Das Lächeln der Königin – Stefanie Gerhold

AutorStefanie Gerhold
VerlagGaliani-Berlin
Datum8. Februar 2024
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten288
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3869712987

„Bedeutenden Fund gemacht. Beschreiben nutzlos. Brief folgt. Borchardt. (Zitat Pos. 139)

Inhalt

James Simon ist der vermögende Inhaber einer florierenden Berliner Textilfirma. Sein Vermögen setzt er für viele soziale Projekte ein, aber er ist auch ein begeisterter Kunstmäzen. Während der Weihnachtsfeier 1912 erhält er ein Telegramm des Archäologen Ludwig Borchardt, dessen Ausgrabungen in Tell el-Amarna James Simon ebenfalls finanziert. Noch ahnt Simon nicht, welche Auswirkungen die Entdeckung der Werkstatt des Bildhauers Thutmes haben wird und vor allem der Fund der Büste der Nofretete. Bei der Aufteilung der Funde gelingt es Borchardt, die Büste der Königin für Berlin zu gewinnen, indem er dem Ägyptischen Museum den Klappaltar mit einem Bild des Königspaares Echnaton und Nofretete mit drei Kindern überlässt. 1913 erhält er tatsächlich die Ausfuhrgenehmigung nach Deutschland. Öffentlich ausgestellt wird bie Büste jedoch erst im Jahr 1924, und damit beginnen auch die Diskussionen um eine Rückgabe.

Thema und Genre

Obwohl es sich hier um einen Roman, somit um Fiktion handelt, sind die Menschen und Fakten real und auch die Ereignisse wurden von Stefanie Gerhold an die vorhandenen geschichtlichen Quellen wie Biografien und Fachliteratur angepasst. Themen sind Ausgrabungen, das alte Ägypten, aber auch das gesellschaftliche Leben im pulsierenden Berlin der Zwanziger Jahre als Zentrum der Kultur und Wissenschaft. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der bedeutende Sammler und Mäzen James Simon, dem die Berliner Museen wertvolle Sammlungen und Kunstschätze verdanken.

Erzählform und Sprache

James Simon steht im personalen Mittelpunkt der chronologisch erzählten Ereignisse. Die Sprache schildert lebhaft und spannend und ist auch auf Grund der genauen Recherche interessant zu lesen. Ein Epilog erzählt mit historischen Daten und Fakten die hier als Roman begonnene Geschichte real zu Ende.

Fazit

Eine unterhaltsame, packende Geschichte zwischen Fiktion und Fakten, eine ausgewogene, gelungene Kombination aus Roman und geschichtlichem Hintergrund, die man mit Vergnügen liest.

Hotel Amerika – Maria Leitner

AutorMaria Leitner
Verlagmehrbuch Verlag
Datum10. November 2021
AusgabeKindle
Seiten235 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB09X61WZNP

„Du wirst schon sehen, ich werde wirklich gehen, noch heute, alles dalassen, dies ganze hässliche, schwere Leben. Möchtest du das nicht auch? (Zitat Pos. 127)

Inhalt

Shirleys Mutter Celestine ist Scheuerfrau im Hotel Amerika, die junge Shirley ist eine der Wäscherinnen. Seit sechs Jahren lebt Shirley mit ihrer Mutter und drei weiteren Frauen in einem erbärmlichen, engen Zimmer in diesem New Yorker Hotel, das die Gäste mit jedem nur denkbaren Luxus verwöhnt. Shirley träumt von einer Veränderung in ihrem Leben, bald wird auch sie das Hotel als Gast betreten, das hat ihr ihr neuer Freund versprochen. Heute soll ihr letzter Tag als schwer arbeitende Wäscherin sein, doch die Ereignisse entwickeln sich anders, als von ihr erwartet.

Thema und Genre

In diesem sozialkritischen Roman geht es um den Traum von einem besseren Leben in Amerika, der sich jedoch nur für einen kleinen Teil der New Yorker Bevölkerung erfüllt hat. Die meisten Einwandererfamilien fristen ein Leben unter den härtesten Arbeitsbedingungen, immer in Sorge um den Arbeitsplatz. Es geht um Erpressung, Liebe, Luxus, Armut, Träume, und den Beginn von gewerkschaftliche Zusammenschlüssen.

Erzählform und Sprache

Dieser Klassiker, erschienen 1930, spielt an einem einzigen Tag und ist eine interessante Mischung aus Kriminalgeschichte und gesellschaftskritischem Zeitbild. Eine bunte Vielfalt von unterschiedlichen Menschen mit Träumen, Hoffnungen und Schicksalen erlebt die ebenso vielfältigen Ereignisse an diesem besonderen Tag. Durch Erinnerungen und Gespräche ergeben sich viele Einzelgeschichten, deren Fäden sich bereits um die Mittagszeit in diesem Hotel verknüpfen, während die Vorbereitungen für eine Luxushochzeit laufen und das Personal erstmals bei einem völlig ungenießbaren Mittagessen offen gegen die Missstände aufbegehrt. Maria Leitner war bekannt für ihre intensiven Recherchen, für ihre Sozialreportagen nahm sie auch selbst inkognito Arbeit in den unterschiedlichen Bereichen an und diese Erfahrungen finden sich in auch in diesem Roman wieder, was die Geschichte zu einem authentischen Zeitbild macht. Ich selbst habe die Kindle-Version gelesen, doch am 16. Februar 2024 erscheint im Reclam Verlag unter der ISBN-13: 978-3150114766 eine neue, gebundene Ausgabe.

Fazit

Ein Klassiker, der bei seinem Erscheinen 1930 sehr erfolgreich war, bis die Bücherverbrennung im Jahr 1933 den Roman für viele Jahre in Vergessenheit geraten ließ. Dicht, interessant, authentisch, lesenswert.

Baumgartner – Paul Auster

AutorPaul Auster
VerlagFaber & Faber
Datum7. November 2023
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten208
SpracheEnglisch
ISBN-13978-0571384938

„To live is to feel pain, he told himself, and to live in fear of pain is to refuse to live.“ (Zitat Seite 55)

Inhalt

Der Philosophieprofessor und bekannte Autor Seymour „Sy“ Baumgartner, Anfang siebzig, kann sich auch zehn Jahre nach dem plötzlichen Tod seiner Ehefrau Anna nicht damit abfinden, dass sie nicht mehr da ist. Alles in seinem Haus atmet die glücklichen Erinnerungen von vierzig gemeinsamen Jahren, manchmal glaubt er sogar noch ihr Tippen auf ihrer geliebten alten Schreibmaschine zu hören, das er seit ihrem Tod vermisst. Er liest in ihren alten Texten, während er an seinem neuesten Buch arbeitet. Bis er eines Nachts von Anna träumt und nach diesem Traum spürt er, wie sich seine innere Starre zu lösen beginnt.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Liebe und Erinnerungen, um den plötzlichen Verlust eines geliebten Menschen nach einer langen Beziehung, um Philosophie, aber auch die kleinen Erlebnisse des Alltags.

Erzählform und Sprache

Sy Baumgartner steht im Mittelpunkt dieses personal erzählten Romans. Die Handlung verläuft in einem chronologischen Rahmen, wird jedoch durch Erinnerungen ergänzt und durch Lyrik und in sich geschlossene, kurze Geschichten. Austers Sprache ist einfühlsam und gleichzeitig präzise, von der ersten Seite an schaut man intensiv auf die Situation der Hauptfigur Sy Baumgartner, spürt sich tief in seine Gedanken, in seine Trauer, seinen Stillstand im Leben nach Annas Tod, folgt gespannt seinen Erinnerungen und vollzieht seine ungewöhnlichen philosophischen Ideen nach. Gleichzeitig nimmt man teil an den alltäglichen Ereignissen und Problemen im Alter, die nicht ohne Humor geschildert werden, so wie Sy selbst in seinen Gedanken seine Lebenssituation als aktiver Schriftsteller einerseits und andererseits als Professor auf dem Weg in den Ruhestand sieht. Die Sprache, ich habe das englische Original gelesen, vervollständigt das Lesevergnügen.

Fazit

Ein philosophischer Roman über das Leben, seine Herausforderungen und Fragen, über prägende Erinnerungen und die kleinen Alltagserlebnisse. Es ist die Geschichte über Verlust und Einsamkeit im Alter, einfühlsam und berührend.

Yellowface – Rebecca F. Kuang

AutorRebecca F. Kuang
VerlagHarper Collins Publ. UK
Datum16. Mai 2023
AusgabeBroschiert
Seiten323
SpracheEnglisch
ISBN-13978-0008532789

„The night I watch Athena Liu die, we’re celebrating her TV deal with Netflix.“ (Zitat Seite 1)

Inhalt

Mit dem oben zitierten Satz beginnt dieser Roman. June Hayward und Athena Liu, zwei jungen Autorinnen, sind seit der Collegezeit befreundet. Im Gegensatz zu June, die immer noch vom großen Durchbruch träumt, wurde bereits der erste Roman von Athena ein gefeierter Bestseller und Athena ist seither eine in den Medien präsente, sehr erfolgreiche Autorin. Eines Abends, genau genommen ist es Mitternacht, feiern sie in Athenas Appartement, als diese bei einem plötzlichen Unfall stirbt. Kurz darauf präsentiert June das Manuskript für ihren neuesten Roman „The Last Front“, eine Geschichte über chinesische Arbeiter im Ersten Weltkrieg, und nicht nur ihr Agent ist sofort begeistert. Doch bald entstehen in den sozialen Medien brisante Diskussionen, nicht nur darüber, ob June, die den Roman unter ihren Vornamen Juniper Song veröffentlicht, als weiße Frau ohne chinesische Wurzeln einen Roman über ein Thema aus der chinesischen Geschichte schreiben darf. Noch könnte June einige Dinge richtigstellen, doch andererseits hat sie nun endlich den Erfolg, der ihr ihrer Meinung nach zusteht.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Literatur, die vielen Aspekte der Literaturszene und der Social Media, um den kreativen Schreibprozess und die brisante Frage, wer worüber schreiben darf, um Identität und kulturelle Aneignung. Themen sind Erfolg, Eifersucht, Wahrheit und die erste Lüge, der immer mehr Lügen folgen.

Erzählform und Sprache

Rebecca F. Kuang wählt eine moderne Form des Erzählens. Einerseits lässt sie June selbst als Ich-Erzählerin ihre Geschichte schildern, was klar ist, denn nur June kann wissen, was wirklich vorgefallen ist. Vermutungen, wie verlässlich June als Erzählerin ist, ob sie den Ablauf dieses besonderen Abends, als alles begann, wirklich so beschreibt, wie es tatsächlich stattgefunden hat, bleiben uns Lesern überlassen. Was jedoch diese bekannte und oft verwendete Erzählperspektive in diesem Roman auszeichnet, sind Junes Gedanken und Meinungen zu den vielen auftretenden Konflikten und Themen, die sie mit uns teilt, ihre Erfahrungen mit dem Literaturbetrieb und den omnipräsenten Usern der Social Media, aber auch ihre Schuldgefühle und Ängste. Gleichzeitig wendet June sich in ihren Überlegungen und auch Erklärungen der Hintergründe an uns Leser als imaginäre Gesprächspartner, und sucht durch ihre Argumente nach einer Bestätigung für ihre Entscheidungen. Dies führt dazu, dass man mit June mitempfindet, ihre Schuldgefühle und zunehmende Bedrängnis intensiv miterlebt. Obwohl sie als Figur nicht sehr sympathisch ist und ich ihrem lockeren Umgang mit geistigem Eigentum nicht zustimmen kann, habe ich bald gehofft, dass sie einen Ausweg aus ihren immer dichteren Verstrickungen und Probleme findet, gleichzeitig neugierig, was sie als nächstes tun wird.

Ich habe das englische Original gelesen und so auch die eindrückliche, sehr gut zu lesende Sprache genossen. Die deutsche Übersetzung trägt ebenfalls den Titel Yellowface und erscheint am 29. Februar 2024 im Eichborn Verlag.

Fazit

Eine facettenreiche, intensive Geschichte, spannend wie ein Kriminalroman, beklemmend durch unergründliche Vorfälle, ein überzeugendes Leseerlebnis.

The Beachside Guest House – Vanessa Greene

AutorVanesse Greene
VerlagSphere
Datum15. April 2015
AusgabeKindle-Edition
Seiten384 (Print-Ausgabe)
SpracheEnglisch
ASINB00S9R33AK

„All the time the windmill was getting closer. The place that had lit up a corner of her mind for so long – a symbol for something better, freer, happier, was now becoming real.” (Zitat Pos. 2116)

Inhalt

Als Iona, Rosa und Bee achtzehn Jahre alt waren, hatten sie einen wunderbaren Urlaub in einer umgebauten Windmühle auf Paros verbracht. Damals lag das Leben noch vor ihnen. Jetzt, ungefähr elf Jahre später, denkt Rosa über einen Neubeginn nach und als sie zufällig liest, dass das Windmill Guest House in Konkurs gegangen ist und zum Verkauf steht, greift sie zu. Bee, die gerade ihre bevorstehende Hochzeit abgesagt hat, weil sie plötzlich nicht mehr sicher war, übersiedelt mit Rosa nach Paros. Als sie vor dem Guest House stehen, müssen sie entsetzt feststellen, dass es wesentlich desolater ist, als auf den Fotos zu sehen war, doch Aufgeben ist keine Option für Rosa und Bee. Könnte sie das Guest House mit den schönen, gemeinsamen Erinnerungen, auch Iona wieder näherbringen, die vor zwei Jahren plötzlich allen Kontakt zu den beiden Freundinnen abgebrochen hatte?

Thema und Genre

In diesem Wohlfühlroman geht es um Frauenfreundschaft, Beziehungen, Neubeginn, und natürlich die romantische, griechische Insel Paros, wo auch in der Liebe einige Überraschungen auf die Frauen warten.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog 2003, wird mit Kapitel 1 im Oktober 2014 fortgesetzt und chronologisch weitererzählt. In den einzelnen Kapiteln steht jeweils eine der drei Hauptfiguren Rosa, Bee und Iona im personalen Mittelpunkt, in anderen Kapiteln auch alle gemeinsam. Die Sprache ist sehr angenehm zu lesen und Romane wie dieser bieten sich an, englische Bücher in der Originalsprache zu lesen, um perfekt in die Stimmung einzutauchen.

Fazit

Eine entspannte, aber nicht seichte, Wohlfühlgeschichte mit griechischer Urlaubsstimmung und Inselfeeling.

Lichtungen – Iris Wolff

AutorIris Wolff
VerlagKlett-Cotta
Datum13. Januar 2024
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten256
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3608987706

„Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand.“ (Zitat Seite 76)

Inhalt

„Wann kommst du?“ Mehr steht nicht auf dieser Karte, die Lev eines Tages von Kato aus Zürich erhält. Kato, in der Schule die eigenwillige Außenseiterin, auch in seinen Gedanken zunächst nur „das Mädchen“, hat vor vielen Jahren dem elfjährigen Lev, der über viele Wochen krank im Bett lag, die Hausaufgaben gebracht. Rasch wurde sie zu seiner besten Freundin. Dennoch trennen sich ihre Wege, als Kato, sobald es endlich möglich ist, Rumänien zu verlassen und frei zu reisen, sich auf eine Reise durch Europa begibt, während Lev in Rumänien bleibt. Auch er beschließt zu reisen, doch seine Reise führt ihn nur auf den Spuren seiner Familie und Kindheit durch Rumänien. Nach dem Erhalt dieser Karte reist Lev nach Zürich und sie sehen einander nach vielen Jahren wieder. Es ist Sommer und die nächsten sechs Wochen lang reisen sie gemeinsam. „Für ihn war diese Reise ein Aufbruch, für sie in Übergang, vielleicht sogar Abschluss. Und doch hatten sie sich in diesen gegensätzlichen Bewegungen wiedergefunden.“ (Zitat Seite 10)

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um eine tiefe Freundschaft zweier Menschen, die trotz der völlig gegenseitigen Entwicklung bestehen bleibt. Gleichzeitig ist es eine Geschichte über das Leben der Menschen im kommunistischen Rumänien, über die unterschiedlichen Identitäten, Herkunft, Sprache und Familiengefüge. „Seine Herkunft war in seinem Akzent, war ihm eingenäht in Kleidung und Schuhe.“ (Zitat Seite 22, 23) Damit verbunden ist die Frage, was Heimat bedeuten kann und wie das Aufwachsen in Unfreiheit unter einer Diktatur das spätere Leben prägt, ein wichtiges Thema.

Charactere

Die Künstlerin Kato ist gerne unterwegs, aber sie weiß nicht, was sie nach diesem Sommer tun wird, sie sehnt sich nach einer neuen Aufgabe. Levs Lebensmittelpunkt ist statisch und in Rumänien geblieben, in der dörflichen Umgebung seiner Heimat. Noch während des Ceaușescu-Regimes hätte er mit seinem Großvater Ferry nach Wien fliehen können, doch Lev bleibt in Rumänien. Ferry ist neben den beiden Hauptcharakteren eine der vielen weiteren Figuren, die jeweils für ihre unterschiedliche Herkunft, Wurzeln und persönliches Verhalten während und nach der Zeit der kommunistischen Diktatur stehen und so ein facettenreiches, intensives Bild Rumäniens bieten.

Erzählform und Sprache

Iris Wolff hat eine besondere Erzählform für ihren Roman gewählt, sie erzählt die Geschichte zeitlich chronologisch, jedoch rückwärtsgewandt, beginnend mit der Gegenwart und endend in Levs Kindheit. Damit ergeben sich beim Lesen nicht die Fragen, was wird als nächstes passieren, sondern, was ist damals passiert, wie erklären sich die unterschiedlichen Lebenswege und Entscheidungen von Lev und Kato. Neue Figuren tauchen auf und sind uns zunächst fremd, erst mit den nachfolgenden Kapiteln lernen wir sie kennen, ihre Geschichte und damit auch die Zusammenhänge. Eindrückliche Beschreibungen Rumäniens, seiner Dörfer und Städte, der Natur und vor allem auch der vielen unterschiedlichen Volksgruppen und der politischen Verhältnisse ergänzen die Handlung. Die Sprache ist leise, eindrücklich, poetisch und ist wunderbar zu lesen.

Fazit

Ein beeindruckender, lange nachhallender Roman, der durch die Erzählform und die Vielfalt wichtiger Themen überzeugt und dessen wunderbare Sprache das Lesevergnügen vollkommen macht.

The Seafront Tea Rooms – Vanessa Greene

AutorVanessa Greene
VerlagSphere
Datum8. September 2014
AusgabeKindle – English
Seiten417 (Print-Ausgabe
SpracheEnglisch
ASINB00IA2E5LU

„It enveloped her, as comforting as a duvet on a chilly winter’s day. The interior of the Seafront was reassuringly familiar – the wooden tables neatly laid with pressed white tablecloths, the delicate china teacups lining the shelves, and the 1920s table lamps.“ (Zitat Seite 8)

Inhalt

Charlie, gerade von Ben getrennt, schreibt seit acht Jahren für die Zeitschrift Indulge und ist für die nächste Ausgabe verantwortlich, sie könnte Chefredakteurin werden. Daher soll ihr Artikel etwas Besonderes werden, sie ist auf der Suche nach den besten englischen Tea Rooms. Ihr Weg führt sie nach Scarborough, wo ihre Schwester Pippa mit ihrer Familie lebt. Dort entdecke sie Letty und ihre Seafront Tea Rooms und lernt die alleinerziehende Mutter Kat mit ihrem kleinen Leo kennen und Séraphine aus Frankreich, die gerade als au pair für die zehnjährige Zoe in Scarborough tätig ist. Charlie ist fasziniert von den Seafront Tea Rooms, doch Kat kann sie überzeugen, diesen besonderen Rückzugsort nicht in ihren Artikel aufzunehmen, sondern gemeinsam weitere Adressen zu erkunden. Doch es sind nicht nur besondere Tea Rooms und dort die Afternoon Teas mit Scones und Kuchen, die sie entdecken, sondern sie finden auch für sich selbst heraus, wer sie sind und wie sie ihr weiteres Leben gestalten wollen.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um englische Küstenorte, Familie, Liebe, Enttäuschungen, persönliche Probleme und Krisen. Es geht um Zusammenhalt und Frauenfreundschaft, aber auch um die besonderen, für England typischen Teestuben. Auch die Freude am Backen spielt eine Rolle.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte wird chronologisch erzählt, von Mitte August bis Anfang November, wobei die drei Hauptfiguren abwechselnd oder auch gemeinsam im Mittelpunkt stehen. Die Kapitel tragen das jeweils Tag und Datum als Überschrift und manche Ereignisse können so gleichzeitig, aber an verschiedenen Orten und mit nur einer der Hauptfiguren stattfinden. Dies garantiert ein genussvolles Lesen. Romane wie diese lese ich prinzipiell in der englischen Originalsprache und bin dann schon mit dem ersten Satz auch mit meinen Gedankenbildern mitten im Geschehen.

Fazit

Eine gemütliche, bezaubernde Wohlfühlgeschichte für entspannte Stunden.

Passage to Inis Mór: Could a Legend Save a Life? – Brian O’Raleigh

AutorBrian O’Raleigh
VerlagIndependently published
Datum22. November 2021
AusgabeKindle
Seiten318 (Print-Ausgabe)
SpracheEnglisch
ASINB09MFQ1Y7T
ISBN-13979-8414210658

„A few minutes later he was bringing the taxi to a halt outside a neatly kept whitewashed cottage standing alone in a field overlooking a small bay.” (Zitat Pos. 1160)

Inhalt

Als sein Vater bei einem Autounfall stirbt, verlässt Conners Mutter noch am Tag des Begräbnisses die irische Insel Inis Mór und der siebenjährige Conner wächst als John in Australien auf. Als seine Großmutter Grace O’Rourke stirbt, ist Conner achtunddreißig Jahre alt, seine zuvor erfolgreiche Werbefirma in Sidney steht vor dem Bankrott und seine Frau Nicky hat ihn gerade mit dem gemeinsamen Sohn Tristan verlassen. Von seiner Großmutter erbt er das alte Cottage in Kilmurvey, seit mehr als zweihundert Jahren im Familienbesitz, und das alte Segelboot Erin, das sein Großvater gebaut hatte. Conner will das Cottage verkaufen und so seine finanziellen Probleme in Sydney lösen, doch eine Klausel im Testament verhindert dies. So beschließt er statt dessen, das stark beschädigte Segelboot instand zu setzen. Ein alter Mann unterstützt ihn tatkräftig und mit Fachwissen.  Er kennt sich mit Bootsbau aus, doch nicht nur damit. Der Mann erklärt Conner, dass jeder Mensch eine besondere Gabe hat. „Your father was a Seanachie, a storyteller.“ (Zitat Pos. 1239) Wird Conner herausfinden, welche Gabe er hat, um wieder in seinem eigenen Leben anzukommen?

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um das Leben der Menschen auf den irischen Aran-Inseln, um Familie, Traditionen, um die eigenen Wurzeln und die Suche nach einem Platz im eigenen Leben. Es geht um Scheitern und Verlust, aber auch um Freundschaft, Liebe, Veränderungen und Magie.

Erzählform und Sprache

Conner O’Rourke erzählt seine Geschichte selbst in der ersten Person. So erfahren wir durch seine Erinnerungen viele Details aus seinem bisherigen Leben. Wir lauschen mit ihm den Geschichten des alten Mannes und erkennen an Conners Gedanken, wie er beginnt, sich zu verändern. Die Sprache erzählt klug, einfühlsam und poetisch.

Meine Ausgabe wurde schon 2014 unter dem Titel “The Storyteller of Inis Mór: Could a legend save his life?” herausgebracht, nun ist eine neuere Version erhältlich.

Fazit

„It was a magical, mystical evening and beyond a shadow of a doubt the strangest evening, that I’d ever spent in my entire life.“ (Zitat Pos. 3760). Besser kann man diese phantasievolle, wunderbar zu lesende Geschichte mit ihren vielen Facetten nicht beschreiben. Mich hat dieser Roman sofort in Gedanken und Erinnerungen zurück auf diese besondere Inselgruppe geführt, die mich bei meinem Besuch vor vielen Jahren sehr beeindruckt hat, doch man muss die Aran Inseln nicht kennen, um von diesem Roman verzaubert zu werden.

Das späte Leben – Bernhard Schlink

AutorBernhard Schlink
VerlagDiogenes Verlag
Datum13. Dezember 2023
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3257072716

„Nein, für das Leben lässt sich keine Bilanz ziehen. Man macht dies und macht das, und am Ende war’s ein Leben. Mehr ist es nicht.“ (Zitat Seite 162, 163)

Inhalt

Der Jurist Martin Brehm ist sechsundsiebzig Jahre alt, als erfährt, dass er an Krebs in einem fortgeschrittenen Stadium erkrankt ist und ihm maximal noch ein halbes Jahr bleibt. Seit zwölf Jahren ist er mit der wesentlich jüngeren Künstlerin Ulla verheiratet und David, der gemeinsame Sohn, ist erst sechs Jahre alt. Welche gemeinsamen Erinnerungen kann er seinem Sohn hinterlassen, was kann und sollte er noch regeln und wie will er die nächsten Wochen für sich selbst gestalten?

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Beziehung, Familie, Liebe, um das Abschiednehmen am Ende eines Lebens, um das Schaffen von gemeinsamen Erinnerungen und vor allem geht es darum, loszulassen.

Charactere

Martin Brehm blickt auf ein erfolgreiches Leben zurück, das von der Kindheit an davon geprägt ist, die Erwartungen zu erfüllen. Manchmal wurde er für kaltblütig gehalten, weil seine Gefühle sich immer erst mit einer gewissen Verzögerung einstellten. Seine Diagnose sieht er sachlich und die Situation wird für ihn rasch alltäglich.

Erzählform und Sprache

Martin steht im personalen Mittelpunkt des Geschehens und der Problematik, es ist seine Geschichte, die hier erzählt wird, seine Gedanken, Empfindungen und Überlegungen. Wir tauchen in seine Erinnerungen ein und sind gespannt auf seine Reaktion auf eine überraschende Entdeckung. Interessant ist es, Martins eigene Veränderung, die er in diesen Wochen durchläuft, mitzuerleben. Der Schriftsteller Bernhard Schlink erzählt auch diese Geschichte in seiner leisen, poetischen und präzisen Sprache.

Fazit

Eine einfühlsame Geschichte über die Entscheidung, wie ein Mensch die letzten Wochen seines Lebens selbstbestimmt verbringen will. Trotz des ernsten Themas ist es eine positive Geschichte, deren psychologische Elemente zum Nachdenken darüber anregen, wie man sich selbst in dieser Situation und mit diesem Wissen um die kurze, noch verbleibende Lebenszeit, entscheiden würde.

All die schönen Winter – ausgewählt von Clara Paul

AutorDiverse
Verlag Insel Verlag
Erscheinungsdatum 11. September 2023
FormatTaschenbuch
Seiten190
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3458682998

„Der Maronibrater war ein Bild aus dem Märchenbuch der Großstadt. Zwei Kastanien kosteten einen Kreuzer. Das war ein so unverrückbarer Preis wie etwa der der Semmel.“ (Zitat Seite 53, aus: Der Maronibrater, von Alfred Polgar)

Inhalt und Thema

Dieser Sammelband enthält zweiunddreißig Geschichten, die an eine Winterzeit, wie es früher war, erinnern. Das Buch ist in vier Abschnitte eingeteilt: Wundertage, Winterfreuden, Weihnachtszauber, Winterende

Gestaltung

Robert Walser eröffnet den Geschichtenbogen mit seiner Erzählung „Schnee“ und am Ende dieser Sammlung steht seine Geschichte „Winter“. Dazwischen finden wir alle bekannten deutschsprachigen Autoren und Autorinnen, von Thomas Bernhard über Max Frisch, Hermann Hesse, Peter Rosegger, Peter Handke, Elke Heidenreich, bis zu Robert Walser. Eine englische Autorin ist in dieser Sammlung auch vertreten, Katherine May.

Fazit

Es sind beschauliche Geschichten zum Wohlfühlen, Kindheitserinnerungen, die in eigene Erlebnisse zurückführen oder Geschichten, wir man früher schon gelesen hat, aber gerne wieder liest.

Weird Winter Tales: A Fifth Collection of Classic Ghost Stories for Christmas

AutorDiverse
Verlag Black Heath Editions
Erscheinungsdatum 13. Dezember 2018
FormatKindle Ausgabe
Seiten275 (Print-Ausgabe)
SpracheEnglish
ASINB07LCRD26J

„I have never until now given any account of the strange proceedings that occurred at Faildyke Hall on the evening of Christmas Eve in the year 1890.” (Zitat Pos. 77, aus: Tarnhelm by Hugh Walpole)

Inhalt, Thema und Genre

Dies ist bereits die fünfte Sammlung von klassischen englischen Grusel- und Geistergeschichten, die im Viktorianischen und Edwardianischen Zeitalter, also zwischen 1840 und 1914, entstanden sind. Teilweise waren diese Erzählungen bisher nicht wieder veröffentlicht worden. Es sind Geschichten, wie sie damals an den langen Abenden rund um die Weihnachtstage erzählt wurden. Im Mittelpunkt dieser dreiundzwanzig Geschichten stehen alte englische Herrenhäuser, man sitzt gemütlich vor dem Kamin versammelt, in dem ein wärmendes Feuer prasselt. Es ist meistens ein Erzähler, oder eine Erzählerin, die etwas selbst Erlebtes schildert, oder eine Geschichte, die damit in einem engen Zusammenhang steht. Denn eines haben alle diese Herrenhäuser gemeinsam, es gibt einen Geist, der in dieser besonderen Winterzeit in Erscheinung tritt.

Fazit

Auch dieser fünfte Band der Serie enthält die typisch englischen, klassischen Gothic Stories, wie wir sie gerade während der dunklen Wintertage mit Begeisterung lesen. Positiv ist, dass die Sprache nicht modernisiert wurde, sodass es ein wirklich authentisches Lesevergnügen ist, sich in abgelegenen, alten Herrenhäusern stilvoll zu gruseln.

Die Digitalisierung der Schlaraffia – Prinz Rupi

AutorPrinz Rupi
Verlag Independently published
Erscheinungsdatum 13. April 2023
FormatTaschenbuch
Seiten125
SpracheDeutsch
ISBN-13979-8391208075

„Untertitel: Bestandsaufnahme und Zukunft“

Inhalt, Thema und Genre

Bedingt durch den Ausfall der regelmäßigen Treffen und Zusammenkünfte in der Zeit der Pandemie, ging der Autor auf die Suche nach neuen Möglichkeiten, diese Zusammenkünfte virtuell stattfinden zu lassen. Er untersucht die unterschiedlichen Aktivitäten in den sozialen Medien und wertet die zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten aus. Es geht darum, die traditionelle Form der schlaraffischen Gemeinschaft, die schon seit der Gründung im Jahr 1859 ein weites internationales Netzwerk für Austausch und Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor umfasst, in eine moderne Zukunft zu führen. Eine innovative Verbindung der neuen technischen Möglichkeiten mit den geschätzten Traditionen.

Fazit

Auch wenn dieses Handbuch für die Schlaraffia geschrieben wurde und als Anregung an ein Mitglied der Vindobona verschenkt wurde, sind die darin enthaltenen Ideen und Anregungen auch für andere traditionelle und moderne Vereinsformen und Gruppierungen überlegenswert und einsetzbar.

Apeirogon – Colum McCann

AutorColum McCann
VerlagRowohlt Taschenbuch
Datum25. Januar 2022
AusgabeTaschenbuch
Seiten608
SpracheDeutsch
ÜbersetzungVolker Oldenburg
ISBN-13978-3499271878

„Ein Stein führt zu einer Kugel. Der nächste Selbstmordanschlag führt zum nächsten Luftangriff. Und immer so weiter.“ (Zitat Seite 288)

Inhalt

Abir Aramin, ein Mädchen aus Palästina, ist erst zehn Jahre alt, als sie von einem jungen israelischen Grenzpolizisten erschossen wird. Zehn Jahre davor war die junge israelische Studentin Smadar Elhanan bei einem Anschlag von drei Selbstmordattentätern getötet worden. Bassam Aramin, Abirs Vater, und Rami Elhanan, Smadars Vater, treffen zum ersten Mal in einer Gruppe von trauernden Menschen aufeinander, Israelis und Palästinenser, die nahe Angehörige und Freunde in diesen langen Jahren des Nahost-Konflikts verloren haben. Sie erkennen, dass sie eine gemeinsame, tiefe Trauer eint, und der Wunsch nach Frieden. Das ist der Beginn einer Freundschaft und des gemeinsamen, unermüdlichen Einsatzes für den Frieden.

Thema und Genre

Diese Geschichte ist ein facettenreicher politischer Roman, geschrieben in einer sehr poetischen Erzählsprache. Die Figuren sind fiktiv und stehen dennoch für ungezählte reale Schicksale, wie sie in diesem Konflikt täglich passieren. Es geht um Palästina und die israelische Besatzung. Dieser zeitlos aktuelle Roman ist 2020 erschienen, doch hat er in diesen Wochen eine nochmals neue Brisanz erhalten. Diese Geschichte ist ein Plädoyer dafür, friedlich Seite an Seite zu leben, zu lernen, miteinander auszukommen.

Erzählform und Sprache

Ein Apeirogon ist eine Figur mit einer zählbar unendlichen Menge an Seiten. So wird auch diese Geschichte in zwei Mal fünfhundert kurzen Kapiteln mit vielen unterschiedlichen Themen und Informationen geschildert, der erste Teil in einer Aufwärtsbewegung von eins bis fünfhundert Abschnitten, der zweite Teil als Abwärtsbewegung von fünfhundert bis zurück zu eins. Erzählt wird jedoch nicht nur die Geschichte von Rami und Bassam, sondern diese ist eingebettet in eine weite Fülle von Ideenschnipseln, sei es die politische Lage betreffend, die Geschichte Palästinas, die Menschen, aber auch die Natur, immer wieder taucht das Thema Zugvögel auf, die Schwingen der Freiheit über die von Menschen errichteten Mauern hinweg. Die Sprache ist bilderreich, intensiv, poetisch und beeindruckend.

Fazit

Apeirogon ist ein eindringlicher Roman mit einer zeitlos beklemmenden Aktualität. Kurz gesagt geht es darum, dass es immer zwei Seiten gibt, immer. „Jenseits von Richtig und Falsch liegt ein Ort; dort treffen wir uns.“ Diese auf Seite 312 zitierte Aussage stammt von dem persischsprachigen Dichter und Gelehrten Dschalāl ad-Dīn Muhammad Rūmī und besser, als mit dieser Aussage, kann der Inhalt dieses epischen Romans nicht zusammengefasst werden.  Wer dieses Buch noch nicht gelesen hat, sollte dies tun, jetzt, genau jetzt.

Midnight at the Christmas Bookshop – Jenny Colgan

AutorJenny Colgan
Verlag Little, Brown Book Group
Erscheinungsdatum 26 October 2023
FormatPaperback
Seiten343
SpracheDeutsch
ISBN-1313: 978-1408726211

“Snow was falling gently, piling up on the old-fashioned mullioned windows of the little shops on Edinburgh’s Victoria Street; laying Calmly on the pavements; covering the world with its softness.” (Zitat Seite 1, so beginnt dieser neue Roman)

Darum geht es

Mit diesem oben zitierten ersten Satz beginnt der zweite Roman um eine kleine Buchhandlung in diesem berühmten, besonders schönen Teil der Old Town, genau unter Edinburgh Castle. Schnee, Weihnachtsdekorationen in „ihrem“ geliebten Buchgeschäft und das mitten im sonnigen August, verbunden mit einem romantisch-verklärten Bild von Schottland. Carmen Hogan verabscheut das alles, doch sie brauchen das Geld der Filmgesellschaft, um ihr Buchgeschäft, genau genommen ist es natürlich Mr. McCredies Buchgeschäft, zu erhalten. Andere kleine Geschäfte in der Gegend geben auf und stellen auf den Verkauf von bunten, kitschigen Souvenirs um, für Carmen keine Option. Mit dem Beginn der Weihnachtszeit bahnen sich jedoch einige Veränderungen in Carmens Leben an. Sie braucht Ideen, um Mr. McCredies Weihnachtswunsch zu erfüllen und entdeckt dabei verborgene Bereiche des kleinen Buchgeschäfts. Weihnachten, eine Zeit, in der Wunder möglich scheinen, auch für Carmen?

In diesem Roman geht es um Bücher, eine kleine, zauberhafte Buchhandlung im historischen Zentrum von Edinburgh, die besondere Magie der Weihnachtszeit, um Freundschaft, Zusammenhalt, Familie und um die Liebe.

Meine Meinung

Ich habe das englische Original gelesen. Jenny Colgan weiß einfach, wie man diese zauberhafte Zeit rund um Weihnachten mit den typischen Traditionen, den festlich geschmückten Straßen und Häusern, so gekonnt schildert, dass man sich beim Lesen sofort im Dezember in Edinburgh befindet. Dieses Setting und eine romantische Geschichte mit einer gelungenden Mischung aus Gefühl, Geborgenheit, Nachdenklichkeit und Humor, dazu sympathische, eigenwillige Figuren, ergeben ein Wohlfühlbuch, perfekt für diese besondere Zeit des Jahres.

Tag der Wahrheit – Hendrik Falkenberg

AutorHendrik Falkenberg
Verlag Edition M
Erscheinungsdatum 1. September 2020
FormatKindle-Ausgabe
Seiten397 (Print)
SpracheDeutsch
ASINB085G6TGRR

„Die Fragestellung des Meetings war klar: Was hatten Lauras und Stevens Funde zu bedeuten und – war es überhaupt ein Fall fürs BKA?“ (Zitat Seite 47)

Darum geht es

An diesem frühen Morgen Ende Februar erlegt Florian Beck eine Hirschkuh, ohne Rücksicht auf die bestehende Schonzeit. Doch auch für ihn ist dies sein letzter Morgen Als er später gefunden wird, liegt er tot über der erlegten Hirschkuh. Sein Herz fehlt und wird kurz darauf von der BKA-Ermittlerin Laura Westermann gefunden, mit einer Notiz „Gruß ans BKA“. Dies ist eine von einer Reihe von Botschaften einer Gruppe von Klimaaktivisten, die inzwischen Mitglieder des obersten Managements von namhaften Unternehmen der Automobilindustrie in ihre Gewalt gebracht haben. Sie stellen Forderungen und ein Ultimatum, Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit für das BKA-Team Steven Haberland und Laura Westermann.

Themen dieses Kriminalromans, Band 1 der Westermann-Haberland-Serie, sind Umweltschutz, Klimawandel, die Hintergründe des Dieselskandals.

Meine Meinung

Eine spannende Geschichte mit aktuellen Themen, rasant erzählt, wenn auch nicht immer glaubwürdig. Stoff für unterhaltsame Lesestunden.

Nur zwei alte Männer – Thomas Sautner

AutorThomas Sautner
VerlagPicus Verlag
Datum22. Februar 2023
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten176
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3711721327

„Haust du das gewusst? Dass du ein außergewöhnlich gut anzuzwinkernder Mensch bist?“ (Zitat Seite 10)

Inhalt

Julia Stern, zweiundfünfzig Jahre alt, ist die Leiterin des Kunst- und Zeitgeschichtearchivs in Wien und als ihre Mutter ihr auf dem Sterbebett gesteht, dass Joseph Wasserstein ihr leiblicher Vater sei, will sie diesen kennenlernen, unter dem Vorwand, einen Bildband zu planen. In seiner aktiven Zeit war Joseph Wasserstein ein berühmter, sehr erfolgreicher Fotograf, Erfinder einer besonderen Art zu fotografieren, nach ihm benannt. Damals waren ihm alte Menschen weise und gelassen vorgekommen, heute ist er selbst dreiundachtzig Jahre alt und nicht gelassen, sondern mürrisch und frustriert. Sein Nachbar und seit vierzig Jahren auch Freund Elve Hakim sieht dies anders. Mit sechsundsiebzig Jahren gibt er Kurse für orientalischen Tanz, spricht deutsch, denkt arabisch. So tanzen nicht nur seine Sätze, sondern auch er selbst durchs Leben. Schon nach dem ersten Treffen besucht Julia die beiden alten Männer regelmäßig und die nachmittäglichen Gespräche im Garten von Josephs Villa werden ein Fixpunkt im Leben dieser drei Menschen.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um das Älterwerden, Verständnis und Freundschaft, Philosophie und die Fragen des Lebens.

Erzählform und Sprache

Diese Geschichte eines Sommers, in dem es im Juni nochmals schneit, wird von den drei in ihrer Art so unterschiedlichen Figuren Joseph, Elve und Julia, getragen. Mit eindrücklicher Leichtigkeit schildert Thomas Sautner die Ereignisse des Alltags und die verständnisvolle Freundschaft zwischen den beiden alten Männern, die Julia sofort aufnehmen und in ihre Gespräche über das Leben, die Welt und die Geheimnisse des Universums, ihre Gedanken und Erinnerungen einbeziehen. Gleichzeitig beschäftigt ein aktuelles, beinahe magisches Ereignis nicht nur die Welt, sondern auch diese drei Menschen.

Fazit

Eine poetisch-locker-magische Geschichte über Freundschaft und das Leben.

The Summer Without Men – Siri Hustvedt

AutorSiri Hustvedt
VerlagSceptre
Datum3 March 2011
AusgabeKindle Edition
Seiten225 (print-version)
SpracheEnglish
ASINB004Q9TK7A

“I will report on that later. Chronology is sometimes overrated as a narrative device.” (Zitat Seite 198)

Inhalt

Die fünfundfünfzig Jahre alte New Yorker Dichterin und Universitätsprofessorin Mia Fredricksen schlittert in eine ernste persönliche Krise, als ihr Mann Boris nach dreißig gemeinsamen Ehejahren eine Pause braucht. Rasch findet sie heraus, dass diese Pause eine wesentlich jüngere Kollegin ist. Sie beschließt, diesen Sommer als eigene Auszeit im ländlichen Ort ihrer Kindheit in Minnesota zu verbringen, umgeben von Frauen unterschiedlicher Generationen. Da sind ihre Mutter und deren vier lesebegeisterte Freundinnen, die älteste ist einhundertzwei Jahre alt. Spontan übernimmt Mia die Aufgabe, einen Lyrikkurs für Mädchen im Teenageralter zu geben. Sie hat ein Haus über den Sommer gemietet und freundet sich auch mit ihrer Nachbarin an, eine junge Mutter. Inzwischen hält Mias Tochter Daisy in New York den Kontakt zu ihrem Vater aufrecht.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um unterschiedliche Frauen aus verschiedenen Generationen, ihre Probleme, Konflikte, Freundschaft, Beziehungen, Ehe, Familie und die Erkenntnis, dass es möglich ist, in jeder Lebensphase neue Wege gehen zu können.

Erzählform und Sprache

Siri Hustvedt wählt hier eine moderne Schreibform, durchbricht die chronologischen Abläufe oft durch eigene Bewusstseinsströme, gedankliche Ausflüge in die Literatur, Erinnerungen, um dann nach einigen Umwegen wieder über die Ereignisse dieses aktuellen Sommers zu berichten. Die Sprache bringt Ruhe in die facettenreichen Handlung und ist einfühlsam, ehrlich und übt durchaus humorvoll Selbstkritik. Ich habe das englische Original gelesen, im Juni 2024 wird bei Rowohlt Taschenbuch eine neue Sonderausgabe von „Der Sommer ohne Männer“ erscheinen.

Fazit

Die Geschichte eines Sommers, in deren Mittelpunkt Frauen aller Alters- und Lebensstufen stehen, mit zeitlos aktuellen Themen.

Warten auf den Anruf – Birgit Rabisch

AutorBirgit Rabisch
VerlagAchter Verlag
Datum12. Oktober 2009
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten504
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3981237214

„Es geht mir darum, mir eine Familie zu erschreiben. Keine Traumfamilie, keine Wunschfamilie … überhaupt eine Familie.“ (Zitat Seite 9)

Inhalt

Die Schriftstellerin Verena will ihre Geschichte über die wichtigen Frauen ihrer Familie in der aktuellen Zeit beginnen, mit Irène Vonderwied, die darauf wartet, am nächsten Morgen einen besonderen Anruf zu erhalten. Doch ihre Agentin überzeugt sie, die Geschichte chronologisch zu beginnen, mit Verenas Urgroßmutter Emma Hartkopf, Gattin des Wissenschaftlers Erich Hartkopf, der bei der Entwicklung der Chemiewaffen im Ersten Weltkrieg eine wichtige Rolle spielte. Emmas Tochter Wilhelmine dagegen interessiert sich nicht für Chemie, sondern ist eine begeisterte Physikerin. Ihr Fachgebiet ist die Kernphysik und sie ist von den vielen Möglichkeiten einer friedlichen Nutzung der Atomenergie überzeugt, wenn nur erst der Zweite Weltkrieg zu Ende ist. Erst jetzt führt die Geschichte zu Wilhelmines Tochter Irène. Physik fand Irène schon immer langweilig. Sie ist eine international bekannte Biologin, Fachgebiet Stammzellenforschung.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um drei Generationen von Frauen und jede dieser Frauen ist mit einer in ihrer Zeit besonders wichtigen Wissenschaftssparte eng verbunden, Chemie, Physik und Biologie. Doch während Emma noch die traditionelle Ehefrau und Mutter ist, bestimmen Wissenschaft und Forschung das Leben von Wilhelmine und Irène, beide auf ihrem Fachgebiet hochbegabt, ehrgeizig und sehr erfolgreich. Themen sind Frauenleben, die Stellung der Frau im Gefüge der universitären Wissenschaften, Familie, Freundschaft, Liebe, und die mit den jeweiligen bahnbrechenden Forschungsergebnissen verbundenen ethischen Fragen nach persönlicher Verantwortung und über mögliche Grenzen der Wissenschaft.

Erzählform und Sprache

Dieser Roman ist ein drei große Abschnitte geteilt, Emma, Wilhelmine, Irène. Die Geschichte der im jeweiligen Mittelpunkt stehenden Frauenfigur wird chronologisch und personal erzählt. Erinnerungen greifen jedoch immer wieder in vorhergehende Abschnitte zurück und und ergänzen mit weiteren Details, besonderen Ereignissen, neuen Sichtweisen und Gedanken. Diese Erzählform sorgt für Spannung, während die präzisen, aber gut verständlichen Erklärungen der wissenschaftlichen und geschichtlichen Hintergründe, Fakten und Realität, die fiktive Handlung mit interessantem Wissen ergänzen. Die Autorin Verena als Ich-Erzählerin bespricht die einzelnen Schritte des Schreibprozesses an ihrer Geschichte mit ihrer Agentin und diese Gespräche umrahmen die drei Abschnitte, verbinden sie.

Fazit

Ein packender, interessanter Wissenschafts-, Frauen- und Generationenroman, eine spannende, gelungene Mischung, die man mit großem Vergnügen liest.

Vierundzwanzigsieben kochen – Tim Mälzer

AutorTim Mälzer
Verlag Mosaik Verlag
Erscheinungsdatum 11. Oktober 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten272
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442394159

„Dieses Buch soll eine Hilfestellung für alle sein, die sich am eigenen Herd gerne aufs Wesentliche konzentrieren: gutes und unkompliziertes Essen. Eine Alltagsküche, die einem nicht alltäglich vorkommt.“ (Zitat Seite 9, Einleitung)

Thema und Inhalt

Auch in seinem neuen Kochbuch trägt jedes der über einhundert Rezepte die typische Handschrift von Tim Mälzer. Es geht bei den Rezepten um Anregungen und wie schon der Titel 24/7 sagt, sind sie rund um die Uhr alltagstauglich und können an den jeweiligen persönlichen Tagesablauf und die eigenen Vorlieben angepasst werden. Was die Rezepte verbindet, ist eine Rückkehr zum Wesentlichen, eine Küche mit je nach Saison überall erhältlichen Zutaten, Kochen mit Spaß statt Stress, schnörkellos und dennoch kreativ.

Gestaltung

Die gebundene Ausgabe liegt stabil in der Hand und macht einen robusten Eindruck, dieses Buch wird es verzeihen, den einen oder anderen Fleck während des Einsatzes zu erhalten. Doch es ist wesentlich mehr, als „nur“ ein weiteres Kochbuch, eine weitere Sammlung von Rezepten. In insgesamt neun Kapiteln von Frühstück bis zu Süßes & Dessert umfasst jedes Rezept eine Seite mit dem Text, Zutaten und Zubereitung, und auf der gegenüberliegenden Seite findet sich das passende, ganzseitige Foto. Besondere Tipps ergänzen die Rezepte und in der Buchmitte finden wir einige Textseiten, „Kulinarische Alltagsbeobachtungen“ von Thees Uhlmann. Was Vegetarierinnen wie mich und natürlich auch Vegetarier besonders freuen wird, ist die große Auswahl an vegetarischen Gerichten und ich wusste schon beim Lesen, dass zum Beispiel die Krautfleckerl mit Lammhack und Weintrauben auch ohne Lammhack schmecken werden.

Fazit

Auch dieses Kochbuch von Tim Mälzer ist wieder nicht einfach nur ein Kochbuch, sondern auch ein Lesebuch, eine anregende Gedankenreise mit genussvollen Bildern, die sofort zu neuen Ideen führen. Das Lesebändchen ist eine praktische Ergänzung, ich zähle allerdings schon jetzt zwölf eingelegte Zettelchen, nachdem ich dieses Buch begeistert von der ersten bis zur letzten Seite durchgeschmökert habe.

Mit Büchern das gefrorene Meer der Zeit löchern – Ruprecht Frieling

AutorRuprecht Frieling
Verlag Antheum Verlag
Erscheinungsdatum 26. November 2021
FormatTaschenbuch
Seiten516
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3959495318

„Ich bewerbe gern und gezielt Bücher, die teilweise ein Nischendasein führen. Dazu habe ich 222 unterschiedliche Bücher aus den verschiedensten Genres zusammengestellt, die in diesem bunten Lesebuch vorgestellt werden.“ (Zitat Seite 8)

Thema und Inhalt

Ruprecht Frieling stellt hier mit 222 ausführlichen Rezensionen ebenso viele Bücher vor. Bewusst, wenn auch mit Bedauern, verzichtet er auf die bekannten Klassiker, sondern beschränkt sich auf die Gegenwartsliteratur des 20. und 21. Jahrhunderts und hier wiederum nicht nur auf bekannte Autoren und Autorinnen, sondern auch auf bisher wenig bekannte.

Gestaltung

Der Autor teilt seine Vorschläge in zwölf Kapitel ein, wobei jedes Kapitel einem Genre entspricht, beginnend mit Roman und endend mit Sachbuch. Kapitel wie zum Beispiel Underground und Szene, Kriminalliteratur, Fantastische Literatur und Biografisches zeigen die Vielfalt der Lesetipps, natürlich fehlen auch Liebesromane und Science Fiction nicht. Den Abschluss bildet ein Kapitel mit zehn negativen Bewertungen, um zu zeigen, dass Rezensenten nicht nur begeisterte Reaktionen schreiben.

Fazit

Die Vielfalt der Literaturvorschläge in Kombination mit den informativen, lebhaften und durchaus unterhaltsam zu lesenden Rezensionen machen dieses Buch per se zu einem Lesebuch, zum Schmökern von der ersten bis zur letzten Seite. Das genussvolle, lesende Stöbern in dieser Schatzkiste der modernen Literatur lässt auch den persönlichen Wunschzettel wachsen und es könnten sich unerwartete Nebenwirkungen einstellen. In meinem Fall ist es Thomas Bernhard, von dem ich niemals etwas lesen wollte – und nun liegt sein Roman „Holzfällen“ schon auf meinem Bücherstapel.

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