Hier geht’s lang!: Mit Büchern von Frauen durchs Leben – Elke Heidenreich

AutorElke Heidenreich
Verlag Eisele Verlag
Erscheinungsdatum 27. September 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten192
SpracheDeutsch
ISBN-13‎978-3961611201

„Ich habe das Rüstzeug gelernt, aber mich interessiert viel mehr, Menschen ans Lesen zu bringen, ihnen von Geschichten und Romanen zu erzählen, die ein Stück Welt begreifbar machen, als diese Texte zu analysieren.“ (Zitat Seite 142)

Thema und Inhalt

In diesem Buch schildert Elke Heidenreich ihren Werdegang als Leserin, beginnend mit den ersten Büchern ihrer Kindheit und Jugend. Es sind vor allem Bücher von Frauen, die sie geprägt und dazu geführt haben, dass sie sich auch beruflich immer mit dem Lesen, mit Büchern befasst hat, als Leserin, Rezensentin, Journalistin, Moderatorin und als Autorin. Als Literaturkritikerin hat sie sich selbst nie gesehen, sie sah sich immer als Bücherempfehlerin. „Ich habe mir nie angemaßt, Literaturkritikerin zu sein. Ich wollte wirklich immer nur sagen: Hier geht’s lang … (Zitat Seite 145)

Gestaltung

Die Autorin beschreibt ihr Leben als Leserin chronologisch in folgenden Abschnitten: Das Kind, Das Mädel, Der Backfisch, Die Studentin, Die junge Frau, Die besten Jahre, Heute, Männer. Wobei sich dieses abschließende Kapitel „Männer“ nicht mit den Männern in ihrem Leben beschäftigt, sondern mit Autoren, denn natürlich liest Elke Heidenreich auch Bücher, die von Männern geschrieben wurden. Doch gerade in den Jahren des Heranwachsens, der Suche nach dem eigenen Weg, der Zweifel, waren Bücher von Frauen für sie einfach hilfreicher.

In jedem dieser Kapitel berichtet sie über ihr Leben, besondere Ereignisse, Menschen, die sie kennengelernt hat und die sie beeindruckt haben. Mehr als 100 farbige Fotos und Abbildungen ergänzen die Texte, in deren Mittelpunkt immer die Freude am Lesen steht, die Bücher, die sie im jeweiligen Lebensabschnitt gelesen hat und die sie beeinflusst und geprägt haben. Es sind dies Bücher, die von Frauen geschrieben wurden und die für sie immer wieder richtungsweisend waren. So erhalten auch wir beim Lesen viele neue Anregungen, Bücher, die wir noch nicht gelesen haben, die uns neugierig machen, und mit jeder Seite dieses Buches füllt sich auch die persönliche Wunschliste für den nächsten Besuch in der Buchhandlung.

Fazit

Dieses Buch ist eine kluge, humorvolle Schilderung eines Lebens, das von Büchern und einer nie versiegenden Freude am Lesen geprägt ist und zugleich auch eine Reise durch die Literaturgeschichte. Ein Buch, das man mit Vergnügen immer wieder zur Hand nimmt, das die eigenen Regale weiter mit neuer Lektüre füllen wird und das man sicher nicht nur ein Mal, für sich selbst, kauft, sondern auch mit Freude verschenken wird.

Was Frauen schreiben – Ruth Klüger

AutorRuth Klüger
Verlag dtv Verlagsgesellschaft
Erscheinungsdatum 1. April 2012
FormatTaschenbuch
Seiten272
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3423140454

„Für die Kolumne in der Literarischen Welt konnte ich mir aussuchen, welches Buch ich unter die Lupe nehmen wollte, ich musste nur rezensieren, was ich guten Gewissens den Leserinnen empfehlen konnte. Solang es von einer Frau geschrieben war.“ (Zitat Seite 8)

Thema und Inhalt

In diesem Buch finden werden insgesamt einundsechzig Werke vorgestellt, sechzig davon wurden von Frauen geschrieben. Die einzige Ausnahme ist das Buch eines bekannten skandinavischen Autors und in ihrer Besprechung begründet Ruth Klüger auch, warum.

Umsetzung

Die in diesem Buch zusammengestellten Besprechungen sind in den Jahren 1994 bis 2010 erschienen, die meisten davon in der monatlichen Kolumne „Bücher von Frauen“ in der Literarischen Welt. Das erstmalige Erscheinungsdatum des jeweiligen Textes gibt auch die Reihenfolge vor, in welcher die einzelnen Bücher vorgestellt werden. Jede Besprechung endet mit den Angaben zum Buch: Autorin, Titel, Verlag, Erscheinungsdatum und Ort, Seitenzahl.

Es ist eine bunte, internationale Auswahl, darunter drei deutschsprachige Länder und der Bekanntheitsgrad der Autorinnen bewegt sich zwischen Nobelpreisträgerinnen und beinahe vergessenen Autorinnen. Auch Biografien berühmter Frauen finden sich unter den rezensierten Titeln, und überrascht stoßen wir zwei Mal auf Harry Potter.  

Fazit

Eine breit gefächerte Sammlung von lebhaften, großartigen Essays, in denen insgesamt einundsechzig sehr unterschiedliche Bücher vorgestellt werden. Es sind sicher Bücher darunter, die wir bereits gelesen haben, Bücher, von denen wir gehört haben, auf die wir aber erst jetzt durch die Besprechung im vorliegenden Buch neugierig geworden sind und kaum bekannte Autorinnen und ihre Werke. Doch das Lesevergnügen beginnt schon hier, mit diesem Buch.

Bücher für die einsame Insel – François Armanet

AutorFrançois Armanet
Verlag Atlantik
Erscheinungsdatum 11. April 2017
FormatGebundene Ausgabe
Seiten224
SpracheDeutsch
ÜbersetzungClaudia Steinitz, Angela Volknant
ISBN-13978-3455000368

„Im Ergebnis mischt die Sammlung Meisterwerke der Weltliteratur, heilige Bücher der großen Religionen und geheime Madeleines.“ (Zitat Seite 19)

Thema und Inhalt

Die Frage, welche drei Bücher man auf die einsame Insel mitnehmen würde, gibt es wohl so lange, wie es auch Bücher und begeisterte Lesende gibt. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen Gilles Anquetil stellte François Armanet diese Frage über zehn Jahre lang jedem Schriftsteller, den sie für den Nouvel Observateur interviewt haben. Als dann 2014 die Idee entstand, die Antworten zu veröffentlichen, schrieb Armanet weitere einhundert Schriftsteller und Schriftstellerinnen an. Das vorliegende Buch ist das Ergebnis.

Umsetzung

Jedes Kapitel trägt den Namen des Schriftstellers oder der Schriftstellerin und das Datum. Dann folgt die jeweilige Originalantwort, manchmal sind es nur wenige kurze Sätze, dann wieder wird die persönliche Auswahl mit ausführlichen Texten erklärt. Das Kapitel schließt mit einer Zeile, die Angaben über Geburtsjahr und Geburtsort enthält, manchmal bereits ergänzt durch das Sterbejahr. Zuletzt nennt François Armanet drei Titel aus dem Werk des jeweiligen Befragten, gleichsam als Literaturtipp: den ersten als Vorschlag, den zweiten als Einführung, den dritten als Hommage. Damit wird die Liste der Ideen, die man in diesem handlichen, sehr ansprechend gestalteten Buch findet, gleichsam verdoppelt.

Besonders gespannt wird man sicher auf die Bücherliste der persönlichen Lieblingsautoren sein und ich freute mich besonders, auch Alessandro Baricco, Carlos Ruiz Zafón, Umberto Eco und John Le Carré in dieser Sammlung zu finden. Ich entdeckte aber auch Namen, von denen ich bisher noch nicht gehört hatte und auf die ich auf Grund der von ihnen genannten drei Bücher neugierig wurde.

Fazit

»Welche drei Bücher würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?« Diese klassische Frage wird in diesem handlichen Buch sehr interessant, vielseitig und unterhaltsam gelöst. Eine bunt bestückte Fundgrube für alle Lesebegeisterten.

Eine kurze Geschichte des Romans – Henry Russell

UntertitelEin Überblick über die wichtigsten Genres, Werke, Themen und Techniken
AutorHenry Russell
Verlag Laurence King Verlag
Erscheinungsdatum 25. März 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten224
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3962441760

„Das Buch, das Sie hier beginnen, in dem Sie schmökern, in das Sie hier und da eintauchen werden, ist ein Schnappschuss des Romans in Form einer Kurzgeschichte.“ (Zitat Vorwort Prof. Peter Boxall, Seite 6)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist ein Streifzug durch die Geschichte des Romans, am Beispiel von 67 ausgewählten Werken als besondere Beispiele zu der Vielfalt der unterschiedlichen Genres, Themen, Stil und Techniken. Der weite Zeitrahmen von eintausend Jahren beginnt mit „Die Geschichte vom Prinzen Genji“ von Murasaki Shikibu aus dem Jahr 1010, und endet mit „Meine geniale Freundin“ von Elena Ferrante, 2012.

Umsetzung

Die Einteilung in vier Teile ist präzise, logisch und sehr übersichtlich. Nach einer kurzen Einführung folgen die Kapitel GENRES, WERKE, THEMEN, TECHNIKEN, wobei die Werke den Hauptteil bilden. Jedem dieser Hauptkapitel ist ein Kreis mit einer bestimmten Farbe zugeordnet, der dann auch als Hinweis dient, worauf sich die Querverweise in den Fußzeilen beziehen. Das Buch endet mit einem Register, alphabetisch nach Autoren, dazu das oder die jeweils besprochenen Werke, immer mit Angabe der entsprechenden Seite, und einem Bildnachweis, denn es enthält im Kapitel WERKE zu jedem Buch eine meist farbige Abbildung des Covers und in den anderen Kapiteln finden sich Bilder der Autoren, entweder als Fotografie oder als Bild eines entsprechenden Gemäldes. 

In den Fußzeilen von jeder Seite finden sich Querverweise auf alle anderen Kapitel, immer mit Angabe der entsprechenden Seite, was dieses Buch auch zu einem sehr vielseitigen, rasch und praktisch einzusetzenden Nachschlagewerk macht.

Jeder vorgestellte Roman beginnt mit einem Infoteil mit Autor, Verlag, Sprache, Erscheinungsjahr, weitere wichtige Werke des Autors, Hintergrundinformationen zum Autor. Dann folgt eine Inhaltsangabe, jedoch selbstverständlich ohne zu viel zu verraten.

Im Kapitel Genres werden 36 unterschiedliche Genre besprochen, mit den entsprechenden Hauptvertretern unter den Schriftsteller:innen. Nach den im Hauptteil besprochenen 67 Werken, die sich unterhaltsam wie eine Sammlung von Kurzgeschichten lesen, beschäftigt sich das Kapitel Themen mit 24 Kernthemen, die oft in den Konflikten und Problematik von Romanen zu finden sind. Das Kapitel Techniken schließlich umfasst insgesamt 26 Abschnitte, beginnt mit Romananfängen und Romanenden und endet mit Überarbeitung.

Fazit

Dieses Handbuch wird man wohl zunächst mit großem Vergnügen von der ersten bis zur letzten Seite lesen. Man ist gespannt, welche der Bücher, die man schon gelesen hat, in dieser Auswahl von 67 Werken besprochen werden, andererseits wird man sicher angeregt, den einen oder anderen der vorgestellten Romane zu lesen, von dem man bisher noch nie gehört hatte. Die klare, übersichtliche Strukturierung mit den praktischen Querverweisen macht dieses Buch aber auch zu einem genialen Nachschlagewerk.

Das Buch von der Riviera – Erika Mann und Klaus Mann

AutorErika und Klaus Mann
Verlag Kindler Verlag
Erscheinungsdatum 16. April 2019
FormatGebundene Ausgabe
Seiten176
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3463407159

„Verwechseln Sie nicht die Börse mit der Oper, dazu neigt man am Anfang, weil beide gleich konventionelle und stattlich repräsentativ aussehen. In beiden wird Lärm gemacht, aber die Garage liegt also hinter dem Gebäude, wo man dafür zahlt, ihn zu hören.“ (Zitat Seite 28)

Inhalt

Diesen Reiseführer über die französische und italienische Riviera haben Erika und Klaus Mann 1931 verfasst. Die Route beginnt in Marseille und endet in La Spezia. Besonders detailliert werden die Städte Marseille, Cannes, Nice, Monte Carlo und Genua beschrieben.

Umsetzung

Der Hauptteil dieser imaginären Reise gilt der französischen Riviera und der mondänen, bereits damals ungemein beliebten Côte d’Azur. Erika und Klaus Mann treten in direkten Kontakt mit uns Lesenden, sprechen uns an, plaudern humorvoll, erzählen, schildern. Es ist kein Reiseführer im üblichen Sinn, dieses hier ist gleichzeitig ein unterhaltsamer Blick in das Leben der jungen Geschwister. Sie lassen uns teilhaben an ihren Lieblingsorten, besonders schönen, landschaftlich reizvollen Gegenden, und natürlich beschreiben sie auch ihre bevorzugten Restaurants. Diese und auch die Tipps betreffend Hotels und andere Unterkünfte enthalten auch die entsprechenden, im Jahr 1931 gültigen Preise. Mit lebhafter Leichtigkeit und einem humorvollen Augenzwinkern werden die Menschen beschrieben, auch Treffen mit Künstlerfreunden werden mit uns geteilt. So entsteht ein auch heute noch wunderbar zu lesendes, interessantes und sehr unterhaltsames Bild der Riviera in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts.

Fazit

Dieser literarische, autobiografische Reiseführer ist eine zeitlose, unterhaltsame Lektüre, die uns sofort in die Sommerstimmung an der berühmten Mittelmeerküste entführt.  

Lichtjahre – Volker Weidermann

AutorVolker Weidermann
Verlag btb Verlag
Erscheinungsdatum 6. August 2007
FormatTaschenbuch
Seiten336
SpracheDeutsch
ISBN-13ISBN-13: 978-3442736423

„So ist ein Buch entstanden, das die Geschichte der letzten sechzig Jahre der deutschsprachigen Literatur in vielen einzelnen Porträts beschreibt, in Lebens- und in Werkporträts, die hoffentlich am Ende ein zusammenhängendes Bild ergeben.“ (Zitat Seite 10)

Thema und Inhalt

Der Untertitel dieses Sachbuches beschreibt bereits Thema und Inhalt: „Eine kurze Geschichte der deutschen Literatur von 1945 bis heute“ und beginnt, ergänzt durch entsprechende Rückblicke, im Mai 1945 und endet 2005. Die Auswahl der über 140 Schriftstellerinnen und Schriftsteller (teilweise nur mit einem kurzen Absatz erwähnt) hat der Autor selbst getroffen. Die Werke selbst nehmen einen eher kleinen Teil der jeweiligen Kapitel ein, den Hauptteil bilden geschichtliche Rückblicke und vor allem Anekdoten aus dem Leben der Autoren und Autorinnen.

Umsetzung

Mentor und großes Vorbild von Volker Weidermann war Marcel Reich-Ranicki und ähnlich wie dieser bekannte Literaturkritiker wertet auch Volker Weidermann in diesem Buch teilweise sehr subjektiv und ordnet auch gleich das literarische Schaffen der besprochenen Autoren und Autorinnen je nach politischer Gesinnung in gut und schlecht ein. Das erste Kapitel dieses Sachbuches beginnt mit der Frage „Wo waren sie am 8. Mai?“, nämlich im Mai 1945, und stellt sofort das Werk von Schriftstellern wie Thomas Mann, Hermann Hesse, Heinrich Böll und natürlich Heimito von Doderer ins künstlerische Abseits, lästert über Erich Fried, während er Seite um Seite mit Maxim Biller verbringt. Dass auch er Peter Handke ausschließlich nach „Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morava und Drina“ be- und verurteilt, hat mich in diesem Wertungskontext nicht überrascht. Von „Scharfzüngig und humorvoll“ spricht der Verlag im Zusammenhang mit diesem Querschnitt durch 60 Jahre Literaturgeschichte, für mich lesen sich manche Abschnitte eher als abwertend, denn als scharfzüngig, kombiniert mit Volker Weidermanns leicht überheblichem, belehrenden Schreibstil. Abgesehen davon jedoch ist dieser Ausflug in die deutsche Literatur ein gelungener, anregender Querschnitt, der neugierig macht, bisher Unbekanntes zu entdecken und zu erlesen.

Fazit

Ein Querschnitt durch die deutsche Literaturszene zwischen 1945 bis 2005, wobei der Schwerpunkt weniger auf den Werken der besprochenen Autoren und Autorinnen liegt, sondern auf Gschichterln und Anekdoten aus dem Leben derselben.

Betrachtungen einer Barbarin – Asal Dardan

AutorAsal Dardan
Verlag HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH
Erscheinungsdatum 2. Februar 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten192
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3455010992

 „Man gewöhnt sich daran, dass das Leben wie ein Netz ist, etwas bleibt ja doch darin hängen. Nach dem Rest darf man nicht greifen, sonst reißen die Maschen, und dann ist alles weg.“ (Zitat Pos. 35)

Inhalt

Ihre Eltern fliehen aus dem Iran, als Asal Dardan ein Jahr alt ist. Sie können nur das Allernotwendigste mitnehmen und so wächst Asal in Köln und Bonn ohne die üblichen Familienfotos und Erinnerungsstücke auf. Ihre Eltern sprechen selten über den Iran, nur die Musik, die sie nach wie vor hören, besonders die Texte, werden für die heranwachsende Asal zu einem symbolischen Zugang zu der alten Welt ihrer Eltern. Als sie später die Realität einholt, stellt sie fest, nicht, wie man erwarten würde, zwei Heimaten zu haben, sondern keine. Die Autorin ist neunzehn Jahre alt, als sie die in Deutschland eingebürgert wird. Nach dem Abitur führt ein Praktikumsaufenthalt sie nach Atlanta, es folgt eine Zeit in Berlin, Sardinien und dann in Lund und auf der Insel Öland in Schweden, jetzt wieder Berlin. Dieses Buch, nominiert für den Deutschen Sachbuchpreis 2021, ist eine Sammlung von autobiografischen Essays.

Thema und Umsetzung

Die Autorin setzt sich mit ihren eigenen Erfahrungen auseinander, bringt diese in einen gesellschaftspolitischen Kontext zu brisanten aktuellen Themen. Flucht, Exil, Veränderung, die Suche nach dem Gemeinsamen, Empathie, und die Frage, warum es zwischen Menschen immer das Trennende ist, das zuerst bemerkt und betont wird, sind wichtige Aspekte ihrer Beobachtungen, Studien und Texte. Es ist ein breites Spektrum an Themen. Die Autorin schildert ihre persönlichen Erfahrungen in Atlanta. Auf ihren Spaziergängen durch die Gassen der Grünen Stadt in Berlin beschäftigt sie sich mit den Schicksalen der von den Nationalsozialisten ermordeten Widerstandskämpfer*innen, leitet über zu den aktuellen Gewaltverbrechen der letzten Jahre gegen internationale Aktivistinnen. Wir erfahren aber auch viel über ihr eigenes Leben, ihre Erlebnisse in der Schul- und Studienzeit, ihr Leben als Mutter zweier Kinder. Diese Essays sind eine eindringliche Aufforderung, nicht mehr in den alten Klischees über Länder, Nationen und Mentalitäten zu denken, aufzuhören, die alten Ängste zu schüren, sondern einfach auf den Menschen als Einzelindividuum zuzugehen.

Fazit

Eine Sammlung von Essays zwischen persönlichen Jugenderinnerungen, Anekdoten, humorvoll geschilderten Erlebnissen und brisanten gesellschaftspolitischen Erfahrungen.  Es sind einfühlsame, trotz des zwischendurch manchmal etwas moralisierend erhobenen Zeigefingers poetische, leise, sprachlich elegante Texte, die zum Mit- und Nachdenken anregen.

Österreichischer Buchpreis – Longlist 2020 und Shortlist Debüt 2020

Autor 13 Autorinnen und Autoren
VerlagHauptverband
Erscheinungsdatum 3. September 2020
FormatKindle und Broschüre
Seitenca. 120
SpracheDeutsch

Originalzitat aus dem Vorwort der hier vorgestellten Broschüre: „Literatur braucht Öffentlichkeit, Bücher benötigen Leserinnen und Leser, und Autorinnen und Autoren ein Publikum – nur so können neue Sprachwelten und frische Ideen ihre volle Wirkung entfalten.“

Inhalt

Das Lesebuch „Österreichischer Buchpreis und Debütpreis 2020“ umfasst etwa 120 Seiten und stellt die zehn nominierten Titel der Longlist 2020 und die drei Titel der Shortlist Debüt 2020 vor.

In Buchhandlungen erhält man die Broschüre in gedruckter Form kostenlos, doch NetGalley Deutschland stellt diese in elektronischer Form ebenfalls kostenlos zum Download bereit. Zwar sind die Titelseite mit ihren Abbildungen in der Kindle-Version nicht zu sehen, was jedoch kein Problem ist.

Die insgesamt dreizehn Autorinnen und Autoren werden in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt, mit Foto, kurzem Lebenslauf und künstlerischem Werdegang. Daran schließt eine ausführliche Leseprobe an. Ein Bild der Titelseite mit den Angaben über Verlag, Erscheinungsdatum, Seitenzahl und Preis schließt die jeweilige Präsentation ab.

Fazit

Eine perfekte Alternative zur gedruckten Broschüre, die nicht in allen Buchhandlungen erhältlich und auch dort rasch vergriffen ist. Ein interessanter Überblick über die nominierten Romane mit ausführlichen Leseproben.  Auf die Angaben zum Inhalt der einzelnen Romane wurde verzichtet, doch diese sind auf der Homepage des Österreichischen Buchpreises und natürlich auf den Seiten der Verlage zu finden und sind, zusammen mit der Leseprobe, sicher wichtig die Entscheidung, welche dieser Bücher auf die persönliche Liste für den nächsten Buchkauf kommen. Mein persönlicher Favorit, den ich mit Freude auf der Longlist 2020 gefunden habe, steht allerdings schon gelesen im Regal: „Fremdes Licht“ von Michael Stavarič.

Vögel füttern, aber richtig: Das ganze Jahr füttern, schützen und sicher bestimmen – Peter Berthold und Gabriele Mohr

AutorPeter Berthold
AutorinGabriele Mohr
Verlag Franckh Kosmos Verlag
Erscheinungsdatum 7. September 2017
FormatTaschenbuch
Seiten176
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3440156933

„So ist ein wunderbares Buch entstanden, das auf den heute verfügbaren wissenschaftlichen Grundlagen aufbaut und eindeutig zeigt: Vogelfütterung – sowohl als Winterfütterung und besser noch als Ganzjahresfütterung – leistet, verantwortungsvoll durchgeführt, einen überaus wertvollen Beitrag zum Vogelschutz und zum Erhalt der Artenvielfalt.“ (Zitat Seite 5, Vorwort Heinz Sielmann)

Thema, Inhalt und Umsetzung

Dieses Sachbuch mit zahlreichen Farbfotografien ist ein umfassender, informativer Ratgeber zum Thema Ganzjahrsfütterung unserer gefiederten Gäste aus der heimischen Vogelwelt.

Das über viele Jahre recherchierte Fachwissen ist wie folgt eingeteilt:

Zunächst werden in zwei übergeordneten Kapiteln die Grundlagen dargelegt.

Vögel füttern: es geht um den Artenrückgang und die Geschichte der Fütterung. Den Abschluss dieses Teiles bildet der Haussperling als detailliertes Beispiel.

Was Vögel zum Leben brauchen: hier sind die wissenschaftlichen Grundlagen nachzulesen.

Es folgt der umfangreiche Praxisteil.

Vögel Füttern in der Praxis: hier geht es um Futterspender, die unterschiedlichen geeigneten Futterarten, eine Übersicht der Fütterung im Jahreslauf. Diesmal ist der Star das Musterbeispiel. Doch auch auf die nicht gewünschten Besucher des Futterplatzes wird Bezug genommen, auf die erforderliche Hygiene und auch Tipps, was bei kranken oder toten Vögeln zu tun ist. Ein umfangreicher Teil mit ergänzenden Maßnahmen vom vogelfreundlichen Garten bis zu geeigneten Nistplätzen beendet diesen Praxisteil.

Den Abschluss bildet ein vierzig Seiten langes Porträt der heimischen Vogelarten, die an den Futterstellen zu beobachten sind, jeweils eine genaue Beschreibung, Ähnlichkeiten und Unterschiede für die Bestimmung werden durch zahlreiche Farbfotografien klar erkennbar.

Am Buchende findet sich ein kurzer Serviceteil mit Quellenangaben und Adressen von Futtermittelherstellern.

Fazit

Ein praxisnaher Ratgeber, verfasst nach jahrelanger Forschung von Prof. Peter Berthold und seiner leitenden Assistentin Gabriele Mohr. Klar strukturiert und sehr verständlich und lesbar geschrieben, finden auch schon bisher überzeugte Ganzjahresfütterer wie ich viele neue, wichtige Informationen und Tipps. Ein Sachbuch, das man immer wieder gerne zur Hand nimmt, um nachzulesen, oder einfach aus Freude an den vielen wunderbaren Fotografien.

Der Hund und sein Mensch: Wie der Wolf sich und uns domestizierte – Josef H. Reichholf

AutorJosef H. Reichholf
Verlag Carl Hanser Verlag
Erscheinungsdatum 17. August 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten224
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3446267794

„Über die Jahre, die ich mit Branko lebte, lösten sich manche Annahmen und Gewissheiten, die ich als Zoologe und Evolutionsbiologe über die Beziehung zum Hund mitgebracht hatte, in eine Vielzahl von Fragen und Ungewissheiten auf.“ (Zitat Seite 151)

Thema und Inhalt

In diesem Sachbuch geht es um die besondere Beziehung zwischen Hund und Mensch und die Frage, wie und warum sich der Wolf als Hund zum Weggefährten des Menschen entwickelte. Der Autor und Evolutionsbiologe nimmt uns mit auf eine Reise, die weit in der Vergangenheit beginnt, in der späten Eiszeit.

Umsetzung

Das spannend und verständlich geschriebene Buch ist in drei große Abschnitte geteilt: I Wie aus Wölfen Hunde wurden, II Die Beziehung zwischen Hund und Mensch, III Hund und Mensch – und Katze? Ein Ausblick.

Eine Vorbemerkung umfasst die grundsätzliche Fragestellung, die in den nachfolgenden Texten aus verschiedenen Perspektiven untersucht und mit aktuellen Forschungsergebnissen dokumentiert wird. Ein Nachwort fasst nochmals die Überlegungen und die Gründe, warum dieses Buch entstanden ist, zusammen.

Abschnitt I schildert die kontinuierliche Interaktion zwischen Menschen und Tieren, die bereits in der Steinzeit begonnen hat und deren Erforschung wissenschaftlich noch lange nicht abgeschlossen ist. Ein einzigartiges Beispiel dafür sind die Wölfe, die sich mit dem Homo sapiens in zwei ökologischen Formen weiterentwickelt haben, die wilden Wölfe und die Hundewölfe, und damit die Hundwerdung von Wölfen durch Selbstdomestikation.

Abschnitt II beschreibt den Alltag des Autors mit dem Familienhund Branko, der als Welpe in die Familie kam, seine persönlichen Beobachtungen und praktischen Erfahrungen.

In Abschnitt III geht es um den Vergleich der Ähnlichkeiten und der Unterschiede in der Beziehung Mensch-Hund und Mensch-Katze. Auch bei der Katze ist die Ausgangssituation die Selbstdomestikation, sie hat sich ebenfalls den Menschen angeschlossen, blieb aber unabhängig.

Fazit

In seinen Dankesworten am Ende des Buches schreibt der Autor, er hoffe, dass es immer mehr Hunden vergönnt sein möge, ein Leben mit den Menschen zu führen, das nicht auf strenger Dressur beruhe, sondern auf jener liebevollen Beziehung, zu der die Hunde befähigt sind. Es ist diese Einstellung des Autors und Evolutionsbiologen, die uns Leserinnen und Leser aus jeder Zeile dieses Sachbuchs erreicht. Teilweise nicken wir bestätigend, aber viele dieser interessanten Fakten sind neues Wissen und führen so auch zu einem besseren Verstehen des Wesens dieser besonderen Beziehung zwischen dem Hund und seinem Menschen.

Fragen zu Corpus Delicti – Juli Zeh

AutorJuli Zeh
Verlag btb Verlag
Erscheinungsdatum 25. Mai 2020
FormatTaschenbuch
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442719846

„Ich entziehe einem Staat das Vertrauen, der besser weiß, was gut für mich ist, als ich selbst.“ (Zitat aus dem Originalroman, Seite 187)

Thema und Inhalt

Moritz Holl, unschuldig für einen Mord verurteilt, begeht Selbstmord. Seine Schwester Mia Holl, zuvor angepasst mit einem tadellosen Lebenswandel, wird dadurch völlig aus der Bahn geworfen. Sie beginnt aufzubegehren und Fragen zu stellen in diesem Staat, in dem Gesundheit das oberste Gebot ist und der durch Regeln, die „METHODE“, gelenkt wird.

Darum geht es, sehr kurz gefasst, im 2010 erschienen dystopischen Roman „Corpus Delicti“ von Juli Zeh, der ursprünglich als Theaterstück geschrieben und auch an etwa 20 Theatern inszeniert wurde.

Da der Roman seit Jahren auch auf dem Lehrplan im Deutschunterricht steht, ist gerade dieser Text für die Autorin immer präsent geblieben. Zehn Jahre und viele Fragen später, ist nun dieses Begleitbuch erschienen, das jedoch keine Interpretation des Romans ist. Juli Zeh beschäftigt sich vielmehr mit den unterschiedlichen Fragen, die sich in den Jahren besonders bei den jungen Leser*innen ergeben haben und bietet Antworten an. Se greift die Themen auf und ergänzt diese durch viele neue Gedanken, die sich auch mit dem aktuellen Gesellschaftsbild auseinandersetzen und mögliche Wege in eine positive Zukunft aufzeigen.

Die Autorin hält es für sehr wichtig, dass sich immer mehr zeitgenössische Romane mit den aktuellen Entwicklungen auseinandersetzen. Eine der Fragen, die wir uns stellen sollten, ist es, wie wir in Zukunft als Einzelperson und als Gesellschaft miteinander umgehen wollen. Eine zentrale Rolle spielt das Gesundheitsthema und damit verbunden eine politisch verordnete Prävention, welche die demokratischen Grundrechte und Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen einschränkt.

Umsetzung

Juli Zeh wählt die Form eines fiktiven Interviews mit Fragen und Antworten. Das Buch ist in vierzehn übergeordnete Kapitel gegliedert und reicht von der Entstehungsgeschichte des Romans über die Protagonisten, Einflüsse, Literaturgattungen, bis zu ihrem eigenen schriftstellerischen Werdegang. Ein eigenes Kapitel (VIII) beschäftigt sich mit dem Genre politische Literatur. Im letzten Kapitel (XIV) spricht Juli Zeh „Statt eines Nachworts“ über die besondere Bedeutung, die der Roman „Corpus Delicti“ für sie hat.

Fazit

Eine interessante, wichtige und vertiefende Ergänzung zum Roman „Corpus Delicti“, gerade in diesen Wochen von brisanter Aktualität.

Der Konsumkompass – Katarina Schickling: Was Sie wirklich über Plastikverpackungen, Neuseelandäpfel & Co. wissen müssen

AutorKatarina Schickling
Verlag Mosaik
Erscheinungsdatum 27. April 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten272
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442178667

„Wir Kunden haben mit unseren Kaufentscheidungen viel mehr Macht, als uns oft bewusst ist. Diese Macht sollten wir nutzen!“ (Zitat Seite 319)

Thema und Inhalt

Dieses Sachbuch beschäftigt sich mit den aktuellen Fragen zur Nachhaltigkeit in allen Konsumbereichen des täglichen Lebens. Die Autorin ist Journalistin und Dokumentarfilmerin und untersucht  seit Jahren die Kernfragen im Zusammenhang mit einem möglichst umweltbewussten Leben. Die einzelnen Hauptthemen sind: Müll, Verkehrsmittel, Energie, Ernährung, Bewusster Konsum.

Umsetzung

Das Buch wird selbstverständlich ohne Schutzfolie geliefert und wurde klimaneutral produziert. Auf dem vorderen inneren Umschlagdeckel befindet sich ein übersichtlich gestalteter Saisonkalender Obst, auf dem rückwärtigen inneren Umschlagdeckel der entsprechende Saisonkalender Gemüse.

Positiv fällt bei diesem Sachbuch auf, dass das Glossar am Anfang des Buches steht.

Jedes Thema ist in einzelne Artikel unterteilt, die sich mit allen wichtigen Fragen und Diskussionen in der Praxis beschäftigen. Forschungsergebnisse werden nicht einseitig erfasst, sondern es werden unterschiedliche Sichtweisen und Studien dargestellt. Alle Zitate werden durch einen Beleglink in der Fußzeile der jeweiligen Seite ergänzt, sodass man sofort sieht, wo vertiefend nachgelesen und nachgesehen werden kann.

Jede Themengruppe schließt mit einer kurzen Zusammenfassung der wichtigsten Fakten ab und ermöglicht so auch ein gezieltes, rasches Nachschlagen zu einem bestimmten Thema.

Dieses Sachbuch gibt einen umfassenden Überblick über Fragen, die sich im normalen Alltag immer dann stellen, wenn man zwischen mehreren Möglichkeiten abwägen muss und überlegt, wie man möglichst nachhaltig konsumiert. So fand ich für mich endlich eine fundierte Gegenüberstellung zur Frage, warum ich auf Rügen Äpfel aus Neuseeland kaufen sollte, oder besser doch nicht.

Das letzte Kapitel stellt die Rolle des Einzelnen eindrücklich den großen, wichtigen Aufgaben der Politik gegenüber: „Dass wir einerseits verstanden haben, dass zur Rettung der Erde auch Verzicht gehören wird und dass wir bereit sind, diesen Beitrag zu leisten. Aber dass wir von unseren gewählten Volksvertretern im Gegenzug erwarten, dass sie die drängenden Probleme angehen. Jetzt.“ (Zitat Seite 317)

Am Buchende sind nochmals die „10 goldenen Regeln für ein nachhaltiges Leben“ zusammengefasst, gefolgt von einer Aufstellung mit weiterführender Literatur.

Fazit

Dieses Sachbuch ist nicht nur interessant und vielseitig, sondern auch angenehm zu lesen, denn die Tipps und Anregungen werden niemals mit erhobenem Zeigefinger gegeben und Alltagssituationen, die wir alle auch schon erlebt haben, schildert die Autorin mit Humor, Verständnis und im lockeren Plauderton. In diesem Konsum-Kompass werden genau recherchierte und geprüfte Fakten, verbunden mit persönlichen Erfahrungen, auch für Laien sehr gut verständlich und nachvollziehbar präsentiert und regen zum Nachdenken und Umdenken an.

Nerds retten die Welt: Gespräche mit denen, die es wissen – Sibylle Berg

AutorSibylle Berg
Verlag Kiepenheuer&Witsch
Erscheinungsdatum 5. März 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten336
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462054606

„Wissenschaft funktioniert nur im Team, je diverser, desto besser.“ (Zitat Pos. 1058)

Thema und Inhalt

Dieses Sachbuch ist eine Sammlung von Interviews mit sechzehn Wissenschaftler*innen und Forscher*innen in unterschiedlichen Bereichen. Diese Gespräche entstanden während die Autorin an ihrem Roman „GRM“ arbeitete und wurden zunächst in ihrer Kolumne im Magazin „Republik“ veröffentlicht.

Umsetzung

Alle Interviews beginnen mit der Frage, ob sich der/die Interviewte heute schon um den Zustand der Welt gesorgt habe, was im Moment am meisten irritiert und Ideen, was man dagegen unternehmen kann, dann soll die eigene Tätigkeit und Forschungsschwerpunkte in drei Sätzen beschrieben werden. Nun folgt der eigentliche, fachbezogene Teil. Alle Gespräche enden mit der Frage nach einem positiven Schlussstatement.

Valerie M. Hudson, Prof., Politikwissenschaftlerin

 „Unsere Kinder werden frei geboren; wenn wir ihnen beibringen, ohne das Elend und das Leid zu leben, das durch die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen verursacht wird, können sie frei bleiben.“ (Zitat Pos. 237)

Wilhelm Heitmeyer, Soziologe, Erziehungswissenschaftler

„Gewalt ist immer eine Machtdemonstration, die wiederum Anerkennung schafft in der jeweiligen Bezugsgruppe, etwa von Jugendlichen.“ (Zitat Pos. 481)

Robert Riener, Dr., Professor für Sensomotorische Systeme

„Jede – alte und neue – Technologie hat immer zwei Seiten. Sie kann uns nützen, oder sie kann so missbraucht werden, dass sie uns schadet.“ (Zitat Pos. 722)

Elizabeth Anne Montgomery, Dr., Professorin für Pathologie und Onkologie

„Die KI kann heute kaum die anatomische Herkunft einer Probe erkennen. Aber irgendwann könnte sie eine große Rolle spielen, indem sie jene Analysedaten bewältigt, die repetitiv und für einen Menschen nicht besonders interessant sind.“ (Zitat Pos. 878)

Lorenz Adlung, Dr., Systemtheoretiker und Systembiologe

„Wissenschaft funktioniert nur im Team, je diverser, desto besser.“ (Zitat Pos. 1058)

Iddo Magen, Dr., Neurobiologe

„Wenn es etwas gibt, das mich als Wissenschaftler beunruhigt, dann, dass die Menschen an Fake News, an erfundene Nachrichten, glauben und dass sie nicht an den Aussagen ihrer Führer zweifeln oder deren Aussagen überprüfen.“ (Zitat Pos. 1125)

Dirk Helbing, Physiker, Soziologe, Professor für Computational Social Science

“Wenn man die beste Einzellösung mit anderen Lösungen kombiniert, dann entsteht oft eine noch bessere Lösung. Das ist das Geheimnis der kollektiven Intelligenz. (Zitat Pos. 1507)

Abraham (Avi) Loeb, Dr., Professor für Astrophysik

„Die Quantenmechanik besagt, dass eine Information nicht verschwinden kann, Hawkings Berechnungen hingegen haben gezeigt, dass sie es tut. Dieses Informatonsparadoxon ist eines der ungelösten Probleme der modernen Physik.“ (Zitat Pos. 1563)

Odile Fillod, Ingenieurin, Kognitionswissenschaftlerin, Wissenschaftssoziologin

„Es geschieht insbesondere im Namen eines bestimmten (essenzialistischen) Feminismus, dass fragwürdige Forschung über die Unterschiede zwischen Frauen und Männern reproduziert und falsch ausgewertet wird.“ (Zitat Pos. 1866)

Hedwig Richter, Historikerin, Professorin für Neuere und Neueste Geschichte

„Der Brexit war nicht Demokratie in Reinform, sondern ein demokratisches Missverständnis.“ (Zitat Pos. 2022)

Carl Safina, Meeresökologe, Dr., Professor, unterrichtet Wissenschaftskommunikation

„Wir begreifen, dass wir in der Lage sind, globale Probleme zu schaffen, aber nicht, dass wir sie dringend lösen müssen.“ (Zitat Pos. 2446)

Rolf Pohl, Soziologe, Sozialpsychologe, Männlichkeitsforscher

„Das Männliche ist weiterhin eine in der Kultur und bis ins Unterbewusste der Einzelnen tief verankerte Norm. Es gilt dem Weiblichen als überlegen und bestimmt die bei Männern und Frauen gängigen Einstellungsweisen und Wahrnehmungsmuster.“ (Zitat Pos. 2800)

Jens Foell, Dr., Neuropsychologe, Schwerpunkt Psychopathologie

„Das Smartphone, oder genauer gesagt, die Möglichkeit, ständig auf alles Wissen der Menschheit zugreifen zu können, ist eine nie da gewesene Herausforderung für unser Gehirn und unsere Gesellschaft.“ (Zitat Pos. 2855)

Jutta Weber, Dr., Technikforscherin, Philosophin, Professorin für Mediensoziologie

„Es gibt keine wertfreie Technik. Denn Technik greift in Wahrnehmung, Kommunikation, Sozialität – also in die Formen und Weises unseres Zusammenlebens – ein. (Zitat Pos. 3043)

Lynn Hersham Leeson, Künstlerin, Regisseurin, interaktive Medienkünstlerin

„Und das könnte der Schrecken der Unsterblichkeit sein: dass, um unsterblich zu werden, unsere DNA, das perfekte Archiv, bis zur Unkenntlichkeit mutieren wird.“ (Zitat Pos. 3391)

Emilia Zenzile Roig, Politologin

„Wichtig ist auch, Schuld und Verantwortung nicht zu verwechseln. Auch wenn wir in Bezug auf die Ungerechtigkeit dieser Welt nicht schuldig sind, können wir trotzdem Verantwortung übernehmen.“ (Zitat Pos. 3651)

Fazit

Dieses Sachbuch bietet ein breites Spektrum an unterschiedlichen Informationen, die auch für interessierte Leser*innen ohne Fachwissen verständlich erklärt werden.  Es geht um ein besserer Verständnis unserer Welt, die sehr komplex geworden ist und um mögliche Wege in eine positive Zukunft. Zeitlos, aber in diesen Wochen von brisanter Aktualität.  

Pommersche Weihnacht – Wolfgang Schneider & Torsten Seegert

AutorWolfgang Schneider
AutorTorsten Seegert
Verlag Heimat-Bild-Verlag
Erscheinungsdatum 15. August 2012
FormatGebundene Ausgabe
Seiten160
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3942926171

„Denn die Lucia, die am 13. Dezember kommt, um das Licht in die dunkle Zeit zu bringen, besucht auch Sassnitz alljährlich in der Vorweihnachtszeit. Sie kommt mit einer Lichterkrone im Haar auf dem Fährschiff von Trelleborg herüber.“ (Zitat Seite 29)

Thema

Viele der alten Traditionen der Pommerschen Weihnacht sind schon in Vergessenheit geraten und könnten bald verloren sein. So ist dieses Buch entstanden, Erinnerungen und Wissen wurden erkundet, gesammelt und in diesem Rügisch-Pommerschen Hausbuch niedergeschrieben.

Umsetzung

Der erste Teil ist eine Mischung aus Schilderungen, wie damals Weihnachten gefeiert wurde und den überlieferten Geschichten und Weihnachtssagen, die alle kannten und dennoch jedes Jahr zur Weihnachtszeit wieder hören wollten. Interessantes und Wissenswertes, zum Beispiel über den typischen Hiddenseer Bügelbaum, den Weihnachtsmarkt in Stralsund im Jahr 1843, das Quempas-Singen, natürlich das Essen und die Spiele am Weihnachtsabend und die Umzüge finden sich ebenfalls in diesem ersten Teil. Auch den Mistelbrauch kannte man im 19. Jahrhundert in Pommern bereits. Besonders beeindruckt hat mich, von der „Lüttenweihnacht“ zu lesen, dem Brauch, dass die Kinder im Wald ein Bäumchen mit Leckereien für die Tiere, mit Äpfeln, Kastanien, Maisknödeln, schmücken. Diesen Brauch der „Waldweihnacht“ gibt es in ländlichen Gebieten auch in Österreich noch heute, zum Beispiel in Kärnten.

Dem erzählenden ersten Teil folgt ab Seite 91 der zweite, praktische Teil mit vielen Anleitungen, Bastelideen und alten Familienrezepten, die in diesem Buch mit den interessierten Lesern geteilt werden.

Eine DVD mit dem Film „Rummelsburger Quempas“ (2000) mit dem typischen Gesang, der Weihnachtsgeschichte und verschneiten Pommernlandschaften ergänzt das Buch.

Fazit

Dieses Hausbuch ist eine interessante und besinnliche Mischung von Wissen und Geschichten über Weihnachten in Pommern. Eine Vorweihnachtslektüre, die man immer wieder gerne in die Hand nimmt und auch ein sicher willkommenes, spezielles Geschenk nicht nur für die Menschen, die hier leben, sondern auch für die Gäste, die mit diesem Hausbuch ihre Urlaubserinnerungen vertiefen können.

Besser spät als nie: Eine Liebeserklärung an das Alter – Mechthild Grossmann, Dorothea Wagner

AutorMechthild Grossmann
Dorothea Wagner
Verlag Insel Verlag
Erscheinungsdatum 27. Oktober 2019
FormatGebundene Ausgabe
Seiten254
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3458364504

„Ich habe beschlossen, dass in meinem Leben noch etwas Frühling zu sein hat.“ (Zitat Seite 19)

Inhalt

Über ein Jahr lang schrieb Mechthild Grossmann, 79 Jahre alt, gemeinsam mit ihrer Enkelin die „Oma-Kolumne“ in der Süddeutschen Zeitung. Hier sind die Artikel nun in Buchform zu lesen.

Thema und Genre

Es sind kurze Artikel, Essays, über den Alltag im Leben eines älteren Menschen. Mechthild Grossmann macht sich über viele Themen Gedanken, sie erzählt von den angenehmen Seiten des Alters, das ungezwungene Leben in einem nur mehr mit freiwilligen Terminen gefüllten Alltag. Es geht um Familie und Liebe, natürlich sind auch Krankheit, Tod und Abschiede ein Thema. Manche Buchhandlungen führen dieses Buch als Selbsthilfebuch, Lebenshilfebuch, für mich ist es eine Sammlung von Alltagsgeschichten und Gedanken über das Leben in seinen vielen Facetten.

Umsetzung

Mechthild Grossmann lebte ihr Leben als Hausfrau, Mutter, Großmutter, ohne je berufstätig zu sein. In der Kolumne, die sie mit ihrer Enkelin, einer ausgebildeten Journalistin, für die SZ geschrieben hat, setzt sie sich gedanklich und rückblickend mit vielen Stationen ihres Lebens auseinander, lebt die schönen Erinnerungen. Gleichzeitig beschreibt sie ihren aktuellen Alltag als Frau von beinahe achtzig Jahren, die gelernt hat, das Leben zu genießen.

Es geht ihr darum, ihre Erinnerungen zu teilen, um junge Menschen, die selbst Enkel und Enkelinnen sind, anzuregen, mehr mit den eigenen Großeltern zu reden, die Gemeinsamkeiten neu zu entdecken. Ihr Buch soll auch zeigen, dass das Leben in jedem Lebensalter lebenswert ist.

Es sind kurze Artikel, sprachlich eben Kolumnen, einfach und leicht zu lesen. Man hat sich offensichtlich entschieden, für das Buch keine Überarbeitungen in Sinne von Übergängen durchzuführen, sodass zum Beispiel alle Abschnitte über die Alzheimer-Krankheit des Ehemannes mit den selben einleitenden Erklärungen beginnen, was für Zeitungsleser, die vielleicht diese Kolumne nicht immer gelesen haben, wichtig ist, im Buch aber zu einer Betonung des Themas Krankheiten führt, obwohl in einem anderen Artikel die Autorin gerade eben nicht immer nur über Krankheiten reden will. Es dennoch tut, ausführlich über ihre Hüftoperation berichtet.

Wunderbar ist die erste Geschichte im Buch, in der es um einen roten Mantel geht und die Geschichten rund um Weihnachten. Andere dagegen lesen sich für mich eher belehrend, als humorvoll, wie vom Verlag im Klappentext beschieben.

Fazit

Dieses Buch ist eine gebundene Ausgabe von Zeitungskolumnen zu vielen unterschiedlichen Themen des Lebens, mit dem Schwerpunkt Älterwerden. Die Autorin genießt ihr freies Leben als Seniorin und lässt uns Leser daran teilhaben. Ich wollte es auf Grund der Leseprobe, das erste Kapitel im Buch, lesen, denn diese Geschichte rund um einen roten Mantel hat mir sehr gut gefallen, zum bejahend Nicken und Schmunzeln gebracht. Leider reichen die meisten nachfolgenden Kapitel nicht an diese wunderbare erste Geschichte heran.

Venedig und die Lagune für Fortgeschrittene – Wolfgang Salomon

AutorWolfgang Salomon
Verlag Styria Verlag
Erscheinungsdatum 13. September 2019
FormatTaschenbuch
Seiten192
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3222136351

„Eine leichte Abendbrise weht den salzigen Duft der Adria über mein kleines Paradies am äußersten Ende des Wellenbrechers, wo sich gerade die Erlebnisse des heutigen Tages sowie der letzten Wochen und Monate, gleich einem Puzzle, zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen.“ (Zitat Seite 9)

Thema und Inhalt

Wie der Titel schon sagt, ist das Thema die Sehnsuchtsstadt Venedig und die sie umgebende Lagune. Aus dem Material, das der Autor zwei Jahre lang auf seinen Touren durch Venedig und die Lagune gesammelt hat, ist nach intensiver Sichtung und Auswahl dieses Buch entstanden. Es führt den Leser in vier unterschiedlichen Touren zu versteckten, auch den Touristenströmen weitgehend unbekannten Orten, Plätzen, Gebäuden. Ausgehend vom Markusplatz, über die Insel Giudecca, über den Lido und Pellestrina bis zu kleinen, verwunschenen Inseln in der Lagune. Stimmungsvolle Fotografien ergänzen dieses einzigartige Buch, das sich wie ein Tagebuch liest, mit Erzählungen zu einzelnen Plätzen, bekannte Situationen, poetisch in Worte gefasst.

Gestaltung und Umsetzung

Eingeteilt ist das Buch in in vier übergeordnete Teile, wobei jeder dieser Teile gleichzeitig eine Tour ist. Jeder Teil ist in Kapitel unterteilt. Die Titelseite enthält die jeweiligen Tour-Highlights und eine Zeitangabe zur Dauer der Tour.

Die erste Tour beginnt auf dem Markusplatz, die zweite führt auf die Insel Giudecca, die dritte hat den berühmten Lido mit dem breiten Sandstrand und Pellestrina zum Thema. Der vierte Teil, Verlassen, Verwunschen und Versunken, handelt von den beinahe vergessenen, einsamen kleinen Inseln der Lagune. Es sind Orte von historischer Bedeutung, wie die Quarantäne-Insel aus der Zeit der Pestepidemie, aber auch mystische Orte mit ihren geheimnisvollen Geschichten.

Die übersichtliche Aufteilung ist sehr gut gelungen und durchdacht. Eigene Geschichten, Stimmungsbilder, in Worte gefasst, als Ergänzung zu den zahlreichen Fotografien wechseln mit Wissenswertem und Zusatzinformationen ab, wobei diese Fachartikel deutlich durch eine andere Schrift, eine alte Proportionalschrift, abgegrenzt und daher sofort erkennbar sind. Die zugrunde liegende Literatur ist am Ende des Buches aufgelistet. Auch diese Zusatzinformationen gehen weit über das bekannte Wissen der üblichen Reiseliteratur hinaus.

Zwischen den einzelnen Geschichten oder auch erklärend zu manchen Fotografien, sind besonders einprägsame Textauszüge als Zitat wiederholt. Ergänzt werden die Schilderungen durch Ausflüge in die frühe oder zeitgeschichtliche Vergangenheit Venedigs, Wissenswertes in Kurzform. Vieles davon wird auch regelmäßigen Venedig-Besuchern noch neu sein. So wie viele der besonderen, oft versteckten Örtlichkeiten, die der Autor erkundet hat und in diesem Buch beschreibt.

Eine Karte am Ende jeder Tour, grafisch sehr ansprechend und einheitlich klar gestaltet, zeigt die Standorte der beschriebenen und nützlichen Adressen, dazu Restauranttips und besondere Geschäfte. Zusätzlich findet sich im Infoteil am Schluss der jeweiligen Tour Wissenswertes zu besonderen Themen, sei es eine Aufstellung der Buchhandlungen in Venedig, oder ergänzende historische Fakten, oder besonders düstere Geschichten zu einzelnen Gebäuden und Örtlichkeiten. Rezepte zu in den Texten erwähnten Speisen runden das Gesamtbild ab.

Fazit

Dieses Buch ist kein Reiseführer, sondern vielmehr eine Begleitlektüre, die man nach Venedig mitnehmen möchte, um immer wieder darin zu schmökern, irgendwo abseits des Trubels auf irgend einer Stufe sitzend. Bis es so weit ist, eignet sich diese literarische Liebeserklärung an Venedig perfekt dazu, wenigstens die Sehnsucht in Gedanken die Reise zu schicken.

Das Bücherhaus: Eine philosophische Liebesgeschichte – John Kaag

AutorJohn Kaag
Verlag btb Verlag
Erscheinungsdatum 14.Oktober 2019
FormatTaschenbuch
Seiten352
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442718894

„Diese frühe amerikanische Philosophie handelte von Inspiration, davon, sich aus den lähmenden und alles tötenden Wegen der Vergangenheit zu befreien.“ (Zitat Seite 72)

Inhalt

„Ist das Leben lesenswert?“ fragte William James, Mitbegründer des neuen Denkschule des philosophischen Pragmatismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Amerika. Diese Frage stellt sich auch der junge Philosophieprofessor John Kaag im Jahr 2008, als sein Leben in einer tiefen Krise steckt. Bis er in einer Bäckerei in Chococua auf Bunn Nickerson trifft. Der Dreiundneunzigjährige ist auf dem nahegelegenen Landsitz „West Wind“ von William Ernest Hocking aufgewachsen und fährt mit Kaag spontan zur Bibliothek Hockings, die sich immer noch in einem der Gebäude befindet. Kaag denkt an William James Aussage „Wer darauf verzichtet, eine sich darbietende einzige Gelegenheit zu ergreifen, verliert den Preis ebenso sicher, als wenn er den Versuch machte und keinen Erfolg hätte.“ Denn der Blick durchs Fenster hat sofort sein Interesse geweckt und die Tür ist nicht verschlossen. Schon bei diesem ersten, kurzen Stöbern in den vielen philosophischen Schätzen, Erstausgaben, Notizen, Briefen, die hier zu finden sind, nimmt diese Bibliothek John Kaag völlig gefangen und lässt ihn nicht mehr los. Es scheint, als hätten sie gegenseitig aufeinander gewartet, die großen amerikanischen Denker und ihre europäischen Vorbilder und der moderne, junge Philosoph. Zuerst schweigt er über seinen Fund, dann erzählt er seiner Kollegin Carol Hay, ebenfalls Professorin für Philosophie an der University of Massachusetts Lowell, von der Bibliothek und von da an arbeiten sie gemeinsam und kommen einander auch persönlich näher.

Thema

Dieses beeindruckende Buch beschreibt die Entdeckung und Aufarbeitung einer in Vergessenheit geratenen Privatbibliothek der bekannten amerikanischen Philosophen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Wir finden kurze Biografien, auch unter Einbeziehung des persönlichen Lebens, Beziehungen und Familie, von berühmten Denkern unterschiedlicher Richtungen und Ideen wie William James, William Ernst Hocking, Agnes Hocking, Ralph W. Emerson, Charles Sanders Peirce, Josiah Royce, Alfred North Whitehead, Friedrich W. J. Schelling, Georg W. F. Hegel und natürlich Immanuel Kant und viele weitere. Der Autor schreibt über die wichtigsten philosophischen Strömungen, Themen sind Transzendentalismus, Amerikanischer und Deutscher Idealismus, Amerikanischer Pragmatismus, das Buch ist eine erzählte Philosophiegeschichte der Vereinigten Staaten. Kernthemen für uns heutige Leser sind Selbstbestimmung, eigenständige Entscheidungen, Freiheit im Denken und Handeln, Spiritualität, Gleichberechtigung, Freundschaft, Partnerschaft und Familie, Liebe, kurz: das Leben.

Handlung und Umsetzung

Mit Bezug auf Dante und Beatrice und auf die eigene Situation in dieser Zeit teilt der Autor das Buch in drei Teile, HÖLLE, FEGEFEUER, ERLÖSUNG. Diese wiederum sind in Kapitel unterteilt.

Als John Kaag die Bibliothek das erste Mal sieht, wirkt alles verlassen, vergessen. Vom ersten Kontakt an unterstützen die Mitglieder der Familie Hocking den Autor in seinem Vorhaben und sind mit der Idee, einen erheblichen Teil der Bücher nach einer Katalogisierung und Schätzung des Bestandes als Schenkung an die O’Leary Library der University of Massachusetts zu stiften.

Kaag gibt uns Lesern hier zwar einen fundierten, sehr komplexen Einblick in das philosophische Denken, doch er erzählt uns darüber, vergleicht einzelne Passagen und wichtige Kernaussagen, bringt sie mit heutigen alltäglichen Situationen und Gedanken in Verbindung, beschreibt, aber wertet nicht, mit Humor gelingt ihm hier eine faszinierende Kombination aus wissenschaftlichem Denken und gelebtem Alltag. Dies erreicht er, indem er über das jeweilige Buch erzählt, über den Verfasser desselben, manchmal eingebettet in Beschreibungen wie: „Ich legte den Cudworth auf den Küchentresen und trollte mich ins Bett mit dem Gedanken, dass amerikanische Philosophie einen Idealismus und eine Sympathie für das menschliche Gefühl übernommen hatte, die das Leben ein wenig erträglicher machte.“ (Zitat Seite 195) Er nimmt uns Leser mit auf eine Reise, die uns rasch in ihren Bann zieht, uns nicht mehr loslässt und auch viele eigene Gedanken anregt.

Fazit

Bis zu diesem Buch wusste ich nicht, das Philosophie so packend, spannend, interessant und vor allem, so lebendig sein kann. Natürlich musste ich viele der Passagen, wenn es um die Kernaussagen geht, mehrmals lesen, überdenken, nochmals lesen, doch ich tat es mit Genuss und Vergnügen. Dieses Buch fasziniert und macht Freude, regt auch an, sich weiter mit dem Thema Philosophie zu beschäftigen. Man sollte sich dafür Zeit und Ruhe nehmen und sich überraschen lassen.

So viel Sehnsucht auf so kleiner Fläche: Edvard Munch und seine Bilder – Karl Ove Knausgård

AutorKarl Ove Knausgård
Verlag Luchterhand
Literaturverlag
Erscheinungsdatum 23. September 2019
FormatGebundene Ausgabe
Seiten288
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3630875897

„Er hatte nicht die Absicht, das Lebendige zu malen, sondern das Gemalte lebendig werden zu lassen. Für ihn hieß dies, das Entscheidende an dem einzufangen, was er sah.“ (Zitat Seite 45)

Inhalt

Karl Ove Knausgård ist neunzehn Jahre alt, als er im Museum in Bergen, Norwegen, vor einem Bild von einer verschneiten Landschaft steht, eines von fünf ähnlichen Bildern, die Edvard Munch 1906 in Thüringen gemalt hatte. Genau dieses Bild hat der Autor vor Augen, als er an einer Rede zum 150. Geburtstag des Malers arbeitet. Etwa zwei Jahre später lädt das Munch-Museum in Oslo ihn ein, eine Munch-Ausstellung zu kuratieren. Er ordnet jedem der vier Räume ein Thema zu und entscheidet sich, aus dem Depot des Munch-Museums mit dem Nachlass des Künstlers Werke auszuwählen, die noch nie gezeigt worden waren. Gleichzeitig setzt er sich auf eine sehr persönliche Weise mit dem Künstler auseinander.

Thema und Umsetzung

Bei diesem Buch handelt es sich um keine Biografie und keineswegs nur um eine weitere kunstkritische Interpretation des Malers Edvard Munch und deiner Werke. Der Autor, ein bekannter norwegischer Schriftsteller, geht seinen eigenen Weg als Erzähler, indem er die Bilder chronologisch dem Leser nahebringt, beginnend mit den ersten noch erhaltenen Bildern, die Munch 1880, im Alter von sechzehn Jahren, gemalt hat. So zeigt er die Entwicklung auf, die Edvard Munch als Künstler durchmachte, die einzelnen Schaffensperioden und die eindrücklichen Veränderungen in Malstil und Farbe. Dies ist möglich, da Munch in den mehr als sechzig Jahren seiner künstlerischen Tätigkeit dieselben Motive immer wieder aufgriff und neu malte. So malte er Bäume auf seinem ersten Bild 1880 und auch auf seinem letzten 1944. Auch dem Thema Krankheit, „Das kranke Kind“ wendet er sich mehrmals zu, im Versuch, die Verluste während seiner Kindheit und vor allem die damit verbundenen Gefühle im Bild umzusetzen.

Daher spielt auch die Biografie des Künstlers in diesem Buch eine Rolle, denn für den Autor sind gerade seine Bilder die gemalte Wirklichkeit des Lebens des Künstlers und seiner komplexen Persönlichkeit.

„Er malte mit anderen Worten seine Erinnerungen und versuchte, die Gefühle von Neuem zu erschaffen, die sie einst in ihm ausgelöst hatten.“ (Zitat Seite 160)

Das Buch ist in drei Teile eingeteilt, im ersten Teil zeigt der Autor seine eigene Beziehung zu Edvard Munch und seinen Bildern, im Mittelpunkt des zweiten Teiles steht die Erarbeitung der Ausstellung und die Gespräche über Munch, die Knausgård mit anderen Künstlern führte und um dritten Teil geht es um die Idee des Autors, den Entwicklungsprozess der Ausstellung auch filmisch zu dokumentieren und um seine Zusammenarbeit mit den Filmemachern Joachim und Emil Trier. Das Buch enthält vierzehn farbige Abbildungen der wichtigsten besprochenen Gemälde.

Fazit

Diese vielschichtige, literarische Annäherung zeigt uns Lesern die großartige Vielfalt der Bilder, die Munch abseits des allzu oft zitierten „Schrei“ geschaffen hat. Es ist ein sehr persönlicher Weg des bekannten norwegischen Schriftstellers, sich mit dem Leben und Werk von Edvard Munch auseinanderzusetzen, den Maler mit allen Sinnen und Gefühlen zu erfassen, nicht das zu wiederzugeben, das rückblickend in die Kunst interpretiert wird, sondern ein Versuch, in erzählende, beschreibende Worte zu fassen, was der Maler damals, in seinem Jetzt, darstellen wollte. „Doch wie lebt seine Kunst weiter? Die konkreten Bilder befinden sich an konkreten Orten – der größte Teil hängt in Museen -, so wie die Motive, die sie zeigen, sich an konkreten Orten befinden. Aber sie führen ihr Leben nicht im Konkreten, sondern in unserer Vorstellungswelt, im Inneren jedes Einzelnen von uns.“ (Zitat Seite 260). Dieses Buch trägt dazu bei, dass Edvard Munch und seine Bilder lebendig bleiben.

Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen – Margareta Magnusson

AutorMargareta Magnusson
Verlag S. FISCHER Verlag
Erscheinungsdatum 21. März 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten160
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3103973235

„Manchmal muss man sich von liebgewonnenen Dingen trennen und kann nur hoffen, dass sie bei jemandem landen, der bald eigene schöne Erinnerungen damit verbindet.“ (Zitat Seite 57)

Inhalt

Die Schweden haben ein eigenes Wort dafür: döstädning, das Aufräumen des Lebens. Genau darum geht es in diesem Buch.

Wir Menschen neigen dazu, nicht nur Erinnerungen, sondern auch Dinge zu sammeln, aufzubewahren. Wir alle tun dies, einerseits, weil wir vermuten, einen Gegenstand, der noch in Ordnung ist, vielleicht doch irgendwann wieder brauchen zu können, andererseits, weil uns etwas gefällt, wir es gerne in unserem Wohnraum haben, um uns daran zu erfreuen. Im Laufe des Lebens sammelt sich da vieles an, Hausrat, Erinnerungsstücke und auch Dachboden, Keller, Garage und Werkzeugschuppen füllen sich.

Genau über diese Situation machte sich die Autorin Gedanken und begann mit dem Sortieren und Aufräumen. Ihre Erfahrungen und Tipps hat sie in diesem Buch gesammelt.

Thema

In diesem Buch geht es darum, wie wir besser Ordnung halten können und was man speziell mit fortschreitenden Alter tun kann, um den Nachkommen eines Tages ein langwieriges Auflösen des Haushaltes zu ersparen oder dies wenigstens zu erleichtern.

Eine Möglichkeit dazu ergibt sich, wenn man ohnedies aus einer großen Wohnung oder Haus in eine kleinere Wohnung zieht. Doch im Grunde ist es jederzeit sinnvoll, den persönlichen Besitz in Ruhe durchzusehen, sich zu erinnern und dann loszulassen – oder den einen oder anderen Gegenstand bewusst zu behalten.

In kurzen, übersichtlichen Kapiteln spannt die Autorin den Bogen ihrer Themen, vom Möbelstück über Bücher bis zu Küchenutensilien in mehrfacher Ausführung. Auch Haustiere sind ein Thema. Viele unterschiedliche Anregungen und Tipps sorgen dafür, dass Leserinnern und Leser die jeweils für die persönliche Situation passenden Ideen und Vorschläge finden.

Anders als bei diesem Thema vielleicht vermutet, handelt es sich hier keineswegs um ein  trauriges Buch, sondern die Autorin schreibt mit viel Einfühlungsvermögen, lebensbejahend und humorvoll. 

Fazit

„Nach ihrem Tod wird niemand seine kostbare Zeit damit verschwenden müssen, den Krempel zu entsorgen, den Sie schon jetzt nicht mehr benötigen.“ (Zitat Seite 155). Dieses praktische, humorvolle Buch ist für alle Leser, die diese Ansicht teilen.

Die Weisheit alter Hunde – Elli H. Radinger

AuthorElli H. Radinger
Verlag Ludwig Buchverlag
Erscheinungsdatum Oktober 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten320
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3453281080

Gelassen sein, erkennen, was wirklich zählt – Was wir von grauen Schnauzen über das Leben lernen können

„Wenn Shira einen Kalender designen müsste, dann würde sie auf jedes einzelne Kalenderblatt JETZT schreiben. Denn das ist es, was für sie zählt.“ (Zitat Seite 188)

Inhalt

Die Autorin, Wolfs- und Hundeexpertin, schreibt über das Leben mit Hunden, im Wissen, dass die Lebenserwartung von Hunden im Normalfall weit unter jener der Menschen liegt. Im Mittelpunkt stehen Geschichten über den Alltag mit Shira, der inzwischen dreizehn Jahre alten Labradorhündin der Autorin, sowie über Lady, die Vorgängerin von Shira, die fünfzehn Jahre alt geworden war.

Thema und Genre

Dieses Buch ist weit mehr als nur ein Sachbuch über alte Hunde. Es geht nicht um Tipps betreffend die Ernährung, Krankheiten und ähnliche Themen, die man in jedem Hundebuch finden kann. In diesem Buch geht es um das Leben selbst, um Lebensqualität, Lebensfreude und das Zusammenleben mit einem alternden Tier. Themen sind Vertrauen, Liebe und die Gelassenheit, mit der die Hündin Shira ihre Tage füllt. Natürlich geht es auch um Sorgen, Loslassen, Trauer, Verlust, um das Wissen des Unvermeidlichen. Ein Hund denkt nicht über das Alter nach, sondern darüber, wie schön das Heute ist, genau jetzt. Hier zeigt die Autorin auf, was wir Menschen von unseren Hunden lernen können, indem wir unser Leben entschleunigen und öfter innehalten und einfach den Augenblick genießen.

Die einzelnen Kapitel sind gleichzeitig in sich abgeschlossene Geschichten, jeweils zu einem besonderen Gedanken, Anregung und Thema. Forschungsergebnisse ergänzen die einzelnen Aussagen.

Am Ende des Buches findet sich ein Quellenverzeichnis mit entsprechenden Lesetipps.

Fazit

Dieses Buch bietet eine Fülle von Gedanken und Anregungen, nicht nur für das Leben mit dem vierbeinigen Gefährten, sondern auch für die eigene Einstellung zum Leben und vor allem zum Älterwerden. Einfühlsam und mit Humor geschrieben, ist es nicht nur eine Liebeserklärung an unsere Fellnasen, sondern an das Leben selbst. Ein Buch, das man immer wieder gerne zur Hand nehmen wird.

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