Man sieht nur mit der Schnauze gut: Aspro ermittelt – Bernhard Aichner

AutorBernhard Aichner
VerlagHaymon Verlag
Datum4. September 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten160
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3709982662

„Eine Diebstahlserie erschüttert das kleine Dorf, in dem wir wohnen, jeder ist verdächtig, aber es gibt keine Spur. Von Tag zu Tag wird also klarer, dass die Chefin Hilfe braucht. Meine Hilfe.“ (Zitat Pos. 66)

Inhalt

Aspro versteht nicht genau, was da passiert ist. Es gibt doch genaue Regeln beim Stöckchenspiel, der Chef wirft, er holt – doch diesmal läuft etwas schief. Plötzlich ist da ein greller Blitz, ein unerklärbar gewaltiger Knall und jetzt liegt der Chef in einer grauen Kiste, überall Polizei. Der Hund ist durstig, müde, ihm ist kalt. Doch er hat Glück, eine junge Polizistin sieht ihn und nun hat er eine neue Chefin, ein neues Zuhause und einen neuen Namen, „Aspro“. Seine Chefin nimmt ihn mit auf das Revier und damit ist er ein Undercover-Polizeihund. Denn er ist eine großartige Spürnase, er deckt Diebstähle auf und Lügen kann er sofort riechen. Aspro versteht wesentlich mehr von den Menschen, als man von einem Hund erwarten würde, auch wenn er sich öfter mal über deren Verhalten wundert. Doch er spürt genau, wo seine Hilfe gebraucht wird und es Zeit ist für einen neuen Einsatz mit vielen Streicheleinheiten als Belohnung, im Idealfall in Verbindung mit Leberwurst.

Thema und Genre

In diesem besonderen Kriminalroman erklärt uns der seiner Meinung nach beste Spürhund die Polizeiarbeit und die Menschen.

Erzählform und Sprache

Aspro ist ein Hund, ein guter Hund, wie er betont, also beobachtet er und schnüffelt sich durch die Welt mit den Gedanken eines Hundes. Er schildert seine Abenteuer, die manchmal nicht so guten Ideen (wer kann schon widerstehen, wenn die Nase ganz laut „Wurst“ ruft) chronologisch, im Kreis der Jahreszeiten, und nimmt uns mit ein zufriedenes, spannendes, meistens abwechslungsreiches Hundeleben.

Fazit

Ein liebenswerter, unterhaltsamer Roman über einen liebenswerten, großartigen Schnüffler im Einsatz.
 

Deutschland im Ernstfall – Ferdinand Gehringer, Johannes Steger

AutorFerdinand Gehringer
Johannes Steger
VerlagHOFFMANN UND CAMPE VERLAG
Datum5. September 2024
AusgabeBroschiert
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3455021080

„Mit diesem Buch wollen wir politische Entscheidungsprozesse, gesellschaftliche Reaktionen und infrastrukturelle Herausforderungen skizzieren, um Denkraum zu schaffen und Vorbereitung zu fördern.“ (Zitat Pos. 41)

Thema und Inhalt

„Was passiert, wenn wir angegriffen werden“ lautet der Untertitel dieses Sachbuchs, wobei die Autoren die Expertenmeinung, dass Raketen- und Bombenangriffe auf Deutschland veraltete Vorstellungen von Krieg sind, als Ausgangslage für ihre Recherchen nehmen. Da überall Formen von IT eingesetzt werden, sind es heute Bedrohungen durch Cyberangriffe auf wichtige Infrastrukturen, digitale Spionageaktivitäten und entsprechender Drohneneinsatz, Sabotageangriffe auf wichtige Infrastrukturen. Daraus ergibt sich die Frage nach dem aktuellen Stand von Deutschlands Sicherheit und Notversorgung, und die damit verbundenen Überlegungen, was passieren würde, wenn kritische Infrastrukturen wie Energie, Wasser, Telekommunikation ausfallen. Mit diesem Buch sollen keine Ängste geschürt werden, sondern die unterschiedlichen, präzise formulierten und behandelten Themen laden zum Nachdenken über mögliche zukünftige Szenarien ein.

Umsetzung

Der erste Abschnitt beschäftigt sich mit der Ausgangslage an einem Tag in der Zukunft und behandelt Begriffe wie Spannungsfall und Gesamtverteidigung.

Im zweiten Abschnitt geht es um die betroffene Infrastruktur Verkehr und Logistik und die Auswirkungen. Auch die Frage, wer Entscheidungen trifft, wird mit den entsprechenden Verordnungen erklärt.

Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit dem brisanten Thema Demokratie, Medien, Meinungsfreiheit, Informationen und breit gestreute Desinformationskampagnen.

Im vierten Abschnitt geht es um die wichtige Versorgung mit Energie und Wasser, die Aufgaben der Komunen und den Schutz kritischer Infrastrukturen.

Der fünfte Abschnitt geht noch einen Schritt weiter und skizziert den eintretenden Verteidigungsfall auf Grund der Eskalation im Osten und nimmt eine theoretische Invasion ins Baltikum als Beispielszenario. Nun geht es um Wehrdienst, Schutzräume, Warnsysteme und die Frage, wie der neue Alltag in Deutschland in diesem Ernstfall aussehen könnte.

Der sechste Abschnitt schließt den komplexen Themenkreis und kehrt zu diesem fiktiven Tag in der Zukunft zurück und zitiert als essenzielle Voraussetzungen für das Verhindern von Katastrophen im Ernstfall die Stärkung einer gesamtgesellschaftlichen Resilienz in Verbindung mit Vorsorge und Solidarität.

Fazit

Es ist das Anliegen der Autoren und der vielen befragen Experten, sachlich anhand von anschaulichen Beispielen aus unterschiedlichen Perspektiven die möglichen Auswirkungen auf uns alle aufzuzeigen. Hier wird keine Panik durch Fake-Informationen verbreitet, aber auch nicht beschönigend eine falsche Sicherheit zitiert. Dieses Buch fordert uns auf hinzuschauen und über diese Themen nachzudenken, denn eventuell auftretende Krisensituationen können nur mit einer gemeinsamen Anstrengung aller gemeistert werden. „Eine Einladung zum Nachdenken über den Ernstfall.“ (Zitat Pos. 55)
 

Mein Name ist Emilia del Valle – Isabel Allende

AutorIsabel Allende
VerlagSuhrkamp Verlag
Datum4. August 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten359
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinSvenja Becker
ISBN-13 978-3-518-43220-4

„Hier in diesem verwunschenen Ort im Süden von Chile liegen meine ältesten Wurzeln, die Wurzeln meiner Vorfahren, von Mapuche, Spaniern und Mestizen, und sie reichen tiefer als die meiner Mutter aus Irland oder die an meinem Geburtsort in Kalifornien. Nur so kann ich mir die unwiderstehliche Anziehung erklären, die dieser entlegene Landstrich am Fuß der Vulkane auf mich ausübt.“ (Zitat Seite 349)

Inhalt

An ihrem siebten Geburtstag, dem 14. April 1873, geht ihre Mutter Molly Walsh mit Emila zu einem Fotografen. Das Foto ist für Emilias leiblichen Vater bestimmt, Gonzalo Andrés del Valle aus einer angesehenen chilenischen Familie, der die junge Molly verführt hatte. Für Emila allerdings wird Francisco Claro, der ihre Mutter noch vor Emilias Geburt heiratet, immer ihr geliebter Papo bleiben. Die wissbegierige, selbstbewusste Emilia wächst in einem Einwandererviertel von San Francisco auf. Sie spricht Englisch und Spanisch. Schon früh beginnt sie zu schreiben, mit siebzehn Jahren veröffentlicht sie mit Erfolg spannende Heftchenromane, allerdings unter einem männlichen Pseudonym. Kurz vor ihrem dreiundzwanzigsten Geburtstag wird sie die erste Reporterin für die Zeitung Examiner. Als Chile Anfang des Jahres 1891 vor dem Beginn eines Bürgerkrieges steht, setzt sie sich bei der Zeitung durch und wird als Kriegsberichterstatterin nach Chile geschickt, zusammen mit ihrem jungen Kollegen Eric Whelan. Emilia hat nicht vor, sich hinter den Fronten zu verstecken, wie immer ist es ihr wichtig, für ihre Reportagen direkt im Geschehen mit den Menschen zu sprechen, mitten in dieser grausamen, blutigen Auseinandersetzung. Diese Erfahrungen und auch die Einblicke in das Land Chile, das Kennenlernen des ihr bisher unbekannten Mannes, der ihr Vater ist und ihrer chilenischen Wurzeln, verändern und prägen sie. Sie beginnt, ihre Geschichte aufzuschreiben.

Thema und Genre

Im Mittelpunkt dieses historischen Romans, der im 19. Jahrhundert spielt, steht mit Emilia del Valle eine freiheitsliebende, außergewöhnliche junge Frau, die sich den gesellschaftlichen Regeln ihrer Zeit widersetzt und ihren eigenen Weg geht. Gleichzeitig handelt dieser Roman von Chile, von den dort lebenden Menschen und der politischen Situation, die zu den blutigen Auseinandersetzungen des Jahres 1891 führt, von diesem Bürgerkrieg und den direkten Folgen.

Erzählform und Sprache

Emilia del Valle schreibt ihre Eindrücke und Erlebnisse chronologisch als Erinnerungen auf, bis sich daraus schließlich die ganze Geschichte ergibt. Daher ist die Erzählform die erste Person und dies bedeutet, dass wir die Ereignisse mit Emilas Augen sehen, verstärkt durch ihre Beobachtungen, Gedanken und Gefühle. Ihre Schilderungen der beeindruckenden Natur und des Umfeldes ergeben ein lebhaftes Bild Chiles zu dieser Zeit. Gleichzeitig setzt Isabel Allende gekonnt wiederholt entsprechende Reportagen Emilias ein, um zusätzliche Informationen und Details in journalistischer Form einzuflechten. Dies bringt sprachliche Facetten in den packenden, interessanten Stoff mit für mich neuem Wissen und Fakten, da ich bisher wenig über das Land und nichts über diesen dramatischen Bürgerkrieg und die realen Umstände wusste. Getragen wird die Handlung auch durch die unterschiedlichen Figuren, fiktive und einige reale Persönlichkeiten, die detailliert und lebensnah beschrieben werden.

Fazit

Ein sehr vielseitiger, eindrücklicher, bemerkenswerter Roman, spannendes Lesevergnügen von der ersten bis zur letzten Seite. Für mich eine weitere Bestätigung, warum Isabel Allende seit vielen Jahren eine meiner Lieblingsschriftstellerinnen ist.
 

Alle meine Meere – Laia Aguilar

Autor Laia Aguilar
VerlagThiele & Brandstätter
Datum21. August 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten256
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3851795806

„Am Ende ging man davon aus, dass Julieta ertrunken und ihre Leiche ins offene Meer hinausgetrieben worden war. In ihrer Familie wurde nie mehr über den Vorfall gesprochen.“ (Zitat Pos. 33)

Inhalt

Greta ist elf Jahre alt, als sie und ihre vier Jahre jüngere Schwester Julieta mit anderen Kindern am Strand spielen, auf Formentera, wo sie jeden Sommer verbringen. Greta kommt auf die Idee, mit Julieta nach dem verschollenen Schatz der Piraten zu suchen, von dem ihnen ihre Großmutter Matilde schon oft erzählt hat. Plötzlich ändert sich das Wetter dramatisch und dann sitzt Greta allein am Strand, ihre Schwester Julieta bleibt trotz einer sofortigen, großen Suchaktion verschwunden. Seit zwanzig Jahren ist Greta nicht mehr auf Formentera gewesen, doch die Ereignisse von damals sind immer noch tief in ihren Gedanken verwurzelt. Nun ist sie zurück auf der Insel, denn ihre Großmutter Matilde, inzwischen über neunzig Jahre alt, ist schwer krank. Auch Gretas Mutter Helene ist zurückgekommen, und die beiden Frauen kümmern sich abwechselnd um Matilde, gehen einander jedoch konsequent aus dem Weg. Das Schweigen zwischen ihnen dauert schon viele Jahre lang an, wird es Matilde gelingen, dass sie wieder miteinander reden? Kann Greta endlich mit den Ereignissen von damals abschließen?

Thema und Genre

In diesem Familienroman geht es um Verlust, Schuld, Geheimnisse, Schweigen. Weitere Themen sind die Insel Formentera und die alten Legenden und Mythen dieser Insel.

Erzählform und Sprache

Die aktuelle Handlung wird von den drei Hauptfiguren Greta, Helena und Matilde abwechselnd erzählt und der Ablauf ist chronologisch. Damit verbunden sind die unterschiedlichen Erinnerungen der Frauen, Gedankenströme und die damit verbundenen Gefühle, welche in diese Handlung einfließen. So ergibt sich langsam die Wahrheit hinter den damaligen Ereignissen, welche das Familiengefüge, besonders jedoch das Leben von Greta und Helena, für immer geprägt und verändert haben. Die alten Mythen von Formentera, die Geschichten über Meerjungfrauen, bringen Magie in die Handlung. Die Sprache entspricht dem Genre Unterhaltungsroman.

Fazit

Eine Familiengeschichte mit einer teilweise unglaubwürdigen Handlung und einem ebenso nur schwer nachvollziehbaren Verhalten der Hauptfiguren, die Schilderungen des sturen Schweigens zwischen Mutter und Tochter wiederholen sich mehrmals. Formentera und magische Momente wiegen für mich diese Mängel nicht auf. Ich bin jedoch sicher, dass dieser preisgekrönte Roman auch in dieser deutschen Übersetzung viele begeisterte Leserinnen finden wird.

Die Holländerinnen – Dorothee Elmiger

AutorDorothee Elmiger
VerlagCarl Hanser Verlag
Datum19. August 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten160
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3446282988

„Man müsse dies alles, sagt sie, im Kontext der Holländerinnen betrachten, man müsse alles, war nun folge, den Terror der Nächte, die schonungslosen Tage, vor dem Hintergrund dieser Geschichte verstehen, die der Theatermacher für sein Stück noch einmal hervorgeholt und ans Licht geschleift habe, weil er darin, so seine Erklärung, etwas in Bilder gefasst oder in diesen Bildern enthüllt finde, das er aber nicht sagen könne, das sich grundsätzlich nicht sagen lasse, das letzte Reale vielleicht, mit Lacan gesprochen, das Angst-objekt per excellence.“ (Zitat Pos. 415)

Inhalt

„Sie“ ist eine bekannte Schriftstellerin und wurde eingeladen, einen Vortrag über ihre Arbeit und ihre Texte zu halten. Doch stattdessen spricht sie nur über ihren letzten Text, einen Text, den sie nie fertiggestellt hat. Es ist drei Jahre her, seit sie den Anruf eines Theatermachers erhalten hatte, der gerade ein neues Stück vorbereitet, die Rekonstruktion eines tragischen Falls. Sie soll als Protokollantin alle Vorkommnisse und Ereignisse in einem Text festhalten, aus dem später das Drehbuch entstehen wird. Eine Reise, bei der sie sich von Beginn an unbehaglich fühlt. Einfache, etwas verwitterte Bungalows an einem abgelegenen, einsamen Küstenstreifen am Pazifik, in Südamerika irgendwo zwischen den Wendekreisen, und ein Pfad in den Urwald, auf dem vor einiger Zeit zwei Holländerinnen auf einer Wanderung spurlos verschwunden sind. Diesem Pfad will der Theatermacher mit seiner Gruppe folgen.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um die Verstrickungen, Verbindungen, Beziehungen, und um die scheinbaren Zufälle im Leben. Themen sind Psychologie, Philosophie, der Mensch und die unberechenbare, wilde Natur und die damit verbundenen Urängste. 

Erzählform und Sprache

Die Schriftstellerin spricht bei einer Fachtagung als Vortragende über die Ereignisse auf dieser besonderen Reise, in der Ich-Form und durchgehend in der indirekten Rede. Ihre Unterlagen sind zahlreiche Notizen, Fragmente und Aufzeichnungen. Der Ablauf der chronologischen Handlung wird getragen von den Erinnerungen und damit verbundenen Gefühlen der Schriftstellerin, die Schilderung der eigenartigen Stimmung, dazu Geschichten, die ihr von anderen Mitgliedern dieser Gruppe um den Theatermacher erzählt werden und vertiefende fachliche und philosophische Erklärungen des Theatermachers selbst. Das allem zugrunde liegende Verschwinden der beiden Holländerinnen steht im Mittelpunkt der täglichen Gespräche der Gruppe und wird so weit als möglich durch Nachforschungen recherchiert. Was diese an sich klare Handlung so besonders macht, ist die in den Beobachtungen der Schriftstellerin manchmal unerklärbar zerfließende Realität, Splitterbilder anderer Bewusstseinsebenen, und im Hintergrund eine nicht definierbare Gefahr aus dem Urwald, ein subtiles Unbehagen, besonders während der dunklen Nächte.

Fazit

Dieser Roman ist in meinen Augen eine sehr moderne, eigenwillige und durch die Themenvielfalt facettenreiche Version des klassischen englischen Schauerromans. Teilweise unerklärbare Ereignisse, verbunden mit einem steten, beklemmenden Gefühl einer drohenden Gefahr werden später von jemandem, der dies selbst erlebt hat, erzählt. Keine einfache Lektüre, aber das sind die Romane von Dorothee Elmiger nie, aber es lohnt sich auch bei diesem neuesten Roman, sich die Zeit für diese vielschichtige Gegenwartsliteratur zu nehmen.

Die Abende in der Buchhandlung Morisaki – Satoshi Yagisawa

AutorSatoshi Yagisawa
VerlagInsel Verlag
Datum13. Oktober 2024
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten253
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinCharlotte Scheurer
ISBN-13978-3458644514

„Das Antiquariat Morisaki. Seit meiner Zeit hier war dieser Ort voll und ganz ein Teil meines Alltags geworden. Ein bescheidener Laden voller kleiner Geschichten.“ (Zitat Seite 14)

Inhalt

Auch drei Jahre nachdem sie zum ersten Mal die Buchhandlung ihres Onkels Satoru Morisaki betreten hatte, ist Takako nach wie vor begeistert von diesem besonderen Ort und dem ebenso besonderen Viertel, in dem das Antiquariat liegt. So besucht sie ihren Onkel und Tante Momoko so oft als möglich, und ist immer wieder neugierig, welche Kunden sie gerade antreffen wird, vielleicht Stammkunden, die sie aus ihrer Zeit in der Buchhandlung kennt. Außerdem schreibt ihr Freund Wada an einem Roman, in dessen Mittelpunkt die Buchhandlung stehen soll. Als Momokos Krankheit zurückkommt, ist es für Takako klar, dass sie frei nimmt und ihren Onkel nicht nur im Laden unterstützt.

Thema und Genre

In diesem zweiten Band der Kurzserie „Bücherliebe in Tokio“ geht es wieder um die Buchhandlung Morisaki, um Literatur, Schriftsteller, die Kraft der Bücher in schwierigen Zeiten des Verlusts und der Trauer, um Familie, Zusammenhalt, Freundschaft und Liebe.

Erzählform und Sprache

Auch diesmal erzählt die junge Takako die Geschichte. Diese Ich-Form erlaubt besonders intensive Schilderungen des Umfelds in diesem legendären Bücherviertel von Tokio und die persönlichen Eindrücke und Beobachtungen dazu. Sofort finden wir uns in Gedanken in dieser besonderen kleinen antiquarischen Buchhandlung wieder, umgeben von Büchern und literaturbegeisterten Menschen mit ihren Eigenheiten, ihren kleinen und auch großen Sorgen. Die Handlung berührt, ohne kitschig zu sein. Die Sprache überzeugt durch ihre schnörkellose, leise, poetische Form.

Fazit

Ein Wohlfühlroman mit liebenswerten Figuren, Lebenssituationen zwischen Zukunft und Abschied, in der besonderen Atmosphäre einer Straße, die Literatur atmet, in der sich Antiquariat an Antiquariat reiht. Obwohl beide Bücher eine abgeschlossene Handlung umfassen, lohnt es sich in diesem Fall, zunächst den ersten Band zu lesen, auch wenn es im vorliegenden zweiten Bücherliebe in Tokio-Band kurze Hinweise auf die Vorgeschichte gibt. Dies umso mehr, als meiner Meinung nach dieses Buch nicht ganz an „Die Tage in der Buchhandlung Morisaki“ herankommt.

Deutscher Buchpreis Die Nominierten 2025

HerausgeberFachmagazin Börsenblatt
Datum19. August 2025
AusgabeTaschenbuch
Seiten144
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3-7657-3456-4

„Geschichten, die bewegen, irritieren, fordern und bereichern – mal leise, mal laut, aber stets mit dem Anspruch genauer hinzuschauen: auf gesellschaftliche Entwicklungen, persönliche Schicksale oder sprachliche Experimente.“ (Zitat Seite 6, Vorwort von Karin Schmidt-Friderichs)

Thema und Inhalt

Das Taschenbuch „Deutscher Buchpreis 2025. Die Nominierten“ enthält die Leseproben on jenen zwanzig Romanen, die 2025 für den Deutschen Buchpreis nominiert sind und die Longlist bilden, aus welcher in der Folge die Titel der Shortlist ausgewählt werden, die am 16. September 2025 veröffentlicht wird. Der aus dieser Shortlist ausgewählte Siegertitel wird am 13. Oktober 2025 anlässlich der Frankfurter Buchmesse präsentiert. Die zwanzig nominierten Werke wurden von einer Jury aus 229 von Verlagen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eingereichten Romanen ausgewählt.

Gestaltung

Die zwanzig Autoren und Autorinnen werden in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt, beginnend jeweils einem kurzen Lebenslauf mit dem schriftstellerischen Werdegang und einem Foto. Daran schließt die Leseprobe an. Ein Bild der Titelseite mit den Angaben über Verlag, Erscheinungsdatum, Seitenzahl und Preis schließt die Präsentation ab, die jeweils insgesamt 8 Seiten umfasst.

Fazit

In Buchhandlungen liegt dieses kleine Taschenbuch in gedruckter Form auf, doch es ist nicht in allen Buchhandlungen erhältlich und rasch vergriffen. NetGalley Deutschland stellt es in elektronische Form, herausgegeben vom „Börsenblatt“, kostenlos zum Download bereit, in dieser Form habe ich es gelesen. Leider wurde diesmal (im Gegensatz zu den Vorjahren) auf eine Beschreibung des Themas des jeweiligen Romans verzichtet. Die Leseprobe allein macht auf Grund der sehr komplexen und teilweise ähnlichen, oft autofiktionalen, Themen eine Entscheidung schwierig, ob man das jeweilige Buch lesen will. Hilfreich ist es, die einzelnen Romane in einer Online-Buchhandlung zu suchen, wo man dann auch den Inhalt nachlesen kann. Dennoch ist dieses Büchlein ein lesenswerter, interessanter Überblick über die nominierten Romane.

Südliche Autobahn – Julio Cortázar

AutorJulio Cortázar
VerlagSuhrkamp Verlag
Datum5. Juni 2019
AusgabeTaschenbuch
Seiten266
SpracheDeutsch
ÜbersetzerRudolf Wittkopf
Fritz Rudolf Fries
Wolfgang Promies
ISBN-13978-3518242278

„Nie wird man wissen, wie das erzählt werden muß, ob in der ersten Person oder in der zweiten, indem man sich der dritten Person des Plurals bedient oder fortwährend Formen erfindet, die sich dann als nicht brauchbar erweisen.“ (Zitat Seite 379)

Thema und Inhalt

Es sind Alltagsthemen und alltägliche Situationen, über die Julio Cortázar schreibt. In der Sammlung „Geschichten der Cronopien und Famen“ finden sich auch kurze Texte, die mit wenigen Worten auskommen und dennoch eine ganze Geschichte erzählen. Diese oft skurrilen Texte verpacken sehr gekonnt die Freude am Spielen mit der Sprache und Humor mit ernster Gesellschaftskritik. Im Abschnitt „Handbuch der Unterweisungen“ finden sich zum Beispiel Unterweisungen im Weinen, im Singen, im Uhrenaufziehen, im Treppensteigen, im Verständnis berühmter Gemälde. Es folgen „Sonderbare Beschäftigungen“ über den wechselvollen Tag einer Tageszeitung und über das Verhalten bei Beerdigungen, sowie über die vergeblichen Bemühungen eines Kamels für eine Einreisegenehmigung. Cronopien und Famen sind phantastische Wesen mit sehr unterschiedlichen Eigenheiten und Verhalten, und darüber lesen wir in den Geschichten, in deren Mittelpunkt sie stehen.

In der ersten Sammlung dieses Buches finden wir die für Julio Cortázar so typischen Erzählungen zwischen Realität und Phantasie. Die Erlebnisse der einzelnen Figuren beginnen mit gewöhnlichen Situationen, ein Brief von Mama, ein Theaterbesuch. Zunächst kaum zu bemerken, wenden sich die Ereignisse Satz um Satz in beklemmende, bedrohliche Empfindungen und jeder Versuch der Figur, einen Ausweg zu finden, steigert nur die Ausweglosigkeit, was ist noch Realität, was bereits nicht mehr zu erklären?

Völlig unterschiedlich dagegen sind die Erzählungen der letzten Sammlung dieses Bandes, die mit einer Geschichte über menschliches Verhalten zwischen Realität und Gedankenströmen während eines langen Staus auf der Autobahn vor Paris beginnt. Einige der weiteren Erzählungen sind geprägt von den Eindrücken jener Jahre, die der Schriftsteller in Buenos Aires verbracht hat, und befassen sich kritisch mit der politischen Situation in Argentinien. In dieser Sammlung finden sich auch beeindruckende Geschichten, in deren Mittelpunkt  die menschlichen Gefühle stehen und die Suche nach dem schmalen Pfad zwischen Realität und Einbildung. „Mehr als einmal habe ich das Gefühl gehabt, als setzte sich alles wie von selbst in Bewegung, als besänftigte sich alles, als wiche der Boden zurück, und widerstandslos war ich bereit, auf diese Weise von einer Sache zur anderen zu schreiten.“ (Zitat Seite 667, aus „Der andere Himmel“)

Gestaltung

Dieser zweite Band der kompletten Erzählungen umfasst die Sammlungen „Die geheimen Waffen“ aus dem Jahr 1959, die „Geschichten der Cronopien und Famen“ aus dem Jahr 1962 und „Das Feuer aller Feuer“ aus dem Jahr 1966 mit der titelgebenden Erzählung „Südliche Autobahn“. Die Reihenfolge der Erzählungen verläuft chronologisch und ist nach dem Erscheinungsdatum der Originalausgaben angeordnet.

Fazit

Eine spannende Mischung von unterschiedlichen Geschichten, die ihren Ausgangspunkt in alltäglichen Situationen haben und mit humorvollen, sehr skurrilen Momenten spielen, oder jedoch aus einer ebenfalls alltäglichen Situation rasch in sich immer mehr steigernde, bedrohliche Krisen führen, eine Spirale von der Realität in das Phantastische und zurück.

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki – Satoshi Yagisawa

AutorSatoshi Yagisawa
VerlagInsel Verlag
Datum15. April 2024
AusgabeTaschenbuch
Seiten189
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinUte Enders
ISBN-13978-3458683377

„Wenn es diese Zeit nicht gegeben hätte, wäre mein Leben jetzt eintönig grau. Deshalb werde ich es nie vergessen. Das Antiquariat Morisaki.“ (Zitat Seite 7)

Inhalt

An einem Freitagabend Mitte Juni teilt ihr Freund Hideaki ihr mit, dass er heiratet, aber nicht sie, und Takako versinkt in tiefe Traurigkeit. Da sie in derselben Firma arbeiten, kündigt sie. Müde verschläft die Fünfundzwanzigjährige die Tage in ihrer Wohnung, bis sie plötzlich einen Anruf erhält. Ihr exzentrischer Onkel Saturo, den sie seit zehn Jahren nicht gesehen hat, braucht Hilfe in seinem Antiquariat in dem berühmten Bücherviertel Jinbōchō. Wohnen könnte sie in der kleinen Wohnung direkt über der Buchhandlung. Obwohl sie absolut nicht begeistert ist, denn Bücher interessieren sie nicht, sagt sie zu. Eines Abends überredet Onkel Saturo sie zu einem Spaziergang und führt sie in sein Stammcafé. Die neuen Eindrücke führen für Takako zu einer schlaflosen Nacht. Umgeben von unzähligen Büchern, beginnt sie zu lesen – und damit verändert sich ihr Leben.

Thema und Genre

Dieser erste Band der zweiteiligen Serie „Bücherliebe in Tokio“, ist ein Roman des in Asien entstandenen „Healing-Fiction-Trend“. In diesen Büchern geht es um Menschen an einem Wendepunkt in ihrem Leben, Lebensphilosophie, Symbolik und manchmal auch etwas Magie.

Erzählform und Sprache

Takako, die Hauptfigur der Geschichte, erinnert sich als Ich-Erzählerin an diese Monate im Antiquariat Morisaki, an ihre damalige Lebenskrise und die darauf folgenden Veränderungen in ihrem Leben. Sie erzählt chronologisch. Die Handlung ist eine Mischung aus ihren Gefühlen und Gedanken, aus den Gesprächen mit ihrem Onkel, dessen Leben wir so ebenfalls kennenlernen, und den aktuellen Ereignissen während dieser Tage im berühmten Bücherviertel Tokios. Ihr Onkel ist ein Spezialist die japanischen Frühmoderne der Literatur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und sie teilt mit uns ihre beginnende Leidenschaft für Bücher. Takako schildert aber auch ihre Eindrücke von diesem besonderen Viertel Tokios mit der Hauptstraße Yasukuni-dori, wo sich Buchgeschäft an Buchgeschäft reiht. Lebhaft beschreibt sie die Menschen, die sie kennenlernt und ihre Eigenheiten. Die Sprache entspricht dem Genre, erzählt leicht, leise und ist angenehm zu lesen. Konflikte und Probleme wie Verlust und Trennung, aber auch Themen wir Liebe, Freundschaft und Familie, sorgen für Tiefgang.

Fazit

Ein einfühlsamer, unterhaltsamer Wohlfühlroman, der in Tokios berühmtem Bücherviertel Jinbōchō spielt.

Gretchen Larssen und das Ostseemädchen – B.C. Schiller

AutorB.C. Schiller
Verlag‎ Independently published
Datum14. Februar 2023
AusgabeKindle-Ausgabe
Seiten310 (Print-Version)
SpracheDeutsch
ASINB0BQ7HS3SF

“Sie war in Berlin für ihre unorthodoxen Ermittlungsmethoden bekannt gewesen, und die Erfolgsquote hatte ihr recht gegeben. Für Rügen war sie eindeutig überqualifiziert, denn hier gab es außer Schlägereien und Diebstählen bisher noch keine Mordfälle.“ (Zitat Seite 27)

Inhalt

Hauptkommissarin Gretchen Larssen, achtunddreißig Jahre alt, war bei ihrer Großmutter auf der Insel Rügen aufgewachsen. Es folgte eine Karriere bei der Polizei in Berlin, bis zu dem Urlaub auf der Insel Rügen vor einem Jahr. Gretchens Mann kommt bei einem Autounfall ums Leben, ihr achtjähriger Sohn Niki ist seither spurlos verschwunden. Doch Gretchen gibt die Suche nicht auf, ist auf die Insel zurückgekehrt, wo sie gerade als Ermittlerin zu einem Mordfall gerufen wird, ihrem ersten auf der Insel Rügen. Romy Möller ist an ihrem achtzehnten Geburtstag von einem alten Betonturm an der Schaabe gestürzt. Rasch erkennt Gretchen, dass es kein Unfall war. Es gibt eine Zeugin, die kleine Paula, doch das Kind schweigt. Gretchen Larssen und ihr Kollege Henry Bülow beginnen zu ermitteln. Spuren führen auch in die Vergangenheit und Gretchen ist überzeugt, das es Zusammenhänge gibt, nur welche?

Thema und Genre

In diesem Küstenkrimi mit Regionalbezug, dem ersten von insgesamt neun Bänden um die Ermittlerin Gretchen Larssen, geht um um Mord, Ermittlungen, Familiengefüge, Verlust und die Insel Rügen.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte wird chronologisch geschildert und wird durch Rückblenden in Form von Erinnerungen ergänzt. Der straffe Zeitrahmen, der sich aus der Ermittlungsarbeit ergibt, bringt Spannung in das Geschehen. Parallel zu dieser aktuellen Handlung lesen wir Auszüge aus Romys Aufzeichnungen, nicht nur ihre Gedichte als aufstrebende Lyrikerin, sondern auch taggenaue Einträge, sodass sich langsam die tatsächlichen Ereignisse enthüllen. Die lebhaften Beschreibungen der einzelnen Örtlichkeiten und Landschaft der Insel Rügen zeigen die genaue Recherche. Die Figuren sind authentisch und glaubhaft, auch unvorhersehbare Wendungen fehlen nicht. Die Sprache ist angenehm und flüssig zu lesen und entspricht dem Genre.

Fazit

Ein unterhaltsam-spannender Rügen-Krimi, der Verbrechen und Ermittlungsarbeit mit anschaulichen Schilderungen des Ambiente und aktuellen gesellschaftlichen Themen verbindet.

„Und ich lass dir als Pfand das Meer – Carme Riera

AutorCarme Riera
Verlagmareverlag
Datum21. Februar 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten112
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinPetra Zickmann
NachwortKirsten Brandt
ISBN-13978-3866487383

„Weil ich aber deinen Namen und deine Adresse unbedingt vergessen wollte, schrieb ich an das Meer in der leisen Hoffnung, dass die Wellen meine Nachricht bis vor deine Haustür tragen würden.“ (Zitat Seite 33)

Thema und Inhalt

Dieser Erzählband aus der Serie „mare-Klassiker-klein“ beinhaltet sechs Erzählungen der bekannten katalanischen Schriftstellerin, die ersten fünf Texte sind 1975 in katalanischer Sprache erschienen, der letzte Text 1977. Die Grundthemen sind das Meer, Inseln und die damit verbundene Sehnsucht nach Weite und persönlicher Freiheit. Es sind Frauen, die am Ende des Franco-Regimes in einer von den Regeln des Patriarchats bestimmten Welt nach einem selbstbestimmten Leben nach den eigenen Vorstellungen suchen. Es sind kurze Erzählungen, die ohne Einleitungen sofort in die Situation führen und da in ihnen auch immer das Schweigen und der Tod als einzige Möglichkeit, frei zu sein, als Thema präsent sind, lassen sie Platz für Interpretationen.

Gestaltung

Dieses Büchlein im Format 10.3 x 1.5 x 15.8 cm ist gebunden, mit Lesebändchen, und ist ebenso ansprechend und wertig gestaltet, wie der dazugehörende Schuber.

Auch der inhaltliche Aufbau ist durchdacht, am Beginn steht die titelgebende Erzählung. „Ich habe Sehnsucht nach dir, Sehnsucht nach dem Meer. Und lasse es dir, mein Liebling, als Pfand.“ (Zitat Seite 41) Den Abschluss bildet die sechste Erzählung, die eine Ergänzung der ersten Erzählung ist, eine andere mögliche Variante, eine andere Sichtweise und so umschließen diese beiden Erzählungen gleichsam die anderen Geschichten. Was sie eint, ist das in unterschiedlichen Formen immer präsente Thema Meer. Im Anhang finden wir ein erklärendes, vertiefendes Nachwort von Kirsten Brandt und die Viten.

Fazit

Es sind beeindruckende, intensive Erzählungen über Sehnsüchte, die leidenschaftliche Liebe zwischen zwei Frauen. Eingebettet sind diese Geschichten in Schilderungen der Natur, des Meeres, der einsamen Stände, der Weite des Himmels der Insel Mallorca. Als Gegenteil dazu steht die Enge in den Straßen von Barcelona. Faszinierend, wie es Carme Riera gelingt, mit wenigen Worten über so viele Facetten von Situationen, Gefühlen und Handlungen zu schreiben.

Schnell mal Pasta: Jede Gabel ein Stück Italien – Cornelia Poletto

AutorCornelia Poletto
VerlagGRÄFE UND UNZER Verlag
Datum6. Februar 2025
AusgabeTaschenbuch
Seiten64
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3833896057

„Pasta ist viel mehr als ein schneller Sattmacher, davon ist die Spitzenköchen überzeugt. Sie hat schon oft erlebt, wie man mit einfachsten Zutaten und minimalem Aufwand für glückliche Gesichter sorgen kann, indem man einen Teller Pasta serviert.“ (Zitat Seite 04)

Thema und Inhalt

In diesem Buch aus der mehr als 140 Titel umfassenden Kochbuchreihe BU Küchenratgeber stellt die Spitzengastronomin Cornelia Poletto dreißig erprobte Rezepte vor, die wir spontan in den Gedanken haben, wenn wir an typisch italienische Pasta denken. Das Besondere daran: es sind tatsächlich einfache Rezepte, deren Zutaten man überall bekommt und die in maximal dreißig Minuten zubereitet sind. Dennoch tragen sie alle Polettos Handschrift und damit diese kleine, besondere Abwechslung, welche Pasta zur Lieblingspasta macht.

Gestaltung

Wie bei den praktischen Büchern dieser Serie findet man auch hier auf den doppelten Klappen die wichtigsten Infos, in diesem Fall geht es um das Grundprinzip einer schnellen Pasta, das Kochen der Teigwaren, Italienische Käsesorten, Italienische Kräuter, das Grundrezept für Tomatensugo und die perfekte Kombination aus Pastasorte und Sauce. Die Rezepte selbst sind in die Kapitel ‚Einfach, schnell und gut‘, ‚Mit Gemüse‘, ‚Geliebte Klassiker‘ und ‚Mit Fisch und Meeresfrüchten‘ eingeteilt. Zu jedem Rezept finden wir die Liste der Zutaten, die einzelnen Schritte der Zubereitung und jeweils ein großes Farbfoto, das sofort zum Nachkochen anregt. Alle Bücher dieser Serie haben ein praktisches Format, das Platz auf jeder Arbeitsfläche findet und sie halten auch mal einen kleinen Spritzer aus.

Fazit

Ich kann in der Buchhandlung nie an den GU-Aufstellern vorbeigehen, ohne zu stöbern. Hier  genügte das Thema, der Name Poletto und ein kurzer Blick auf das Rezept für Pesto alla Genovese, um mich zu überzeugen. Diese handlichen vierundsechzig Seiten zaubern Italien pur auf den Teller und in unsere Sinne.

Am Arsch vorbei geht auch ein Weg – Alexandra Reinwarth

AutorAlexandra Reinwarth
Verlagmvg Verlag
Datum9. Mai 2016
AusgabeTaschenbuch
Seiten192
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3868826661

„Wer auch der Meinung ist, das Leben könnte etwas mehr Freiheit, Muße, Eigenbestimmung und Schokolade vertragen und dafür weniger Kathrins, WhatsApp-Gruppen und Weihnachtsfeiern, der ist hier goldrichtig. Ich hoffe, ich kann hierfür Inspiration und Anschubhilfe bieten.“ (Zitat Seite 13)

Thema und Inhalt

„Wie sich dein Leben verbessert, wenn du dich endlich locker machst“ lautet der Untertitel dieses Sachbuchs, das ein besonderer Ratgeber ist. Es geht davon, sich ohne allzu schlechtes Gewissen von Menschen und Verhaltensweisen zu trennen, die das eigene Leben belasten, die den Alltag mit Unwichtigem füllen und die, hat man sich erst entschieden, etwas zu ändern, Zeit lassen für jene Dinge, die wirklich wichtig sind. Dies beschriebt die Autorin aus ihrer eigenen Sicht, denn es sind die Erfahrungen ihres Selbstversuchs.

Umsetzung

Das Buch ist in sechs große Abschnitte eingeteilt. Zu Beginn geht es um die eigene Person es folgen Freunde, Bekannte und Unbekannte, dann ein wichtiges Thema, die Familie. Weiter geht es mit Im Beruf, Eltern & Kinder und den Abschluss macht Die Liebe. Die entsprechenden Themen sind in einzelne Kapitel eingeteilt und umfassen alltägliche Situationen, die wir alle aus dem eigenen Leben kennen und Vorschläge, jene Dinge, die wir nur wegen der Meinung anderer Menschen tun, nicht aber, weil wir selbst es wollen, einfach nicht mehr zu tun, mit dem Ziel, uns frei zu fühlen und an Lebensqualität zu gewinnen.

Fazit

Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt beim Lesen eines Sachbuchs so begeistert genickt und so schallend gelacht habe, wie besonders bei den Abschnitten rund um Weihnachten. Wer dieses Buch so wie ich bisher noch nicht gelesen hat, wer gerade entsprechend über die eigene Situation nachdenkt und wer endlich den Unterschied zwischen Verkrampft-Aufräumen und Verkrampft-Nichtaufräumen kennen will, dem kann ich die Lektüre schmunzelnd empfehlen.
 

Lilianas unvergänglicher Sommer – Cristina Rivera Garza

AutorCristina Rivera Garza
VerlagKlett-Cotta
Datum12. Juli 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
SeitenPrint-Ausgabe: 336 Seiten
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinJohanna Schwering
ISBN-13978-3608966749

„Wir senkten die Stimme und kapselten uns ab, versteckten dich in uns, um dich nicht der vorschnellen Verurteilung auszusetzen, der geifernden Neugier, den mitleidsvollen Blicken.“ (Zitat Pos. 470)

Inhalt

Die lebensfrohe, beliebte und begabte Architekturstudentin Liliana Rivera Garza, die jüngere Schwester der Autorin Cristina Rivera Garza, hat schon früh begonnen, kleine Briefchen an ihre Freundinnen zu schreiben, Zettel mit Notizen als Dialoge mit sich selbst, über ihre Gefühle und Gedanken, über Alltägliches und über Dinge, über die sie nicht reden wollte. Am 10. Juni 1984 taucht der Name Ángel zum ersten Mal in diesen Notizen auf und erst Anfang 1990 gelingt es Liliana, sich endgültig aus einer extrem problematischen Beziehung zu befreien. Der letzte Eintrag in ihren Notizen ist vom 15. Juli 1990, achtzehn Stunden später lebt sie nicht mehr. Ángel, der Täter, wird nie gefasst. Lilianas Familie versinkt in erstarrtem Schweigen. Erst neunundzwanzig Jahre, drei Monate und zwei Tage später nützt Cristina einen Arbeitsaufenthalt an der Universität von Mexiko, um die Herausgabe der damaligen Ermittlungsakten zu beantragen. Sie versucht, den Spuren ihrer kleinen Schwester zu folgen und sie findet die Kraft, endlich Lilianas Nachlass zu sichten, zahlreiche Kartons und Kisten voller Notizen und Aufzeichnungen, und Liliana durch ihre Recherchen Schritt für Schritt wieder sichtbar zu machen.

Thema und Genre

Dieses biografische Porträt erzählt das Leben einer begabten, unangepassten jungen Frau, aufgezeichnet von ihrer älteren Schwester, der Schriftstellerin, Soziologin und Historikerin Cristina Rivera Garza. Es geht um Freundschaft, Familie, Liebe, um das Zulassen von Trauer. „Trauer ist das Ende der Einsamkeit.“ (Zitat Pos. 1475) Wichtige Themen sind Femizid, Gewalt in Partnerschaften und die begründete Kritik an einer Gesellschaft, welche die damit verbundenen Gefahren zunächst nach wie vor im Verhalten der Frauen sieht.

Erzählform und Sprache

Die einzelnen Geschichten wechseln einander ab, manchmal mit fließenden Übergängen. Eine Geschichte schildert das Leben von Liliana, ihre Kindheit in Toluca und ihre Studienzeit in Mexiko-City. Neben den eigenen Erinnerungen und den zahlreichen Aufzeichnungen und Notizen von Liliana führt die Autorin während ihrer Recherchen auch viele Gespräche mit Freunden, Freundinnen, Kommilitonen und Bekannten, die erzählen, wie sie persönlich Liliana erlebt haben. „Wenn Liliana dich mochte, dann mit Haut und Haar.“ (Zitat Pos. 1629). Die Autorin berichtet über ihre mühsamen Behördenwege, um von den offiziellen Stellen beinahe dreißig Jahre später eine umfassende Kopie der alten Akte zu erhalten. In einem sozialkritischen Abschnitt beschäftigt sich die Autorin und Soziologin mit den Fakten über Gewalt an Frauen in Mexiko, früher und heute, Gegenmaßnahmen und die aktiven Proteste der Frauenbewegungen. Immer wieder fließen auch die persönlichen Erlebnisse und Trauerarbeit der Autorin und ihrer Familie in den Text ein, den unterschiedlichen Umgang mit Erinnerungen und das Leben mit dem ungelösten Mordfall. Die Sprache schildert einfühlsam, interessant und packend.

Fazit

Dieses Buch ist eine besondere Spurensuche, intensiv und bewegend. Seite um Seite entsteht ein Porträt dieser jungen Frau, eine Rebellin, eine Intellektuelle, eine begeisterte Vielleserin, für die Architektur kein Beruf, sondern eine Berufung ist und deren Leben zu Ende war, als es gerade erst begonnen hatte.

Anna oder: Was von einem Leben bleibt – Henning Sußebach

AutorHenning Sußebach
VerlagC.H.Beck
Datum10. Juli 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten205
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3406836268

„Dieses Buch ist ein Versuch, eine Erinnerung zu retten. Einen jener Menschen wieder ins Licht zu ziehen, der in unruhigen Zeiten lebte, die unseren heute nicht ganz unähnlich sind.“ (Zitat Seite 10)

Inhalt

Am 29. April 1866 kommt Anna als viertes Mädchen der Familie Kalthoff zur Welt. Sie ist klug und soll Lehrerin werden. 1887 ist es soweit, die zwanzigjährige Anna kommt als neue Dorfschullehrerin nach Cobbenrode. Damals ist das ein Dorf mit dreiundachtzig Häusern und fünfhundertsieben Einwohnern. Das Dorfzentrum bilden Kirche, Pfarrhaus und Schule, und das große Haus der Familie Vogelheim, zunächst Halt der Postkutsche, Post und Wirtshaus, dann auch Kaufhaus, Baumarkt und Treffpunkt für kulturelle Veranstaltungen. Clemens Vogelheim, der älteste Sohn, und Anna verlieben sich. Die Familie Vogelheim lehnt die junge Lehrerin ab. Anna ist nicht nur vier Jahre älter als Clemens, sondern auch arm, denn Lehrerinnen sind schlecht bezahlt. Außerdem müssen Lehrerinnen ledig bleiben. Um 1900 ist überall Aufbruchsstimmung, nur Annas Leben bleibt im Stillstand, bis 1902 Vater Vogelheim stirbt. Sohn Clemens ist der Haupterbe und verlobt sich mit Anna. Damit endet Annas Tätigkeit als Lehrerin und ein neues Leben mit neuen Herausforderungen beginnt – und es sind große Herausforderungen, die unerwartet rasch auf Anna zukommen.

Thema und Genre

In diesem Buch erzählt Henning Sußebach die Geschichte seiner Urgroßmutter. Es geht um ein Frauenleben zwischen 19. und 20. Jahrhundert. Anna Kalthoff war keine bekannte Persönlichkeit, sondern zählte zu den gewöhnlichen Menschen. Doch sie und ihr Leben waren für die Situation der Frauen in der damaligen Zeit alles andere als gewöhnlich.

Erzählform und Sprache

„In jeder Biografie spiegelt sich Weltgeschehen …“ (Seite 9) und so ergänzt der Autor die Geschichte seiner Urgroßmutter mit wichtigen geschichtlichen Ereignissen, die in den jeweiligen Jahren stattgefunden haben und prägend und zukunftsweisend waren. Annas Leben schildert er einfühlsam anhand von Dokumenten und Fotografien, die er finden konnte. In seiner Familie lebt inzwischen niemand mehr, der Anna noch persönlich gekannt hatte und ihr Nachlass besteht aus nur wenigen Unterlagen und Gegenständen. Zusätzliche Informationen über das Dorf, sowie Berichte über das soziale und zeitgeschichtliche Lebensumfeld  findet er in den zahlreichen Archiven und Museumssammlungen, die er durchstöbert. So entsteht dieses Buch aus vielen kleinen Fragmenten. Das Resultat ist die chronologisch erfasste Lebensgeschichte einer für ihre Zeit sehr eigenwilligen und selbstbewussten, mutigen Frau. Die angenehm fließende Sprache schildert lebhaft und eindringlich, lässt uns sofort in diese Zeit, das Dorfleben und die Ereignisse in diesem Frauenleben eintauchen.

Fazit

Eine biografische Erinnerung an ein wechselvolles, interessantes, selbstbestimmtes  Frauenleben in einer ebenso wechselvollen Zeit der Umbrüche, wunderbar erzählt.

Auē – Becky Manawatu

AutorBecky Manawatu
VerlagAlfred Kröner Verlag
Datum24. April 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten464
SpracheDeutsch
ÜbersetzungJana Grohnert
ISBN-13978-3520630018

„Ich dachte, dass es für Ari und mich immer so sein würde. Wir würden in Spiegeln und Menschenmengen nach Fragmenten von all jenen suchen, die wir verloren hatten.“ (Zitat Seite 81)

Inhalt

Nach dem Unfalltod der Eltern bringt der junge Maori Taukiri seinen Bruder Ārama „Ari“ in ein neues Zuhause bei Tante Kat, die Schwester der verstorbenen Mutter, und dessen Ehemann Stu. Taukiri selbst fährt mit seiner Gitarre und seinem Surfbrett auf dem Autodach Richtung Norden, auf der Suche nach einem eigenen Leben. Obwohl er seinem Bruder verspricht zurückzukommen, hat er dies nicht vor. Beth, die Tochter des benachbarten Farmers, ist zwar ein halbes Jahr jünger als Ari, doch während Ari ängstlich und ruhig ist, ist Beth frech und tough. Rasch entsteht eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden, in der Ari Halt in seinem neuen, schwierigen Leben findet. Seit Generationen ist das Familiengefüge zerrissen und von einer Spirale von Gewalt umgeben, weil Entscheidungen mit unvorhersehbaren Folgen getroffen worden waren. Doch der Wind trägt starke Gedanken und Erinnerungen mit sich, die sich so sehr wünschen, etwas zu verändern.

Thema und Genre

Dieser Roman ist eine sozialkritische Coming-of-Age Geschichte und es geht um Familienbeziehungen, Verlust und Trauer, Bandenkriminalität, Gewalt in der Familie, aber auch um Freundschaft und Liebe.

Erzählform und Sprache

Der Roman spielt in einer ländlichen Gegend in Neuseeland. Die Ereignisse werden chronologisch geschildert und durch Erinnerungen ergänzt. Ārama und Taukiri erzählen ihre Erlebnisse selbst und diese Ich-Form lässt uns intensiv an ihren Gedanken teilhaben. Für die Geschichte von Jade und Toko, die schon erwachsen sind, verwendet die Autorin dagegen die personale Form. Dadurch ergibt sich auch eine sprachliche Vielfalt, der junge Ārama erzählt und denkt seinem Alter entsprechend anders, als sein älterer Bruder Taukiri. Interessant ist, wie im Zuge der Erzählung die Zusammenhänge und Hintergründe Stück für Stück sichtbar werden.  Maori-Traditionen in Verbindung mit Naturbeschreibungen und magischen Momenten ergänzen die Handlung selbst, eine Handlung, die allerdings geprägt ist von brutaler Gewalt gegenüber Mensch und Tier. Obwohl mir die Intention der Autorin und der Grund, aus welchem dieser Roman geschrieben wurde, bekannt sind, sind es für mich unglaubwürdig viele tödliche Gewalttaten, die Mitgliedern dieses verbundenen Familiengefüges zugefügt werden und ich empfinde die Handlung als zu bewusst für die Kernthemen konstruiert.

Fazit

Trotz der aufflackernden Poesie, Magie, trotz glücklicher Momente, positiver Phasen und wiederholter Lichtblicke, ist es eine schonungslos trostlose, deprimierende Geschichte.

„Die Nacht auf dem Rücken“ – Julio Cortázar

AutorJulio Cortázar
VerlagSuhrkamp Verlag
Datum28. September 2019
AusgabeTaschenbuch
Seiten333
SpracheDeutsch
VorwortMario Vargas Llosa
ÜbersetzerWolfgang Promies
Rudolf Wittkopf
ISBN-13978-3518242261

„Die Tür zum Salon und dann der Dolch in der Hand, das Licht der Fenster, die hohe Rückenlehne eines Sessels aus grünem Samt, der Kopf des Mannes in dem Sessel, einen Roman lesend.“ (Zitat Seite 196)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist der erste von vier Bänden mit den Erzählungen des argentinisch-französischen Schriftstellers. Neben seinem Roman „Rayuela – Himmel und Hölle“ sind es besonders diese Geschichten, die seinen literarischen Ruhm begründen. Cortázar spielt ein geniales, besonderes Spiel mit der Sprache, der Phantasie und den Gedankenbildern, und führt die Leser aus scheinbar beschaulichen, einfachen Alltagssituationen leise und zunächst nur mit leichtem Unbehagen in schließlich zutiefst beklemmende, surreale Situationen und Ereignisse. Wirklichkeiten und mögliche Wirklichkeiten überschneiden sich und führen seine Figuren zu unabwendbaren Konsequenzen. „Denn in Cortázars Büchern spielt der Autor, spielt der Erzähler, spielen die Figuren und spielt der Leser, zum Spiel gezwungen durch die teuflischen Fallen, die ihn beim Umblättern erwarten, wenn er es am wenigsten erwartet.“ (Zitat Seite 5, Mario Vargas Llosa, Vorwort)

Gestaltung

Die Erzählungen sind in drei Sammlungen zusammengefasst, chronologisch geordnet nach der Zeit ihrer Entstehung. Dem Vorwort von Mario Vargas Llosa folgt die Sammlung „ Das andere Ufer – 1945“ welche zwölf frühe Geschichten umfasst. Daran schließt „Bestiarium -1951“ an mit acht Geschichten, wobei die letzte Geschichte dieser Sammlung den Namen gibt. Die letzte Sammlung  ist die 1964 erweiterte Fassung von „Ende des Spiels – 1956“ und ist nach der letzten Geschichte benannt, welche auch die letzte Geschichte dieses ersten von insgesamt vier Bänden ist.

Fazit

Die vielen kleinen, einfachen Alltagssituationen oder ebenso klaren Ereignisse haben eines gemeinsam: subtile Wendungen, die sich plötzlich zu einer eigenständigen, packenden Dramatik entwickeln, bei der wir Leser den Atem anhalten und gespannt den Ereignissen und den Entscheidungen und dem Schicksal der Figuren folgen. Wir wissen nun zum Beispiel, was passiert, wenn sich ein Vampir ernsthaft verliebt, und werden wohl noch lange einen Pullover nur mit einem gewissen Unbehagen anziehen. Es ist schwer mit wenigen Worten zu beschreiben, warum man diese auch sprachlich großartigen Erzählungen lesen sollte, doch lesen sollte man sie.

„Einfach Literatur: Eine Einladung“ – Klaus Willbrand

AutorKlaus Willbrand
AutorinDaria Razumovych
VerlagS. FISCHER
Datum25. Juni 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten224
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3103977035

„Die im Folgenden bereitgestellten Informationen erheben überhaupt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern spiegeln vielmehr ein Leben mit Literatur wider, das dazu anregen soll, selbst tiefer einzutauchen.“ (Zitat Seite 27)

Thema und Inhalt

Kennengelernt haben sich Klaus Willbrand und Daria Razumovych am 21. September 2021 auf einem Antik-Markt in Köln, Klaus Willbrand ist gerade achtzig Jahre alt geworden. Anfang 2024 überlegt er, nach mehr als zwanzig Jahren sein Antiquariat in Köln zu schließen und Daria schlägt ihm vor, Videos über Literatur zu drehen. Sie wollen Literatur vor allem für die junge Generation sichtbar machen und sind selbst überrascht, dass sie innerhalb kurzer Zeit 200.000 Follower haben. Rasch folgt die Idee, neben der digitalen Präsenz gemeinsam ein Buch zu schreiben. Als Grundlage dienen die vielen Gespräche über Literatur, Videos, Interviews und als Aufnahme diktierte Texte einerseits, und Klaus Willbrands Leselisten als Anregung und Empfehlung für eigene Entdeckungen andererseits.

Umsetzung

Einem Einblick in den Werdegang von Klaus Willbrand und grundlegenden Gedanken folgen Kapitel über die einzelnen Literaturkreise, beginnend mit der deutschsprachigen Literatur. Es folgt ein Abschnitt über Werke der angloamerikanischen Literatur und dann über französischsprachige Literatur. In jedem dieser Abschnitte werden Werke von Schriftstellern und Schriftstellerinnen vorgestellt, die Klaus Willbrand zeitlos beeindruckt und geprägt haben. Am Ende finden sich Listen der wichtigsten Schriftsteller und Schriftstellerinnen des jeweiligen Literaturkreises. Daran anschließend erzählt Klaus Willbrand von seinen Jahren in seinem Antiquariat, es folgen einige Zeilen zur Entstehung dieses Buches und die persönliche Leseliste von Klaus Willbrand. Mit einer Danksagung endet dieses Vermächtnis eines Buchmenschen.

Fazit

Als Literaturverführer wird dieses Buch im Text auf dem rückseitigen Einband bezeichnet und genau das ist es. Mit einem leichten Schmunzeln oder zustimmendem Kopfnicken wird man in Klaus Willbrands Liste eine Reihe von Büchern finden, die man bereits gelesen hat und sich an das eigene Leseerlebnis erinnern. Doch es gibt noch viel zu entdecken und meinen Blick zog es sofort in meine Regale, wo moderne Klassiker wie „Ulysses“, vier Bände von Prousts Suche nach der verlorenen Zeit und auch „Der Zauberberg“ schon lange darauf warten, endlich gelesen zu werden. Dieses Buch ist eine Einladung zu einem persönlichen Lesestreifzug durch die Literatur, verbunden mit vielen interessanten Informationen. Kann man mit leichter Hand ein Buch mit Tiefgang schreiben – man kann, wie das vorliegende Buch zeigt.

wolken westwärts: ermittlungen zweiter ordnung – ralf b. korte

AutorRalf B. Korte
VerlagKlingenberg Verlag
Datum1. März 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten192
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3903284616

„deine Erfahrung soll auch bereits gemachte und laufende beobachtungen der ermittelnden sehen und mit entsprechendem abstand identifizieren, wer denn was gesehen und anderes übersehen hat.“ (Zitat Seite 9)

Inhalt

Michael Henze, ein nicht mehr aktiver Kriminalbeamter, wird von Eliza aus Graz kontaktiert, im Namen von Auftraggebern, die zunächst im Hintergrund bleiben. Bru, eine Mitarbeiterin von dem Grazer Unternehmen sens_x, die an brisanten Recherchen gearbeitet hat, ist in Triest ermordet worden. Auf Intervention der österreichischen und amerikanischen Botschaft wurden die Ermittlungen jedoch rasch eingestellt, Unterlagen und die von der Triester Polizei gesammelten Indizien sind verschwunden. Nun soll Henze als neuer Beobachter des bisher Beobachteten nochmals die Hintergründe der Tat ermitteln. Er reist zwischen Berlin, Graz und Triest, Eliza scheint ihm zu folgen und Henze frage sich, ob er tatsächlich den Spuren folgen, oder sie, während er sucht, verwischen soll.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um philosophische, naturwissenschaftliche, psychologische und gesellschaftsrelevante Überlegungen und Themen, in deren Mittelpunkt KI und das Metaverse stehen, verbunden mit der Frage, wie weit es möglich ist, mittels KI durch gezielt eingesetzte Emotionen die Menschen zu manipulieren und in die Gedankenfreiheit einzugreifen. Auch die Literatur und hier vor allem die themenrelevante Lyrik, fließen wiederholt in Henzes Überlegungen ein.

Erzählform und Sprache

wolken westwärts ist im Grunde ein Gedankenmonolog in Romanform. Es sind Henzes Gedanken und Überlegungen, seine Beobachtungen und Selbstbeobachtungen, die wir lesen, mit Auslassungen und Gedankensprüngen. Eliza überlässt Henze Brus Aufzeichnungen, doch auch diese sehen wir nur durch Henzes Gedankenströme, er liest und interpretiert, bindet seine eigenen Überlegungen und Wissen ein. Dialoge finden nicht statt, auch der Informationsaustausch zwischen seiner Auftraggeberin Eliza und Henze erfolgt ausschließlich schriftlich und manchmal vermisst Henze die fehlende Interaktion. Die klare, präzise Sprache verzichtet auf Groß- und Kleinschreibung, was mich zu der Überlegung brachte, dass auch unsere Gedanken ohne Groß- und Kleinschreibung fließen. Der Autor setzt auch die Beistriche sehr sparsam ein. Manche Sätze musste ich zwei Mal lesen, um dann mit Vergnügen diese wohlüberlegte, literarische Wortsetzung und Anordnung im Satz zu erkennen.

Fazit

Dies ist kein einfacher Kriminalroman, sondern es ist eine Vielfalt an gesellschaftsrelevanten, aktuellen Themen, eingebunden in ein gedankliches Verwirrspiel mit möglichen Erkenntnissen. Es gibt beim Lesen und auch danach reichlich Stoff zum Nachdenken und auch neues Wissen über wissenschaftliche Begriffe wie Noosphäre, Metaverse und moderne Lyriker wie Ben Lerner. Eine anspruchsvolle Lektüre, die mich inhaltlich und auch sprachlich gefordert hat, aber es war eine positive Herausforderung, die mich gepackt und begeistert hat.

Konfliktzone Ostsee: Die Zukunft Europas – Oliver Moody

AutorOliver Moody
VerlagKlett-Cotta Verlag
Datum17. Mai 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten528
SpracheDeutsch
ÜbersetzerJörn Pinnow, Enrico Heinemann, Tobias Gabel
ISBN-13978-3608966503

„Heute führt das Ringen zwischen Russland und dem Westen nicht nur dazu, dass die Länder an der Ostsee so eng zusammenwachsen wie nie zuvor; es rückt diesen traditionell eher peripheren Teil Europas auch in den Mittelpunkt des Geschehens.“ (Zitat Pos. 9761-9771)

Thema und Inhalt

Dieses Buch wurde Anfang 2024 geschrieben, teilweise überarbeitet im Oktober 2024, und bietet einen aktuellen Blick auf die heutige Situation der Ostsee und der Staaten, die sie umgeben. Konkret geht es um Estland, Finnland, Lettland, Dänemark, Polen, Deutschland, Litauen und um die wichtige Bedeutung dieser Ostseestaaten, sowie eines engen Zusammenschlusses und eines gemeinsamen Vorgehens derselben.  Ein eigenes Kapitel beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Polen und Deutschland. Der Autor hinterfragt auch die Beweggründe und Sichtweisen von Präsident Putin und seinen Beratern, und zeigt auf, wie weit im Hintergrund bereits diverse Aktivitäten wie Cyberangriffe und elektronische Störaktionen laufen. Ein weiteres Thema sind Expertenanalysen zu der drängenden Frage, ob Russland bereit ist, einen offenen Krieg mit der NATO zu riskieren, und mögliche Formen einer tatsächlichen kriegerischen Auseinandersetzung.

Umsetzung

Der Inhalt ist in drei große Teile gegliedert. Die Teile I und Teil II umfassen sieben Kapitel, in deren Mittelpunkt jeweils eines der Länder steht. Einem Rückblick auf die jeweilige Geschichte und den Kampf um die Unabhängigkeit folgt eine Analyse von Politik, Wirtschaft, Umwelt, Zukunftsprojekten, und bereits bestehenden Beziehungen mit Nachbarländern. Es ist ein Versuch, die immer noch wenig bekannten Länder des Baltikums besser zu verstehen und die Möglichkeiten zu erkennen, die sich daraus ergeben. „Wenn es einen Weg aus der gegenwärtigen Vertrauens- und Sinnkrise gibt, dann werden ihn diese Länder weisen.“ (Zitat Pos. 5495) Die intensiv recherchierten Fakten werden durch zahlreiche Zitate aus Gesprächen mit Experten aus diversen Fachbereichen und mit wichtigen Persönlichkeiten aus der Politik ergänzt, aber auch die Meinungen von den Menschen, die im jeweiligen Land leben, wurden in persönlichen Begegnungen erfragt. Teil III beginnt mit einem eigenen Kapitel über das Verhältnis Polen-Deutschland. Der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit der Sichtweise Russlands, Putins ungebrochenem Interesse am Ostseeraum, mit den schon länger im Hintergrund gestarteten Aktivmaßnahmen. In den drei anschließenden, letzten Kapiteln des Buches geht es um die Wichtigkeit und Bereitschaft der NATO, die Fähigkeit und Entschlossenheit sich zu verteidigen deutlich zu zeigen, und Moskau durch ein entsprechendes Verhalten auch davon zu überzeugen.

Fazit

„Die beste Möglichkeit, einen Krieg zu verhindern, ist das unzweifelhafte Potenzial, einen Krieg zu gewinnen.“ (Zitat Pos. 9647) Dem Autor ist klar, dass sich die Leser und Leserinnen auf Grund der Aussagen und Argumente, besonders in Bezug auf eine tatsächliche militärische Auseinandersetzung, eine eigene Meinung bilden werden, die nicht unbedingt mit seinen Schlussfolgerungen übereinstimmen muss. Gerade deshalb bietet dieses lesenswerte Buch neben wichtigen, wissenswerten Informationen und einer klar formulierten, sehr präzise und spannend geschriebenen, umfassenden Analyse der Situation der Ostseestaaten auch reichlich Stoff zum weiteren Nachdenken.

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