Warten auf den Anruf – Birgit Rabisch

AutorBirgit Rabisch
VerlagAchter Verlag
Datum12. Oktober 2009
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten504
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3981237214

„Es geht mir darum, mir eine Familie zu erschreiben. Keine Traumfamilie, keine Wunschfamilie … überhaupt eine Familie.“ (Zitat Seite 9)

Inhalt

Die Schriftstellerin Verena will ihre Geschichte über die wichtigen Frauen ihrer Familie in der aktuellen Zeit beginnen, mit Irène Vonderwied, die darauf wartet, am nächsten Morgen einen besonderen Anruf zu erhalten. Doch ihre Agentin überzeugt sie, die Geschichte chronologisch zu beginnen, mit Verenas Urgroßmutter Emma Hartkopf, Gattin des Wissenschaftlers Erich Hartkopf, der bei der Entwicklung der Chemiewaffen im Ersten Weltkrieg eine wichtige Rolle spielte. Emmas Tochter Wilhelmine dagegen interessiert sich nicht für Chemie, sondern ist eine begeisterte Physikerin. Ihr Fachgebiet ist die Kernphysik und sie ist von den vielen Möglichkeiten einer friedlichen Nutzung der Atomenergie überzeugt, wenn nur erst der Zweite Weltkrieg zu Ende ist. Erst jetzt führt die Geschichte zu Wilhelmines Tochter Irène. Physik fand Irène schon immer langweilig. Sie ist eine international bekannte Biologin, Fachgebiet Stammzellenforschung.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um drei Generationen von Frauen und jede dieser Frauen ist mit einer in ihrer Zeit besonders wichtigen Wissenschaftssparte eng verbunden, Chemie, Physik und Biologie. Doch während Emma noch die traditionelle Ehefrau und Mutter ist, bestimmen Wissenschaft und Forschung das Leben von Wilhelmine und Irène, beide auf ihrem Fachgebiet hochbegabt, ehrgeizig und sehr erfolgreich. Themen sind Frauenleben, die Stellung der Frau im Gefüge der universitären Wissenschaften, Familie, Freundschaft, Liebe, und die mit den jeweiligen bahnbrechenden Forschungsergebnissen verbundenen ethischen Fragen nach persönlicher Verantwortung und über mögliche Grenzen der Wissenschaft.

Erzählform und Sprache

Dieser Roman ist ein drei große Abschnitte geteilt, Emma, Wilhelmine, Irène. Die Geschichte der im jeweiligen Mittelpunkt stehenden Frauenfigur wird chronologisch und personal erzählt. Erinnerungen greifen jedoch immer wieder in vorhergehende Abschnitte zurück und und ergänzen mit weiteren Details, besonderen Ereignissen, neuen Sichtweisen und Gedanken. Diese Erzählform sorgt für Spannung, während die präzisen, aber gut verständlichen Erklärungen der wissenschaftlichen und geschichtlichen Hintergründe, Fakten und Realität, die fiktive Handlung mit interessantem Wissen ergänzen. Die Autorin Verena als Ich-Erzählerin bespricht die einzelnen Schritte des Schreibprozesses an ihrer Geschichte mit ihrer Agentin und diese Gespräche umrahmen die drei Abschnitte, verbinden sie.

Fazit

Ein packender, interessanter Wissenschafts-, Frauen- und Generationenroman, eine spannende, gelungene Mischung, die man mit großem Vergnügen liest.

Tochter einer leuchtenden Stadt – Defne Suman

AutorDefne Suman
Verlag List Hardcover
Erscheinungsdatum 30. März 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten496
SpracheDeutsch
ÜbersetzerGerhard Meier
ISBN-13978-3471360552

„Seit Anbeginn hat der Mensch etwas erschaffen und zugleich Krieg geführt. Was heute dir gehört, gehörte gestern einem anderen, und morgen wird es wieder ein anderer bekommen.“ (Zitat Pos. 3393)

Inhalt

An diesem Tag im September 1905 kommt der Inder Avinash Pillai, ein britischer Spion, zum ersten Mal in die blühende Metropole und lebhafte Hafenstadt Smyrna, das heutige Izmir. Als er an Bord des Passagierschiffes Afrodit gerade den Sonnenuntergang über der Stadt bewundert, ahnt er nicht, was ihn eines Tages mit dem Mädchen verbindet, das an genau diesem Tag geboren wird. Dieses Geheimnis enthüllt sich ihm Jahre später durch Zufall, als er ein altes Foto sieht, während er an diesem Septembertag 1922, wieder an Bord eines Schiffes, einen letzten Blick auf die brennende Stadt wirft. Das Mädchen selbst entkommt den Flammen und wird von einer türkischen Familie gerettet. Gebannt lauscht auch sie den Geschichten der Romni Yasemin, ohne zu ahnen, dass eine dieser Geschichten auch sie betrifft.

Thema und Genre

In diesem Frauen- und Generationenroman geht es um den Untergang der weltoffenen, multiethnischen Stadt Smyrna, türkisch Izmir, als Folge eines Großbrandes am 13. September 1922, am Ende des Griechisch-Türkischen Krieges. Themen sind die gesellschaftliche Stellung der Frauen im Smyrna des frühen 20. Jahrhunderts, Traditionen, Familie und natürlich die Liebe.

Charaktere

Im Mittelpunkt des Romans stehen Frauen aus vier unterschiedlichen Kulturkreisen: levantinisch, griechisch, türkisch und armenisch, denn es sind die Frauen, die im Hintergrund, aber selbstbewusst auch im Vordergrund, die Geschicke ihrer Familien bestimmen.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird abwechselnd in mehreren Erzählsträngen geschildert, die zu unterschiedlichen Zeiten stattfinden. Das vor dem Feuer gerettete Mädchen wird von seiner neuen Familie Scheherezade genannt und sie ist es, die später diese Geschichte aufschreibt, daher wird ein Teil in der Ich-Form geschildert, der Großteil des Romans jedoch in der personalen Erzählform. Die jeweiligen Zeitangaben finden sich manchmal im Text der einzelnen Kapitel und Abschnitte, sind aber sehr ungenau gehalten. Hier hätte ich mir präzisere Angaben gewünscht, auch eine genauere Einbindung der historischen Fakten. Insgesamt ist es eine unruhige Erzählform und für mich waren die „Hints“, also Andeutungen, Hinweise auf zukünftige Ereignisse, zu viel. Die Sprache beeindruckt bei den Schilderungen der Stadt, der Menschen, des Alltagslebens, der Stimmungen und ihrer Gefühle, wird jedoch überbordend bei den Beschreibungen einzelner Szenen während des großen Feuers.

Fazit

Die Idee hinter dem Roman, der Plot in Verbindung mit den bekannten historischen Tatsachen, hatten mich neugierig gemacht. Leider konnte mich die Autorin nicht vollkommen überzeugen, sie bleibt sowohl bei der Handlung, als auch bei den Figuren, der Problematik, den Konflikten an der Oberfläche, die geschichtlichen Hintergründe werden nur gestreift. So wurde daraus ein weiterer Frauenroman mit historischem Hintergrund, ein Genre, das sich in den letzten Jahren großer Beliebtheit erfreut. Wer nicht mehr erwartet, wird auch dieses Buch sehr gerne lesen.

Eine Geschichte, die uns verbindet – Guillaume Musso

AutorGuilleaume Musso
Verlag Pendo Verlag
Erscheinungsdatum 31. Mai 2021
FormatBroschiert
Seiten320
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinEliane Hagedorn
ÜbersetzerinBettina Runge
ISBN-13978-3866124844

„Ich war eine Romanfigur. Hinter seiner Schreibmaschine oder wohl eher hinter dem Bildschirm seines Computers spielte jemand mit meinem Leben.“ (Zitat Seite 91)

Inhalt

Am 12. April 2010 spielt die erfolgreiche Romanautorin Flora Conway, Kafka-Preisträgerin, mit ihrer dreijährigen Tochter Carrie in ihrem eleganten Appartement in Brooklyn Verstecken, es ist das Lieblingsspiel ihrer Tochter. Bei „zwanzig“ öffnet Flora die Augen und beginnt zu suchen. Ihre Tochter ist verschwunden und auch Monate später gibt es keine Spur von ihr. Floras Verlegerin und Freundin Fantine de Vilatte drängt sie, wieder mit dem Schreiben zu beginnen um den Verlust zu verarbeiten, doch Flora kann und will nicht schreiben, sie will nur eines, ihre Tochter wiedersehen. Je tiefer sie in die Erinnerungen an Carrie eintaucht, desto intensiver wird das Gefühl, dass sie selbst die Hauptfigur in einer längst geschriebenen Geschichte ist. Irgendwo hinter einem Computer-Bildschirm sitzt jemand, Schriftsteller wie sie selbst, und es gibt sie, diese „dritte Seite des Spiegels“.

Thema und Genre

Dieser Roman handelt vom Schreiben. Es geht um die Parallelwelten, die Autor*innen beim Entwickeln der Figuren und während des Entstehens eines Romans betreten, immer auf dem schmalen Grat zwischen der fiktiven Welt der Geschichte und der Realität des eigenen Alltags.

Charaktere

Beide Hauptfiguren sind Schriftsteller, Flora Conway in New York und Romain Ozorski in Paris, sie wissen, wie man erfolgreiche Romane schreibt, sie kennen das Leben eines Autors mit seinen Figuren. Flora wird durch den Verlust von Carrie völlig aus der Bahn geworfen, Romain droht die Trennung von seinem Kind, denn seine Exfrau will mit dem gemeinsamen Sohn Théo in die USA ziehen. 

Handlung und Schreibstil

Der Hauptteil der Handlung findet zwischen den Jahren 2010 und 2022 in New York und Paris statt, wird chronologisch erzählt, wobei Flora und Romain einander als Ich-Erzähler abwechseln. Besonders interessant ist dies zu lesen, wenn es sich um dasselbe Ereignis handelt, das aus unterschiedlichen Sichtweisen geschildert wird. Die gesamte Handlung ist ein ungewöhnliches, spannendes Konstrukt mit überraschenden Wendungen, die von nochmals überraschenderen Wendungen abgelöst werden. So ergibt sich ein vielschichtiges Netz aus teilweise verknüpften, teilweise ineinander gestapelten Ereignissen, Szenen und Episoden, die zu seiner gemeinsamen Geschichte werden.

Jedes Kapitel beginnt mit einem Zitat zum Hauptthema dieses Romans.

Fazit

Ein interessanter, vielschichtiger Roman über das Entstehen einer Geschichte und das Leben von Schriftsteller*innen zwischen der realen Welt und ihrem Alter Ego, der fiktiven Welt ihrer Figuren.

Der Himmel ist hier weiter als anderswo – Valerie Pauling

AutorValerie Pauling
Verlag HarperCollins
Erscheinungsdatum 25. Mai 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten384
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3749901043

„Fee dachte auf einmal, dass sie gern an ihrer Stelle wäre, befreit von den Vorgaben eines Orchesters, von Druck und Hierarchie und frei von der Vergangenheit.“ (Zitat Seite 117)

Inhalt

Felicitas „Fee“ ist eine Künstlerin auf ihrer Geige. Dann stirbt ihr Mann Jan, erst neununddreißig Jahre alt, zu Hause an einem Herzinfarkt, während sie ihren Solopart in einem Konzert spielt. Traumatisiert kann sie nicht mehr Geige spielen und auch zwei Jahre später verharrt sie noch in ihrer Trauer. Als sie ihren Job als Musiklehrerin verliert und gleichzeitig ihre Wohnung in Hannover gekündigt wird, trifft sie eine Entscheidung. Sie kauft ein großes, altes Haus, umgeben von einem weiten, verwilderten Grundstück, und zieht mit ihren vier Kindern nach Kirchenfleth in der Nähe von Hamburg, im Alten Land. Früher war das Haus ein Gasthof und so hat ihre vierzehnjährige Tochter Rieke die Idee, wieder Ausfluggäste zu bewirten. Denn es stehen wichtige Reparaturen an und Fee hat ihre finanziellen Rücklagen aufgebraucht. Nach einem gefährlichen Zwischenfall im Garten stürzen sich die Sozialen Medien und die Zeitungen auf die Geschichte, und obwohl alles gut gegangen ist, schildern sie Horrorszenarien und das ist das Ende des „Jardin de menthe“. Soll sie aufgeben und das Haus an den örtlichen Bauunternehmer und Investor verkaufen, der schon seit Jahren an dieser Immobilie interessiert ist?

Thema und Genre

Dieser Roman spielt im Alten Land, es geht um das Leben in einer Dorfgemeinschaft auf dem Land, den Jahreslauf in der Natur, Umwelt, Nachhaltigkeit. Kernthemen sind Familie, Trauer, Traumata, doch die Geschichte handelt auch von Freundschaft, Zusammenhalt, Entscheidungen, Aufbruch, dem Mut, neue Wege zu gehen.

Charaktere

Die Geigerin Felicitas tut alles für ihre Kinder und übersieht, dass sie mit ihrer an Egoismus grenzenden Trauer, die sie und ihr Leben steuert, auch die Kinder blockiert, für die das Leben weitergehen sollte. Sie will alles richtig machen, trifft die Entscheidungen allein, ist aber für ihr Alter erstaunlich vertrauensselig und naiv. Sie will das Beste für ihre Kinder, überfordert sie aber gleichzeitig. Eine zögerliche Figur, die manchmal nicht nur ihre Kinder, sondern auch uns Leserinnen nervt. Liebenswert sind dagegen die Kinder, die dem jeweiligen Alter entsprechend authentisch beschrieben sind und die Handlung beleben.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt im Lauf eines Jahres und ist in die Abschnitte Frühjahr, Sommer, Herbst, … Und wieder Frühjahr gegliedert, diese in einzelne Kapitel. Im Mittelpunkt der Handlung steht Felicitas. Die Ereignisse werden ergänzt durch interessante Schilderungen der dörflichen Gemeinschaft, beeindruckende Beschreibungen der Schönheit der Landschaft und Natur, dieser Weite, die langsam auch die Gedanken lösen und befreien kann. Natürlich spielt auch die Musik eine wichtige Rolle und ein Roman wie dieser kommt nicht ohne Gefühle und Liebe aus.

Fazit

Ein unterhaltsam zu lesender Roman über Verlust, Trauer, ein lebhaftes Familienleben, Aufbruch und Neubeginn. Das Alte Land als Ort der Handlung lädt zum Träumen ein.

Sturmvögel – Manuela Golz

AutorManuela Golz
Verlag DuMont Buchverlag
Erscheinungsdatum 17. Mai 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten336
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3832181376

„Sie hatte nichts Besonderes getan, um alt zu werden. Sie hatte einfach nur gelebt und immer versucht, sich selber treu zu bleiben. (Zitat Position 2045)

Inhalt

Emmy Seidlitz stammt aus sehr einfachen, armen Verhältnissen. Sie wäre gerne länger in die Schule gegangen, aber schon zu Beginn des Ersten Weltkrieges wird sie wieder freigestellt, weil ihre Mithilfe zu Hause gebraucht wird. Mit vierzehn Jahren kommt sie als Dienstmädchen zu einer vermögenden Familie in Berlin-Charlottenburg. Dort lernt sie Hauke kennen, der trotz des großen Standesunterschiedes ihr Ehemann wird. Nun, 1994, sind ihre drei Kinder längst erwachsen, am 20. November wird Emmy siebenundachtzig Jahre alt und lebt ein einfaches, zufriedenes Leben. Hilde und Otto, die beiden älteren Kinder, entdecken inmitten des alten Gerümpels im Keller einen Aktenordner mit Dokumenten, welche Emmy als Besitzerin von Grundstücken in Potsdam ausweisen. Sie müssen dringend mit ihrer Mutter darüber reden, denn offensichtlich hat sie keine Ahnung, was diese Immobilien wert sind. Vielleicht ergibt sich an ihrem Geburtstag eine Gelegenheit?

Thema und Genre

In diesem Frauen- und Familienroman wird ein Frauenleben geschildert, welches vom Beginn des 20. Jahrhunderts, durch zwei Weltkriege und wechselvolle Zeiten, bis zum Ende des Jahrhunderts reicht. Es geht um Verlust, Familiengefüge und die Liebe.

Charaktere

Emmy ist humorvoll, vorlaut und eigenwillig, und hat sich trotz zweier Weltkriege ihre positive Lebenseinstellung bewahrt. Keksbrösel bedeuten für sie, dass es auch Kekse gegeben hat. Leider gleitet diese Hauptfigur teilweise ins Klischeehafte ab, auch alle weiteren Charaktere der Geschichte passen in unterschiedliche, aber zu gewollt typische Raster.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird in mehreren Handlungssträngen erzählt, die einander abwechseln. Der aktuelle Erzählstrang umfasst einige Monate zwischen 1994 und 1995, die zweite Ebene erzählt das Leben Emmys in den Jahren 1911 bis 1945. Nicht immer halten die einzelnen Kapitel den Zeitablauf chronologisch ein und werden ergänzt durch Ereignisse in den Jahren 1974 und 1981. Jedes Kapitel trägt als Überschrift die jeweilige Zeitangabe, sodass es einfach ist, den Überblick zu behalten. Die gesamte Handlung bewegt sich im belletristischen Wohlfühlbereich und bleibt vorhersehbar. Auch die einfache Erzählsprache bringt keine Überraschungen. Auf Grund des Klappentextes hatte ich mehr erwartet.

Fazit

Ein leichter, positiver, manchmal etwas rührseliger Frauenroman, teilweise in die üblichen Klischees abgleitend, unterhaltsam zu lesen.

Reise mit zwei Unbekannten – Zoe Brisby

AutorZoe Brisby
Verlag Eichborn Verlag
Erscheinungsdatum 26. März 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten416
SpracheDeutsch
ÜbersetzungMonika Buchgeister
ISBN-13978-3847900566

„Sie hinterließ ihm die Erinnerungen an diese zwei Tage. Das war nicht viel, aber er konnte sich ihrer bedienen, wie man sich eines Schmuckkästchens bedient.“ (Zitat Seite 360)

Inhalt

Alex ist fünfundzwanzig Jahre alt, unsicher, schüchtern und unglücklich verliebt. Er muss raus aus dem Alltag und beschließt, durch Frankreich nach Brüssel zu fahren. Aus finanziellen Gründen sucht er über eine Mitfahrzentrale eine weitere Person. Als er in seinem alten Renault Twingo Max „Hobbies: Technik, Whisky, Tour de France“ abholt, rechnet er mit einem jungen Mann. Doch es erwartet ihn Maxine, violette Haare, exzentrisch und über neunzig Jahre alt. Sie hat erste Anzeichen für Alzheimer an sich entdeckt und und will in Brüssel ihr Leben selbstbestimmt geordnet beenden. Doch zuvor will sie diese Reise richtig genießen, Spaß haben und plötzlich können beide wieder lachen.

Thema und Genre

Dieser Roman ist ein charmantes Roadmovie. Es geht um Verständnis zwischen den Generationen, Lebenserfahrung, Mut und vor allem um die Freude am Leben mit allen Höhen und Tiefen.

Charaktere

Das denkt Maxine über Alex: „Was diesem jungen Mann fehlte, war Vertrauen. Zunächst einmal Selbstvertrauen, aber darüber hinaus auch Vertrauen zu anderen, Vertrauen in das Leben, Vertrauen in die Zukunft.“ (Zitat Seite 38)

Das denkt Alex über Maxine: „Einerseits sah sie aus wie eine freundliche und harmlose alte Dame, andererseits bekam sie offenbar alles was sie wollte, und brachte ihr Gegenüber mühelos dazu, das Gegenteil von dem zu tun, was er eigentlich vorgehabt hätte.“ (Zitat Seite 39)

Handlung und Schreibstil

Die Handlung umfasst nur wenige Tage. Sie beginnt mit den beiden Einträgen in das Formular der Mitfahrzentrale und schildert chronologisch den Verlauf der Reise von Alex und Maxine. Details aus dem Leben der beiden erfahren wir durch die Episoden, die sie einander erzählen. In den einzelnen Kapiteln steht jeweils Alex oder Maxine im Mittelpunkt der personalen Erzählform, was Abwechslung und Vielfalt in den Text bringt. Es sind witzige und skurrile Situationen, die sie auf dieser Reise erleben, manche abenteuerlich und oft überraschend. Spannung erhält die Geschichte durch die Frage, ob und wie diese gemeinsame Reise die beiden Hauptfiguren verändern wird. Für mich wäre die Handlung damit perfekt gewesen, doch die Autorin bringt ein weiteres Detail als Spannungsmoment in die Handlung, die dadurch etwas ins Unglaubhafte, Konstruierte abgleitet.

Fazit

Liebenswerte Charaktere, Humor und Lebensfreude ergeben einen unterhaltsamen Roadmovie-Roman.

Drei Sommer – Margarita Liberaki

AutorMargarita Liberaki
Verlag Arche Literatur Verlag AG
Erscheinungsdatum 18.März 2021
Format Gebundene Ausgabe
Seiten388
SpracheDeutsch
ÜbersetzungMichaela Prinzinger
ISBN-13978-3716027981

„Abends vorm Einschlafen denke ich über dich und Infanta, über Mutter und Vater und sogar über Tante Tereza nach. Ich frage mich, wie unser Leben später mal aussehen wird, was wir erreichen werden. Wir müssen doch etwas erreichen, Maria, oder?“ (Zitat Seite 80)

Inhalt

Maria, Infanta und Katerina gehören zu einer angesehenen, begüterten Familie und leben mit ihrer geschiedenen Mutter Anna und Tante Tereza auf dem großen Landgut des Großvaters, in Kilissi, der noblen Wohngegend außerhalb Athens. Dieser erste von drei aufeinander folgenden Sommern in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg ist für Katerina etwas Besonderes. Denn in diesem Sommer lassen ihre beiden älteren Schwestern, Maria ist zwanzig Jahre alt, Infanta achtzehn, die sechzehnjährige Katerina erstmals an ihren Gesprächen teilhaben, teilen ihre Geheimnisse mit ihr, während sie versuchen, die Welt um sich herum und sich selbst zu verstehen. Aus den früheren Freunden der Kindheit sind junge Männer geworden und mit diesen Veränderungen kommt auch die erste Liebe. Im zweiten Sommer verliebt sich Katerina, doch gleichzeitig träumt sie von einem Leben als Schriftstellerin, ungebunden und frei.

Thema und Genre

Dieser Roman ist eine Frauen-, Familien- und Coming-of-Age-Geschichte. Es geht um das enge, traditionelle Frauenbild im Griechenland der 1930er Jahre. In Griechenland zählt dieser 1946 erschienene Roman heute zu den modernen Klassikern.

Charaktere

Katerina ist ein eigenwilliges Mädchen, neugierig, aber auch verträumt. Sie überlegt, ob sie wirklich ein Leben als Ehefrau und Mutter führen will, träumt von fernen Ländern und Freiheit. Sie beobachtet und beschreibt die unterschiedlichen Menschen aus mehreren Generationen in ihrem Umfeld, Frauen, Männer, Familie, Freunde, versucht, ihre Geheimnisse zu ergründen, ihr Leben und ihr Verhalten zu verstehen.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung umfasst hauptsächlich die Sommermonate in drei aufeinanderfolgenden Jahren, wird ergänzt durch dazwischenliegende Ereignisse, Kindheitserinnerungen von Katerina und Episoden aus dem Leben der Großeltern- und Elterngeneration. Die gesamte Geschichte wird nachträglich aus der Erinnerung erzählt, mit Katerina als Ich-Erzählerin, jedoch unterbrochen und ergänzt durch weitere Erzählstimmen, zwischen denen die Autorin wechselt. So erfahren wir beim Lesen auch Geschichten, die Katerina nicht wissen kann. Inhalt der Handlung sind die alltäglichen kleinen Erlebnisse und Erfahrungen dieser Zeit, der häusliche, weibliche Tagesablauf in vielen kleinen Momenten, die einzigartige Üppigkeit der griechischen Frühlings- und Sommermonate, eine Zeit voll von Wärme, Düften und Gefühlen. Die Sprache der Übersetzung liest sich angenehm und fließend.

Fazit

Ein Klassiker der modernen griechischen Literatur, es sind die Schilderungen der kleinen alltäglichen Momente im Leben der Frauen in den 1930er Jahren in Griechenland, die den Roman interessant und lesenswert machen.

Die Buchhändlerin – Ines Thorn

AutorInes Thorn
Verlag Rowohlt Taschenbuch
Erscheinungsdatum 23. März 2021
FormatBroschiert,
Seiten336
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3499005152

„Wahre Literatur geht über den Zeitgeist, über die Moden hinaus. Noch hundert Jahre nachdem die Autor das Buch geschrieben hat, ist es aktuell.“ (Zitat Pos. 86)

Inhalt

Christa Schwertfeger wächst umgeben von Büchern auf, in der Buchhandlung der Familie, die ihr Onkel Martin leitet. Dieser wird von den Nationalsozialisten verhaftet, doch er überlebt und sofort nach dem Krieg öffnet er die Buchhandlung wieder. Denn trotz Hunger und Armut ist der Wunsch der Menschen nach Büchern ungebrochen. Christa kann es kaum erwarten, bis auch die Universitäten 1946 wieder geöffnet werden, sie will Literaturwissenschaften studieren. Doch familiäre Probleme zwingen Christa, das Studium abzubrechen und die Leitung der Buchhandlung zu übernehmen. Sie gründet einen Literaturzirkel und wird zu einer engagierten Buchhändlerin, ohne jedoch ihre Träume aus den Augen zu verlieren. Doch die Umstände fordern ein weiteres Opfer von ihr.

Thema und Genre

Dieser Frauenroman spielt in Frankfurt, beginnt 1941 und schildert vor allem die schwierige Zeit nach dem Krieg, die langsam beginnende Hoffnung und Aufbruchsstimmung, die erste Frankfurter Buchmesse 1949. Themen sind Bücher, Literatur, vor allem jedoch Familie, Verantwortung, Freundschaft und Liebe in vielen Facetten.

Charaktere

Christa Schwertfeger will studieren und Literaturwissenschaftlerin werden. Sie ist ehrgeizig und engagiert und weigert sich, ein Leben als Ehefrau, Hausfrau und Mutter zu führen, wie es ihre Mutter von ihr erwartet. Doch als die familiäre Situation persönliche Opfer von ihr fordert, gibt sie nach und bricht das Studium ab.

Handlung und Schreibstil

Dieser Roman spielt in den Jahren unmittelbar nach dem Ende des Zweites Weltkriegs. Die Geschichte der Buchhandlung Schwertfeger wird auch zur Geschichte der jungen Christa, die von einem selbstbestimmten Leben im Literaturbereich träumt, mit einem Studium und anschließender Berufstätigkeit. Der Erzählstrang schildert die Ereignisse chronologisch und beschreibt auch anschaulich das Leben in diesen schwierigen Jahren, die erfolgreiche Wiedereröffnung einer Buchhandlung, deren Regale sich langsam wieder mit Büchern füllen. Obwohl in der Handlung die verbotenen Bücher und Autor*innen, klassische Literatur, dann die jungen amerikanischen und deutschen Romane vorkommen, ebenso wie Lyrik, ist es vor allem eine Frauen- und Familiengeschichte. Die angenehm und leicht zu lesende Sprache entspricht dem Genre.

Fazit

Ein unterhaltsamer Frauenroman, der während der Nachkriegsjahre in einer Buchhandlung in Frankfurt spielt.

Freiflug – Christine Drews

AutorChristine Drews
Verlag DuMont Buchverlag
Erscheinungsdatum 12. März 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten352
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3832181307

„Sehr geehrte Frau Maiburg, vielen Dank für Ihr Schreiben vom 2. Mai 1974 und ihr Interesse an unserem Unternehmen. Da weibliche Flugzeugführerinnen in unserer Gesellschaft aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zum Einsatz kommen, müssen wir Ihre Bewerbung leider ablehnen.“ (Zitat Pos. 840)

Inhalt

Katharina Berner ist Anwältin aus Überzeugung, sie will Menschen helfen. In der bekannten Kanzlei in Köln, für die sie tätig ist, liegt der Schwerpunkt auf den finanziellen Erfolgen und als Frau wird sie von den männlichen Kollegen nur bedingt ernst genommen. Sie will ihre eigene Kanzlei eröffnen, andererseits will sie keinesfalls ihre vermögenden Eltern um finanzielle Hilfe bitten, denn ihre Familie hat kein Verständnis dafür, dass sie Anwältin werden wollte, statt zu heiraten und für Mann und Kinder zu sorgen. Rita Maiburg, ist mit erst zweiundzwanzig Jahren eine ausgebildete Pilotin mit hervorragenden Abschlüssen. Als das kleine Unternehmen, für das sie tätig ist, in Konkurs geht, bewirbt sie sich bei der Lufthansa als Linienpilotin. Als die Lufthansa ihre Bewerbung ablehnt, weil sie grundsätzlich keine Frauen als Piloten anstellt, wird ihr von Freunden Katharina Berner empfohlen. Als die Anwältin kurz darauf ihr eigenes Büro eröffnen kann, nimmt sie den Fall an und die beiden Frauen beschließen, gegen die Lufthansa und damit auch gegen ihre Haupteignerin, die Bundesrepublik Deutschland, auf Umsetzung des Artikel 3, Grundgesetz zu klagen. Wenn sie gewinnen, wäre dies ein neuer, sehr wichtiger Präzedenzfall.

Thema und Genre

Dieser Roman mit biografischem Hintergrund spielt in den Siebzigerjahren und Themen sind die Ungleichbehandlung der Frauen, der Wunsch nach Eigenständigkeit als Gegensatz zu den konservativen Werten, Familie und Beziehungen.

Charaktere

Rita Maiburg wurde 1976 als erste Frau zur Linienflugkapitänin befördert und dieser Roman orientiert sich an ihrer Biografie. Obwohl Rita Maiburg damals von einer Anwältin vertreten wurde, ist die Figur der Katharina Berner fiktiv. Die vermögende Unternehmerfamilie, aus der sie stammt, steht für ein damals noch geltendes traditionelles Rollenbild der Frau, während Ritas Freunde für die Freiheit der Hippiezeit stehen.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung spielt in den Jahren 1974 bis 1976. Dieser Zeitraum umfasst die Dauer des Verfahrens gegen die Lufthansa und wird durch einen Epilog und Prolog 1977 umschlossen. Die einzelnen Kapitel zeigen als Überschrift das genaue Datum und die personale Erzählform stellt jeweils Katharina oder Rita in den Mittelpunkt. Der Schwerpunkt der Geschichte liegt weniger auf diesem interessanten Klageverfahren, sondern in den persönlichen Beziehungen und Konflikten im Freundes- und Familienkreis.

Fazit

Ein Roman, der die Schwierigkeiten jener Frauen aufzeigt, die ihren Weg und Ziele in einer damals noch Männern vorbehaltenen Berufswelt sehen. Ich hatte damit gerechnet, dass der Schwerpunkt auf dieser gesellschaftspolitisch so wichtigen Klage liegt, mir mehr Informationen und Details erhofft. In dieser Geschichte stehen jedoch Familie, Freundschaft, Liebe im Mittelpunkt, es ist ein unterhaltsam zu lesender Frauenroman.

Das kleine Friesencafé“ (Die kleine Friesencafé-Reihe 1) – Janne Mommsen

AutorJanne Mommsen
Verlag Rowohlt Taschenbuch
Erscheinungsdatum 16. Februar 2021
FormatBroschiert
Seiten272
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3499003950

„In Wirklichkeit war der Gedanke, Backen und Malen an einem Ort zu verbinden, natürlich illusorisch, aber spinnen durfte sie ja.“ (Zitat Seite 69)

Inhalt

Julia Koslowski führt gemeinsam mit ihrer Oma Anita ein Blumengeschäft in Gelsenkirchen, doch jetzt braucht sie eine Auszeit. Julias jung verstorbene Mutter hatte mit der damals einjährigen Julia eine Mutter-Kind-Kur auf der Insel Föhr gemacht und daran erinnert sich ihre Oma, als sie ein altes Heft von Julias Mutter findet, das Tagebuch mit Zeichnungen aus diesem Urlaub. Julia reist auf die Insel Föhr, um die dargestellten Örtlichkeiten zu erkunden und zu malen. Zufällig entdeckt sie eine alte, restaurierte Scheune, das perfekte Atelier für sie, doch der Besitzer, der gerade pensionierte Kapitän Hark Paulsen will unbedingt seine Ruhe haben. In einem unbedachten Moment stimmt er jedoch zu und vermietet die Scheune an sie. Jetzt kommt auch noch Oma Anita nach mit alten, nie benützten Möbeln, in ihrer Jugend hatte sie davon geträumt, in Paris ein Café zu eröffnen. Rasch füllt sich die Scheune mit Bildern, Torten, Kuchen und vielen Gästen. Kann das gut gehen, denn für Kapitän Paulsen sollte diese Scheune ein Ort der Stille sein …

Thema und Genre

In diesem Wohlfühlroman geht es um die schöne Nordseeinsel Föhr, ihre Eigenheiten, um Familie, Mut zum Neubeginn in jedem Lebensalter und natürlich um die Liebe.

Charaktere

Als Julia auf die Insel kommt, hat sie das Gefühl, es sei vielleicht Zeit, mit ihren dreißig Jahren noch einmal etwas Neues zu beginnen. Andererseits war für sie immer klar, dass sie von ihrer Malerei nicht würde leben können und sie will auch ihre Oma, bei der sie aufgewachsen ist, nicht mit dem Blumengeschäft im Stich lassen. Rasch fühlt sie den Zauber der Insel, der schon ihre Mutter begeistert hatte. Alle Charaktere sind gerade wegen ihrer Eigenheiten sympathisch, der Autor beobachtet die Menschen sehr genau und dies macht seine Figuren natürlich.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt im Sommer auf der Nordseeinsel Föhr. Julia sucht anhand der Skizzen im Tagebuch ihrer Mutter die Orte, an denen diese Zeichnungen entstanden sind. Julia ist kaum ohne ihre Staffelei anzutreffen und gleichzeitig mit ihrer Entwicklung als Malerin werden wir durch die Schilderungen der Natur und der besonderen Plätze auf der Insel mitten in einen Sommer auf Föhr hineinversetzt. Es gibt auch Rückschläge, doch Julia beginnt sich zu fragen, ob es mehr werden könnte, als eine schöne Urlaubszeit.

Fazit

Ein unterhaltsamer Wohlfühlroman, der beim Lesen direkt auf die kleine Nordseeinsel und zu seinen Bewohnern führt und uns mit entspannten Lesestunden zum Träumen bringt.

Weihnachten in der kleinen Bücherei – Amanda Kissel

AutorAmanda Kissel
Verlag BoD-Books on Demand
Erscheinungsdatum 4. November 2020
FormatTaschenbuch
Seiten454
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3752630114

„Dieses Mal habe ich dir einen Weihnachtsroman mitgebracht. Er ist ein bisschen kitschig, aber das braucht man in dieser Jahreszeit, oder?“ (Zitat Pos. 3346)

Inhalt

Obwohl Corinna Mohr schon lange merkt, dass sich ihre Ehe nach fünfzehn Jahren irgendwo im Alltag verloren hat, ist es ein Schock für sie, als ihr Mann Heiko sie Anfang November verlässt, um mit der jüngeren Simona ein neues gemeinsames Leben zu beginnen. Auch für die gemeinsame Tochter Annika, dreizehn Jahre alt, hat er keine Zeit mehr, also beschließt diese, dass eine besonders intensive, fröhlich-festliche Vorweihnachtszeit die beste Lösung gegen traurige Gedanken ist. Ab sofort wird eingekauft, geschmückt und Kekse gebacken. Von Tante Martha bekommt sie deren altes Rezeptbuch und findet darin neben dem Rezept für Zimtsterne eine Fotografie. Damit hat dieses Weihnachtsfest ein neues Motto „Mission: Save Aunty Martha’s Christmas”.

Thema und Genre

Dieser romantische Frauen- und Wohlfühlroman handelt, wie der Titel schon sagt, von Weihnachten und der kleinen Stadtbücherei in Waldbronn. Vor allem jedoch geht es um Familie, Zuwendung, Schicksal und die Liebe.

Charaktere

Es sind sympathische Figuren, die wir in diesem Roman treffen. Corinna und ihre Schwester Tabea mit ihrem Lebensgefährten Raphael, die alle im alten Haus der Familie wohnen, und die lesebegeisterte alte Großtante Martha im Altenheim. Lorenz Thaler, der charmante Apotheker aus dem Nachbarort Tannenbach, unterstützt Corinna und Annika bei der Suche nach Tante Marthas Jugendliebe.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt in den Monaten November und Dezember. Die Tage sind gefüllt mit Weihnachtsvorbereitungen, es wird reichlich geschmückt, gerne und gut gegessen, vor allem Zimtkekse, in der Bücherei bietet Corinna Vorlesestunden für die Kleinsten an. Leider spielen Bücher und die Bücherei, anders als von mir auf Grund des Titels erwartet, nur eine kleine Nebenrolle in der Handlung. Die Sprache mit den Schilderungen der festlich geschmückten Häuser, Weihnachtsmarkt, Schneefall, ist leicht und locker zu lesen. Auch wenn es von allem etwas zu viel ist, zu viel bunte Weihnachtsdekoration, zu viel bunte Zuckerglasur auf zu vielen Zimtkeksen, so passt es in diesem Fall, denn, wie Corinna sagt, „ein bisschen kitschig braucht man in dieser Jahreszeit“.

Fazit

Ein romantischer Weihnachtsroman für entspannte, vergnügte Lesestunden.

White Christmas – Das Lied der weißen Weihnacht – Michelle Marly

AutorMichelle Marly
Verlag Rütten & Loening
Erscheinungsdatum 22. September 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten272
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3352009396

„Wer hätte damals gedacht, dass aus dem singenden Zeitungsverkäufer der beste und erfolgreichste Songwriter Amerikas werden würde?“ (Zitat Pos. 127)

Inhalt

Der erfolgreiche amerikanische Komponist Irving Berlin, Sohn russischer Einwanderer, ist sechsunddreißig Jahre alt, als er die junge Millionenerbin Ellin Mackay kennenlernt. Doch für ihre traditionsgebundene, irisch-katholische Familie ist dieser fünfzehn Jahre ältere, jüdische Broadway-Komponist absolut keine passende Wahl und ihr Vater verbietet ihr, diesen Mann weiterhin zu treffen. Daran erinnert sich Irving Berlin, als er auf Grund eines Filmprojektes die Weihnachtstage 1937 nicht zu Hause verbringen kann. Für sein neues, modernes Stück fehlt ihm noch ein Weihnachtslied. Im warmen  Kalifornien, unter Palmen am Pool des Beverly Hills Hotels in Hollywood, statt im kalten, leicht verschneiten New York, fehlt ihm vor allem die richtige Stimmung. So beginnt eines der berühmtesten, erfolgreichsten Weihnachtslieder mit einigen satirisch gemeinten Textzeilen.

Thema und Genre

In dieser romantischen Geschichte mit biografischem Hintergrund geht es um die erfolgreichen Kompositionen von Irving Berlin, vor allem jedoch um die Liebe zwischen ihm und der jungen Ellin Mackay. Kernthemen sind Herkunft, Gesellschaftsschichten und Religion. Der berühmte Song selbst und Weihnachten sind nur Randthemen.

Charaktere

Ellin Mackay schwankt zwischen der Liebe zu ihrem Vater, der beharrlich seine Einwilligung zu einer Ehe mit dem in seinen Augen absolut unpassenden Broadway-Komponisten verweigert, und ihrer Liebe zu Irving Berlin. In diversen Biografien und Zeitungsartikeln wird sie als selbstbewusste, moderne junge Frau beschrieben, im vorliegenden Roman wirkt sie zögerlich und unsicher.

Handlung und Schreibstil

Die Rahmenhandlung spielt Weihnachten 1937 in Hollywood, doch den Hauptteil nehmen die Erinnerungen Irvings und vor allem die Rückblenden aus der Sicht von Ellin ein, die mit einer Dinner-Einladung im Jahr 1924 beginnen, auf welcher sie den charmanten Songwriter kennenlernt. Die Musik des erfolgreichen Musical- und Filmkomponisten zieht sich zwar durch die Ereignisse, bleibt jedoch im Hintergrund, was ich mir auf Grund des Titels des Romans anders vorgestellt hatte. Die Fakten sind gut recherchiert, gehen aber nicht über die bekannten Informationen hinaus. Generell wird hauptsächlich Ellins Gefühlslage geschildert, während ich ausführlichere Beschreibungen der  prächtig bunten, schillernden, packenden Künstlerszene im New York dieser Zeit erwartet hatte. Die Sprache liest sich leicht und rasch, teilweise erinnern die Szenen an den Stil der klassischen Rührstücke des 19. Jahrhunderts.

Fazit

Ein unterhaltsamer Roman mit biografischem Hintergrund, in dem die Liebe im Mittelpunkt steht und nicht, wie auf Grund des Titels zu vermuten, die Musik und Weihnachten. Meine persönlichen Erwartungen konnte dieses Buch nicht erfüllen, aber Fans von romantischen Liebesgeschichten werden von diesem gefühlvollen Frauenroman begeistert sein.

Wintermeer und Dünenzauber – Tanja Janz

AutorTanja Janz
Verlag HarperCollins
Erscheinungsdatum 22. September 2020
FormatTaschenbuch
Seiten320
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3959675512

„Vorsichtig schwenkte sie das Glasgefäß hin und her und roch nach einer Weile an der Mischung. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. So rochen Agatha-Christie-Bücher für sie.“ (Zitat Pos. 2060)

Inhalt

Nach drei Jahren Gran Canaria kehrt Jana im November die Nordsee zurück. In ihrem Heimatort St. Peter-Ording eröffnet sie gemeinsam mit ihrer Freundin Pütti einen Wohlfühlladen. Pütti ist für das Backen von speziellen Kuchen, Keksen und für die köstlichen wärmenden Getränke zuständig. Jana mischt wie schon in Spanien ganz besondere Düfte, wohltuende Kräuteröle und erzeugt auch die entsprechenden Seifen und Duftkerzen. Auf der anderen Straßenseite liegt der Bücherladen „Bookbantje Truels“ von Ayk Truels, in den sie in der Schulzeit heimlich verliebt war. Bücher und Düfte – passt das zusammen?

Thema und Genre

In diesem Wohlfühlroman geht es um Freundschaft, Familie, Kräuterwissen, die raue Schönheit der Nordsee im Winter und natürlich um die Liebe.

Charaktere

Jana und Pütti sind schon seit der Kindheit beste Freundinnen und so unterschiedlich sie sind, eines haben sie gemeinsam: sie wissen, was sie wollen, sind zielstrebig, kreativ und können zupacken. Probleme sind dazu da, um gelöst zu werden.

Handlung und Schreibstil

Die gemütliche Geschichte spielt im Winter an der Nordsee. Die Ereignisse, in deren Mittelpunkt die beiden Hauptfiguren und ihr neuer Laden stehen, werden durch Janas Erinnerungen an ihre Oma ergänzt. Beim Lesen träumen wir uns in das romantische St. Peter-Ording zur Weihnachtszeit. Die lebhaften Schilderungen der Handlungsorte und Landschaften und die treffend beschriebenen Personen zaubern uns rasch die entsprechenden Bilder in die Gedanken. Die Sprache ist flüssig und angenehm zu lesen und entspricht dem Genre.

Fazit

Ein lockerer, gemütlicher Wohlfühlroman, der uns bei Tee und Kerzenschein zum Lächeln bringt. Perfekt für kuschelige Lesestunden in der Vorweihnachtszeit.  

Und das Meer vor uns – Franziska Fischer

AutorFranziska Fischer
Verlag DuMont Buchverlag
Erscheinungsdatum 18. August 2020
FormatTaschenbuch
Seiten368
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3832165413

„Uns wird ständig eingebläut, dass Fehler etwas Negatives sind, aber das Leben ist dazu da, Fehler zu machen. Sonst leben wir es nicht richtig, sondern nur knapp am Leben vorbei.“ (Zitat Seite 229)

Inhalt

Caja Rodinger, ihre beste Freundin Jolie Mossmann und Ludwig Gruber, ein lebhafter, älterer Witwer, fahren spontan ans Meer. Sie landen in der großen Künstlervilla des bekannten Regisseurs Riccardo Renzi in Caorle, wie sich herausstellt, ein alter Freund von Ludwig. Caja ist Künstlerin, nimmt aber seit Jahren nur mehr Auftragsarbeiten als Kinderbuchillustratorin an. Für ihren Ehemann Ben ist sie von Berlin nach Graz gezogen, doch die Ehe ist im Alltag zu einem wortlosen Nebeneinander geworden und Caja flüchtet sich in die persönliche Welt einer Fremden, deren Smartphone sie gefunden hat und deren tagebuchartige Einträge sie liest. In Italien beginnt Caja, den Grund für den Stillstand in ihrem Leben zu suchen und darüber nachzudenken, wie es weitergehen könnte.

Thema und Genre

Das Cover lässt einen unbeschwerten Sommerroman für den Liegestuhl erwarten, doch schon die Leseprobe zeigt, dass es hier um ein Netz von ernsten Konflikten geht, um Stagnation und Selbstzweifel, um die Suche nach dem Platz im eigenen Leben. Themen sind Liebe, Verlust und Freundschaft. Auch Farben, die Malerei und das Meer spielen eine Rolle.

Charaktere

Jolie ist unabhängig, kommt gerade von einem Auslandsjob in Chile nach Berlin zurück. Juran ist Musiker und Maler, nimmt notfalls auch jeden Gelegenheitsjob an, reist von Künstlerkolonie zu Künstlerkolonie. Caja dagegen hängt in einem Leben fest, das völlig anders verläuft, als sie es sich gewünscht hatte. Ihre Kreativität ist blockiert, unter Auftrags- und Termindruck fehlen ihr die Ideen.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte, in deren Mittelpunkt die Reise nach Italien und daran anschließend ein Aufenthalt in Berlin stehen, wird von einer Parallelgeschichte begleitet, Nathalie und ihr Tagebuch, das sie selbst  in ihrem Smartphone führt. Die Handlung ist stimmig, die Autorin lässt der Hauptfigur Caja, die ihre Geschichte ebenfalls als Ich-Erzählerin schildert, viel Freiraum. Besonders die Szenen, in denen Caja sich langsam wieder auf ihre Malerei besinnt, sind sehr einfühlsam geschildert. Andererseits jedoch lässt die Autorin Caja zu lange in einer dauernden Schleife der Entscheidungslosigkeit, Unschlüssigkeit und Selbstzweifel verharren, lässt sie mit einer gewissen Verbissenheit dem Leben Nathalies folgen, statt sich endlich mit dem eigenen auseinanderzusetzen, was leider zu einigen Längen in der Handlung führt. Die einfühlsame, lebhafte und dann wieder poetische Sprache überzeugt jedoch.

Fazit

Ein Frauenroman mit einer unentschlossenen Hauptprotagonistin, welcher der Mut für die Umsetzung der eigenen Wünsche und Träume fehlt.

Eisblumenwinter – Anne Barns

AutorAnne Barns
Verlag HarperCollins
Erscheinungsdatum 25. August 2020
FormatTaschenbuch
Seiten352
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3959675369

„Hedwig, Erika und ich -, wir sind drei Personen mit verschiedenen Wahrnehmungen und Wirklichkeiten, aber keine von uns kennt die Wahrheit.“ (Zitat Seite 258)

Inhalt

Es ist der erste Adventsonntag, der Tag, an dem der jährliche Kuchenwettbewerb bei Oma Anni im Haus auf Rügen stattfindet. Alle sind gekommen, ihre Freundin Thea, ihre Schwester Erika und ihre drei Enkelinnen Katharina, Pia und Jana. Erika hat Anni ein Geschenk mitgebracht, mit dem sie nicht bis Weihnachten warten wollte. Es sind Annis rote Stiefel, sie vor vielen Jahren plötzlich verschwunden waren. Ihre Tange Hedwig hatte sie ihr damals geschenkt. Alle dachten, die alte Tante sei längst gestorben, doch Hedwig, die demnächst fünfundneunzig Jahre alt wird, lebt gesund und rüstig am Schönberger Strand. Für Oma Anni scheint es an der Zeit, offene Fragen und Lücken in der Familiengeschichte zu klären. Pia begleitet ihre Oma auf dieser Reise zu Tante Hedwig und will die Zeit nützen, sich über ihre Beziehung zu Paul, eine Fernbeziehung zwischen Rügen und Juist, klarzuwerden.

Thema und Genre

In diesem Frauen- und Familienroman geht es um Geheimnisse in der Vergangenheit, um Familie, Beziehungen und natürlich um die Liebe. Es ist der zweite Band einer Serie ,ist jedoch in sich abgeschlossen und kann auch unabhängig vom ersten Band gelesen werden.

Charaktere

Pia, Katharina und Jana sind selbstbewusste junge Frauen. Jede der drei Schwestern steht vor der Entscheidung, sich auf die Liebe und eine echte Beziehung einzulassen.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt an der Ostsee, auf Rügen und am Schönberger Strand. Die aktuelle Handlung wird durch Erinnerungen und Erzählungen, wichtige Ereignisse in der Vergangenheit betreffend, ergänzt. Dies führt zu Überraschungen, doch langsam ergeben sich Antworten auf viele seit Jahrzehnten offene Fragen und der Stammbaum, den Erika erstellt hat, füllt und erweitert sich.

Die Sprache ist angenehm, flüssig zu lesen und humorvoll. Sehr einprägsam sind die lebhaften Schilderungen der Ostsee im Winter. Ein Rezeptteil im Anhang lädt zum Ausprobieren ein.

Fazit

In dieser Geschichte erhält Pia einen weichen, warmen Schal als Geschenk, dessen Design „Cozy Hugs“ heißt. Das ist auch die perfekte Beschreibung für diesen unterhaltsamen Wohlfühlroman: Cozy Hugs.

Die Tochter des Zauberers: Erika Mann und ihre Flucht ins Leben – Heidi Rehn

AutorHeidi Rehn
Verlag Aufbau Taschenbuch
Erscheinungsdatum 18. August 2020
FormatTaschenbuch
Seiten448
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3746635811

„Wenn Amerika jetzt nicht aufwacht, um sich gegen Hitler zu stellen, werden wir uns eines Tages verwundert die Augen reiben, weil wir unsere Chance verpasst haben. Danke, Erika, dass Sie uns die Augen geöffnet haben.“ (Zitat Pos. 824)

Inhalt

Schon 1933 verlässt die Familie Mann Deutschland, um in der Schweiz zu leben. Doch Erika Mann ist das nicht weit genug weg von Nazideutschlad und sie wandert zusammen mit ihrem jüngeren Bruder Klaus nach Amerika aus. Sie logieren im Hotel Bedford, wo sie auf bekannte deutsche Exilkünstler und Journalisten treffen und Erika knüpft rasch wichtige Verbindungen. Sie braucht jede Unterstützung, denn in wenigen Wochen trifft auch das Ensemble ihres Kabaretts „Die Pfeffermühle“ in New York ein, welches sie als „Peppermill“ weiterführen will. Ihr größtes Anliegen ist es, den Amerikanern die Augen über die Vorgänge in Deutschland zu öffnen und sie von den drohenden, realen Gefahren durch das NS-Regime zu überzeugen.

Thema und Genre

Dieser Frauenroman mit biografischem Hintergrund ist der Band 14 der Serie „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“. Im Mittelpunkt steht die Künstlerin Erika Mann, eine starke, eigenständige, engagierte Frau, die dennoch, ebenso wie ihr Bruder Klaus, ihr Leben lang im Schatten ihres berühmten Vaters Thomas stand. Themen sind die ersten Jahre der Naziherrschaft in Deutschland, Exilkunst, die großartige Kulturszene im New York der Vierzigerjahre und natürlich auch die Liebe in allen Facetten.

Charaktere

Der Wunsch nach einer künstlerischen Eigenständigkeit dominiert das Leben der Schauspielerin und Schriftstellerin Erika Mann, verbunden mit einen starken Drang nach persönlicher Freiheit und Ungebundenheit. Rastlos und engagiert eilt sie von Termin zu Termin und durch ihr Leben.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt in den prägenden ersten Monaten in New York, zwischen September 1936 und Dezember 1937, wo Erika Mann, erst etwas über dreißig Jahre alt, wichtige Entscheidungen für ihr späteres Leben trifft. Persönlich steht sie zwischen zwei Männern und einer Frau und die Schilderung ihrer Zweifel und Überlegungen geraten etwas langatmig und bringen ihr Handeln zweitweise in die Nähe von Berechnung, was nicht zu dieser eigenwilligen, selbstbestimmten Frau passt, der die eigene Unabhängigkeit viel zu wichtig ist.

Die Sprache ist angenehm und entspannt zu lesen. In den Schilderungen und Beschreibungen hätte ich gerne noch mehr über das Leben in der pulsierenden Weltstadt New York gelesen, über die lebhafte, bunte Künstlerszene dieser Zeit und weniger über Cocktails und Erikas unentschlossene Selbstzweifel, ihre Gefühle betreffend.

Fazit

Ein interessanter Frauenroman mit biografischem Hintergrund, in dessen Mittelpunkt eine oft nur als Tochter des Nobelpreisträgers Thomas Mann wahrgenommene, vielseitige und ausdrucksstarke  Künstlerin steht. Die Handlung, die nur etwas mehr als ein Jahr erfasst, regt an, sich als Vertiefung durch einige der in der Literaturauswahl am Buchende genannten Titel zu lesen.

Klammerblues um zwölf – Carla Berling

AutorCarla Berling
Verlag Heyne Verlag
Erscheinungsdatum 13. Juli 2020
FormatTaschenbuch
Seiten272
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3453424128

„Im ersten Moment wollte ich ihr einen Vogel zeigen. Im zweiten Moment wäre ich ihr am liebsten um den Hals gefallen. Im dritten Moment überlegte ich, ob sie verrückt geworden war.“ (Zitat Seite 88)

Inhalt

Als ihr Ehemann an Krebs stirbt, verkriecht sich Felicitas Branding, genannt Fee, siebenundfünfzig Jahre alt, essend auf dem Sofa. Fernsehserien in Endlosschleife lassen sie das reale Leben vergessen. Etwas ändern – da hat sie sofort ein „Ja, aber“ parat. Da platzt in der Silvesternacht Claudia in ihr Leben und lässt sich von den vielen „Ja, aber“ nicht beeindrucken. Was gut ist, denn durch sie und die lebensfrohe Mary bekommt Fee’s Leben eine neue Wendung und ohne diese Veränderungen wäre sie auch nicht dem Mops „Taxi“ und Winnetou begegnet.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Lebenskrisen, das Älterwerden, den Mut zum Neubeginn, Veränderungen, vor allem aber um selbstbewusste Frauen, Freundschaft und die Liebe.

Charaktere

Fee lebt in Erinnerungen, die ihr Sicherheit geben, sie lässt sich gehen, weil sie keine Optionen sieht. Erst durch Claudine erkennt sie, dass die Vergangenheit auch Ballast sein kann. Der bedingungslose, ehrliche Rückhalt, den sie durch Claudine, Mary und alte Freunde erfährt, führt dazu, dass sich ihr Leben ändert. Unverändert, kreativ und zeitlos ist nur ihre Liebe zur Musik, für jede Situation und Stimmung findet sie sofort die passenden Songs.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt in einem Zeitrahmen von einem Jahr, von Silvester bis zum nächsten Silvester. Fee ist die Ich-Erzählerin und schildert die Ereignisse weitere sechs Monate später. Ergänzt wird die Handlung durch Rückblicke, ihre Erinnerungen. Die Sprache erzählt flüssig, einfühlsam, klug und mit sehr viel Humor und Ideen über das tägliche Chaos, das sich Leben nennt.

Fazit

Ein unterhaltsamer Roman, der mit ernsten Themen zum Nachdenken anregt, aber mit seinen sympathischen, schrägen Figuren positiv stimmt und immer wieder für heiteres Lachen sorgt. Eine gelungene Mischung und die perfekte Sommerlektüre für entspannte Lesestunden.

Labskaus für Anfänger – Tina Wolf

AutorTina Wolf
Verlag Heyne Verlag
Erscheinungsdatum 13. April 2020
FormatTaschenbuch
Seiten288
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3453423893

„Diesen Mist, diesen ganzen großen Riesenmist habe ich hundertprozentig NICHT beim Universum bestellt!“

Inhalt

Tilda Wagner, eine erfolgreiche Fernsehmoderatorin, hat gerade ihren vierzigsten Geburtstag gefeiert und seither ist nichts mehr, wie es war. Der Vermieter kündigt mit Hinweis auf Eigenbedarf die Wohnung, ihr Freund verlässt sie nach drei Jahren und zufällig sieht sie, wie eine junge Nachfolgerin für ihre langjährige Sendung gecastet wird. Könnte dies nicht der richtige Zeitpunkt sein, über das versteckte, kleine Haus auf Amrum nachzudenken, das Tilda völlig unerwartet von ihrem Onkel geerbt hat und vor allem über die Bedingung, die an das Erbe geknüpft ist: sie müsste ein Jahr tatsächlich auf der kleinen Insel leben. Als der nach einer Krähe geworfene Eimer einen Architekten auf seinem Fahrrad trifft, kann sie sich mit dem Gedanken an eine Auszeit auf der Insel immer mehr anfreunden …

Thema und Genre

In diesem unterhaltsamen Sommerroman geht es um Entscheidungen, um neue Wege, wenn das alte Leben wegbricht, aber auch um Freundschaft, den Zusammenhalt auf einer kleinen Insel und um natürlich um Amrum.

Charaktere

Tilda hatte mit ihrem vierzigsten Geburtstag eigentlich keine Probleme, bis ihr berufliches Umfeld, genau gesagt ihr Chef, diesen Tag zu einem Problem macht, plötzlich ist sie für ihre Sendung zu alt. Gleichzeitig kommt noch mehr auf sie zu und sie läuft schon einige Male den Strand entlang und brüllt ihren Frust und Zorn in den Wind. Doch sie hat Humor, ihr fehlt dieses nervende Gejammer gänzlich, das man so oft bei den Hauptprotagonistinnen ähnlicher Romane antrifft. Dies und die Art, wie sie die Schönheit dieser Insel begreift und sich um die alte Trude kümmert, macht sie ungemein sympathisch.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung findet innerhalb einer kurzen Zeitspanne im Sommer statt. Rückblenden in Form von Tildas Erinnerungen ergänzen die aktuellen Ereignisse. Die Schilderungen eines Inselsommers auf dieser naturnahen nordfriesischen Insel malen sofort entspannte Bilder in die Gedanken. Witzige Szenen zeigen nicht nur den Humor der Autorin, sondern auch ihre Kreativität.

Fazit

Eine sehr gute Geschichte, eine sympathische Hauptfigur, liebenswerte Originale und eine wunderschöne Umgebung, Strand und Meer – zusammen ergibt das einen  unterhaltsamen, entspannten Urlaubsroman mit Inselfeeling.

Unsere glücklichen Tage – Julia Holbe

AutorJulia Holbe
Verlag Penguin Verlag
Erscheinungsdatum 16. März 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten320
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3328601104

„Es war so unsagbar heiß gewesen an diesem letzten Tag, an dem wir uns alle das letzte Mal gesehen hatten. In diesem einen Sommer. Diesem nicht enden wollenden Sommer am Atlantik.“ (Zitat Seite 12)

Inhalt

Jedes Jahr verbringen sie im Sommer zwei Monate an der französischen Atlantikküste im Landhaus von Elsa’s Eltern: die Freundinnen Elsa, Marie und Fanny. Die vierte im Bunde ist Lenica, die in diesem Ort lebt, ein phantasievoller Wirbelwind. Sie sind jung, unbeschwert und voller Pläne. Doch dann kommt der Sommer, in dem Lenica ihren Jugendfreund Sean mitbringt und nach dem Ende dieser Sommerferien sehen sie einander nicht wieder. Viele Jahre später trifft Elsa zufällig Marie und dann auch Fanny, und sofort ist die alte Vertrautheit wieder da. Sie beschließen, noch einmal in das alte Haus am Atlantik zu fahren. Nur Lenica fehlt, die vor Jahren verstorben ist. Dafür trifft überraschend Sean ein …

Thema und Genre

In diesem Frauenroman geht es um eine besondere Frauenfreundschaft, unbeschwerte Sommertage und Zukunftspläne, schicksalhafte Wendungen, Entscheidungen und verdrängte Erinnerungen.

Charaktere

Es sind unterschiedliche Frauen, doch auch die Jahre, in denen sie keinen Konakt hatten und ihr eigenes Leben mit Familie und Karriere gelebt haben, können nichts an ihrer Verbundenheit ändern. Sie akzeptieren, was sie waren und was aus ihnen geworden ist. Marie ist offen und geerdet, Fanny ist ruhig und doch präsent. Elsa ist sehr intensiv in ihren Gefühlen und verliert manchmal den Überblick, Ich-bezogen sieht sie nur ihre eigene Befindlichkeit. Ihre Freundinnen stört das nicht, mich als Leserin schon.

Handlung und Schreibstil

Die Gegenwart wird chronologisch geschildert, doch unterbrochen von zahlreichen Rückblenden, welche die Ereignisse des letzten gemeinsamen Sommers erzählen. Offen ist die Frage, warum Elsa damals den Kontakt abgebrochen hat, buchstäblich aus dem Leben der Freundinnen verschwunden ist. Durch die Schilderung der Vorfälle in diesen besonderen Sommer in der Vergangenheit, teilweise aus aus unterschiedlichen Sichtweisen, ergeben sich langsam die Antworten. Der Schreibstil ist locker, schildert vergnügte Sommertage, das Meer, die Natur, das gemeinsame, fröhliche Genießen. Teilweise vermisse ich einen deutlicheren Unterschied in der Schilderung der nun längst erwachsenen Frauen im Gegensatz zu ihrem sorglosen jungen Ich.

Fazit

Ein lockerer, leichter Frauenroman über unbeschwerte Sommertage, Freundschaft und Erinnerungen, denen man sich stellen sollte, um nicht das eigene Leben zu verträumen.

Die Zeit der Glühwürmchen – Patricia Koelle

AutorPatricia Koelle
Verlag FISCHER Taschenbuch
Erscheinungsdatum 27. Mai 2020
FormatTaschenbuch
Seiten480
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3596705306

„Wenn es an einer Stelle nicht vorangeht, dann mache ich an einer anderen weiter. Immer dort, wo sich gerade am meisten bewegen lässt. Und wenn ich in einer Sackgasse stecke, dann gehe ich die Sache einfach von einer ganz anderen Seite an.“ (Zitat Seite 155)

Inhalt

Taru Favonius, Biologin und Journalistin, hat an ihrem fünfzigsten Geburtstag ihrem Privatleben eine neue Richtung gegeben. Dies tut sie nun auch beruflich, indem sie spontan den Job bei einem Zeitungsherausgeber kündigt, der ihr keinen Freiraum lässt, ihre Artikel so zu schreiben, wie sie es für richtig hält. Ihre Tochter Kaia, Studentin, besucht sie und bringt ihre Freundin Remy mit. Remy, die auf einem Dachboden einen großen, alten Sekretär entdeckt hat, dessen Front eine Fülle von wunderbar gearbeiteten Insekten ziert. Während sie die Geschichte um dieses besondere Möbelstück recherchieren und den Garten, von dem es erzählt, beginnen sie mit der Umsetzung ihrer Idee von einer eigenen Zeitschrift, die den Menschen Freude macht, und von einem ganz besonderen Garten, der eine Heimat für Insekten, Pflanzen und Menschen werden soll – kann so ein Garten auf der Insel Rügen Wirklichkeit werden?

Thema und Genre

In diesem ersten Band der Inselgärten-Reihe geht es um den Schutz des natürlichen Lebensraumes, um die Artenvielfalt der Insekten, um Gärten als magische Orte für Pflanzen, Tiere und Menschen. Ein wichtiges Thema sind auch Erinnerungen, Träume, Familie, Freundschaft, Liebe und der Mut für einen Neubeginn.

Charaktere

Taru hat die Erfahrung, Remy die Pläne, Ideen haben sie beide und gemeinsam mit Heiko, einem Kollegen von Taru, sind sie in der Stimmung, etwas Neues zu wagen. Es sind kreative, sympathische Figuren, die uns in dieser Geschichte begegnen, Menschen, die Träume haben, wissen, was sie wollen, oder noch auf der Suche sind. Leser*innen der Ostseetrilogie wird es besonders freuen, in diesem Roman Remy aus Ahrenshoop wiederzutreffen.

Handlung und Schreibstil

Die aktuelle Handlung spielt im Jahr 2014 in Ahrenshoop, Groß Nemerow und auf der Insel Rügen. Sie ist in Abschnitte eingeteilt, in denen abwechselnd Remy oder Taru im Mittelpunkt stehen. Ergänzt wird diese Geschichte durch Tarus Kindheit und Jugend auf der Insel Rügen in den Jahren 1971–1976. Detaillierte Schilderungen und bildintensive Beschreibungen führen beim Lesen direkt zur Mecklenburgischen Seenplatte, an die Ostseeküste, in Rügens Buchenwälder mit den Kreidefelsen, und in Gärten mit Magie und Seele.

Fazit

Ein Wohlfühlroman, in dem Träume, Kreativität und der Mut, etwas Neues zu wagen, im Vordergrund stehen und natürlich die Natur und naturnahe Gärten. Ein Buch für entspannte Lesestunden im Grünen, begleitet vom Zwitschern der Vögel und dem Summen der Bienen, oder auch für einen Tag am Meer, wo die Wellen nicht nur zwischen den Buchseiten rauschen.

1 2 3