Samson und Nadjeschda – Andrej Kurkow

AutorAndrej Kurkow
Verlag Diogenes Verlag
Erscheinungsdatum 27. Juli 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten368
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinnenSabine Grebing, Johanna Marx
ISBN-13978-3257072075

„Dem musste er einfach zustimmen. Und erkannte plötzlich, dass manchmal das Denken störte. Genau dann, wenn man nur ohne zu überlegen etwas Wichtiges tun konnte. (Zitat Seite 211)

Inhalt

Am 11. Mai 1919 ermorden Kosaken Samsons Vater. Er selbst entkommt verletzt, doch dieser Tag verändert sein Leben für immer. Als kurze Zeit später der Schreibtisch seines Vaters requiriert wird, folgt er dem Möbelstück in das Milizrevier. Den unrechtmäßig beschlagnahmten Schreibtisch erhält er zwar nicht zurück, dafür aber einen Posten bei der Polizei, an seinem Schreibtisch. Seine Aufgabe ist es, Diebstähle zu bekämpfen und die Ordnung zu hüten. Er entdeckt einige Kisten mit von Rotarmisten eindeutig unrechtmäßig beschlagnahmtem und nicht abgeliefertem Diebesgut und auf Grund der Besonderheit einiger Gegenstände beginnt er zu recherchieren.

Thema und Genre

Dieser sozialkritische, politische Kriminalroman spielt in Kiew, im Jahr 1919, mitten in der Zeit der politischen Umbrüche. Es geht um das Leben der Menschen in dieser gefährlichen, unsicheren Zeit, um Armut, Korruption, aber auch um Anständigkeit, Freundschaft und die Liebe.

Charaktere

Samson glaubt an die Ordnung, das Recht und ist überzeugt von der Tätigkeit der neuen Miliz. Doch obwohl er rasch in seine Arbeit als Polizist hineinwächst, ist er auf Grund seiner Jugend etwas naiv und manchmal zu vertrauensselig. Andererseits besitzt er seit dem Anschlag eine besondere Gabe, die ihm bei seinen Ermittlungen hilft. Nadjeschda hat Pharmazie studiert, arbeitet jedoch aus Überzeugung in der Statistikabteilung des Gouvernementsbüros, sie glaubt an die Zukunft und will etwas Sinnvolles für die Gesellschaft tun.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt in einer politisch spannenden Zeit der Umbrüche, des Aufbruchs, doch noch herrschen große Armut und eine gefährliche Unsicherheit. Die Handlung verläuft chronologisch von Tag zu Tag. Der Autor nimmt sich Zeit, nicht nur Samsons Ermittlungen und Erlebnisse zu schildern, sondern auch die unterschiedlichsten Menschen, die Samson dabei trifft und die alltäglichen Lebensumstände und Probleme dieser Zeit. Als Schauplatz wählt er die Stadt Kiew, die in diesem bedeutungsvollen Jahr 1919 im Mittelpunkt der Kämpfe unterschiedlicher Gruppierungen und politischer Umstürze stand. Genau diese Themen bilden die wichtige, abwechslungsreiche Handlung, die den Kriminalfall umschließt.

Fazit

Ein interessanter historischer Kriminalroman, der in einer Zeit der Unruhen, Straßenkämpfe und politischen Umbrüche in der Stadt Kiew spielt. Der junge Polizist Samson Koletschko, eigentlich studierter Elektromaschinenbauer, ermittelt in seinem ersten Kriminalfall. 

Toxische Tiefe: Ostsee – Karen Kliewe

AutorKaren Kliewe
Verlag Piper Spannungsvoll
Erscheinungsdatum 28. April 2022
FormatKindle-Ausgabe (epub)
Seiten366 (Printausgabe)
SpracheDeutsch
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„Die Monitore auf der Brücke, die zeigen doch unter anderem den Bereich des Sondenraums, in dem sich die Klappe befindet. Warum hat der Befehlshabende nichts gesehen.“ (Zitat Seite 79)

Inhalt

Johanna „Ann“ Arnold steht kurz vor dem Abschluss ihres Journalistik-Studiums. Da ist die Anfrage von Dr. Hanke Martens, Expeditionsleiter eines Forscherteams, das sich mit der Umweltsituation der Ostsee beschäftigt, ihn auf dem Forschungsschiff Neptun zu begleiten, eine einmalige Chance. Anfang November geht sie für zwei Wochen an Bord, um wichtige Untersuchungen und den Forschungsalltag an Bord zu dokumentieren. Auf hoher See zwischen Rostock und Gotland verschwindet plötzlich ein Mitglied des Forschungsteams, kurz darauf ist eine weitere Person verschwunden. Ann glaubt nicht an Zufälle und beginnt mit ihren Nachforschungen, heimlich unterstützt von Polizeioberkommissar Fredde Steinmann und ihrem Freund Marc, der gerade beim BKA Wiesbaden eine Ausbildung zum Kriminaltechniker Biochemie absolviert. Trotzdem gibt es bei jeder ihrer Überlegungen zu viele Wenn und Aber, Lücken, die nicht passen. Wie hängt das alles zusammen, denn sie ist überzeugt, dass es einen großen Zusammenhang gibt.

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman mit Ostsee-Bezug, Band drei einer Serie um die Journalistin Johanna Arnold, geht es um Klimaschutz und den Schutz der Meere, hier mit der besonderen Problematik der Ostsee, moderne Umwelttechnologien, Beziehungen und das Leben auf einem Forschungsschiff.

Charaktere

„Für mich klingt das sehr nach Herumschnüffeln. Nach allem, was man hört, scheint das eine Leidenschaft von dir zu sein.“ (Zitat Seite 113) Besser als mit dieser Aussage der Mikrobiologin Ingke kann man die junge Journalistin Ann nicht charakterisieren. Auch die anderen Personen an Bord dieses Forschungsschiffes sind sehr gut beschrieben und ihre unterschiedlichen Eigenschaften und Ansichten geben den Lesenden immer neue Ideen für mögliche Tathergänge und Zusammenhänge.

Handlung und Schreibstil

Der kurze Prolog der Geschichte zeigt vorab eine bestimmte, wichtige Situation, zu diesem Zeitpunkt ist es noch völlig offen, was da genau passiert. Anschließend geht die Handlung mit Kapitel 1 einige Tage zurück und verläuft nun chronologisch, beginnend mit der Entscheidung von Johanna Arnold, diese einmalige Chance zu ergreifen, einen wissenschaftlichen Text für ein bekanntes Magazin zu verfassen. Es ist November, die Tage sind entsprechend dunkel und die Ostsee ist stürmisch. Die unterschiedlichen Charaktere an Bord der Neptun, die möglichen Hintergründe und überraschende neue Informationen garantieren einen hohen Spannungsbogen, der nur manchmal durch ausführliche Schilderungen unterbrochen wird, aber rasch wieder ansteigt. Die Sprache passt zum Genre und ist angenehm zu lesen.

Fazit

Eine neugierige, junge Journalistin mitten in Vorgängen, deren Zufälligkeit sie misstrauisch machen. Die Besatzung und ein Expertenteam mit Mikrobiologen und Geophysikern auf einem Forschungsschiff während der stürmischen Novembertage auf der Ostsee zwischen Warnemünde und Gotland. Zusammen ergibt dies einen spannenden, facettenreichen Kriminalroman.

Tage des letzten Schnees – Jan Costin Wagner

AutorJan Costin Wagner
Verlag Goldmann Verlag
Erscheinungsdatum 16. März 2015
FormatTaschenbuch
Seiten320
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442474073

„Gebt mir Bescheid, wenn ihr mir sagen könnt, was das alles zu bedeuten hat. Einverstanden?“  (Zitat Seite 179)

Inhalt

Am 1. Mai fällt der letzte Schnee. Lasse Ekholm fährt mit seiner elfjährigen Tochter Anna von deren Eishockeytraining nach Hause. Plötzlich taucht hinter ihm ein PKW in rasanter Fahrt auf, überholt, drängt sein Auto von der Straße – Unfall mit Fahrerflucht. Lasse Ekholm, Inhaber eines Architekturbüros, war der Chef von Sanna, der verstorbenen Ehefrau von Kommissar Kimmo Joentaa und damit wird der Fall zu Joentaas Fall. Am selben Tag macht ein erfolgreicher Fondsmanager in Helsinki mit einer jungen Frau eine Schneeballschlacht, anschließend liest er zu Hause seinem kleinen Sohn eine Gute-Nacht-Geschichte vor. Am Morgen des nächsten Tages werden auf einer Parkbank in Helsinki zwei Tote gefunden, eine junge Frau und ein Mann. Die junge Frau hat in einem Club in Salo bei Turku gearbeitet und so arbeiten die Ermittler Kimmo Joentaa in Turku und Marko Westerberg und Seppo in Helsinki bei der Suche nach der Identität der Toten wieder einmal zusammen. Doch wer sind die beiden Toten, denn in dieser Art Clubs arbeiten die Frauen nie unter ihrem eigenen Namen.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman, Teil einer Serie um den Ermittler Kimmo Joentaa, spielt in Finnland. Themen sind zwischenmenschliche Beziehungen, Familie, Verlust, Schuld, Rache.

Charaktere

Der Schwerpunkt in dieser Serie liegt natürlich auch im Bereich der kriminellen Taten, doch vor allem geht es um die einzelnen unterschiedlichen Figuren und um die psychologischen Hintergründe ihres Handelns und Verhaltens.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte beginnt an diesem besonderen ersten Mai, ein ungewöhnlicher Tag, weil es nochmals schneit, und endet am ersten September, als der erste Schnee fällt. Die Handlung ist außergewöhnlich vielfältig, Ereignisse finden parallel statt, an anderen Orten, in völlig anderen Situationen und auch zwischen den Personen gibt es keine erkennbaren Bezugspunkte. Erst langsam und mit einigen unvorhersehbaren Details und Wendungen werden erste Zusammenhänge deutlich. Auch in diesem fünften Band der Kimmo Joentaa-Serie zeigt sich die sprachliche Qualität und Kreativität des Autors beim Aufbau der Handlung.

Fazit

Ein facettenreicher, packender und überraschender Kriminalroman.  

Das Licht in einem dunklen Haus – Jan Costin Wagner

AutorJan Costin Wagner
Verlag Goldmann Verlag
Erscheinungsdatum 18. Februar 2013
FormatTaschenbuch
Seiten320
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442474066

„Kimmo Joentaa las den Text mehrere Male, bis die Buchstaben vor seinen Augen zu verschwimmen begannen. Er versuchte, eine plausible Antwort auf die Frage zu finden, warum er zu diesem Hinweis zurückgekehrt war. Warum er ihn zunächst überblättert hatte, um dann zurückzukehren.“ (Seite 137, 138)

Inhalt

Eine Frau wird schwer verletzt neben der Straße aufgefunden. Niemand vermisst oder kennt die Unbekannte, die seither auf der Intensivstation in Turku im Koma liegt. Bis auf eine Person, die eines Tages kommt und die lebenserhaltende Beatmung stoppt – und dabei weint. Ein Fall für Kimmo Joentaa, der sich auf die Suche nach der Identität der unbekannten Toten macht. Gleichzeitig scheint ein Mörder in Helsinki ruhig und in aller Öffentlichkeit eine Liste abzuarbeiten, ein Fall für das Ermittlerteam in Helsinki. In dem kleinen Ort Karjasaari treffen die Ermittler Kimmo Joentaa und Marko Westerberg durch Zufall im Hotel aufeinander und erkennen, dass dies kein Zufall ist. Eine Fotografie aus dem Sommer 1985 hat sie zusammengeführt.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman ist der Band vier der Serie um den finnischen Ermittler Kimmo Joentaa und es geht um die Suche nach Unbekannten und Verschwundenen, um die psychologische Vielfalt von Beziehungen zwischen Freundschaft, Familie und Liebe.

Charaktere

Kimmo Joentaa ist ein einfühlsamer, sensibler Polizist, der auch persönliche Themen wie Trauer und Verlust zu verarbeiten hat. Gleichzeitig ermittelt er zielorientiert und effektiv. Bei allen Figuren spürt man das große Interesse des Autors, diese zu entwickeln, ihren Charakter und ihre Handlungen zu hinterfragen und nachvollziehbar zu machen.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung ist facettenreich und bietet zunächst eine Reihe von unbekannten Faktoren, die sich erst langsam zu einem Bild formen und auch immer wieder neue Erkenntnisse und Überraschungen zeigen. Spannend ist dieser Roman durch die vielen Möglichkeiten, durch die vielen Fragen, welche die Taten aufwerfen, nicht nur in Bezug auf die Tatpersonen, sondern auch auf die Motive und Hintergründe. Jan Costin Wagner ist nicht nur ein hervorragender Kenner der menschlichen Eigenheiten und Psyche, und Kenner der finnischen Mentalität dort, wo die Monate dunkler und die Landschaft einsamer wird, er beschreibt dies alles auch sprachlich dicht und malt entsprechende Bilder in unsere Gedanken. Gleichzeitig entwirft er ein geniales Handlungspuzzle aus vielen scheinbar zusammengewürfelten Einzelteilen in der Vergangenheit und heute, und ist ein großartiger Erzähler.

Fazit

Ein packender Pageturner, ein Kriminalroman mit Elementen des Genre Nordic Noir. Band vier von insgesamt sechs Bänden einer Serie, von der man sich wünscht, sie möge doch noch weitergehen.

Mörderisches Madeira: Comissário Torres löst seinen zweiten Fall – Tomás Bento

AutorTomás Bento
Verlag Ullstein Taschenbuch
Erscheinungsdatum 27. Mai 2022
FormatTaschenbuch
Seiten368
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3548064208

„Ich weiß, dass er kein Mörder ist, doch im Augenblick ist er der Hauptverdächtige. Ich muss herausfinden, was wirklich geschehen ist, aber alle offiziellen Wege sind mir versperrt. (Zitat Pos. 1311)

Inhalt

Laura Flemming kehrt auf die Insel Madeira zurück. Es ist April, der Sommer liegt vor ihr und der Verlag wartet auf ihren nächsten Kriminalroman. Sie hatte gehofft, dass sie vom Flughafen in Funchal abholen würde, doch dieser wurde gerade zu einem neuen Mordfall gerufen. Sabotage und ein Toter in einer Brennerei in Prazeres und Laura hofft sofort auf Ideen für ein neues Buch. Doch die Brennerei gehört Mauricios älteren Bruder Alexandro und dieser ist in den Augen der neuen Staatsanwältin der Hauptverdächtige. Damit wird Mauricio der Fall entzogen. Rasch zeigt sich, das jemand es auf die gesamte Familie Torres abgesehen hat und Mauricio braucht Lauras Hilfe, um verdeckt weiter ermitteln zu können.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman, Band zwei einer Serie, spielt auf der bekannten portugiesischen Insel Madeira. Es geht um Geschäftsbeziehungen, Familie und natürlich auch um die Liebe.

Charaktere

Comissário Mauricio Torres und die Krimiautorin Laura Flemming sind auch in diesem zweiten Fall ein engagiertes Ermittlerteam. Die Figuren wirken authentisch, ihre Handlungen nachvollziehbar. Leichte Längen ergeben sich durch Lauras sich zu oft wiederholende, sich wie im Kreis bewegende Überlegungen, die Ehe mit ihrem untreuen Ehemann zu retten, einen Neubeginn zu versuchen. Persönlich zögerliche Frauenfiguren wie Laura finden sich sonst eher bei Autorinnen und kaum bei Autoren.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung spielt in einem knappen, aktuellen Zeitraum auf Madeira und wird durch erklärende Rückblenden ergänzt. Die Geschichte ist spannend, entspricht dem Genre Kriminalroman und regt zu eigenen Überlegungen, die Tatperson betreffend, an. Lebhafte Beschreibungen des Frühlings auf der Blumeninsel Madeira, der portugiesischen Lebensart und Gastfreundschaft malen sofort Urlaubswünsche in die Gedanken. Der Schreibstil entspricht dem Unterhaltungsgenre und ist angenehm zu lesen. Bei dem Autor Tomás Bento könnte es sich auch um ein Pseudonym zu handeln, denn seine Identität beruht ausschließlich auf den Angaben des Verlages.

Fazit

„Doch mit ein paar atmosphärisch dichten Beschreibungen war es ja nicht getan. Ihr Genre war zwar der locker erzählte Urlaubskrimi, doch auch dieser brauchte eine solide Kriminalgeschichte.“ (Zitat Pos. 576) Besser als mit Laura Flemmings Aussage kann man diesen Kriminalroman nicht beschreiben.

Der Kalmar – Sunil Mann

AutorSunil Mann
Verlag GRAFIT Verlag
Erscheinungsdatum 31. Mai 2022
FormatTaschenbuch
Seiten336
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3894257958

 „An der Peripherie der Stadt gelten wohl andere Gesetze. Da wo die Lichter Zürichs nicht mehr ganz so hell leuchten, versinkt alles im Ungefähren.“ (Zitat Pos. 1473)

Inhalt

Es gibt Pläne und es gibt Zufälle – in dieser Nacht von Freitag auf Samstag treffen sie aufeinander, die geplanten Aktionen, die spontanen Entscheidungen, und plötzlich kommt der Zufall dazu in Form von Imponderabilien, den unvorhersehbaren Ereignissen, und alles sieht völlig anders aus – oder doch nicht?

Die Pandemie hat auch bei der aufstrebenden »Agentur für unliebsame Angelegenheiten« zu Auftragseinbrüchen geführt. Marisa nützt die freie Zeit für Ermittlungen in eigener Sache, sie will endlich Antworten auf die offenen Fragen, die sie seit dem tödlichen Autounfall ihres Ehemannes Antonio vor drei Jahren beschäftigen. Plötzlich muss sie sich fragen, ob und wie gut sie ihren Ehemann tatsächlich kannte. Herbert Russo lebt seit Jahren mit seiner Schweizer Ehefrau und den beiden Töchtern ein glückliches, gutbürgerliches Leben. Doch zuvor gab es ein völlig anderes Leben, das ihn jetzt einholt. Denn die „Familie“ ruft und diesem Ruf in Form eines heiklen Auftrags muss Herbert folgen. Mehrmals in dieser Nacht treffen er und die Privatermittler an verschiedenen Orten aufeinander, ohne einander zu kennen und mit unterschiedlichen Zielen. Was für eine Nacht!

Thema und Genre

Dieser Zürich-Noir-Kriminalroman ist Band drei einer Serie, enthält jedoch genügend Hinweise, um als eigenständiger Roman gelesen zu werden. Es geht um große Finanzgeschäfte im Graubereich, organisiertes Verbrechen, Beziehungen, Familie und das gefährliche Schattenleben der Sans Papiers, billige Arbeitskräfte ohne Aufenthaltsbewilligung.

Charaktere

Marisa Greco und Bashir Berisha sind ein erfolgreiches Team geworden, auch wenn es in diesen Monaten an größeren Aufträgen mangelt. Dennoch ist Aufgeben keine Option für die beiden. Ihre Eigenheiten und Handlungen, wie auch die der anderen Hauptfiguren, sind sehr gut nachvollziehbar und glaubhaft.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt in einem straffen Zeitrahmen von nur einer Nacht und wird durch erklärende Rückblenden ergänzt, welche zusätzliche Details und Bezüge zur Vergangenheit aufdecken. Die einzelnen Kapitel tragen als Überschrift jeweils Uhrzeit und Adresse, sodass man beim Lesen direkt am jeweiligen Geschehen teilnimmt. Dieser Kriminalroman ist eine interessante und packende Mischung aus aktuellen Themen, spannenden, gefährlichen Recherchen, Action und Figuren in allen menschlichen Grauschattierungen, wobei es dem Autor gelingt, dass man beim Lesen im Laufe der Ereignisse dieser Nacht sogar Sympathien für einen Auftragskiller entwickelt. Großartig jedoch wird die Kreativität des Autors, wenn es um die wirklich unvorhersehbaren Wendungen und plötzlichen Situationen geht, überraschend, teilweise so skurril und komisch, dass man sie mehrmals liest und immer wieder laut dabei lacht. Dennoch gelingt es ihm, auch hier immer im Bereich des auch im realen Leben Möglichen, Nachvollziehbaren zu bleiben. Das ist Lesevergnügen.

Fazit

Ein spannender Kriminalroman, der in der facettenreichen Stadt Zürich spielt. Es geht um eine einzige Nacht, in der Verbrechen aufgeklärt und vielleicht auch verhindert werden und Zufälle für Verwirrung und Überraschungen sorgen.

Der große Plan: Denglers neunter Fall – Wolfgang Schorlau

AutorWolfgang Schorlau
Verlag KiWi-Paperback
Erscheinungsdatum 8. März 2018
FormatBroschiert
Seiten448
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462046670

„Doch das Böse in diesem Fall ist so perfide und im Bösen so perfekt, wie ich es in meiner Laufbahn als Polizist und Privatermittler noch nicht erlebt habe. (Zitat Seite 360)

Inhalt

Georg Dengler arbeitet jetzt seit zehn Jahren als Privatermittler und die Auftragslage ist, nun ja, schwankend. Da tritt das Auswärtige Amt in Berlin an ihn heran. Eine wichtige Mitarbeiterin, Anna Hartmann, ist verschwunden und Dengler soll im Auftrag des Außenministers die Ermittlungen des BKA und des Innenministeriums unabhängig begleiten. Zur Zeit ist Anna Hartmann als Beraterin der Troika im Zusammenhang mit der griechischen Finanzkrise tätig. Der einzige Anhaltspunkt ist ein kurzes Handyvideo, aufgenommen am 27. Dezember, wo zu sehen ist, wie Anna Hartmann zu nächtlicher Stunde rasch an einem dunklen Van vorbeigehen will und nicht mehr auftaucht. Mit ihr verschwindet auch ihr Laptop. Alles deutet auf eine Entführung hin und Dengler fragt sich, woran sie wirklich gearbeitet hat. Könnte sie brisante Daten im Zusammenhang mit der finanziellen Rettungsaktion für Griechenland entdeckt haben, die sie an die Öffentlichkeit bringen wollte? Diesen Fall kann er nicht allein bearbeiten, zusammen mit seiner Freundin Olga, seiner neuen Mitarbeiterin Petra Wolff und seinem verlässlichen Freundeskreis beginnt er zu recherchieren, doch jemand scheint jeden ihrer Schritte zu kennen und ist ihnen mindestens einen Schritt voraus, skrupellos, denn nur tote Menschen reden nicht.

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman geht es um aktuelle Themen wie internationale Finanzmärkte und Finanzinstrumente, die Finanzkrise der EU im Zusammenhang mit Griechenland, Politik heute und in der Vergangenheit, im von den Nationalsozialisten besetzten Griechenland.

Charaktere

Mit wenigen geschichtlichen Ausnahmen sind die handelnden Personen fiktiv, jedoch realistisch und absolut glaubhaft, ihr Verhalten nachvollziehbar.

Handlung und Schreibstil

Der Autor ergänzt auch in diesem neunten Fall des Privatermittlers Georg Dengler die packende Handlung und Ermittlungen mit genau und ausführlich recherchierten Fakten. Die entsprechenden Erläuterungen stehen  in einem gelungenen Gleichgewicht zu den Ereignissen und sie unterbrechen den Spannungsbogen keineswegs, sondern sind ebenso spannend und interessant zu lesen. Parallel zur aktuellen Handlung führt eine Geschichte in die Vergangenheit von Annas Großvater Otto Hartmann, der, aus einfachen Verhältnissen stammend, zu einem erfolgreichen Direktor der Deutschlandbank aufgestiegen war. Nicht nur Georg Dengler erwarten in diesem gefährlichen, herausfordernden Fall eine Reihe von Überraschungen und völlig unvorhersehbaren Entwicklungen, sondern auch uns Lesende.

Fazit

Auch Martin Klein, Verfasser von Horoskopen und angehender Autor von Kriminalromanen, gehört zu Georg Denglers Freundeskreis. „Georg, deine Fälle eignen sich nicht für Kriminalromane,“ stellt Martin auf Seite 282 fest – hier irrt er, wie diese spannende, facettenreiche, interessante Mischung aus brisanten Themen, Fakten und fiktiver Krimihandlung beweist.  

Die Stille der Gletscher – Ulrike Schmitzer

AutorUlrike Schmitzer
Verlag Edition Atelier
Erscheinungsdatum 23. Februar 2017
FormatGebundene Ausgabe
Seiten144
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3903005259

„Das Spannendste ist, die Höhle gab es vorher noch nicht. Ich weiß das ganz genau.“ (Zitat Seite 41)

Inhalt

Im Auftrag einer Umweltschutzorganisation soll die Fotografin einen Gletscher fotografieren, um die jährlichen Veränderungen zu dokumentieren. Sie kontaktiert einen pensionierten Professor, dessen Langzeitmessreihen bereits fünfzig Jahre zurückreichen. Er ist beunruhigt, denn er hat Bohrlöcher von Probebohrungen im Gletscher entdeckt. Doch es läuft kein derartiges Forschungsprojekt, obwohl sich seit zwei Jahren eigenartige Teams für den Gletscher interessieren. Kurz darauf liest sie eine Meldung über den Fund einer Gletscherleiche aus dem ersten Weltkrieg, und kontaktiert den Gletscherarchäologen, denn gleichzeitig arbeitet sie an einer Porträtserie über Menschen, die sich mit Gletschern beschäftigen. Auch eine Biologin wird ihr empfohlen, eine bekannte Forscherin auf dem Gebiet der Schneealgen, doch diese ist von einer Expedition auf den Gletscher nicht zurückgekehrt. Vom Ehemann der Vermissten erhalten sie aktuelle Forschungsergebnisse, welche seine Frau im Safe aufbewahrt hatte. Nun erkennt das kleine, hartnäckige Team die Zusammenhänge, doch sie brauchen Beweise, um damit an die Öffentlichkeit zu gehen – und genau das will jemand verhindern.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um den Klimawandel, das Schmelzen der Gletscher, das sehr lukrative, weit vernetzte Geschäft mit der Umwelt und die Rolle der investigativen Medien.

Charaktere

Der Roman kommt mit verhältnismäßig wenigen Seiten aus, dennoch sind die einzelnen Figuren mit ihren Fachgebieten und besonderen Eigenheiten sehr genau und lebhaft beschrieben.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte findet innerhalb von wenigen Wochen statt, wird von der Fotografin als Ich-Erzählerin geschildert. Genau folgen wir ihren Gesprächen, hartnäckigen Recherchen und den kreativen Ideen auf der Suche nach Verbündeten. Diese straffe Handlung sorgt für Spannung und Überraschungen, gleichzeitig nimmt sich die Autorin Zeit für Details und Erklärungen der Fakten zu diesem interessanten, wichtigen Thema.

Fazit

Eine spannende, facettenreiche Geschichte mit brisanten Themen.

Der Tintenfischer: Commissario Morello ermittelt in Venedig – Wolfgang Schorlau und Claudio Caiolo

AutorWolfgang Schorlau
AutorClaudio Caiolo
Verlag KiWi-Paperback
Erscheinungsdatum 10. Juni 2021
FormatBroschiert
Seiten304
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462001013

„Die Niuri stellen den Transport auf einer sicheren und günstigen Route zur Verfügung. Der kürzeste Weg ist der nach Sizilien. Das Ganze ist Big Business.“ (Zitat Seite 58)

Inhalt

An diesem Freitag, dem dreizehnten Mai, gehört Venedig noch den Einheimischen, denn die Corona-Ausgangssperre endet erst einige Tage später. Commissario Antonio Morello ist gemeinsam mit seiner Kollegin Anna Klotze unterwegs, da springt ein junger Mann von der Rialtobrücke in den Canal Grande. Anna rettet ihn. Er heißt David,  kommt aus Nigeria und ist nicht der erste Asylsuchende, der durch Selbstmord auf die Situation der Flüchtlinge aufmerksam machen will. Am Ende einer gefährlichen Flucht vor zwei Jahren wurden ihm und seiner Freundin in Sizilien die Reisepässe abgenommen und seine Freundin entführt. Doch nicht von der sizilianischen Mafia, sondern von der ebenso gefährlichen „Black Axe“, einer Gruppe der nigerianischen Mafia. Für Commissario Morello ist klar, dass er nach Sizilien zurückkehren muss, um die junge Frau zu suchen. Als sein Antrag auf Urlaub abgelehnt wird, fordert er seine Suspendierung heraus und macht sich sofort heimlich mit dem Segelboot eines Freundes auf den Weg nach Sizilien. Anna Klotz begleitet ihn, zunächst gegen seinen Willen, denn Morello weiß, dass damit auch sie in Sizilien in Lebensgefahr gerät, sollte er entdeckt werden. Doch wie gefährlich ihre Recherchen in diesem Bereich der lukrativen Geschäfte mit Menschen und anderen Waren sind, erkennen sie erst, als sie beginnen, dieses weit verzweigte Netz aufzudecken.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman, Band zwei einer Serie, spielt in Venedig und auf Sizilien. Themen sind illegale Einwanderung, Menschenschmuggel und die damit verbundene Ausbeutung durch Prostitution und Vermietung von Arbeitssklaven und natürlich die kriminellen Netzwerke der Mafia.

Charaktere

Der sympathische, hartnäckige Commissario Antonio Morello führt seinen heimlichen Kampf gegen die Mafia fort. Obwohl Morello das zur Zeit touristenfreie Venedig weiter schätzen lernt, sehnt er sich nach seiner Heimat Sizilien. Anna Klotze lernt während dieser Zusammenarbeit als Team den Commissario besser kennen und schätzen. Gleichzeitig passt sie auf, dass er tatsächlich vor allem die junge Frau aus Nigeria sucht, und sich nicht nur der intensiven Suche nach dem Capo dei capi der Mafia und seiner Vergangenheit widmet.

Handlung und Schreibstil

Auch in diesem zweiten Band der Serie im den sizilianischen Commissario in Venedig ist der Zeitrahmen der Handlung straff und damit sehr spannend. Die rasante Geschichte spielt innerhalb von wenigen Tagen zwischen dem 15. Mai und dem 1. Juni, diesmal vor allem auf Sizilien, und wird ergänzt durch lebhafte, authentische Schilderungen der Landschaft und der Menschen. Die italienischen Lieblingsrezepte des Commissario im Anhang machen sofort Lust, sie nachzukochen.

Fazit

Spannung, Action, Humor und brisante Themen mit genau recherchierten Fakten ergeben, zusammen mit den interessanten, vielschichtigen Figuren, einen packenden Pageturner, den man mit großem Vergnügen liest.

Ein Leben lang – Christoph Poschenrieder

AutorChristoph Poschenrieder
Verlag Diogenes
Erscheinungsdatum 23. März 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten304
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3257071955

„Wir stehen für ihn ein, denn wir wissen etwas, was alle anderen nicht wissen: Wer er ist, woher er kommt.“ (Zitat Seite 95)

Inhalt

Schon in ihrer Kindheit sind sie eine eingeschworene Clique von sechs Freunden. Einer aus dieser Gruppe fehlt heute. Er war vor fünfzehn Jahren als Mörder zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden, obwohl er seine Unschuld beteuerte. Nun tritt eine Journalistin an die Freunde und den Anwalt heran, der den Angeklagten damals engagiert vertreten hatte. Sie will ein Buch über diesen Fall schreiben, recherchiert, kontaktiert die Mitglieder des Freundeskreises und aus vielen Erinnerungen und Aussagen der fünf Freunde, des verurteilen Freundes und des Anwalts fügt sich die Geschichte einer langjährigen Freundschaft, einer Anklage und eines langwierigen Indizienprozesses zusammen. Im Hintergrund immer präsent ist die Frage: Hat er, oder hat er nicht?

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Freundschaft, Loyalität und gegenseitiges Vertrauen. Was passiert, wenn plötzlich einer aus einer Freundesgruppe, eine Freundschaft seit Kindertagen, einen Mord begangen haben soll.

Charaktere

Wir kennen nur die fünf Personen der Clique mit Namen: Sebastian, Unternehmer, dem eine alte Hütte an einem See gehört, wo sie sich oft treffen; Till, der Musiker; Sabine, die studierte Astronomin, die mir ihrer direkten Art die Dinge beim Namen nennt; Benjamin, der sachliche, präzise Wirtschaftsanwalt; Emilia, Lehrerin, ruhig und immer irgendwie dazwischen. Dazu kommen der „Anwalt“ und natürlich der angeklagte Freund, „der Gefangene“, sowie die Notizen der Journalistin unter „Memo“. Diese Figuren mit ihren Aussagen, den sich daraus ergebenden unterschiedlichen Blickwinkeln und Widersprüchen bilden das Kernstück der Geschichte.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte ist in zwei Teile geteilt, diese wiederum in Kapitel, chronologisch erzählt. In jedem Kapitel werden die Aussagen, Erinnerungen, Meinungen, oft auch unterschiedlichen Gedanken, der zu den verschiedenen Themen und Eindrücken einzeln befragten Personen in der Ich-Form geschildert, jeweils mit dem Namen versehen und daher klar zuordenbar. Eine Journalistin recherchiert, führt die Interviews und schreibt ihre Notizen und weitere Hintergrundinformationen unter „Memo“. Somit besteht dieser Roman ausschließlich aus den Mitschriften von Aufnahmen, Mails, Notizen, Zeitungsausschnitten, von der Journalistin gesammelt, sortiert und zu einer geordneten, stimmigen Geschichte zusammengefasst. Durch diese Erzählweise gerät man sofort in den Sog dieser spannenden Ereignisse und Fragen, verfolgt mit Interesse die Entwicklung und Veränderung der einzelnen Figuren. Die Sprache des Autors überzeugt mit vielen feinen Zwischentönen, Andeutungen, Fragen und man liest diesen Roman mit Vergnügen.

Fazit

Dieser Geschichte liegt ein realer, noch heute heftig umstrittener Indizienprozess zugrunde, der, nahe an den Fakten, zu einem fiktiven Roman wurde. Eine packende Geschichte über Freundschaft, Vertrauen, unterschiedliche Facetten von Wahrheit, und damit verbunden die Frage, die sich die Freunde stellen: „Und geht uns die Wahrheit überhaupt irgendetwas an, solange wir Freunde bleiben wollen?“ (Zitat Seite 221)

Der freie Hund: Commissario Morello ermittelt in Venedig – Wolfgang Schorlau und Claudio Caiolo

AutorWolfgang Schorlau
AutorClaudio Caiolo
Verlag KiWi-Paperback
Erscheinungsdatum 5. März 2020
FormatBroschiert
Seiten336
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462052459

„Werde ein guter Polizist in Venedig. Einem guten Polizisten kann man einen Versetzungsantrag nicht abschlagen.“ (Zitat Seite 43)

Inhalt

Commissario Antonio Morello wurde gerade aus Cefalù in Sizilien nach Venedig versetzt. Durch seine allzu intensiven Ermittlungen im Bereich des illegalen Kunsthandels ist er an die Spitze der Todesliste der sizilianischen Mafia gerückt. Morello wollte die Ermittlungen zu Ende führen, vermisst Sizilien und hasst Venedig aus Überzeugung von der ersten Minute an. An seinem ersten Arbeitstag, es ist ein Mittwoch, kommt er auf dem Weg zu seinem neuen Arbeitsplatz an einer Studentenkundgebung gegen die Kreuzfahrtschiffe vorbei und hört kurz dem Hauptredner zu. Früh am nächsten Morgen ein Anruf seines Stellvertreters: ein Toter, durch Messerstiche ermordet. Morello erkennt den Toten, es ist der junge Mann, der auf der Protestkundgebung gesprochen hatte. Ging es um die Studenteninitiative, oder um persönliche Motive? Der Ermordete ist der Sohn einer sehr einflussreichen, angesehenen venezianischen Familie und hatte nach Aussage seines Vaters keine Feinde. Doch rasch stößt Commissario Morello auf Zusammenhänge, die seine Ermittlungen in eine völlig andere Richtung lenken. „Il cane senza padrone“, der freie Hund, nennt man ihn in Sizilien, weil er sich bei seinen Ermittlungen niemals und von niemandem an die Leine nehmen lässt. Venedig ist nicht Sizilien, informiert ihn sein Vorgesetzter, Venedig braucht keinen „freien Hund“, oder doch?

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman, der in Venedig spielt, geht es natürlich auch um Venedig, Massentourismus als wichtige Einnahmequelle und die Gefahren für die Substanz und die Lebensualität der Lagungenstadt durch gigantische Kreuzfahrtschiffe. Weitere brisante Themen sind die Verflechung von Politik und Wirtschaft, Korruption, die Macht der Mafia und der internationalen Kunstmarkt.

Charaktere

Antonio Morello, der Sizilianer in Venedig, vermisst seine Heimatstadt Cefalù, aber auch er kann sich dem besonderen Zauber Venedigs nicht lange entziehen. Er ist ein brillanter, hartnäckiger Ermittler, der gewohnt ist, besonders auf die leisen Töne zu hören und seiner Intuition zu folgen. Das Team, das er übernimmt, ist geprägt von den Vorurteilen Norditaliens gegenüber Süditalien und nun hat ein Süditaliener plötzlich die Position inne, auf die andere gehofft hatten. Einige Figuren in diesem Kriminalroman sind sehr sympathisch, andere weniger, jede hat ihre Eigenheiten und eines haben sie gemeinsam: sie sind absolut glaubhaft, authentisch und sehr italienisch.

Handlung und Schreibstil

Der straffe Handlungszeitraum, der nur etwas mehr als zwei Wochen beträgt, sorgt für zusätzliche Spannung. Die Geschichte ist packend und interessant, die Themen sind nach wie vor aktuell. Der besondere Charme dieses Kriminalromans liegt in den sich langsam ergebenden, sehr spannenden Zusammenhängen in diesem Mordfall und der gelungenen Mischung aus Recherche und aktionbetonten Einsätzen. Die italienischen Eigenheiten, geschildert mit einem Augenzwinkern und Humor, lockern die Handlung auf und dies alles wird verbunden durch einen liebevollen, aber dennoch nicht verklärten Blick auf die auf die einmalige Stadt Venedig mit ihren großartigen Palazzi und Kirchen, vor allem aber mit ihren kleinen, versteckten Plätzen, Wegen und Brücken.

Fazit

Ein interessanter, spannender, facettenreicher Kriminalroman, Beginn einer Serie um den sympathischen Commissario Antonio Morello und sein Team. Doch die heimliche Hauptprotagonistin ist die Stadt Venedig, La Serenissima, deren Zauber sich auch der Sizilianer Morello „Venedig stinkt, ist schmutzig, laut, unfreundlich“ bald nicht mehr entziehen kann.

Die blaue Liste: Denglers erster Fall – Wolfgang Schorlau

AutorWolfgang Schorlau
Verlag KiWi-Taschenbuch
Erscheinungsdatum 15. März 2005
FormatTaschenbuch
Seiten352
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462034790

„Die Möglichkeit, die du gerade genannt hast, war für uns nicht relevant. Es ist unwahrscheinlich – aber ich kann es nicht ausschließen.“ (Zitat Seite 142)

Inhalt

Georg Dengler, ein erfolgreicher, kompromisslos ehrlicher Ermittler beim BKA Wiesbaden legt sich mit seinen Vorgesetzten an und verlässt das BKA. Um näher bei seinem kleinen Sohn zu sein, zieht er nach Stuttgart und startet einen Neubeginn als Privatermittler. Sein erster Auftrag betrifft ein Ereignis, das bereits zwölf Jahre zurückliegt. Es geht um den Absturz der Lauda-Air Maschine über Thailand am 26. Mai 1991, bei dem auch der Vater der Lebensgefährtin des Auftraggebers ums Leben kam. Dieser, der Wirtschaftswissenschaftler Paul Stein, hatte  seine Tochter  kurz nach dem Abflug der Maschine angerufen, weil er das Flugzeug verpasst hatte. Doch dann steht sein Name doch auf der Liste der Toten, identifiziert vom BKA. Leicht verdientes Geld, denkt Dengler, und nimmt den Auftrag an.

Thema und Genre

Dieser Politthriller handelt von nie schlüssig aufgeklärten Ereignissen im Zusammenhang mit der Treuhandanstalt, die nach der Wende die wichtigen Betriebe der ehemaligen DDR verwalteten sollte, wobei die Interessen der einzelnen Vorstandsmitglieder zwischen Erhalt und Sanierung einerseits, und sofortigem Verkauf andererseits, einander widersprachen. Ein Thema ist auch die Ermordung des damaligen Präsidenten der Treuhandanstalt, Detlev Karsten Rohwedder,  am 1. April 1991, zu der sich zwar die RAF bekannte, aber Täter und Motiv unklar blieben.

Charaktere

Georg Dengler ist ein brillanter Ermittler, der logische Zusammenhänge erkennt, die andere vor ihm nicht gesehen haben. Oder aber bewusst nicht sehen wollten, weil rasch die passenden Ermittlungsergebnisse präsentiert werden mussten. Doch genau in diesen Fällen ist Dengler nicht bereit, wegzusehen und zu schweigen.

Handlung und Schreibstil

Da Teile der Handlung in der Vergangenheit liegen, gibt es mehrere Erzählebenen, die abwechselnd und in sich chronologisch geschildert werden. Zusätzliche Details in Form von Erinnerungen ergänzen die Ereignisse. Die intensive Recherche führt zu einer absolut glaubwürdigen Geschichte, in der sich Fakten und fiktive mögliche Versionen, reale und fiktive Figuren, zu einem nachvollziehbaren, spannenden und sehr interessanten Ganzen verbinden. Denglers Liebe zum Blues und zu gutem italienischen Essen ergänzen die Handlung sympathisch und lockern sie auf. Der Humor des Autors zeigt sich auch in der Gestaltung seiner Figuren. Denglers neuer Wohnungsnachbar ist Martin Klein. Mit seinen Kriminalromanen mit Privatdetektiven hatte Klein keinen Erfolg, also verfasst er Horoskope für Tages- und Frauenzeitungen und lebt sehr gut davon. „Wenn Sie also jemals einen Kriminalroman schreiben, wählen Sie nie einen private eye als Helden.“, erklärt er Georg Dengler auf Seite 93.

Fazit

Ein facettenreicher politischer Kriminalroman, der Fiktion und bekannte Fakten zu einer spannenden, brisanten Geschichte mixt, die immer im Bereich des absolut Möglichen bleibt.  

Am roten Strand (Die Ben-Neven-Krimis Band 2) – Jan Costin Wagner

AutorJan Costin Wagner
Verlag Galiani-Berlin
Erscheinungsdatum 10. März 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten304
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3869712093

„Während sie einerseits gegen die Täter im „Fallkomplex Jannis“ ermitteln, müsyen sie ab sofort ihr Augenmerk auf die Frage richten, wie sie dieselben Täter schützen können.“ (Zitat Seite 192)

Inhalt

Der Ermittler Ben Neven hat im Einsatz Marko Gerhardt erschossen, der gemeinsam mit Anton Holdner den kleinen Jannis entführt hatte. Doch dies war nur der Anfang gewesen, denn inzwischen sind Ermittler bundesweit mit den Aufdeckungen in diesem „Fallkomplex Jannis“ und einem seit Jahren aktiven Pädophilenring beschäftigt, der vor zwei Jahren aktualisiert und ins Darknet gestellt wurde. Doch plötzlich sterben kurz hintereinander zwei der Hauptverdächtigen und es war kein natürlicher Tod. Nun muss das Ermittlerteam unter der Leitung von Marlene Kramer, Ben Neven und Christian Sandner in zwei sehr unterschiedliche Richtungen ermitteln.

Thema und Genre

Ein brisanter Roman in Anlehnung an bekannte Fakten über im Darknet sehr aktive Kinderpornografie-Gruppen und Missbrauch von Kindern.

Charaktere

Die Stärke dieses Romans liegt in den unterschiedlichen Figuren, ihren jeweiligen sehr realistischen Konflikten und Problemen, deren Komplexität viel Stoff zum Nachdenken bietet.

Handlung und Schreibstil

Die Ereignisse werden in kurzen, rasch wechselnden Szenen geschildert, bei jeweils unterschiedliche Figuren im Fokus stehen. So erhält man als Leser immer mehr Einblicke und weitere Details, ist teilweise im Wissen den Ermittlern einen Schritt voraus, ohne jedoch alle Zusammenhänge zu kennen. Dadurch bleibt das Leseerlebnis packend. Obwohl Band zwei einer Serie, gibt es zu Beginn genügend Hinweise für alle, die den ersten Teil nicht gelesen haben. Der Schreibstil des Autors beobachtet und schildert auch Nuancen der persönlichen Konflikte und Verhaltensweisen seiner Figuren.

Fazit

Ein Roman mit interessanten, facettenreichen Figuren, starken psychologischen Elementen und brisanten, zeitlos aktuellen Themen.

Gezeitenmord: Der erste Fall für Lykke Teit und Rudi Lehmann – Dennis Jürgensen

AutorDennis Jürgensen
Verlag KiWi-Paperback
Erscheinungsdatum 10. März 2022
FormatBroschiert
Seiten336
SpracheDeutsch
ÜbersetzungUlrich Sonnenberg
ISBN-13978-3462002416

„Die SMS war zwei Tage nach dem Tod des Mannes abgeschickt worden. Sie hatte den Notruf einer Leiche erhalten.“ (Pos. 234)

Inhalt

Lasse Espersen, Lehrer aus Melum, ist mit einem seiner Schüler, dem naturbegeisterten Villads Geertsen, im Watt unterwegs, als plötzlich dichter Nebel aufzieht. Als sie versuchen, sich vor der einsetzenden Flut an Land zu retten, entdeckt Villads einen teilweise im Sand vergrabenen Toten. Später wird der Lehrer gerettet, doch der elfjährige Junge ist seither verschwunden. Lykke Teit, seit drei Jahren Kriminalassistentin in Kopenhagen, wird mit dem Fall in Südjütland betraut und da der Fundort der Leiche im Grenzgebet liegt, schickt Deutschland einen eigenen Ermittler, Hauptkommissar Rudolf „Rudi“ Lehmann aus Flensburg. Im Mittelpunkt ihrer Recherchen steht das Dorf Melum, denn es geht nicht nur um den Mordfall, sondern vor allem um das Verschwinden von Villads. Vor eineinhalb Jahren war die damals sechsjährige Rosa Molberg ebenfalls spurlos aus Melum verschwunden, gibt es einen Zusammenhang?

Thema und Genre

Dieser dänische Kriminalroman mit Regionalbezug spielt in Jütland. Im Mittelpunkt stehen verschwundene Kinder, psychologische Tatmotive, sowie die Ermittlungstätigkeit der Kriminalpolizei.

Charaktere

Lykke Teit und Rudi Lehmann sind sympathische Ermittlerfiguren, hartnäckig, kreativ. Der jeweilige persönliche Hintergrund macht sie zu interessanten Charakteren, ebenso die anderen, in diesem Kriminalfall auftretenden Figuren. Sie alle sind bis ins Details glaubhaft und stimmig entwickelt.

Handlung und Schreibstil

Im Mittelpunkt der chronologisch erzählten Handlung, die in der aktuellen Zeit spielt, stehen die Ermittlungen. Parallel dazu erhalten wir auch Einblick in Ereignisse, die gleichzeitig zur Polizeiarbeit des Ermittlerteams stattfinden. Dies gibt uns Lesenden einen Wissensvorsprung, wir wissen teilweise mehr, als die Ermittler, was die Spannung erhöht. Denn Lykke und Rudi folgen vielen Spuren und erst überraschende Wendungen und neue Erkenntnisse lassen Zusammenhänge erkennen. Das Resultat ist eine packende, vielschichtige, aber immer realistische Geschichte, die uns bis zur letzten Seite Raum für eigene Überlegungen lässt.

Fazit

Ein spannender, facettenreicher Pageturner mit sympathischen Ermittlerfiguren. Der überzeugende Beginn einer neuen Serie.

Eine verdächtig wahre Geschichte – Antoine Laurain

AutorAntoine Laurain
Verlag Atlantik Verlag
Erscheinungsdatum 2. Februar 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten208
SpracheDeutsch
ÜbersetzungClaudia Kalscheuer
ISBN-13978-3455012026

„Vor langer Zeit ist etwas geschehen. An diesem Winternachmittag in der großen Stadt, auf der Terrasse dieses Cafés, unter diesem mondgrauen Himmel beschließe ich: Bald wird alle Schuld beglichen sein.“ (Zitat Pos. 609)

Inhalt

Zehn bis fünfzehn Manuskripte treffen täglich in diesem Pariser Verlag ein. Pro Jahr werden zwei bis drei davon angenommen. „Die Zuckerblume“ von Camille Désencres ist einer dieser Romane und ist nun auch für den Prix Goncourt nominiert. Als Violaine Lepage, Cheflektorin und Leiterin der Manuskriptabteilung, nach einem Unfall aus dem Koma erwacht, hat sie ein paar persönliche Fakten aus ihrem Leben vergessen, das jedoch nicht. Denn der Autor ist verschwunden. Ein berühmter Literaturpreis für ein von ihr veröffentlichtes Buch, bei dem sie nicht in der Lage ist, den Autor zu präsentieren, würde das Ende ihrer beeindruckenden Karriere bedeuten. Nun interessiert sich auch Sophie Tanche, Kommissarin der Kriminalpolizei Rouen, für die bekannte Lektorin und für diesen Roman. Vor einem Jahr hat die Kommissarin in einem immer noch ungelösten Fall mit zwei Toten ermittelt, deren Ermordung genau der Beschreibung in diesem Buch entspricht. Nun ist auch die Kommissarin auf der Suche nach dem Autor, denn in dem Roman sind streng vertrauliche Details erwähnt, die nie an die Öffentlichkeit gelangt sind, und es geht um insgesamt vier Morde.

Thema und Genre

Dieser Roman spielt in der Literaturszene. Themen sind Verlage, Bücher, Manuskripte und Buchpreise. Doch es geht auch um persönliche Entscheidungen und Geheimnisse, die tief in der Vergangenheit begraben sind.

Charaktere

Die Figuren sind authentisch, zeigen viele menschliche Facetten und ziehen uns Lesende sofort in ihren Bann.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird in drei Teilen erzählt, wobei der zweite, mittlere Teil zwanzig Jahre früher spielt, die berufliche Entwicklung von Violaine schildert, und so die aktuelle Handlung unterbricht, gleichzeitig jedoch mit wichtigen Informationen ergänzt. Dieser interessante Aufbau der Geschichte macht sie packend und erhöht das intensive Vergnügen, sich Seite um Seite durch diese geheimnisvolle Suche nach einem unbekannten Autor zu lesen und gleichzeitig der ermittelnden, misstrauischen Kommissarin zu folgen.

Fazit

Eine Geschichte, deren Manuskript auch die strenge Lektorin Violaine sofort mit einer Sonne, dem internen Zeichen der Manuskriptabteilung für „angenommen“, versehen und veröffentlicht hätte. Denn dieser unterhaltsame, facettenreiche und überraschende Roman ist pures, großartiges Lesevergnügen.

Gott aus Stroh – Frank Dommel

AutorFrank Dommel
Verlag GRAFIT
Erscheinungsdatum 21. Oktober 2021
FormatTaschenbuch
Seiten432
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3894256821

„Der Wald roch schon nach Herbst, obwohl noch keine Birke gelb trug. Die Landschaft bestand nur aus den notwendigsten Elementen, eine sparsame Malerei aus Immergrün, rotbraungrauen Erhebungen, einem kreidigen Himmel und dem Fjord, der glänzte wie gebläuter Stahl.“ (Zitat Seite 82)

Inhalt

Eigentlich wollte sich der Münchner Kriminaloberkommissar Falk Sebastiani in der Musikabteilung des Kaufhaus Beck nur genussvoll durch einige Jazz-Neuerscheinungen auf CD hören, doch er gerät in einen Terroranschlag, ist sofort im Einsatzmodus und erschießt die drei Attentäter, um weitere Tote zu verhindern. Seine Vorgesetzten legen ihm eine sofortige Auszeit nahe. Falk besitzt ein altes, entlegenes Ferienhaus in Norwegen. Auf dem Weg besucht er seine Ex-Frau, die mit der gemeinsamen Tochter Hannah, demnächst achtzehn Jahre alt, in Oslo lebt.  Falk will endlich seine Tochter sehen, die seit der Scheidung vor vier Jahren jeden Kontakt zu ihm abgebrochen hat. Angeblich ist Hannah gerade in Madrid, doch plötzlich melden sich Entführer mit einer Lösegeldforderung, und zwar aus Norwegen. Auf der Suche nach seiner Tochter versinkt Falk immer tiefer in einem undurchsichtigen, verworrenen Fall, den zu lösen nicht seine Aufgabe war, und dessen mögliche Zusammenhänge ihm Angst machen.

Thema und Genre

Dieser Nordic Noir Roman ist mehr, als nur ein Kriminalroman, denn in diesem Genre geht es immer auch um gesellschaftskritische, soziale Aspekte, um die Probleme unserer modernen Gesellschaft. Themen in dieser Geschichte sind Beziehungen, Eltern-Kind-Konflikte, Drogen, das freie, genügsame Leben der Samen mit ihren Rentierherden, die Flüchtlingsproblematik auf der „Eisroute“ von Russland nach Norwegen, und die psychologischen Facetten von Schuld.

Charaktere

Falk Sebastiani ist ein sympathischer Ermittler mit persönlichen Problemen. Er hinterfragt sich selbst und sein Handeln bei diesem Anschlag in München, das jahrelange Schweigen seiner heranwachsenden Tochter belastet ihn. Als die aktuellen Ereignisse es erfordern, ist er sofort bereit, sich für seine Tochter einzusetzen, mit allen Konsequenzen und um jeden Preis. Der Autor nimmt sich Zeit für seine Figuren, zeichnet sie glaubwürdig und menschlich. Es sind lebensnahe Charaktere, deren Entscheidungen und Handeln sich wie im realen Leben in allen Schattierungen der Graubereiche bewegen.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt überwiegend im Nordosten von Norwegen, in der weiten, einsamen Natur der Finnmark. Bewusst habe ich diesmal als Zitat eines dieser poetischen Stimmungsbilder gewählt, das uns sofort in die spätsommerliche Landschaft Nord-Norwegens versetzt. Der Autor kennt Norwegen sehr gut und daher sind viele der Handlungsorte real und die online verfügbaren Bilder ergänzen unsere Phantasie mit Fotografien der Örtlichkeiten und Umgebung. Zwei Erzählstränge wechseln einander ab, der erste Erzählstrang schildert die Nachforschungen und aktuellen Erlebnisse von Falk, der zweite Erzählstrang trägt nach der jeweiligen Kapitelnummer Koordinaten, welche ebenfalls real sind und die abenteuerliche Flucht einer Flüchtlingsfamilie als Symbol unterstreichen, um die es in dieser Parallelgeschichte geht. Die Handlung ist durch die unterschiedlichen Problematiken facettenreich, durch ihre Figuren packend und wird anschaulich durch die erzählenden, ruhigen Beschreibungen ergänzt. Es ist dieses Gesamtbild, das uns Lesende bei und nach der Lektüre atemlos macht und zu vielen weiteren Gedanken anregt.

Fazit

Ein bunter, aber auch dunkler, vielschichtiger Nordic Noir Kriminal- und Gesellschaftsroman, ein beeindruckendes, packendes, überzeugendes Leseerlebnis.

Aphrodite und das rote Bild mit Pferden – Ralph P. Breuer

AutorRalph P. Breuer
Verlag Independently published
Erscheinungsdatum 2. Mai 2018
FormatKindle-Version
Seiten472 Seiten (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB07CTFT9SQ

„In der Reihe der aufgehängten Bilder gab es in unregelmäßigen Abständen vier leere Stellen an der Wand. Unterhalb dieser Stellen lehnten vier leere Rahmen an der Wand.“ (Zitat Seite 55)

Inhalt

Am 27. Februar 2017, einem Sonntag, explodiert in Köln in den späten Abendstunden vor der jüdischen Synagoge eine Autobombe. Fast zeitgleich damit findet ein Überfall auf den Schauraum der Galerie Gmarzunsky, bekannt vor allem für russische Avantgarde-Kunst, statt. Der Schauraum wird verwüstet und die Galerie selbst im noblen Stadtteil Marienburg bei einem Brandanschlag samt aller Werke bis auf die Grundmauern niedergebrannt. In dieser besonderen Nacht zum Rosenmontag werden auch einige Gemälde aus dem Museum Ludwig gestohlen, wobei ein Wachmann getötet wird und der zufällig anwesende Kunstmäzen, Stifter und Sammler Dr. Peter Ludwig entführt. Es muss einen Zusammenhang zwischen diesen Taten geben, da sind sich die Mitglieder  der Soko Ludwig der Kripo Köln unter der Leitung von Hauptkommissarin Charlotte „Charly“ Schmitz, fachlich unterstützt von Uta Klein, Kunsthistorikerin und Oberkommissarin des LKA Düsseldorf, rasch einig, doch welchen? Intensive Recherchen beginnen, denn „die Russen-Mafia“, das ist Charly als Antwort zu einfach und überzeugt sie nicht. Da muss noch mehr sein …

Thema und Genre

Der Autor selbst nennt dieses Buch einen „Kunst-Krimi aus der Welt des schönen Scheins“. Es ist ein Kriminalroman mit Regionalbezug, der in Köln spielt, dessen Kernthemen, bekannte Kunst-Sammlungen, Museen, die Kunstszene und das damit verbundene große Geschäft mit Kunst, jedoch international sind.

Charaktere

Charlotte Schmitz trägt ihren Spitznamen „Charly“ nicht grundlos, denn ihr Auftreten ist forsch, etwas rüde und sehr direkt. Sie ist eine unangepasste, aber erfahrene, hartnäckige Ermittlerin, die den Job, wie auch ihr Kollege Stefan Kubitza, von Grund auf gelernt hat. Rasch stellt sie fest, dass Uta Klein, die Ermittlerin aus Düsseldorf, einen ähnlich schrägen Humor hat, wie sie selbst, und so wird aus der anfänglichen Abneigung bald Teamgeist und sie ergänzen einander trotz ihrer Kabbeleien perfekt.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung verläuft chronologisch und wird durch Rückblenden ergänzt. Die Perspektive wechselt und stellt parallel unterschiedliche Figuren in den Mittelpunkt, was uns Lesenden teilweise einen Vorsprung gegenüber dem Ermittlerteam verschafft und die Geschichte facettenreich auffächert. Interessante Schilderungen aus den Bereichen Kunstszene und Finanzwelt, sowie lebhafte Beschreibungen der Eigenheiten und besonderen Stadtteile der Stadt Köln ergänzen die Ereignisse und die spannenden, vielschichtigen Ermittlungen. So folgen wir zum Beispiel Charly auf einem Spaziergang, den sie mit ihrer schon etwas dementen Mutter durch das Veedel unternimmt, wo sie früher gewohnt hatten und man sie immer noch kennt, weil dort die Nachbarschaft im positiven Sonne gepflegt wird. Dieser fiktive Kriminalroman basiert teilweise auf Ereignissen, die tatsächlich stattgefunden haben und die mit einer Ausnahme leicht veränderten Namen lassen sich klar zuordnen. Der Schreibstil ist salopp, allerdings hätte diese interessante Geschichte ein sorgfältiges Lektorat verdient, was, zumindest in dieser Kindle-Version, fehlt. Rechtschreibung, Übereinstimmung von Adjektiv und Substantiv, Zeichensetzung am Ende einer direkten Rede, sind, um in der Sprache der Kunst zu bleiben, dringend restaurierungsbedürftig.

Fazit

Ein interessanter, facettenreicher, unterhaltsamer Kunst-Krimi aus Köln.

Das verlassene Haus: Der dritte Fall für Gamache – Louise Penny

AutorLouise Penny
Verlag Kampa Verlag
Erscheinungsdatum 29. Januar 2020
FormatKindle
Seiten520 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ÜbersetzungAndrea Stumpf
Gabriele Werbeck
ASINB082D3CP8Z

„Wir laden die Weisheit der Welt in unseren geweihten Kreis an, um uns zu schützen und zu führen und über unser Werk in dieser Nacht zu wachen, während wir dieses Haus von allen Geistern, die es besetzt halten, befreien.“ (Zitat Seite 74)

Inhalt

Der Frühling hält Einzug in Three Pines und das Dorf bereitet sich auf das Osterfest vor. In Gabri Dubeaus Pension trifft ein Feriengast ein, Jeanne Chauvet, ein Medium. Spontan plant Gabri eine Séance in Oliviers Bistro, doch diese wird unterbrochen. Plötzlich kommt das Gespräch auf das düstere Hadley-Haus. Auf Grund der vergangenen Ereignisse sind die Dorfbewohner überzeugt, dass dieses düstere Haus böse ist. Daher findet die nächste Séance am Ostersonntagabend direkt im Hadley-Haus statt, um das Böse endgültig zu vertreiben. Kerzen, Salz, ein geweihter Sesselkreis als sicherer Ort und dann plötzlich Schritte, ein Schrei und jemand fällt vom Sessel. Armand Gamache verbringt den Ostermontag mit der Familie, als seine Frau Reine-Marie den Artikel in der Zeitung entdeckt. Im alten Hadley-Haus in Three Pines ist jemand buchstäblich zu Tode erschrocken und Armand Gamache hat einen neuen Fall voller Rätsel und Geheimnisse.

Thema und Genre

In diesem dritten Fall von Armand Gamache geht es um Religion und Spiritualität in unterschiedlichen Formen, aber auch um Ängste, Intrigen, um Entscheidungen und ihre gravierenden Folgen. Themen sind aber auch Freundschaft, Liebe und der Zusammenhalt einer kleinen Dorfgemeinschaft.

Charaktere

Armand Gamache muss erkennen, dass die Dinge nicht so sind, wie sie scheinen. Nicht in diesem neuen Fall und nicht in seinem Team. „Alles, was er bisher als gegeben betrachtet hatte, als Tatsache, als real und unbestritten, war zusammengebrochen.“ (Zitat 97). Doch Gamache gibt nicht auf, denn die Bedrohung richtet sich nicht mehr nur gegen ihn, er muss auch die Menschen schützen, die ihm nahestehen.

Handlung und Schreibstil

Die spannende, geheimnisvolle Geschichte wird chronologisch erzählt. Lebhafte Beschreibungen von Three Pines und dem Osterfest in diesem schönen, meistens gemütlichen Dorf, ergänzen die Handlung. Mit viel Humor und sehr anschaulich geschilderte Episoden und Dialoge der liebenswerten, teilweise etwas schrulligen Dorfbewohner sorgen für zusätzlichen Spaß beim Lesen. Parallel zu den Ermittlungen halten die bedrohlichen Vorgänge innerhalb der Sûreté Gamache in Atem. Auch hier fehlen ihm noch wichtige Fakten, bis es zum entscheidenden Showdown kommt.

Fazit

Ein neuer, geheimnisvoller Fall für Chief Inspector Armand Gamache, Leiter der Mordkommission der Sûreté du Québec. Auch dieser dritte Band der Serie überzeugt durch die Vielfalt der Themen und bringt spannendes Lesevergnügen.

Tief eingeschneit: Der zweite Fall für Gamache – Louise Penny

AutorLouise Penny
Verlag Kampa Verlag
Erscheinungsdatum 1. Oktober 2019
FormatKindle Ausgabe
Seiten464 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ÜbersetzungAndrea Stumpf
Gabriele Werbeck
ASINB07VD7T97W

„Gamache wusste, dass dieses Rätsel, wie bei jedem Mord, vor langer Zeit begonnen hatte. Das hier war weder der Anfang noch das Ende.“ (Zitat Seite 91)

Inhalt

Three Pines ist ein kleines, verstecktes Dorf in den Eastern Townships, weniger als neunzig Autominuten von Montreal entfernt. Jetzt, während der Weihnachtszeit, ist alles mit einer dicken, weißen Schneedecke bedeckt. Einer der Höhepunkte der Aktivitäten der Dorfgemeinschaft während der Weihnachtstage ist das Curling-Turnier und vor allem der Moment zum Abschluss, wenn Mother das Haus räumt. Was damit gemeint ist, ist eines der vielen Rätsel, die auch Chief Inspector Armand Gamache, Leiter der Mordkommission der Sûreté du Québec, lösen will, denn genau in diesem besonderen Augenblick, als alle gebannt auf die Eisbahn schauen, passiert ein Mord.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman spielt in Kanada und ist der zweite Band aus der Serie um Chief Inspector Armand Gamache. Themen sind menschliches Verhalten, Erfahrungen und Gefühle, die Menschen prägen und Ermittlungen, die genau in diesen Konflikten die Hintergründe einer Tat suchen.

Charaktere

Es sind mit allen ihren Eigenheiten liebenswerte Figuren, die in dem verschlafenen, meistens friedlichen und gemütlichen kleinen Ort Three Pines leben. Armand Gamache fragt als Ermittler immer erst nach dem „Warum?“, später erst nach dem „Wer?“. Seine Antworten sucht er in der Vergangenheit und Gefühlen, die dort entstanden sind.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung spielt in der aktuellen Zeit, in welcher der Roman geschrieben wurde, wird chronologisch erzählt. In den Büchern dieser Autorin geht es nie nur um eine Tat und die damit verbundenen Ermittlungen. Sie führt uns gleichzeitig auch mitten in das gesellschaftliche Dorfleben und ergänzt die Geschichte mit eindrücklichen Schilderungen von Landschaft, Natur und den Menschen mit ihren persönlichen Konflikten und Entscheidungen, vor die sie gestellt wurden und werden. Sie alle entwickeln sich weiter und wir folgen ihrem Weg in jedem Buch dieser Serie. Gleichzeitig zu den laufenden Ermittlungen verläuft eine Parallelgeschichte, da Gamache in der jüngeren Vergangenheit aus persönlicher Überzeugung eine Entscheidung getroffen die, welche die Sûreté intern in zwei Lager spaltet. Der Schreibstil der Autorin ist im Original sehr elegant und mit Vergnügen zu lesen, dagegen wirkt die deutsche Übersetzung leider etwas plump. Dies mag auch daran liegen, dass die englische Sprache feiner nuanciert, unterschiedliche Ausdrücke hat, um etwas genauer auszudrücken, wo die deutsche Sprache nur einen einzigen Ausdruck kennt und für weitere Definitionen zusätzliche Nebensätze braucht, oder aber darauf verzichtet. Wer englische Bücher auch in der Originalsprache liest, sollte dies bei Louise Penny unbedingt tun.

Fazit

Ein facettenreicher, packender Kriminalroman, der auch durch die Vielfalt der Themen und  kauzige, unkonventionelle Figuren überzeugt.

Der rote Raum: Ein Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss – Roman Voosen, Kerstin Signe Danielsson

AutorRoman Voosen
AutorinKerstin Signe Danielsson
Verlag KiWi-Taschenbuch
Erscheinungsdatum 7. Oktober 2021
FormatTaschenbuch
Seiten432
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462001631

„Einen vergleichbaren Fall kenne ich nicht und ich habe nicht die geringste Ahnung, womit wir es hier zu tun haben.“ (Zitat Pos. 637)

Inhalt

Ingrid Nyström, Hauptkommissarin in Växjö und für die Region Kronoberg zuständig, ermittelt in einem beklemmenden Mordfall: Adam Arlemark, Unternehmensberater, alleinstehend, wird in seinem Appartement tot aufgefunden. Im Brustkorb der Leiche fehlt das Herz, es wurde durch einen besonderen Stein ersetzt. Ein neuer Fall von Kannibalismus? In diesem Fall müsste man mit einem Serientäter rechnen, doch wie passt der Stein ins Bild? Stina Forss, Stockholm, wird nach einem kritischen Alleingang in einem Einsatz ein neuer Fall zugeteilt. In Kiruna, im hohen Norden, wurde Matti Leinonen von einer Hebebühne zerquetscht. Ein Arbeitsunfall, denn die Hebebühne war alt, schlecht gewartet und der Mechaniker war allein in der von innen verschlossenen Werkstätte. Doch dann beweist ein Indiz, dass es kein Unfall, sondern Mord war, ein Mord, der Stina Forss und der Polizei Kiruno eine Reihe von Rätseln aufgibt.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman spielt in Schweden und ist der neunte Fall der Serie „Die Kommissarinnen Nyström und Forss ermitteln“.

Charaktere

Die Kommissarinnen Ingrid Nyström und Stina Forss, die früher ein Team waren, ermitteln nun voneinander unabhängig, denn Stina Forss hatte sich nach Stockholm versetzen lassen. Es sind Ermittlerinnen, die auch in ihrer eigenen Geschichte gefangen sind, besonders Stina ist eine unangepasste Einzelgängerin.

Handlung und Schreibstil

Die beiden Ermittlungen verlaufen unabhängig voneinander und werden in zwei Handlungssträngen abwechselnd geschildert. Parallel dazu wird eine dritte Geschichte erzählt, andere Personen, ein anderes Setting und man ist gespannt, wann sich hier ein Zusammenhang ergeben wird. Sehr interessant sind die Schilderungen der Landschaft und Menschen in und um Kiruna am nördlichsten Teil von Schweden. Die straffe, knappe Zeitrahmen, eine Woche von Samstag bis Samstag, wird durch Rückblicke erweitert. Die vielen unterschiedlichen Themen wie verstörende Morde, persönliche Befindlichkeiten, Spuren in die Red Rooms des Darknet, Psychologie und Sozialkritik machen sie facettenreich, obwohl gerade diese Vielschichtigkeit manchmal den Spannungsbogen unterbricht. Die Intention, weiterhin beide Ermittlerinnen in den Mittelpunkt der Handlung zu stellen, ist im Rahmen der Serie verständlich, führt aber zu etwas konstruiert wirkenden überraschenden Wendungen und Zusammenhängen.

Fazit

Dieser facettenreiche, düstere Kriminalroman ist der neunte Fall einer Serie, die in Schweden spielt und in deren Mittelpunkt zwei eigenwillige Ermittlerinnen stehen.

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