Schlüssel 17 (Tom Babylon-Serie, Band 1) – Marc Raabe

AutorMarc Raabe
Verlag Ullstein Taschenbuch
Erscheinungsdatum 9. Februar 2018
FormatTaschenbuch
Seiten512
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3548289137

„Seit dem Mord an Brigitte Riss überschlagen sich die Ereignisse wie in keinem anderen Fall, den sie miterlebt hat.“ (Zitat Seite 426)

Inhalt

Der Domorganist Bernhard Winkler entdeckt eine Tote, die in der Kuppel des Berliner Doms in zehn Metern zu schweben scheint. Kurze Zeit später ist auch Winkler tot.

Tom Babylon vom LKA wird zum Tatort gerufen, soll den Fall jedoch sofort an Jo Morten abgeben, was er jedoch auf keinen Fall tun wird. Denn Tom Babylon hat die Tote gekannt, die Dompfarrerin Dr. Brigitte Riss, Mutter seiner Jugendfreundin Karin Riss und vor allem, er hat den Schlüssel gesehen, der um den Hals der Toten hängt. Genau diesen alten Schlüssel mit der Nummer 17 hatte seine kleine Schwester Viola in der Hand, als sie vor neunzehn Jahren verschwunden ist. Tom darf zwar weiter ermitteln, ist aber Jo Morten unterstellt. Auf Grund seiner bekannten Neigung zu Alleingängen bei Einsätzen wird ihm Dr. Sita Johanns, die externe psychologische Gutachterin für diesen Fall, als Partnerin zugeteilt, die auf ihn aufpassen soll. Der Fall führt in die DDR-Vergangenheit und einige einflussreiche Personen sind sehr daran interessiert, diese Vergangenheit ruhen zu lassen – um jeden Preis.

Thema und Genre

Dieses Buch ist ein spannender, politisch-psychologischer Thriller, dessen Themen vielschichtig sind. Es geht um vertrauliche Adoptionen in der DDR, Mitwisser, Rache und die psychologischen Nachwirkungen von erlebten Traumata.

Charaktere

Tom Babylon, der noch immer nach seiner Schwester Viola sucht, die man nie gefunden hat, und die Psychologin Sita sind starke, aber psychologisch schwierige Persönlichkeiten. Beide haben persönliche Erfahrungen gemacht, die sie nachhaltig prägen. Zwei misstrauische Einzelgänger, die sich jedoch aufeinander unbedingt verlassen können, wenn es darauf ankommt.

Handlung und Schreibstil

Die Sprache ist ebenso rasant, wie die Handlung. Die Ereignisse finden innerhalb weniger Tage im September 2017 in Berlin statt, wobei Ort und Zeit am Beginn eines neuen Kapitels als Überschrift angegeben sind, wodurch man als Leser den Überblick behält, ohne den Spannungsbogen zu verlassen. Auch die für die Handlung wichtigen Rückblenden tragen Ort und Datum und sind zusätzlich in Kursivschrift gedruckt.

Fazit

Ein Pageturner. Ein Ermittlerteam im Graubereich, jeder mit persönlichen Schwächen, geprägt von vergangenen Erfahrungen. Eine spannende Geschichte, die straff und mit überraschenden Wendungen erzählt wird, bis sich der Kreis schließt.

Der Brief – Carolin Hagebölling

AutorCarolin Hagebölling
Verlag dtv Verlagsgesellschaft
Erscheinungsdatum 9. Juni 2017
FormatBroschiert
Seiten224
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3423261463

„Es war der Tag, der mein Leben auf den Kopf stellte.“ (Zitat Seite 7)

Inhalt

Marie ist Journalistin und wohnt mit ihrer Partnerin, der Architektin Johanna, in Hamburg. Eines Tages erhält sie einen Brief von ihrer alten Schulfreundin Christine, der an sie adressiert ist, jedoch an eine ihr völlig fremde Adresse in Paris. Darin ist von ihrem Leben in Paris, ihrer Galerie und einem Mann Victor die Rede. Kurz darauf retourniert eine erboste Christine einen Brief an Marie und bittet sie, sie endlich in Ruhe zu lassen. Dieser neue Brief war diesmal von Marie mit der Pariser Adresse an Christine geschickt worden, sogar mit einem Foto von einer Ausstellungseröffnung. Auf diesem Foto ist Marie eindeutig zu erkennen. Nun ist Marie wirklich sehr beunruhigt und reist nach Paris, um selbst nachzuforschen.

Thema und Genre

Dieser Roman handelt von Beziehungen, stellt aber auch elementare psychologische und vor allem philosophische Fragen. Es geht um Entscheidungen, die getroffen werden und den weiteren Lebensweg prägen und die Frage, was wäre gewesen, wenn. Eine Frage die sich irgendwann im Leben wohl jeder Mensch stellt.

Charaktere

Johanna ist die geerdete Frau an Maries Seite, die versucht, die Dinge rationell zu sehen. Marie dachte dies auch, bis sie durch diese Briefe und die Ereignisse plötzlich an sich selbst und an ihrem Verstand zweifelt. Doch sie will Erklärungen und bleibt dabei immer sympathisch, da sie weiterhin auf die Menschen zugeht und mutige Entscheidungen trifft.

Handlung und Schreibstil

Durch die geheimnisvollen Briefe nimmt man als Leser sofort an Maries Leben teil und mit den nicht logisch erklärbaren  Ereignissen steigt die Spannung weiter an. Leider endet das Buch dann etwas abrupt und lässt viele Fragen offen, hier scheint die Autorin selbst irgendwie die Lust am Labyrinth ihrer Geschichte verloren zu haben.

Die flüssige Sprache liest sich angenehm und die Beschreibungen des Alltagslebens in Paris bringen Pariser Charme und Leichtigkeit in den Roman.

Fazit

Eine packende, ungewöhnliche Geschichte, die zum Nachdenken über das Leben anregt. Enttäuscht hat mich das etwas einfallslose Ende, das zwar den Kreis der Geschichte mit einer weiteren Überraschung schließt, den Leser aber irgendwie ratlos zurücklässt. Insgesamt jedoch ein mutiges, lesenswertes Debüt einer jungen deutschen Autorin.

David – Judith W. Taschler

AutorJudith W. Taschler
Verlag Droemer HC
Erscheinungsdatum 2. Oktober 2017
FormatGebundene Ausgabe
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3426281338

„Alles, was auf diesen heißen Augusttag folgte, waren in den ersten Jahren tägliche kleine Katastrophen, sie mündeten in einer einzigen großen Katastrophe und die Folgen davon ließen aus ihrem Leben ein Desaster werden.“ (Zitat Seite 23)

Inhalt

Magdalena Millet kehrt nach 28 Jahren zurück ins Haus ihrer Kindheit, wo sie bei ihrer Oma Clara gelebt hat, bis diese überraschend verstorben ist und Magdalena in ein Heim kam. Sie renoviert das Haus, um darin zu leben.

Jan ist 18 Jahre alt, als seine Adoptivmutter bei einem Autounfall tödlich verunglückt. Er findet sie, ihr Auto ist an einen Baum geprallt. Es ist ein großer, alter Davidsahorn, der auf Magdalenas Grundstück steht. Dieser Baum ist der Schlüssel zu einem alten Familiengeheimnis.

Thema und Genre

In diesem Familien- und Generationenroman geht es um jene Momente, in denen eine Entscheidung getroffen wird, die unvorhersehbare Folgen für alle Beteiligten und auch das Umfeld hat. Es geht auch um Vorurteile, das Leben in kleinen Dorfgemeinschaften und um die Liebe.

Charaktere

Die Autorin entwickelt unglaublich lebensnahe Charaktere mit allen menschlichen Schwächen, die den Leser mit ihren Schicksalen sofort in den Bann ziehen und uns mitfühlen lassen. Hier geht es nicht so sehr um die Frage, ob man einzelne Entscheidungen vielleicht anders getroffen hätte, sondern vor allem darum, was dann die Zeit, man kann es auch Ironie des Schicksals nennen, daraus macht.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung beginnt mit einem Ereignis in der Vergangenheit als Prolog und entwickelt sich in einzelnen Kapiteln zwischen Gegenwart und erklärender Vergangenheit weiter, bis sich der Bogen schließt. Die Geschichte ist in ihrer Komplexität spannend und schlüssig erzählt und bleibt auch nach der letzten Seite in den Gedanken des Lesers. Die poetische Sprache macht diesen Roman zu einem insgesamt beeindruckenden, großartigen Leseerlebnis.

Fazit

Eine facettenreiche Generationengeschichte in einer dichten, poetischen Sprache. Trotz der schwierigen Einzelschicksale ist es wunderbar positive Geschichte, die hier erzählt wird. Für mich persönlich eines meiner Lieblingsbücher 2018.

Das Marillenmädchen – Beate Teresa Hanika

AutorBeate Teresa Hanika
Verlag btb Verlag
Erscheinungsdatum 12. September 2016
FormatGebundene Ausgabe
Seiten256
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442757053

Ich dachte daran, was wir zu Anfang sind, was das Leben aus uns macht und welchen Teil wir davon selbst in die Hand nehmen.“ (Zitat Seite 80)

Inhalt

Elisabetta Shapiro wohnt noch immer in dem Haus ihrer Familie in Wien, in dem sie 1934 geboren wurde. Mit ihr leben auch die alten Erinnerungen und der große Marillenbaum in ihrem Garten, den ihr Vater gepflanzt hatte. Jedes Jahr kocht sie aus den Früchten Marmelade, wie es schon ihre Mutter getan hatte. Die Wohnung im ersten Stock vermietet sie und eines Tages zieht Pola ein, eine junge deutsche Ballettänzerin. Schicksal oder Zufall? Denn es gibt eine Verbindung in ihrem Leben.

Thema und Genre

In diesem Generationenroman geht es um die Zeit ab 1938 in Wien und das Leben der Menschen, die diese Zeit er- und überlebt haben. Es geht aber auch um Liebe, Mut und Feigheit. Der Roman spielt hauptsächlich in Wien, wobei die Autorin zwar die realen Örtlichkeiten verwendet, diese jedoch für ihre Handlung völlig verfremdet. Durch die Mariahilfer Straße bimmeln seit 1993 keine Straßenbahnen mehr, es gibt auch keine kleinen Häuser mit Gärten und Marillenbäumen, sondern urbane Gründerzeithäuser und Innenhöfe mit alten Kastanien. Eine Melange ist keine schwarze Flüssigkeit, sondern hell, da mit viel Milch. Es fahren keine Droschken, sondern Fiaker, die „Kneipen“ in der Nähe des Stephansdoms sind Bars und Restaurants. Auch der niederländische Maler Carel van Lier wird als Karel Lier nach Wien verpflanzt. Hier hat sich die Autorin leider keine Zeit für Recherchen genommen und sie kennt Wien wohl auch nicht. Es fällt vermutlich ihren deutschen Lesern auch nicht auf, mir als Wienerin aber schon. Diese Beschreibungen haben mit Wien leider nur den Namen gemeinsam und ich frage mich, was das für einen Sinn haben soll und ob der Verlag kein Lektorat mehr hat.

Charaktere

Elisabetta lebt mehr in und mit der Vergangenheit, als in der Gegenwart. Ihre eigene zwiespätige Gefühlswelt wird durch ihre gedanklichen Gespräche mit ihren beiden so unterschiedlichen Schwestern sehr gut geschildert. Auch Pola, die zornige junge Frau, die nur wirklich frei ist, wenn sie tanzt, ist stimmig beschrieben.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung besteht aus mehreren Erzählsträngen, teilweise in der Vergangenheit, teilweise in der Gegenwart, die oft und teilweise abrupt wechseln. Innerhalb des jeweiligen Zeitstranges sind die Episoden jedoch chronologisch. Elisabetta erzählt jene Teile, die sie selbst und die Rückblenden ihrer Erinnerung betreffen, in der ersten Person, für alle anderen Abschnitte wählt die Autorin die dritte Person. Wirklich überzeugend ist die sprachliche Qualität dieses Romans

Fazit

Ich hatte mir auf Grund der Leseprobe wesentlich mehr erwartet. Mich konnte dieser sehr konstruierte und oberflächlich erzählte Roman, abgesehen von der großartigen Sprache, nicht überzeugen. Wirklich genervt hat mich diese kitschige Beschreibung eines Eigenheims mit Gemüsegarten und Marillenbaum gleich neben einer der belebtesten Einkaufsstraßen Wiens, dazu ein kurzer nächtlicher Spaziergang vom Konzerthaus an die Donau (man bräuchte dafür etwa 90 Minuten). Ein Roman wohl eher für junge Leser, die gerne Liebesgeschichten mit etwas Vergangenheitsbezug lesen.

Das Revier der schrägen Vögel: Ein neuer Fall für Kommando Abstellgleis – Sophie Hénaff

AutorSophie Hénaff
Verlag carl’s books
Erscheinungsdatum 16. Oktober 2017
FormatBroschiert
Seiten320
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3570585726

„Ihre schrägen Vögel bringen ein bisschen Wind in die Sache.“ (Zitat Seite 62)

Inhalt

Nach dem Abschluss des ersten Falles wird diese spezielle Einheit unbequemer, sehr eigenwilliger Ermittler unter der Leitung von Anne Capestan wieder von allen Kollegen geschnitten. Da ruft ihr Mentor, Directeur Buron, sie zum Schauplatz eines neuen Mordes. Sie soll mit ihrer Abteilung parallel zum Team des BRI ermitteln. Als sie den Toten sieht, versteht sie den Grund dafür: es handelt sich um einen pensioniertem hohen Beamten des BRI und – es ist ihr Schwiegervater. Beinahe zeitgleich gab es in einem kleinen Ort in der Provence einen weiteren Mord. Das Team um Capistan, erweitert um ein neues Mitglied, das nicht ohne Grund den Spitznamen „D’Artagnan“ trägt, vermutet sofort einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Morden und ermittelt unbeirrbar weiter, als die BRI bereits einen Mordverdächtigen gefunden und verhaftet hat.

Thema und Genre

Bei diesem Kriminalroman handelt es sich um den zweiten Band einer Serie um eine Gruppe von Ermittlern, die man aus unterschiedlichen Gründen in ihren bisherigen Abteilungen nicht mehr haben wollte, die man aber auch nicht aus dem Polizeidienst entlassen konnte. Wieder geht es um einen Fall, der in der Vergangenheit stattgefunden hat, aber direkt in die Gegenwart führt.

Charaktere

Die Autorin stellt eine Gruppe von Außenseitern, die sie humorvoll und immer auch glaubhaft charakterisiert, in den Mittelpunkt ihrer Romanserie. Gerade diese einzelnen Protagonisten machen den Charme auch dieser Geschichte aus, die durch die Eigenheiten und Schicksale der einzelnen Personen Tiefe erhält.

Handlung und Schreibstil

Trotz der lustigen Szenen und die originellen Eigenheiten der Teammitglieder handelt es sich um eine spannende Geschichte mit bis zum Schluss überraschenden Wendungen. Etwas Besonderes ist das Kapitel 31, in dem es um den 24. Dezember 2012 geht. In Unterkapiteln mit der jeweils genauen Uhrzeit wird der Tagesablauf jedes einzelnen Mitgliedes des „Kommando Abstellgleis“ geschildert.

Fazit

Dieser zweite Fall für das eigenwillige Ermittlerteam bietet wieder spannende, sehr unterhaltsame Lesestunden. Die einzelnen Mitglieder dieser Gruppe von schrägen Vögeln auf dem Abstellgleis werden auch im zweiten Band gut beschrieben, man muss nicht unbedingt auch den ersten Band gelesen haben.

Der englische Liebhaber – Federica de Cesco

AutorFederica de Cesco
Verlag Europa Verlag
Erscheinungsdatum 29. Juni 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten360
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3958900806

„Wir müssen lernen, die Dinge aus der Distanz zu sehen.“ (Zitat Seite 90)

Inhalt

Die junge Anna Henke arbeitet nach Kriegsende im zerstörten Münster als Dolmetscherin für die britische Besatzungsmacht. Sie lernt den britischen Offizier Jeremy Fraser kennen und lieben. Obwohl diese Beziehung zwischen einer Deutschen und einem Mitglied des englischen Nachrichtendienstes absolut unerwünscht war, wollen sie trotz aller Hindernisse heiraten. Im April 1946 wird Jeremy in die Zentrale nach London zurückbeordert und aus Tagen werden lange Jahre, in denen Anna nie wieder etwas von ihm hört. Die gemeinsame Tochter Charlotte wächst dadurch als uneheliches Besatzungskind auf und lernt ihren Vater erst 1972 kennen. Kurz vor ihrem Tod übergibt Anna ihrer Tochter einige Schmuckstücke, persönliche Tagebuchaufzeichnungen und Tonbänder. Wird dies Charlotte helfen, die Geschichte ihrer Eltern besser zu verstehen?

Thema und Genre

Erzählt wird eine Liebesgeschichte nach einer wahren Begebenheit, die im Nachkriegsdeutschland beginnt und das Leben mehrere Menschen dauerhaft prägt. Der Hauptteil dieses Romans ist in Tagebuchform geschrieben und hat biografische Ansätze. Thema sind die deutschen Kriegs- und Nachkriegsjahre und die Frage, wie die Menschen mit der Vergangenheit umgehen. Es geht aber auch um den Aufbruch und Protest der 68er Generation.

Charaktere

Der Schwerpunkt dieses neuesten Romans der bekannten Autorin liegt mehr im Erzählen der Geschichte von Anna und Jeremy, den Lebensumständen im armen Nachkriegsdeutschland und weniger in der Charakterisierung der handelnden Personen selbst. Ihre Beweggründe ergeben sich eher aus dem Umfeld, als auch eigenen aktiven Entscheidungen und man hinterfragt sie als Leser daher auch nicht, sondern nimmt sie zur Kenntnis.

Handlung und Schreibstil

Kernstück der Handlung ist die Geschichte von Anna und Jeremy, erzählt in den Tagebüchern und Aufzeichnungen von Anna selbst, daher in Ich-Form. Die Sichtweise der erwachsenen Charlotte der Jetztzeit bildet eine untergeordnete Rahmenhandlung und wird in der 3. Person erzählt. Die gesamte Erzählung fließt auf allen Ebenen gleichmäßig dahin, ohne Spannung aufzubauen. Obwohl die Autorin politische Fragen um Verantwortung und Aufbegehren streift und auch die Jugendkultur der 68er in die Handlung einbringt, bleibt sie auch hier an der Oberfläche der allgemein bekannten Tatsachen. Die sprachliche Qualität dagegen ist auch diesmal wieder großartig.

Fazit

Ich hatte große Erwartungen in diesen neuesten Roman der bekannten Schriftstellerin, der in meinen Augen leider nicht an ihre früheren Bücher herankommt. Diese Geschichte, die sich 360 Seiten lang dem Leser als eine ruhig erzählte Biografie präsentiert, konnte mich leider nicht überzeugen. Es ist ein netter, sprachlich sehr gut geschriebener Liebes- und Generationenroman, der an der Oberfläche dahinplätschert, den Leser nicht fordert und schnell gelesen ist.

Das Mädchen aus Brooklyn – Guillaume Musso

AutorGuillaume Musso
Verlag Piper Taschenbuch
Erscheinungsdatum 3. Juli 2018
FormatTaschenbuch
Seiten496
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492312776

„Ohne es zu wollen, hatte ich die Geister der Vergangenheit heraufbeschworen, die einen Sturm der Gewalt losgetreten hatte.“ (Zitat Seite 146)

Inhalt

IDer Thriller-Autor Raphaël Barthélémy ist mit der Ärztin Anna Becker verlobt. Neugierig auf ihre Vergangenheit, über die sie nie spricht, drängt er sie so lange, bis sie ihm ein Foto zeigt und ihm ein dunkles Geheimnis aus ihrem früheren Leben andeutet. Einige Stunden später ist sie verschwunden. Gemeinsam mit seinem Freund Marc Caradec, ein ehemaliger Polizist einer Spezialeinheit, macht Raphaël sich auf die gefährliche Suche nach Anna. Die Ermittlungen in Frankreich und New York führen zu einem Verbrechen, dessen Hintergründe nie aufgeklärt wurden und einflussreiche Personen wollen, dass dies auch so bleibt.

Thema und Genre

Ein packender Thriller um ein grausames Verbrechen in der Vergangenheit. Ein wichtiges Thema sind jedoch nicht die Taten selbst, sondern die weitreichenden Auswirkungen auf die Opfer, deren Familien und das gesamte Umfeld, vor allem dort, wo Taten vertuscht und nie aufgeklärt wurden. Schauplätze sind Paris und New York.

Charaktere

Die beiden Hauptprotagonisten sind Raphaël und Marc. Der Schriftsteller Raphaël, glücklicher, alleinerziehender Vater des kleinen Theo, verfolgt gemeinsam mit seinem erfahrenen Freund Marc intensiv alle Spuren, die ihn zu Anna führen könnten. Anna dagegen ist die Hauptperson des Erzählstranges aus der Vergangenheit, deren Geschichte im Zuge der Ermittlungen aus den Erinnerungen der Beteiligten und Rückblenden langsam zu einem Gesamtbild zusammengefügt wird.

Handlung und Schreibstil

Der vielschichtige Plot besteht aus mehreren, zu Beginn unabhängigen  Handlungssträngen, die aus der Vergangenheit in die Gegenwart reichen und erst im Verlauf der Geschichte und nach überraschenden Wendungen die Zusammenhänge enthüllen. Dennoch bleibt die Handlung übersichtlich und nachvollziehbar. Interessant ist es, wie der Autor auch mit den Erzählformen spielt. Für die Gegenwart wählt er die Ich-Form aus Sicht von Raphaël, wobei er bei den Teilen, die Marc betreffen, in die dritte Person wechselt. Die Taten selbst werden wieder in der Ich-Form, aus Sicht der Opfer geschildert. So führt er den Leser ohne Längen durch die spannende, abwechslungsreiche Geschichte.

Fazit

Ein rasant geschriebener, packender Thriller mit einem gekonnten, für dieses Genre ungewöhnlich vielschichtigen Aufbau. Der Autor spielt mit den Handlungssträngen und Erzählformen, was spannendes Lesevergnügen garantiert.

Lautlose Schreie: Ein Mara-Billinsky-Thriller (Ein Fall für Mara Billinsky 2) – Leo Born

AutorLeo Born
Verlag beTHRILLED
Erscheinungsdatum 1. April 2018
FormatKindle
Seiten465 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB079DQMSR9

„Ich bin nicht hart, sondern faktisch.“ (Zitat Pos. 416)

Inhalt

Ein Mädchen irrt ängstlich durch Frankfurt. Sie ist aus einem Haus geflohen, wo Kinder und Jugendliche unter schlimmen Bedingungen gefangen gehalten werden.

Ein Schweizer Geschäftsmann wird in einem Frankfurter Nobelhotel ermordet.

In einem abgelegenen Gelände bei Frankfurt werden sieben Kinderleichen gefunden – auffällig sind ihre Operationsnarben.

Mara Billinsky, die Frankfurter Ermittlerin vermutet Zusammenhänge und will diesen undurchsichtigen Fall unbedingt aufklären. Doch wer sind die mächtigen Drahtzieher im Hintergrund?

Thema und Genre

Der zweite Band einer sehr packenden Serie, die in Frankfurt spielt. Themen sind diesmal Menschenhandel und illegaler Organhandel. Man muss den ersten Band nicht unbedingt gelesen haben, ein paar gedankliche Rückbkenden erklären das Setting.

Charaktere

Mara Billinsky lebt ihre dunkle Gothic Seite, von den Kollegen wird sie „die Krähe“ genannt, doch inzwischen schwingt da Anerkennung für ihren kompromisslosen Einsatz als Ermittlerin mit. Auch die Gesprächsbasis mit ihrem Chef Klimmt bessert sich. Mit ihrem Kollegen Jan Rosen ist sie nun ein Team, wobei er das ruhige, besonnene Pendant zu ihr ist.

Handlung und Schreibstil

Das Buch ist in vier Teile mit kurzen Einzelkapiteln eingeteilt. Die spannende Handlung findet zeitlich fortlaufend statt, mit mehreren zusätzlichen Handlungssträngen als Teil der Geschichte. Jeder Wechsel erhält ein eigenes Kapitel, dadurch bleiben die Ereignisse chronologisch und übersichtlich. Die flüssig zu lesende Sprache, sowie die sehr realistischen Schilderungen passen zu diesem spannenden Thriller.

Fazit

Auch dieser zweite Fall der eigenwilligen Ermittlerin Mara Billinsky behandelt ein aktuelles Thema und ist sehr spannend geschrieben. Die klare Struktur und die Charaktere mit ihren dunklen Ecken und Kanten reihen Leo Born in die Liste meiner Lieblingsautoren in diesem Genre und ich warte schon auf den nächsten Mara-Billinsky-Fall.

Leuchtturmtage: Ein Nordseeroman (Ein Nordsee-Roman 2) – Anni Deckner

AutorAnni Deckner
Verlag Forever
Erscheinungsdatum 18. November 2016
FormatKindle
Seiten194 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB01MDTO7JT

„Verwundert stellte sie fest, wie einfach es war, ihren Weg zu gehen.“ (Zitat Pos. 634)

Inhalt

Stella Engel wird nach fünfzehn Jahren Ehe von ihrem Mann verlassen und muss innerhalb von zwei Wochen aus dem gemeinsame Haus ausziehen. Sie kehrt in ihren Heimatort Westerhever zurück, wo ihr Bruder Sam den elterlichen Hof führt. Auf der Fahrt nimmt sie den sympathischen Hauke Bergmann mit, dessen Auto eine Panne hatte. Als sie erfährt, dass Haukes Oma aus Gesundheitsgründen ihr beliebtes Cafe nicht mehr weiter führen kann, übernimmt sie es begeistert. Aus Hauke wurde inzwischen ein guter Freund – kann es mehr werden? Allerdings ist da auch ihr Schulfreund aus Kindertagen, der Tierarzt Michael.

Thema und Genre

Ein Wohlfühlroman, der an der Nordsee spielt. Es geht um Neubeginn, Veränderungen und natürlich Liebe.

Charaktere

Die Protagonistin lernt rasch, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen und die Dinge positiv zu sehen. Insgesamt sind die Charaktere unkompliziert und easy going.

Handlung und Schreibstil

Der Ablauf der Ereignisse führt den Leser chronologisch und flott durchs Jahr. Fokus ist der Handlungsablauf, auf Details und Beschreibungen verzichtet die Autorin. Entsprechend einfach ist die Sprache, wobei auch der Humor nicht fehlt.

Fazit

Ein Frauen-Wohlfühlroman mit netten Charakteren, den man in wenigen Stunden gelesen hat. Entspannte Ablenkung vom Alltag, natürlich mit Happy End. Ich hätte mir mehr Sorgfalt bei den Details gewünscht und mehr Tiefgang.

Zwischen dir und mir das Meer (Farben des Sommers 2) – Katharina Herzog

AutorKatharina Herzog
Verlag Rowohlt E-Book
Erscheinungsdatum 24. April 2018
FormatKindle
Seiten341
SpracheDeutsch
ASINB077JK58QQ

„Zitronen reifen und blühen gleichzeitig. Ihr Duft hört nie auf.“ (Originalzitat)

Inhalt

Lena Sanders arbeitet im Hospiz auf Amrun. Als Lena noch ein Kind war, ist ihre Mutter eines Tages nicht mehr vom Schwimmen im Meer zurückgekommen und diese Erfahrung prägt ihr Leben. Als sie durch Zufall Jugendfotos ihrer Mutter erhält, beschließt sie, in der italienischen Heimat ihrer Mutter nachzuforschen. Ihre fünf Jahre jüngere, weitgereiste Schwester Zoe erkennt den Ort an der Amalfiküste, wo eines der Fotos aufgenommen wurden. Gemeinsam reisen Lena und Zoe nach Italien auf der Suche nach ihren Wurzeln.

Thema und Genre

Dieses Buch ist ein typischer Frauen-Wohlfühlroman. Das Setting an der Amalfiküste verspricht Urlaubsfeeling, auch der gut aussehende Italiener fehlt nicht. Es geht auch um das Leben der armen Zitronenbauern in den 70er Jahren in Süditalien und um Verlust.

Charaktere

Lena ist einerseits eine Krankenschwester mit der emotionalen Stärke, in einem Hospiz zu arbeiten, andererseits überängstlich, was für mich nicht stimmig ist. Ihre Schwester Zoe ist eine sympathische junge Draufgängerin. Matteo Forloni ist der typische gut aussehende italienische Frauenheld.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte entwickelt sich in zwei Erzählsträngen, Lena im Heute und ihre Mutter Mariella Mitte der 70er Jahre. Beide Geschichten werden abwechselnd erzählt, klar gegliedert durch die Überschriften der Kapitel. Die einfache Sprache liest sich schnell. Die Beschreibungen beschränken sich auf Aussehen und Kleidung der Personen, die wenigen Schilderungen der traumhaft schönen Amalfiküste findet man auch in jedem Reiseführer.

Fazit

Ein Unterhaltungs-Frauenroman für Leserinnen, die dieses Genre schätzen, Romantic Fiction für einen Nachmittag im Strandkorb. Die Handlung und Charaktere sind selbst für Trivia sehr vorhersehbar und bleiben im gängigen Klischee. Ich hatte mir doch etwas mehr erwartet.z

Das Jesus-Experiment – Bernd Roßbach

AutorBernd Roßbach
Verlag FeuerWerke Verlag
Erscheinungsdatum 16. Januar 2018
FormatKindle
Seiten381
SpracheDeutsch
ASINB077XVT362

„Ich versuche, die Zeit nicht zu denken, ich will in ihr Innerstes hineinsehen.“ (Zitat Pos. 1683)

Inhalt

Tom Jennings erforscht das menschliche Gehirn und hat festgestellt, dass Erinnerungen über alle Generationen gespeichert bleiben und mit seiner Recall Methode abgerufen werden können. Während eines Vortrages tritt der italienische Antiquitätenhändler Casalini an ihn heran. Er hat den Stammbaum des Pilatus erforscht und es gibt eine direkte lebende Nachfahrin, Giulia Tremonese. Dies könnte der wissenschaftliche Durchbruch werden, doch nun sind auch mächtige Geheimbünde, Investoren, die Kirche und die CIA auf seine Forschungsergebnisse aufmerksam geworden. Jennings hat eine tödliche Lawine losgetreten …

Thema und Genre

In diesem packenden Wissenschaftsthriller geht es um hochinteressante Forschungsgebiete mit möglichen Auswirkungen, die bald Realität werden könnten. Es geht aber auch um die Macht der Medien, die damit verbundenen lukrativen Geschäfte, um Politik und die Frage nach der ethischen Komponente im Wissenschaftsbereich.

Charaktere

Die Protagonisten sind sehr gut und stimmig beschrieben, die jeweiligen Handlungen passen ins Gesamtbild. Der Autor bietet dem Leser eine rasante, spannende Geschichte, verzichtet aber darauf, den Hauptprotagonisten Tom Jennings zum Sympathieträger zu machen. Die Akteure bleiben gleichwertig und der Schwerpunkt liegt auf der Story.

Handlung und Schreibstil

Der Prolog unterbricht gleichsam den Zeitablauf, ein Ausblick in die nahe Zukunft, es folgen die einzelnen Kapitel chronologisch, in deren Zeitablauf sich der Prolog dann einfügt, ohne jedoch das Ende der Geschichte zu sein. Die Handlung ist sofort spannend, der Autor versteht es jedoch gekonnt, die Spannung noch weiter zu steigern. Er hat den Plot und das Leserinteresse von der ersten bis zur letzten Seite gut im Griff, daher sind aus meiner Sicht die Vorausdeutungen am Ende einiger Kapitel entbehrlich.

Der Schreibstil liest sich angenehm und fließed, es gibt keine Unterbrüche oder Längen. Auch die wichtigen wissenschaftlichen Erklärungen sind interessant, gut in die Handlung eingebaut und nicht zu umfangreich.

Fazit

Ein packender, interessanter Wissenschaftsthriller, ein spannendes Thema. Eine besondere Empfehlung Leser, die Dan Brown, Dos Santos und Schilddorfer&Weiss gelesen haben und schätzen.

Strandmädchentod (Tony Braun 8) – B.C. Schiller

AutorB.C. Schiller
Verlag Independently published
Erscheinungsdatum 18. Juni 2018
FormatKindle
Seiten418
SpracheDeutsch
ASINB07DSKM4PV

„Du brauchst die Gefahr wie andere ihre Drogen.“ (Zitat Pos. 268)

Inhalt

Chefinspektor Tony Brown muss seinen geplanten Urlaub verschieben. Zwei Kinder finden am Strand von Tallinn eine Tote. Das grausam ermordete Mädchen Bea Hanstetten ist die Tochter eines bekannten österreichischen Unternehmes, die in Estland als Au-Pair gearbeitet hat. Als ein weiteres Au-Pair-Mädchen verschwunden ist, muss Tony Braun die Ermittler vor Ort in Tallinn unterstützen, während Franka Morgen und Jan Faber von Linz aus intensiv recherchieren. Dieser neue Fall führt Tony Brown direkt in die Szene der internationalen Drogen- und Waffengeschäfte, doch wie passt der Mord an Bea in das Gesamtbild?

Thema und Genre

Dieser packende Thriller spielt in Estland und es geht um die mächtige Ostmafia, um Drogen- und Waffenhandel im Milionenbereich. Doch auch die wirtschaftliche Situation der Menschen in Estland ist ein Thema.

Charaktere

Tony Braun ist ein charismatischer, kompromissloser Ermittler, der seine dunklen Seiten hat, jedoch im Umgang mit Jimmy und Kim sicherer und gefestigt wirkt. Eine positive Entwicklung. Sein Kollege in Tallinn, Arto Kaukonen, ist schwer zu durchschauen, da er Probleme hat, die auch seine Ermittlungen beeinflussen.

Handlung und Schreibstil

Wie von diesem kongenialen Autorenduo zu erwarten, ist auch diesmal die Handlung packend, spannend und sehr realistisch. Zwei Handlungsstränge, einer davon in der Ich-Form des Mörders, erhöhen die Spannung, wobei der Prolog des Mörder-Ichs direkt in die Ereignisse führt. Die Sprache beschreibt, wo notwendig, ohne den rasanten Lesefluss zu unterbrechen.

Fazit

Auch dieser neueste Thriller von B.C. Schiller ist ein packender, rasanter Pageturner. Einerseits kann man das Buch nicht aus der Hand legen, andererseits möchte man die Story länger genießen. Für alle Leser, die einen spannenden, sehr gut aufgebauten Thriller mit markanten Charakteren schätzen. Dieser neueste Fall kann auch als Einstieg gelesen werden.

Lady Liberty – Der Weg in die Freiheit – Annabelle Tilly

AutorAnnabelle Tilly
Verlag Tinte & Feder
Erscheinungsdatum 8. Mai 2018
FormatTaschenbuch
Seiten396
SpracheDeutsch
ISBN-13978-2919800391

„Glaubst du, dass Lady Liberty in zweihundert Jahren immer noch hier steht?“ (Zitat Seite 386)

Inhalt

Camille St. Laurent ist die jüngste von sechs Töchtern einer wohlhabenden, adeligen Pariser Familie. Sie will Journalistin werden, was im Jahr 1885 für eine Frau beinahe unmöglich war. Doch Jules Aragon, der Chefredakteur des Figaro gibt ihr eine Chance.

Sie soll nach New York reisen, um dort vom Aufbau der Freiheitsstatue zu berichten. Allerdings sollen die Leser denken, dass Camille ein Mann ist. Der Verleger Joseph Pulitzer, dem die New York World gehört, teilt den Reporter Patrick O’Sullivan ein, sich um „den Kollegen aus Frankreich“ zu kümmern.

Nach anfänglichen Zweifeln werden die beiden rasch ein Team und neben den Berichten über den Bau des Sockels für die Freiheitsstatue recherchieren sie in einem Mordfall: zwei Frauen sind ermordet worden. Sie folgen mehreren Spuren, doch als Camille die Zusammenhänge erkennt, könnte sie das nächste Opfer sein …

Thema und Genre

Dieser historische Unterhaltungsroman verpackt die Geschichte einer engagierten jungen Frau, die in der Männer-dominierten Welt des späten 19. Jahrhunderts ihren Weg gehen will. Themen sind das soziale Umfeld der wohlhabenden amerikanischen Familien, die Frauenrechte in Amerika, die Konstruktion der Freiheitsstatue und vor allem die Errichtung derselben in New York, wo es beinahe am Bau des entsprechenden Sockels scheitert.

Charaktere

Camille ist eine selbstbewusste Frau, die sich rasch den amerikanischen Gegebenheiten anpasst. Patrick ist irischer Abstammung und stammt aus ärmlichen Verhältnissen. Er zeigt ihr sein New York und gibt ihr dadurch ein Gefühl von Freiheit abseits der engen gesellschaftlichen Zwänge, die damals in Europa noch vorherrschten.

Besonders liebenswert ist Camille’s Tante Catherine, die seit vielen Jahren in New lebt und bei der Camille wohnt. Tante Catherine ist eine nach außen hin etwas strenge alte Lady, die jedoch Sinn für Humor, Spaß und ein großes Herz hat.

Handlung und Schreibstil

Ort der Handlung ist vorwiegend New York. Die Ereignisse dieses Romans finden in den Jahren 1885 bis 1886 statt und in chronologischer Reihenfolge. Ein kurzer Prolog schildert den ersten Mord. Die Handlung ist in insgesamt 35 Kapitel eingeteilt, die Überschrift gibt jeweils Ort und Zeitrahmen an, es folgt ein kurzer Epilog. Spannung erhält die Geschichte durch die Mordfälle und die Klärung der Zusammenhänge, wobei die Autorin die Protagonisten und damit auch den Leser auf einige falsche Fährten führt. Der Schreibstil ist flüssig und sprachlich sehr angenehm zu lesen, Die Beschreibungen der Stadt New York im Jahr 1885 sind sehr lebhaft und anschaulich, auch die berühmten Schauplätze wie Coney Island fehlen nicht.

Fazit

Ein historischer Roman, der spannende Lesestunden garantiert. Die in den Roman eingebauten geschichtlichen Tatsachen sind sehr gut recherchiert, auch das Leben in der Stadt New York ist realistisch, anschaulich und interessant geschildert. Die ersten Frauenbewegungen im Zusammenhang mit dem angestrebten Wahlrecht für Frauen, sowie der mühsame Überlebenskampf der Frauen in den Armenvierteln im Gegensatz zum Leben der sehr reichen Gesellschaftsschicht vertiefen das Thema und machen aus diesem Buch mehr als nur unterhaltsame Trivia.

Die Schatten der Ideen – Klaus Modick

AutorKlaus Modick
Verlag Piper Taschenbuch
Erscheinungsdatum 10. August 2015
FormatTaschenbuch
Seiten464
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492308724

„Das College sei ein Zauberberg, der unter seiner akademischen Käseglocke dahindämmere, und damit werde das Abgeschiedene des Städtchens noch isolierter, die Puppenstubenidylle noch hinterwälderischer, der Elfenbeinturm noch weltentrückter.“ (Zitat Seite 55)

Inhalt

Moritz Carlsen, Schriftsteller und Übersetzer, wird von seinem früheren Studienkollegen Hocki eingeladen, am Centerville College in Vermont als Gastprofessor zwei Seminare in deutscher Sprache zu halten. Da ihm gerade die Ideen für einen neuen Roman fehlen und er daher das Geld benötigt, sagt er zu. Er bezieht ein altes Gästehaus, das zum College gehört. Im Keller entdeckt er durch Zufall eine Korrespondenz zwischen Carl Zuckmayer und Julius Steinberg, sowie die Tagebücher von Julius Steinberg, der zwischen 1939 und 1950 Assistenzprofessor für Geschichte am Centerville gewesen war. Neugierig geworden, beginnt er zu recherchieren. Doch in den Archiven findet sich kein Hinweis auf Steinberg und einige einflussreiche Personen sind sehr daran interessiert, dass dies auch so bleibt.

Thema und Genre

Es handelt sich hier um einen Roman auf zwei Zeitebenen, Hauptbezugsort der Handlung ist ist das Centerville College in Vermont, USA. Die Ereignisse, in deren Mittelpunkt Moritz Carlsen steht, spielen in der Gegenwart, während der Leser die Geschichte von Julius Steinberg aus dessen Briefen und Aufzeichnungen erfährt. Themen sind das Leben der vor den Nazis geflohenen Juden in Amerika, die Wirtschaftskrise, Gewerkschaften und die McCarthy-Ära.

Charaktere

Die Hauptprotagonisten sind Julius und Moritz. Beide zeigen Zivilcourage und lassen sich von politischem Druck nicht einschüchtern. Sehr gut beschrieben ist die Situation in diesem kleinen College, sowohl in der Gegenwart, als auch in der Vergangenheit.

Handlung und Schreibstil

Die aktuelle Geschichte ist in der personalen Erzählform geschrieben, Steinbergs Tagebücher in der Ich-Form. Beide Handlungsstränge sind sehr spannend aufgebaut und in sich geschlossen, wobei die Gegenwart die Vergangenheit gleichsam umschließt. Sehr anschaulich beschrieben ist das politische Umfeld im Amerika zur Zeit des WKII und danach. Auch diesmal verwöhnt uns der Autor mit sprachlich großartigen Schilderungen.

Fazit

Eine spannende Handlung, ein Roman mit interessanten Themen und eine gelungene, glaubhafte Idee. Wer schon Romane von Klaus Modick gelesen hat, wird auch diesmal begeistert sein und wer diesen Autor erst mit diesem Buch kennen lernt, wird sicher weitere Bücher von ihm lesen.

Unter blutrotem Himmel – Mark Sullivan

AutorMark Sullivan
Verlag Tinte & Feder
Erscheinungsdatum 22. Mai 2018
FormatTaschenbuch
Seiten596
SpracheDeutsch
ISBN-13978-1503950085

„Das Beste ist, um die Menschen zu trauern, die man geliebt und verloren hat, und dann die neuen Menschen willkommen zu heißen und zu lieben, die dir das Leben vor die Nase setzt.“ (Zitat Seite 360)

Inhalt

1943 ist Pino (Giuseppino) Lella siebzehn Jahre alt, liebt Jazz und Mädchen und träumt von   Amerika. Seine Familie lebt in Mailand, das von den Deutschen besetzt ist. Als die ersten Bomben der Alliierten auf Mailand fallen, wird er, wie zuvor schon sein jüngerer Bruder, in ein Jugendlager in den Alpen, die Casa Alpina, geschickt. Dort hat Pater Re eine Aufgabe für ihn. Mehrmals in der Woche führt Pino jüdische Flüchtlinge über gefährliche Berg- und Kletterpfade an die Schweizer Grenze. Doch sein Vater ruft ihn zurück nach Mailand und Pino verpflichtet sich widerwillig zur deutschen Armee. Am 8. August 1944 wird er der persönliche Fahrer von Generalmajor Hans Leyers und dadurch eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten. Er sieht auch Anna wieder, die er vor vierzehn Monaten ein Mal gesehen und nie vergessen hat. Doch der Krieg ist noch nicht zu Ende und seine Aufgaben sind gefährlich …

Thema und Genre

Dieser biografische, historische Roman erzählt eine wahre Geschichte und steht beispielhaft für die vielen noch immer unbekannten mutigen Menschen, die während des WKII unter Einsatz des eigenen Lebens einen täglichen heimlichen Kampf gegen die Nationalsozialisten führten, Menschenleben retteten, ohne sich jemals selbst als Helden zu präsentieren. In diesem Buch geht es um Norditalien unter deutscher Besatzung, von Juni 1943 bis Mai 1945. Der Roman handelt aber auch von persönlicher Verantwortung und Schuld und stellt die Frage, ob Mord, egal von welcher Seite, gerechtfertigt sein kann.

Charaktere

Die Hauptprotagonisten sind Pino Lella und Generalmajor Hans Leyers. Pino ist ein normaler siebzehnjähriger Teenager, als die Bomben der Alliierten auf Mailand zu fallen beginnen. Innerhalb weniger Wochen wird er erwachsen und übernimmt die Verantwortung für die Flüchtlinge, die er über steile Alpenwege führt. Obwohl er Angst hat, bleibt er spontan in seinen Entscheidungen und gibt nie auf. Er träumt vom Ende des Krieges und einem gemeinsamen Leben mit seiner großen Liebe Anna.

Hans Leyers hat gelernt, immer auf der richtigen Seite zu stehen. Befehle empfängt er direkt vom Führer, dennoch versucht er, eigene Wege zu gehen und seine Rolle blieb undurchschaubar, was auch dazu führte, dass er in den Jahren nach dem Krieg seine Verbrechen erfolgreich leugnen konnte.

Handlung und Schreibstil

Nicht nur durch die Geschichte, die ihm Pino Lella persönlich erzählt, sondern auch durch die nachfolgenden intensiven Recherchen gelingt dem Autor hier ein realistisches Portrait der Ereignisse während dieser für Norditalien prägenden Jahre vor Kriegsende.

Der Roman ist in 5 Teile eingeteilt und in insgesamt 34, fortlaufend nummerierte Kapitel.

Der Autor wählt die personale Erzählform, er erzählt die Ereignisse aus der Sicht von Pino, verzichtet jedoch auf die Ich-Form.

Die Geschichte ist sehr packend und sprachlich gekonnt erzählt. Der Spannungsbogen ergibt sich schon durch die tatsächlichen Ereignisse dieser Zeit, wobei die Spannung durch Pino Lellas Einsätze gesteigert wird.

Fazit

Ein großartiger Roman, den zu lesen sich wirklich lohnt, ein wichtiges Stück Zeitgeschichte, über die außerhalb Italiens relativ wenig bekannt ist, da man nach dem Krieg über diese Ereignisse geschwiegen hat. Der reale biographische Hintergrund macht dieses Buch ungemein spannend.

Das Jahrhundertversprechen (Jahrhundertsturm-Serie, Band 3) – Richard Dübell

AutorRichard Dübell
Verlag Ullstein Taschenbuch
Erscheinungsdatum 8. Juni 2018
AusgabeTaschenbuch
Seiten656
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3548289663

„Träume tragen einen auch durch die finstere Nacht.“ (Zitat Seite 357)

Inhalt

Seit Max Brandow Weihnachten 1918, gerade vierzehn Jahre alt, der elfjährigen Luisa von Briest das Leben gerettet hatte und dabei nur durch ein Wunder überlebt, gehört auch er zur Familie und lebt auf Gut Briest. Die Wirtschaftskrise trifft auch Otto und Hermine von Briest, ihre Detektivagentur bekommt kaum mehr Aufträge und sie müssen damit rechnen, das Gut zu verlieren. Magda von Cramm wartet schon darauf, dieses zu erwerben, ganz im Sinne der verbitterten Feindschaft zwischen den beiden Familien. Ihr Sohn Sigurd von Cramm fährt Autorennen. Auch Max begeistert sich für Automobile, arbeitet als Mechaniker, aber träumt ebenfalls davon, selbst Rennen zu fahren. Luisa dagegen ist vom Film und den neuen Möglichkeiten begeistert, doch vor allem liebt sie Max. Doch sie leben in gefährlichen Zeiten, denn eine neue, extreme Partei ist dabei, Deutschland zu unterwandern …

Thema und Genre

Der dritte Teil der Jahrhundert-Trilogie spielt in der Zeit der Weimarer Republik. Dieser historische Roman umfasst die Jahre 1918 – 1934. Thema sind die extrem schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland mit Inflation und Weltwirtschaftskrise, vor allem jedoch die zuerst versteckt agierenden, dann immer offener und mächtiger werdenden Anhänger der Nationalsozialistischen Partei. Beschrieben wird auch in diesem dritten Band wieder eine wichtige technische Entwicklung, diesmal ist es das Automobil und hier besonders die Autorennen, doch auch die beginnende Filmindustrie ist ein Thema.  

Charaktere

Hauptprotagonisten sind die Mitglieder der beiden verfeindeten adeligen Familien von Briest und von Cramm. Unter den weiteren Protagonisten ist auch der bekannte Filmregisseur Fritz Lang, der sehr realistisch geschildert wird. Insgesamt jedoch sind die Charaktere sehr strikt in Gut und Böse eingeteilt, ohne die Graubereiche des menschlichen Charakters.

Handlung und Schreibstil

Der Roman ist in 4 Bücher eingeteilt, dazu ein Prolog und ein Epilog. Jedes Buch trägt eine Überschrift und den entsprechenden Zeitraum und ist in nummerierte Kapitel unterteilt, die jeweils neu mit 1 beginnen.

Die Handlung ist spannend und in einem sich steigernden Bogen aufgebaut, wobei sich die Spannung einerseits durch die Familiengeschichte ergibt, die erzählt wird, andererseits durch die ohnedies aufregenden realen historischen Ereignisse.

Die Sprache erzählt angenehm und flüssig, ergänzt durch detaillierte Beschreibungen.

Fazit

Ein Familienroman und Abschluss einer Generationsgeschichte, eingebunden in eine Episode neuerer deutscher Zeitgeschichte. Eine interessante Lektüre für Leser von historischen Romanen, wobei man diesen dritten Band auch lesen kann, ohne die beiden anderen Bücher zu kennen. Die Charaktere konnten mich allerdings nicht vollkommen überzeugen, ich hätte mir mehr Facetten gewünscht und weniger „gut und edel“.

Das Grau der Karolinen – Klaus Modick

AutorKlaus Modick
Verlag KiWi-Taschenbuch
Erscheinungsdatum 13. Oktober 2016
FormatTaschenbuch
Seiten512
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462049435

„Auch er spürte, daß hier jede Stimmung unmittelbar Wirklichkeit schuf, daß umgekehrt alle Wirklichkeit sich augenblicklich in Stimmung umsetzte.“ (Zitat Seite 345, Ausgabe 1998)

Inhalt

Michael Jessen hat ursprünglich Malerei studiert, arbeitet jedoch erfolgreich als Grafiker für die Werbeagentur McLinn in Hamburg. Als er sich bei einem Regenguss im Eingang eines Trödelladens unterstellt, entdeckt er ein Ölgemälde, grau in grau, mit zwei roten Doppeldecker-Flugzeugen. Er kann nicht sagen, was genau es ist, aber dieses Bild lässt ihn nicht mehr los und er kauft es. Was hat es mit diesen eigenartigen Schattierungen der Grautöne auf sich und wer ist der Maler mit der Signatur C.W.? Er beginnt zu recherchieren und die Kunsthistorikerin Edith Gärbels unterstützt ihn bei dieser zunächst nicht sehr erfolgreichen Suche, bis sich eine völlig neue Sichtweise ergibt …

Thema und Genre

„Das Grau der Karolinen“ ist ein Roman über Kunst und Künstler. Er handelt von Malerei, vor allem aber vom Sehen aus der Sicht eines Betrachters, mit unterschiedlichen Verständnisebenen. Hier taucht das Thema tief in die Philosophie ein. Es geht aber auch um die Schrecken der beiden Weltkriege, um Freiheit und darum, die eigene Erfüllung in der Kunst und im einfachen Leben zu finden.

Charaktere

Je tiefer Michael Jessen in die Geschichte des Gemäldes eintaucht, desto mehr hinterfragt er seine Tätigkeit als Grafiker, welche sich nach dem Geschmack der Auftraggeber und der Konsumenten richtet und ihm plötzlich banal erscheint. Sein Studienkollege und Freund Benjamin Waldhoff dagegen ist weiterhin als freier Künstler tätig. Hauptprotagonisten sind Michael Jessen, Edith Gärbels und vor allem das eigenartige Gemälde. Gemessen an der Fülle und dem Zeitrahmen der Erzählung kommt der Autor mit erstaunlich wenigen Personen aus, um seine Geschichte zu erzählen.

Handlung und Schreibstil

Der Roman ist in vier Teile gegliedert, mit jeweils einem Zitat zu Beginn. Es gibt keine weiteren Unterkapitel. Der gesamte Zeitrahmen umfasst die Jahre 1841 bis 1988. Es gibt jedoch nur einen Handlungsstrang, der in der Gegenwart von 1985 bis 1988 spielt. Die früheren Ereignisse erfährt der Leser aus schriftlichen Aufzeichnungen wie Tagebüchern und aus Gesprächen und Erinnerungen. Der Autor wählt die personale Erzählform aus der Perspektive von Michael Jessen, wird jedoch in den zahlreichen Beobachtungen und philosophischen Betrachtungen teilweise zum auktorialen Erzähler. Die Handlung selbst entwickelt sich von Beginn an spannend und nachvollziehbar, geschrieben in einer poetischen, beeindruckenden Sprache.

Fazit

Die packende Handlung, der künstlerische Hintergrund und die Charaktere überzeugen, wie auch die großartige Sprache. Dennoch hatte dieser Roman für mich auf Grund der langen kunst-philosophischen Betrachtungen einige Längen und konnte mich nicht so uneingeschränkt begeistern, wie „Der kretische Gast“, ein Roman ebenfalls von Klaus Modick.

Blutiges Katalonien – Monika Grasl

AutorMonika Grasl
Verlag Mondschein Corona
Erscheinungsdatum 9. Mai 2018
FormatKindle
Seiten364 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB07D35TH6Q

„Davonrennen bringt nichts. Das, was dich jagt, holt dich ohnehin irgendwann ein,“ (Zitat Pos. 863)

Inhalt

Eine Gruppe von Nonnen aus dem Orden „die frommen Nonnen Kataloniens“ sind auf einer Pilgerreise nach Santiago de Compostela. Als sie in einem Kloster in Ascara, einem kleinen Ort in den Pyrenäen, übernachten, werden fünf von ihnen grausam ermordet. Die Ärztin des Dorfes, Raquel Santos, ist vor Ort, doch es muss die Mordkommission aus Barcelona gerufen werden. Die Kommissare Ramiro Valdés und Santiago Moreno arbeiten zusammen mit der Pathologin Glacita Hernández an der Aufklärung dieser Morde. Die Spuren führen weit in die Vergangenheit zurück, doch es gibt eindeutig einen Bezug zur Gegenwart, nur welchen?

Thema und Genre

Dieser dunkle Mystery-Thriller zeigt die Probleme einer kleinen, in sich geschlossenen Dorfgemeinschaft auf, welche noch in religiösen Traditionen lebt. Fremden gegenüber ist man schweigsam und misstrauisch. Thema sind jedoch auch die späteren Auswirkungen von gut gemeinter, aber gefühllos-strenger Erziehung. Dazu kommen geheimnisvolle mystische Elemente, sie aus einer düsteren Vergangenheit ins Heute führen.

Charaktere

Ramiro und Santiago versuchen, durch ihre Ermittlungen Licht in die geheimnisvollen Hintergründe zu bringen, müssen sich aber gleichzeitig den persönlichen Problemen ihrer Vergangenheit stellen. Die Pathologin Glacita steht ihnen kollegial und tatkräftig zur Seite. Ein sympathisches Ermittlerteam mit einigen Ecken und Kanten. Sehr gut beschrieben sind die Charaktere des kleinen Dorfes, besonders der Großvater von Ramiro und auch das Verhältnis der beiden zueinander.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte ist in Kapitel gegliedert und beginnt mit einem Prolog, der in der Jetztzeit spielt und die Morde schildert. Erzählt wird in der personalen Multiperspektive, jedoch beschränkt sich die Autorin zwei Personen: Ramiro und ein an den Morden Beteiligter, natürlich ohne die Identität aufzudecken. Diese Erzählform ist einerseits beschreibend, gibt dem Leser zusätzliche Informationen und erhöht andererseits die Spannung. Trotz der mystischen Elemente bleibt die Handlung nachvollziehbar.

Fazit

Dieses Buch ist ein Page-turner. Spannende Lektüre für ein interessantes Lesewochenende in einer gelungenen Kombination aus Mystik und Thriller.

Der restliche Sommer – Max Scharnigg

AutorMax Scharnigg
Verlag Hoffmann und Campe
Erscheinungsdatum 14. März 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3455404944

„Der Fingerabdruck eines Paares liegt in einer Sprache, die nur ein anderer Mensch auf der Welt wirklich vollkommen richtig entschlüsseln konnte.“ (Zitat Seite 196)

Inhalt

Paul Neulich schreibt seit zwölf Jahren als August Sternberg eine konservative Ratgeber Kolumne über gutes Benehmen. Als ihm die Redaktion mitteilt, dass er nicht mehr in die zukünftige, moderne Blattlinie passt, verbringt er gerade mit der Performance Künstlerin Sara Almeida eine Auszeit in Portugal. Zwölf Jahre lang war Paul mit der Paartherapeutin Dr. Sonja Wilms verheiratet, bevor er sie verlassen hat. Sara wiederum war zuvor mit dem mit introvertierten Informatiker Tin Hasenglock zusammen, der gemeinsam mit zwei Freunden eine sehr erfolgreiche Social-Media-Community entwickelt hatte, Harpf.com. Persönliche Erlebnisse am Beginn dieses Sommers leiten Veränderungen ein …

Thema und Genre

Dieser Roman ist eine Momentaufnahme im Leben der Protagonisten, gesellschaftskritisch und mit ironischer Betrachtung der Entwicklungen im Social Media Bereich und Journalismus. Er handelt aber auch von der Frage „wer war ich früher, wer will ich heute sein“, die sich wohl jeder irgendwann im Laufe des Lebens stellt.

Charaktere

Die Protagonisten haben eines gemeinsam, sie träumen sich die eigene Situation schön, spielen ihre Rollen, reagieren, statt zu agieren. Erst als der Autor sie mehr oder weniger wichtige Situationen erleben lässt, setzen Veränderungen ein. Doch selbst manche dieser Ereignisse sind im Grunde banal, nur in ihrem persönlichen Empfinden bedeutend. Dadurch bleibt man auch als Leser ein unbeteiligter Beobachter.

Handlung und Schreibstil

Der Zeitrahmen der Handlung beschränkt sich auf die ersten Sommerwochen, alle weiteren Details aus dem Leben der jeweiligen Person erfährt der Leser, indem der Autor ihn durch die personale Erzählform an den Gedanken und Erinnerungen seiner Figuren teilhaben lässt. Die einzelnen Kapitel betreffen abwechselnd Paul, Sara, Sonja, Tin; der jeweilige Name ist die Überschrift.  Ein einziges Kapitel ist aus Sicht des Nachrichtenchefs des Magazins, für das Paul schreibt, erzählt.

Die fließende, leicht zu lesende Sprache zeigt einige interessante Metapher, zum Beispiel beobachtet Paul ein Moskito in einem Spinnennetz. Interessant ist es auch, die Gedanken und Überlegungen der Protagonisten zu lesen, die oft im Gegensatz zum sichtbaren Verhalten und Handeln stehen.

Fazit

In der Realität sind die Dinge, die den vier Personen passieren, zwar wichtig, aber nicht so außergewöhnlich, wie sie es für sich selbst empfinden. Der Autor macht sich nicht die Mühe, auf die Auswirkungen der Ereignisse einzugehen, er bleibt vage, bei einem „vielleicht, vielleicht auch nicht“. Der ironisch gemeinten Gesellschaftskritik fehlen leider Humor und Ironie, dadurch versickert alles in 240 schnell zu lesenden Seiten von enttäuschender Mittelmäßigkeit.

Der kretische Gast – Klaus Modick

AutorKlaus Modick
Verlag KiWi-Taschenbuch
Erscheinungsdatum 17. August 2017
FormatTaschenbuch
Seiten592
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462051056

„Und er wußte, daß in der Flüchtigkeit dieses Anblicks die Dauer beschlossen lag und vielleicht sogar ein Funken Ewigkeit.“ (Originalzitat Seite 406, Auflage 2005)

Inhalt

Lukas Hollbach, Student, kauft im März 1975 auf einem Flohmarkt von Kindern zwei gerahmte Fotografien. Die eine Fotografie, auf der zwei Männer zu sehen sind, kommt ihm bekannt vor. Das andere Foto zeigt eine Hafenansicht und auf der Rückseite entdeckt er eine Notiz in griechischer Sprache. Eine Studienkollegin erkennt den Hafen, Agia Galini auf Kreta, und zu Sommerbeginn fährt Lukas auf diese Insel, eine Reise die ihn in die Vergangenheit führt, ins Jahr 1943, als Kreta von den Deutschen und Engländern besetzt war.

Als Johann Martens, Archäologe, auf Grund seiner Sprachkenntnisse 1943 den Auftrag erhält, für die deutsche Wehrmacht die Kunstschätze der Insel Kreta zu katalogisieren, kann er nicht ablehnen. Als der deutsche Leutnant, dem er auf Kreta zugeteilt ist, feststellt „Katalogisieren kann man nur, was man zu Gesicht bekommt, wovor man nicht die Augen verschließt“ (Zitat Seite 36), ist Johann anfangs nicht bewusst, wie rasch dies für ihn Wirklichkeit wird. Er muss Entscheidungen treffen, die ihn in Lebensgefahr bringen. Der griechische Wort Xenos bedeutet sowohl „Fremder“, als auch „Gast“ und manchmal erfolgt der Übergang fließend.

Thema und Genre

Dieser Roman ist ein zeitgeschichtliches Epos und eine eindrucksvolle Schilderung der Insel Kreta. Es umfasst die beiden letzten Kriegsjahre, als Kreta von den Deutschen und von den Engländern besetzt war. Die stolzen Kreter wollten jedoch vor allem eines, Freiheit. Es geht hier um Entscheidungen, die in dieser gefährlichen, dunklen Zeit jeder für sich selbst treffen musste, wo zwischen Mut und Verrat, zwischen dem Ausführen der Befehle wie unter Zwang und der Befehlsverweigerung alles möglich war. Es geht aber auch um die heutige Generation der Kinder und wie sie mit der Vergangenheit der Familie umgehen.

Charaktere

Johann Martens ist Archäologe und versucht, sich als Deutscher möglichst neutral zu verhalten. Gewalt lehnt er ab, doch auf Kreta wird er mit einer Realität konfrontiert, wo er nicht mehr wegschauen kann. Durch den Einheimischen Andreas, der ihm von den Deutschen als Chauffeur und Übersetzer zugeteilt wurde, lernt er rasch, hinter die Kulissen zu blicken und beginnt zu verstehen, worum es wirklich geht. Ein mutiger, unangepasster Protagonist.

Lukas Hollbach wird im Zuge seiner Recherchen 1975 endgültig erwachsen und er entdeckt die Schönheit der Insel Kreta, die griechische Gastfreundschaft und taucht tief in die Ereignisse der Kriegsjahre ein, die auch ihn betreffen.

Der Autor geht realistisch, aber sensibel mit den Charakteren der besetzten Insel um, dadurch bleiben die handelnden Personen im Graubereich und es gibt keine gut – böse Stereotypen. Das macht diesen Roman so beeindruckend, unvorhersehbar und spannend. Natürlich kommen auch Frauen in der Geschichte vor, sowohl Johann, als auch Lukas verlieben sich, doch steht die Liebesgeschichte nicht im Vordergrund, sondern erklärt manche Entscheidungen der Hauptprotagonisten.

Handlung und Schreibstil

Die Erzählung ist zweisträngig. Die beiden zeitlich getrennten Ereignisketten 1943 und 1975 sind ineinander verschränkt. Ort der Handlung ist überwiegend die Insel Kreta. Jedes Kapitel trägt als Überschrift Ort und Jahr und ist in nummerierte Unterkapitel eingeteilt. Dadurch bleibt der Roman für den Leser übersichtlich. Die gesamte Geschichte ist sehr spannend erzählt.

Dieser Roman ist pures Lesevergnügen, sprachlich gekonnte Schilderungen wecken Sehnsucht nach Kreta, ohne jedoch bemüht metaphorisch zu sein.

Fazit

Dies ist das erste Buch, das ich von diesem Autor gelesen habe, aber es werden bald weitere folgen. Sprachgewandt zieht uns Klaus Modick von der ersten Zeile an in eine sehr spannende Handlung mit interessanten, vielschichtigen Charakteren. Dieser Roman ist ein Page-turner, der alle Erwartungen erfüllt.

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