieser Gedichtband umfasst den 2001 erschienen Lyrikband „Der Tag an dem die Möwen zweistimmig sangen“, den 2004 erschienenen Gedichtband „Der zärtlichste Punkt im All“, die Sonette „Vogelflüge“ und die Gedichte „Tür zum Geisterwald, 2002 – 2008“

Themen und Sprache

Immer wiederkehrende Themen kommen aus der Mythologie des Altertums. Besonders spannend ist es, wenn diese bekannten Figuren aus der Mythologie plötzlich in eine Jetztzeit katapultiert werden. Andere Gedichte befassen sich mit der Natur und hier treffen wir auf das Thema Vögel und Fliegen, oder sie führen uns kritisch in Situationen des Alltags, eingebettet in die damit verbundenen Gefühle. Es sind immer Gedanken und Gefühle, die der Autorin durch den Kopf gehen und diese Gedichte wirken ähnlich unstrukturiert, schweifen ab in spontane Wortspiele. Es ist eine ungezähmte Lyrik voller Umbrüche, Gedankensprünge wechseln in immer neue, nie vorhersehbare oder zu erwartende Bilder, man muss diese Texte öfter lesen, will man versuchen, ihnen zu folgen. Wo auch immer die Ideen von Silke Scheuermann beginnen, sie führen immer in Gefühle und in eine kritisch beleuchtete Gegenwart.

Fazit

Fachlich befasst sich Dorothea von Törne in ihrem 2013 geschriebenen Nachwort mit Silke Scheuermanns Gedichten. Als Leserin war es für mich keine einfache Reise, nicht immer konnte die direkte, konkrete Sprache mit dem raschen Wechsel an Eindrücken auch Bilder in meine Gedanken malen. Ich fand Gedichte, die mich sofort ansprachen und andere, deren unterschiedliche Ebenen und offene Fragen mich herausfordern und die ich wohl noch öfter lesen werde, bis sie sich mir – vielleicht – doch erschließen.

Seeland Schneeland – Mirko Bonné

AutorMirko Bonné
Verlag Schöffling & Co.
Erscheinungsdatum 2. Februar 2021
FormatGebundene Ausgabe
UmschlagbildJochen Hein
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895614101

„Je weiter weg man von den wirklich guten Leuten und den wahrhaft schönen Dingen ist, umso mehr soll man glauben, dass es sie gibt.“ (Zitat Seite 128)

Inhalt

Merce Blackboro war siebzehn Jahren alt, als er 1914 mit der bekannten Shackleton-Expedition auf der Endurance in die Antarktis aufbrach. Diese Erfahrungen haben Merce verändert. 1921, vierundzwanzig Jahre alt, fühlt er sich immer noch antriebslos, was fehlt ihm? Er ist unglücklich verliebt, doch kann dies der einzige Grund für seinen Zustand sein? Für ihn ist Ennid Muldoon die Frau seines Lebens. Diese jedoch trauert um ihren im Kampfeinsatz als Pilot gefallenen Verlobten und es hält sie nichts mehr in Newport. Auf dem Dampfer „Orion“ ist Ennid, zusammen mit vielen anderen Passagieren, einige davon sehr reich, die meisten jedoch arme Auswanderer, unterwegs in ein neues Leben in Amerika. Doch noch ist sie nicht in New York angekommen, denn nach heftigen Schneestürmen treibt der Dampfer manövrierunfähig vor der Küste Schottlands. Sofort bricht Merce zu Ennids Rettung auf, doch wird er sie finden?

Thema und Genre

Dieser Roman schreibt das Leben von Merce Blackboro aus „Der eiskalte Himmel“, in den Jahren nach seiner Rückkehr von der Endurance-Expedition weiter. Wieder steht ein Schiff im Mittelpunkt, diesmal ein alter Dampfer, Schnee, Eis und die wilde See, vor allem jedoch geht es um die Sehnsüchte, Träume und Wünsche, der reichsten Passagiere ebenso wie der ärmsten Auswanderer. Ein wichtiges Thema sind Familie, Freundschaft und die Kraft der Liebe in ihren unterschiedlichen Facetten.

Charaktere

Es sind seine Figuren, deren Beweggründe, Träume, Handlungen der Autor präzise beobachtet und uns an ihren Gedanken teilhaben lässt, die uns sofort in ihren Bann ziehen. Vom Beginn der Geschichte an werden sie einfühlsam geschildert und sind uns sofort vertraut. Zunächst noch auf der Suche, verändern die Ereignisse sie alle nachhaltig, Merce Blackboro, Ennid Muldoon, Diver Robey und die zwanzig Jahre jüngere Kristina Merriweather, Divers Assistenten und Vertrauten Bryn Meeks und den leisen, mutigen Steward Jirō Shimimura.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung spielt im Jahr 1921 und wird durch einige kurze, erklärende Rückblenden in Form von Erinnerungen ergänzt. Die einzelnen Kapitel wechseln zwischen den Ereignissen an Land und auf See und stellen in ihrer personalen Erzählform abwechselnd jeweils einen der einzelnen Hauptcharaktere in den Mittelpunkt. Geschrieben in einer eindrücklichen, poetischen und lebhaft schildernden Sprache, fasziniert diese Geschichte von der ersten bis zur letzten Seite.

Fazit

Ein poetischer, intensiver Roman über Abenteuer, Träume, Sehnsüchte, die Suche nach dem Platz im eigenen Leben und über die Liebe. Wir bangen und hoffen mit den uns sofort vertrauten Figuren, während die lebhaften, eindrücklichen Schilderungen uns Bilder von Eis, Schnee, der wilden Natur, vom Leben in Newport „wir nennen unsere Stadt Casnewydd“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts, aber auch von den Tagen und Nächten in den engen Kojen der Auswandererschiffe in die Gedanken malen. Ein großartiges Leseerlebnis!

Das Haus an der Keizersgracht – Rinske Hillen

AutorRinske Hillen
Verlag Schöffling & Co.
Erscheinungsdatum 21. Juli 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten272
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895613678

„Die Zeit, in der sie dachte, sie könnte mit einer komfortablen Lüge besser leben als mit der schmerzlichen Wahrheit, war vorbei.“ (Zitat Seite 130)

Inhalt

Der Naturphilosoph Bram Wenksterman wird fünfundfünfzig Jahre alt, doch ein Geburtstagsfest ohne ihre Mutter kann sich seine Tochter Amber, gerade nach dem Abbruch ihres Studiums wieder nach Hause zurückgekehrt, nicht vorstellen. Ihre schwer depressive Mutter lebt zur Zeit in einer psychiatrischen Klinik. Außerdem will Ambers introvertierter Vater keine Party, er sucht die Ruhe in den Dingen und in der Natur, für die er sich begeistert. Doch Ella, die Cousine ihrer Mutter, sieht dies anders, bereit, in dem alten, gefährlich baufälligen Haus der Familie den Platz als Frau an der Seite von Ambers Vater einzunehmen.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Trauer, nie bewältigte Schuldgefühle und die Auswirkungen des Schweigens auf alle Mitglieder der Familie. Ein gefährlich baufälliges Haus als Symbol einer entsprechend zerrütteten Familie.

Charaktere

Es sind keine Figuren, die man ins Herz schließt, die Beziehungen untereinander sind durch offene Fragen, Missverständnisse und Schweigen gekennzeichnet. Was wir über sie wissen, ergibt sich aus immer wieder in den Text eingeworfenen Details, doch die Fragmente schließen sich nicht zu einem Ganzen.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung, ergänzt durch Rückblenden und Erinnerungen, spielt innerhalb von wenigen Tagen, im Mittelpunkt steht das Geburtstagsfest von Bram Wenksterman. Immer neue Konflikte und Problematiken kommen neben den Kernthemen an die Oberfläche, aber die Figuren haben nicht die Ruhe, sich damit auseinanderzusetzen. Auch die Sprache wirkt eigenartig gehetzt, die Autorin findet keine Zeit, bei einer Schilderung zu verweilen, den Lesenden Zeit für Gedanken zu geben, die Sätze fliegen vielmehr zwischen den Beobachtungen und Befindlichkeiten hin und her, treiben die Fragmente aus Handlung und Ereignissen aus der Vergangenheit voran.

Fazit

Ein Roman, der eine Vielfalt an Konflikten und Themen anspricht, sich aber nicht die Zeit nimmt, sie genauer zu betrachten. Der straffe Zeitrahmen schafft Augenblickssituationen und lässt den Figuren wenig Raum, nach möglichen Lösungen zu suchen. Eine Fülle, der es an Tiefe fehlt.

Das Meer in meinem Zimmer – Jana Scheerer

AutorJana Scheerer
Verlag Schöffling
Erscheinungsdatum 21. Juli 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten256
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895613524

„Für einen Moment wollte ich ihm von der Szene erzählen, wollte ihm meine Erkenntnis mitteilen: dass es möglich war, zu lachen. Doch während ich überlegte, wie ich Pax dies erklären konnte, zerfiel der Gedanke.“ (Zitat Seite 70)

Inhalt

Jolanda ist eine neunzehn Jahre alte Abiturientin, als ihr Vater Pax stirbt. Obwohl dieser bereits längere Zeit schwer krank und pflegebedürftig war, will es die Mutter, Dr. Constanze Jellerich, Psychologin, nicht wahrhaben. Für sie ist er noch im Krankenhaus und kommt bald nach Hause. Sie ist nimmt ihre Patiententermine wahr, als sei nichts geschehen und erwartet von Jolanda, dass sie zur Abiturfeier geht. Am selben Abend wandert Jolandas Schwester Lilli, neun Jahre alt, alleine ins Watt, um nach ihrem Vater zu suchen, der sich oft dort aufgehalten hat. Nun liegt es an Jolanda, nicht nur ihre Schwester, sondern auch diese neue, kleine Familie zu retten.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um den Tod eines nahen Angehörigen, um Verlust, um Familie und um das Heranwachsen mit einem extrem schwierigen Vater, dessen bipolare Erkrankung sich in Stimmungsschwankungen und einer zwanghaften Suche nach einem bestimmten Schiffswrack äußert.

Charaktere

Schon früh muss Jolanda die Verantwortung für ihre kleine Schwester Lilli übernehmen. Oft fühlt sie sich schuldig, am Verhalten ihres Vaters, an allem, was in ihrer Familie passiert. Constanze ist Ärztin, Diplompsychologin, weigert sich, den Tod ihres leukämiekranken Ehemannes Pax zu akzeptieren. Mit der Situation völlig überfordert, lädt sie, wie auch bisher, alle Probleme auf den Schultern ihrer älteren Tochter Jolanda ab.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird von Jolanda als Ich-Erzählerin geschildert. Pax, der Vater, stirbt in den frühen Morgenstunden. Die Handlung findet in den anschließenden Stunden bis zum Ende dieses Tages statt. Den wichtigsten Teil bilden jedoch die Rückblenden, einzelne Episoden aus dem Familienleben mit Pax, an die sich Jolanda erinnert. Es sind einige fröhliche und viele in ihrer Hoffnungslosigkeit bedrückende Erinnerungen. Die Sprache entspricht der direkten, manchmal etwas saloppen Ausdrucksweise einer Neunzehnjährigen, wodurch manche der überbordernd eingesetzten Metapher zu aufgesetzt und nicht authentisch wirken.

Fazit

Die Autorin hat bisher Jugendbücher geschrieben. Für mich handelt es sich hier ebenfalls um ein Buch für junge Erwachsene, die sich mit der Hauptfigur Jolanda identifizieren können, mit ihrer durchaus witzigen Ausdrucksweise, mit den Problemen Heranwachsender in einem sehr fragilen, speziellen Familiengefüge. Die Geschichte selbst und besonders die Figur der Mutter sind für mich zu bemüht auf Wirkung konstruiert und nicht immer realistisch und stimmig. Sehr gut gefällt mir dagegen das Bild der Bagger, die sich als roter Faden durch die Geschichte ziehen, langsam den Blick aufs Meer verbauen, aber Sicherheit bringen.

Zeuge des Spiels – Daan Heerma van Voss und Thomas Heerma van Voss

AutorDaan Heerma van Voss
Thomas Heerma v. Voss
Verlag Schöffling & Co.
Erscheinungsdatum 7- August 2018
FormatTaschenbuch
Seiten304
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895612084

„Ohne Risiko kein Spiel, ohne Spiel keine Befriedigung.“ (Zitat Seite 117)

Inhalt

Nach dem unaufgeklärten Mord an seiner Mutter zieht Alexander Mulder nach New Orleans, wo er unter einem anderen Namen lebt. Er hat den Kontakt zu seinem Vater Aron abgebrochen, da auch sein Vater damals zu den Mordverdächtigen gehörte. Als Alexanders Freundin Nathalie Underwood ermordet wird, ist Alexander auf Grund seiner Vergangenheit, des falschen Namens, aber auch seiner Eifersucht der Hauptverdächtige. Für die Ermittlerin Hanna Vincennes kommen auch andere Personen als Täter in Frage, doch für die Medien und für Hannas Vorgesetzte ist der Fall geklärt. Aron Mulder fliegt in die USA, um seinem Sohn zu helfen und engagiert einen Privatdetektiv. Doch als sie erkennen, dass sie alle Figuren in einem perfekt konstruierten, bösen Spiel sind und Hanna endlich eine wichtige Frage zu einem Foto stellt, könnte es zu spät sein.

Thema und Genre

Bei diesem Buch handelt es sich um einen literarischen Kriminalroman mit der  klassischen Konstellation Opfer – Täter – Ermittler, wobei den Autoren die Personen wichtiger sind, als die Tat selbst. Themen sind Psychologie, die Macht der Medien, Vorurteile, die Verantwortung von Ermittlern, die Todesstrafe und die Mögichkeit eines perfekten Verbrechens.

Charaktere

Die Geschichte lebt durch die Vielschichtigkeit der Personen. Alexander, geprägt von seinem Verdacht, sein eigener Vater könnte seine Mutter ermordet haben, findet sich plötzlich selbst in der Rolle des Mordverdächtigen. Er beteuert seine Unschuld, doch seine Vorgeschichte macht ihn in den Augen der Öffentlichkeit zum Täter. Hanna ist als Ermittlerin noch immer geprägt von einem Fall, der drei Jahre zurück liegt. Sie bräuchte mehr Zeit für ihre Suche nach Beweisen, denn sie hat Zweifel, doch die Vorgesetzten machen Druck, sie wollen eine rasche Anklage. Aron, der seinem Sohn keinen Mord zutraut, erkennt dasselbe Muster der absoluten Hilflosigkeit, das er selbst vor Jahren erlebt hatte.

Handlung und Schreibstil

Die beiden Autoren erzählen die Geschichte in einem straffen Zeitrahmen von Anfang März bis Ende Juni. Es gibt zwei ineinander verschlungene Handlungsstränge, einerseits das zurückgezogene Leben des Vaters in den Niederlanden und andererseits Alexander in New Orleans, wobei mit der Ankunft des Vaters in New Orleans dieser Handlungsort zum Schwerpunkt wird. Was in der Vergangenheit geschehen ist, erfährt man im Laufe der Ereignisse durch Erinnerungen und Erzählungen der einzelnen Protagonisten. So lernt der Leser auch das Opfer besser kennen, bis sich alle Puzzleteile zu einem Gesamtbild fügen. Die Sprache ist präzise, kurze Sätze, der spannenden Handlung angepasst, mit knapp formulierten Beschreibungen.

Fazit

Ein sehr vielschichtiger Kriminalroman, wobei der Schwerpunkt nicht auf der Tat liegt. Es geht vielmehr um die betroffenen Personen, ihre Entscheidungen und die Motive dahinter, sowie die Folgen und Auswirkungen ihrer Handlungen. Was sich jedoch in die Gedanken brennt ist die Tatsache, dass Geschichten wie diese in der Realität möglich sind.