„Um Romane soll es im Folgenden hauptsächlich gehen, um erzählende Literatur und um die besten Wege dorthin. Den einen und einzigen Weg gibt es nicht, denn letztlich geht jeder Leser einen anderen.“ (Zitat Seite 10)
Thema und Inhalt
„Eine Gebrauchsanweisung zum Lesen schöner Literatur“ nennt Ulrich Greiner sein unterhaltsames Buch, in dem er seine persönlichen Leseerfahrungen mit uns teilt. Es sind Fragen, die sich Lesende manchmal stellen, die keine Literaturprofis wie Germanisten oder Bibliothekare sind.
Umsetzung
In neun Kapiteln schreibt Ulrich Greiner über Themen wie die Frage, warum wir lesen, wie viel man gelesen haben muss, über Fiktion und möglichen Realitätsbezug, über literarische Helden, über Erzählperspektiven, über Anfänge und ungewöhnliche Romane, die ihren eigenen Regeln folgen. An das Ende der einzelnen Kapitel, mit Ausnahme des zehnten Kapitels, setzt der Autor einen eigenen Abschnitt, den der Pause nennt, in welcher er das jeweilige Thema aus einer anderen Sicht, jeweils beginnend mit einer Frage, beleuchtet. Viele erklärende Beispiele, kurze Ausschnitte aus Werken, zeitlich gesehen, von Wolfram von Eschenbach bis Juli Zeh, aus deutschsprachiger und fremdsprachiger Literatur, ergänzen die jeweiligen Themen. Dem zehnten Kapitel, in welchem einige der besprochenen Bücher zusammenfassend unterschiedlichen Kategorien und zusätzlich drei Schwierigkeitsgraden zugeordnet werden, folgt ein Anhang mit Internet-Adressen zum Thema und einer alphabetisch nach dem Namen der Autoren geordneten Liste der Autoren und Werke.
Fazit
Ein unterhaltsam geschriebener Streifzug durch die Welt der erzählenden Literatur und des Lesens derselben.
„Er hat Deutsch gesprochen. Ich habe versucht, Spanisch mit ihm zu reden, aber ich habe dann gemerkt, dass er mich nicht verstanden hat.“ (Zitat Seite 9)
Inhalt
Anton Lipic wächst Anfang des 20. Jahrhunderts als jüngerer Sohn einer armen Bauernfamilie in Podgora auf, ein Dorf im slowenischsprachigen Südkärnten. Als er am 30. Oktober 1925 die Baustelle in Tirol verlässt, wo er als Bauarbeiter gearbeitet hat, weiß er, dass er im folgenden Frühjahr nicht zurückkehren wird. Ende Februar 1926 ist es so weit, er tritt als Auswanderer seine Reise nach Buenos Aires an. Er hatte es sich einfacher vorgestellt, in Argentinien Arbeit zu finden, doch er arbeitet hart und geht seinen Weg. August Kamnik, ebenfalls aus Kärnten, allerdings aus dem deutschsprachigen Teil, kommt erst 1945 nach Argentinien. Als Techniker hat er keine Probleme, in Buenos Aires Arbeit zu finden. Zwei sehr unterschiedliche Lebensläufe, und doch gibt es eine Verbindung.
Thema und Genre
Dieser Roman beginnt mit der Situation der Kärntner Slowenen, die Volksabstimmung 1920 und weiterhin hoffnungslose Armut der einfachen Bauernfamilien in den Jahren danach, die Zeit des Nationalsozialismus. Themen sind Familie, Sprache, Heimat, Identität. Vor allem jedoch geht es um das Leben der Auswanderer, die rasch aus ihren Zukunftsträumen erwachen und sich der Realität stellen müssen.
Charactere
Sobald Anton eine Chance sieht, nach Argentinien auszuwandern, lernt er Spanisch. Nach Europa will er nie mehr zurückkehren. Erst als er Kamnik kennenlernt, muss er wieder Deutsch sprechen, denn Kamnik spricht noch kaum Spanisch. Die Sprache eint und trennt, ein wichtiges Symbol in dieser Geschichte.
Erzählform und Sprache
Die Erzählform ist personal, verfolgt und schildert so die unterschiedlichen Lebenswege der beiden Hauptprotagonisten, lässt uns an ihren Gedanken, Verhaltensweisen und Entscheidungen teilhaben. So wissen wir von Beginn der Geschichte an mehr, als Anton und Kamnik, vermuten rasch die Zusammenhänge. Gerade dieses Wissen macht die Geschichte spannend. Die Erzählsprache ist klar, ruhig, schildert anschaulich und eindrücklich, fügt die Handlung nachvollziehbar in den realen geschichtlichen Kontext ein.
Fazit
Eine eindringliche, sehr kluge und vielschichtige Geschichte mit zeitlos aktuellen Themen.
„Nicht jeder verknüpft den Wechsel der Jahreszeiten mit der Schwalbe, doch ich weiß, jene nervöse Vorfreude, die mich alljährlich erfasst, erfüllt auch Millionen andere Menschen.“ (Zitat Seite 211)
Thema und Inhalt
Der englische Naturforscher und Autor Stephen Moss folgt den Schwalben, in diesem Fall der Hirundo Rustica, der Rauchschwalbe, durch das Jahr. Der englische Originaltitel „The Swallow. A Biography“ drückt dies wesentlich besser aus, als der deutschsprachige Titel. Seine eigenen Beobachtungen und sein Fachwissen, er folgt der Reise der Schwalben bis nach Südafrika, ergänzt er mit Auszügen aus wissenschaftlichen Fachartikeln und literarischen Texten aus allen Epochen, von Aristoteles bis zu modernen Songtexten.
Gestaltung
In einem Prolog wird der Weg beschrieben, den eine Schwalbe im Lauf eines Jahres zurücklegt, von Südafrika über Nordafrika nach Europa und wieder zurück. Im ersten Kapitel erfahren wir Wissenswertes über diesen besonderen Zugvogel, Inspiration auch für viele Mythen, Aberglaube und Geschichten. Dann folgen vier Kapitel mit den detaillierten Schilderungen und Fakten über das Verhalten der Schwalben in den einzelnen Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Zahlreiche Abbildungen in Farbe ergänzen die Texte und am Ende des Buches findet sich das entsprechende Abbildungsverzeichnis.
Fazit
Ich habe dieses Buch über diese einzigartigen Vögel und ihre unglaubliche Reise, die sie jedes Jahr im Frühjahr und Herbst antreten, im Garten sitzend gelesen, während ich die Schwalben beobachtet habe, ihren rasanten Flug bei der Insektenjagd, ihre Flugkünste bei der Rückkehr zu den Nestern, wo die Jungen auf Futter warten. Allerdings liegen die Nester oben an unseren Hauswänden, unterhalb der Dachvorsprünge, denn es sind Mehlschwalben. Mit dem Autor teile ich das Warten und die Freude, wenn die Schwalben wieder bei uns einziehen und die leise Wehmut, wenn sie etwa Anfang September plötzlich fort sind. Eine interessante, unterhaltsame Lektüre, nicht nur für Schwalbenfreunde, und sicher auch ein willkommenes Geschenk.
„In jener Nacht, als ich nun wider Erwarten zurückkehrte, wusste ich nicht, wo mein Saryasi sich befand. Ich wusste noch nicht, dass wir zwei uns in einer anderen Art von Wüste verlieren würden. In einer Wüste, die weder meine war noch seine.“ (Zitat Seite 15)
Inhalt
„Was immer bleiben wird: Ein Mann kommt aus der Wüste und verirrt sich auf einem Schiff voll mit Flüchtlingen auf dem Meer.“ (Zitat Seite 342) Dieser Mann heißt Muzafari Subdham und war ein bekanntes Mitglied der Peschmerga, als er in Gefangenschaft geriet. Einundzwanzig Jahre lang lebte er in einem einsamen Gefängnis mitten in der Wüste und mit den Jahren wurden alle seine Erinnerungen zu Sand, nur eine blieb, die Erinnerung an seinen Sohn Saryasi Subdhan, der damals erst einige Tage alt war. Als Muzafari freigelassen wird, macht er sich auf die Suche nach seinem verschollenen Sohn. Von Geheimnis zu Geheimnis, von Geschichte zu Geschichte führt ihn seine Reise durch ein Land, das sich in diesen langen Jahren völlig verändert hat und ihm fremd geworden ist.
Thema und Genre
Im Mittelpunkt dieser Geschichte stehen zwei Granatapfelbäume, die alle Figuren der Geschichte miteinander verbinden, und drei Granatäpfel aus Glas. Ein Thema ist die Suche in vielen Facetten, die Suche nach Liebe, Freiheit, Freundschaft, nach den eigenen Zielen und Träumen, und die Suche eines Vaters nach seinem Sohn. Es geht um das Schicksal der Menschen in einem von Bruderkriegen, Aufständen und Gewalt beherrschten Land. Es sind vor allem die Kinder und die jungen Menschen, denen Kriege die Träume und die Zukunft nehmen. „Ich war aus der Vergangenheit gekommen und nun verbunden mit allen, die keine Zukunft hatten.“ (Zitat Seite 177)
Charactere
Muzafari Subdham könnte nach seiner Gefangenschaft ein freies, zurückgezogenes Leben führen, doch die Frage, was in jener Nacht vor einundzwanzig Jahren wirklich geschehen ist, treibt ihn an, er muss seinen Sohn finden. Immer wieder trifft er auf seiner Suche Menschen, die ihm Schritt für Schritt weiterhelfen, die ihm jenen Teil der Ereignisse schildern, den sie kennen. Der Autor entwickelt seine Figuren einfühlsam, mit viel Empathie begründet er ihre Stärken und Schwächen, die Motive für ihr Verhalten.
Erzählform und Sprache
Muzafari Subdham erzählt diese Geschichte während der Tage und Nächte, die er mit Flüchtlingen in einem Boot auf dem Mittelmeer verbringt. Es sind viele verschiedene Geschichten und Einzelschicksale, die zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten stattfinden, die schließlich doch alle eine miteinander verschlungene Einheit bilden. „Ist nicht jede Geschichte ein kleiner Bach, der in einen See fließt und am Ende als Fluss mit Tausenden anderer Geschichten in den Ozean mündet.“ (Zitat Seite 277) Die Erzählsprache des Autors ist tief beeindruckend, ausdrucksstark und bildintensiv.
Fazit
Es ist eine Geschichte voll Poesie, Symbolen, Mythenmotiven und der Magie orientalischer Märchen. Doch so wie der magische Granatapfelbaum gleichzeitig auf dem Boden des Reiches der Realität und des Reiches der Träume steht, so erzählt auch hier dieselbe Geschichte von der grausamen Realität der Kriege und der Schicksale der davon betroffenen Menschen. Das macht diesen eindringlichen Roman zeitlos aktuell in einer Zeit, wo die Politik und die Medien begonnen haben, Kriege gegeneinander abzuwägen, und die Nähe zu Europa die Wichtigkeit bestimmt. Eine Geschichte gegen das Vergessen, gegen das Wegschauen, die Geschichte einer Suche, ergreifend schön und unendlich traurig zugleich.
„Aber willst du mich denn nicht eben mal kurz zu diesem Howards-Haus lassen, damit ich dir die ganzen Unannehmlichkeiten erspare? Ich werde mich auch wirklich nicht einmischen, aber ich weiß doch nun mal so genau, worauf ihr Schlegels Wert legt, daß mir schon ein kurzer Blick genügen wird.“ (Zitat Seite 14)
Inhalt
Die Schwestern Margaret und Helen Schlegel aus London lernen während einer Deutschlandreise die Familie Wilcox kennen, die ebenfalls in England lebt. Trotz der unterschiedlichen Lebensweisen und Ansichten entwickeln sich zwischen der jungen Margaret und der älteren Ruth Wilcox Vertrauen und Freundschaft. Als sich Helen einige Monate später bei einem Besuch in Howards End, einem kleinen Landhaus der Familie Wilcox, spontan in Paul Wilcox verliebt, den jüngsten Sohn, führt dies zu einigen Missverständnissen und Unstimmigkeiten, und die Beziehung zwischen den beiden Familien scheint beendet. Doch dann kreuzen sich die Wege der Schwestern Schlegel und der Familie Wilcox wieder. Die Familie Wilcox hat in London eine Stadtwohnung gemietet, die zufällig genau gegenüber dem Wohnsitz der Schlegels liegt. Als Ruth nach kurzer Krankheit stirbt, hinterlässt sie Howards End, das ihr gehört, überraschend Margaret, und damit nehmen weitere Ereignisse und Konflikte ihren Lauf.
Thema und Genre
Dieser 1910 erschienene Roman, heute ein moderner Klassiker, verbindet bewusst die traditionelle englische Erzählweise des 19. Jahrhunderts, mit der damals neuen, auf die Bewusstseinsströme der unterschiedlichen Figuren basierende Erzählform des frühen 20. Jahrhunderts.
Charactere
Margaret und Helen, sind moderne, eigenständige, durch ererbtes Vermögen auch finanziell unabhängige junge Frauen. Sie bewegen sich in Künstler- und Diskussionskreisen, engagieren sich für Frauenrechte und ihre Ansichten sind sehr fortschrittlich. Auch die Familie Wilcox ist sehr vermögend, doch ihr Reichtum beruht auf der erfolgreichen Geschäftstätigkeit von Henry Wilcox, Ruths Ehemann. Hier geht es um Gewinn, Ertrag und kompromissloses Handeln, Werte wie Kultur und Gefühle hält Henry für entbehrlich. Diesen beiden Familien der Oberschicht stellt der Autor den jungen Leonard Bast gegenüber, ein kleiner Angestellter mit einem Einkommen knapp über der Armutsgrenze. Bemüht, sich durch Literatur und Kunst weiterzubilden, lebt er in steter Sorge vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und damit drohender Armut.
Erzählform und Sprache
Bereits im ersten Satz „Man kann eigentlich ebensogut auch gleich mit Helens Briefen an ihre Schwester beginnen.“ (Zitat Seite 5), zeigt sich der auktoriale Erzähler, der sich mit eigenen Gedanken in die Handlung einmischt und der seine Figuren auch manchmal vor der Meinung der Lesenden in Schutz nimmt. Die Handlung verläuft chronologisch, ereignislose Zeiträume werden mit einer kurzen Bemerkung übersprungen. Spannung erhält die Geschichte zunächst durch das Verhalten und die Ansichten der sehr unterschiedlichen Figuren, wobei der Spannungsbogen stetig anwächst. Schilderungen von Natur, Landschaft und Wetter in allen Schattierungen ergänzen oft die Gefühlswelt der Figuren, begleiten mit ihrer Symbolik die Ereignisse, und zeigen andererseits ein lebhaftes Bild Englands am Beginn des 20. Jahrhunderts.
Fazit
Diese Rezension fasst meine persönliche Meinung und Eindrücke zusammen, denn zu zeitlos erfolgreichen Romanen wie diesem gibt es eine Fülle von Abhandlungen und Rezensionen von versierten, literaturwissenschaftlich ausgebildeten Menschen. Für mich war dieser moderne Klassiker ein entspanntes, angenehmes und durch die Themenvielfalt auch sehr interessantes Lesevergnügen.
„Ich wollte zu einer Realität vordringen, in der Gott und die Schmetterlinge sich versöhnlich und friedfertig begegnen. In der sie sich verstehen und achten.“ (Zitat Seite 266)
Inhalt
Klein-Khandan wächst in einer Zeit der kriegerischen Auseinandersetzungen und der religiösen Fanatiker auf, die streng über die genaue Befolgung der Sitten und Vorschriften wachen. Immer mehr Frauen und Männer verlassen die Heimat und vor allem junge Menschen gehen fort, auf der Suche nach einem Leben in Freiheit und Liebe. Klein-Khandans Kindheit ist abrupt zu Ende, als auch ihre Schwester Perwana verschwindet. Klein-Khandan wird in eine strenge Religionsschule, das Haus der Reue, gebracht, um hinter hohen Mauern und verschlossenen Toren für das Vergehen ihrer Schwester Buße zu tun. Noch ist sie zu jung, um alle Zusammenhänge zu verstehen, aber einige Jahre später will sie die Geschichte ihrer Schwester Perwana erzählen, damit diese nicht vergessen wird. Zuerst jedoch muss sie die Wahrheit finden, um die Ereignisse niederschreiben zu können.
Thema und Genre
In diesem kurdisch-irakischen Roman geht es um religiösen Fanatismus, Politik und die Suche von jungen Menschen nach einem freien Leben nach ihren eigenen Wünschen.
Charaktere
Klein-Khandan will die Geschichte aufschreiben, weil ein Buch etwas für die Ewigkeit schafft, während ihre Freundin Fatana eine begeisterte Geschichtenerzählerin ist. „Wenn du ein Ereignis spontan erzählst, kannst du es nach deinem Geschmack gestalten, ohne Spuren zu hinterlassen.“ (Zitat Seite 265) Die Mädchen lernen einander im Haus der Reue kennen, unterstützen einander und beide geben niemals auf.
Erzählform und Sprache
Die Ich-Erzählerinnen der Geschichte sind Klein-Khandan, die jüngere Schwester von Perwana, und Midiya, die Schwester von Fatana, die viele Eindrücke und Erlebnisse in ihren Heften festhält. So entsteht aus anfangs unterschiedlichen Erzählsträngen mit unterschiedlichen Figuren, Episoden, Ereignissen, langsam eine dicht gewebte Geschichte, deren Teile sich schließlich zu einem Ganzen vereinen. Kann man menschliche Grausamkeit und tiefes Unrecht in einer poetischen und manchmal magischen Sprache erzählen? Bachtyar Ali kann das, in einer eindrücklichen Mischung zwischen der bildintensiven Farbigkeit von orientalischen Märchen und den beklemmend realistischen Schilderungen der allgegenwärtigen Unterdrückung und Verfolgung von Menschen, besonders von Mädchen und Frauen, die einfach nur ein freies Leben führen wollen. Schmetterlinge als Symbol für Liebe, Freiheit, Hoffnung, aber auch gefährdete Zartheit, wirbeln durch die gesamte Geschichte.
Fazit
Diese Geschichte von Perwana, drei Freunden, Klein-Khandan und ihre Freundinnen wird in einer poetischen Sprache geschrieben, die reich an Bildern und Symbolik ist, und gleichzeitig von brisanter, realistischer Dringlichkeit. Den Übersetzenden ist es gelungen, den Zauber dieser Erzähl- und Ausdrucksform auch in die deutsche Sprache zu übertragen.
„Es war ein früher, sehr warmer Morgen im Juli, in der Nacht hatte es geregnet. Von dem nackten Fels stieg Dampf auf, das Moos und die Felsspalten waren getränkt von Nässe, und alle Farben leuchteten tiefer.“ (Zitat Seite 23)
Inhalt
Mit den oben zitierten Worten beginnt die Geschichte eines Sommers im einfachen Ferienhaus der Familie auf einer finnischen Insel. Sophia ist sechs Jahre alt und verbringt viel Zeit mit ihrer Großmutter, da ihr Vater meistens beschäftigt ist. Sie erkunden die Natur, beobachten, und erzählen einander Geschichten. Nicht alle Fragen Sophias kann oder will die Großmutter beantworten und nicht immer sind die Antworten so, wie Sophia es sich vorstellt oder wünscht. Wenn die Nächte langsam dunkler und kälter werden, ist es Zeit, das Ferienhaus auf den Winter vorzubereiten und die Insel zu verlassen, bis zum nächsten Frühjahr.
Thema und Genre
In diesem Buch geht es um die Geschichten und Erlebnisse eines Sommers. Themen sind Familie, Kindheit, Jugend und Alter, die Beziehung zwischen Großmutter und Enkelin, das einfache Leben auf einer kleinen Ferieninsel.
Charaktere
Sophia ist eine typische Sechsjährige, wissensdurstig, neugierig, voller Fragen. Gleichzeitig ist sie manchmal ängstlich und trotzig. Wir erfahren zwar, in welchem Jahr die Großmutter geboren wurde, kennen aber ihr genaues Alter nicht. Berechnet man das mögliche Alter einer Frau mit einer sechsjährigen Enkelin, so ist für mich diese Figur nicht authentisch, ihre Beschwerden schildern eine sehr alte Frau.
Handlung und Schreibstil
Die einzelnen Kapitel sind in sich abgeschlossene Episoden eines Tages oder einer Nacht, daher spielt es keine Rolle, dass sie nicht immer chronologisch verlaufen. So atmet auch die Form der Erzählung die spontane Freiheit von Sommertagen. Die Sprache ist poetisch und schildert neben den alltäglichen Geschichten der beiden Hauptfiguren, Sophia und ihre Großmutter, auch das einfache Inselleben der damaligen Zeit. Die Beschreibung „… darüber flogen Schwalben mit schrillen Schreien, wie Messer fuhren sie durch die Luft.“ (Seite 180) bezieht sich eindeutig auf Mauersegler, doch das liegt wohl nicht an Tove Jansson, sondern sicher an der Übersetzerin.
Fazit
Auf Grund von sehr positiven Besprechungen und Empfehlungen in Literaturzeitschriften wurde ich auf dieses Buch aufmerksam. Obwohl ich die aus den Kindheitserinnerungen der Schriftstellerin entstandenen Geschichten über finnische Inselferien mit Interesse gelesen habe, blieb es für mich Lektüre, die mich nicht tiefer beeindruckt hat.
„Es ist mindestens zwei Jahre her, dass ich irgendwie von meinem Bruder gehört habe, und dann plötzlich vor einer Woche dieses geheimnisvolle SMS.“ (Zitat Seite 5)
Inhalt
Seit mehr als zwei Jahren hat der Ich-Erzähler nichts mehr von seinem jüngeren Bruder gehört. Dann plötzlich bekommt er ein SMS von ihm, er will, dass er zu ihm kommt. Die Zahlen im Text des SMS erweisen sich als Flugnummer und kurz darauf sitzt er im Flugzeug nach Agadir. So beginnt eine Reise, die ihn in den Süden von Marokko führt. Immer wieder findet er einen neuen Hinweis und folgt so den Spuren seines Bruders, und immer wieder verpasst er ihn nur knapp. „Wer sich auf meinen Bruder einlässt, weiß nie, woran er ist. Etwas mit ihm zu unternehmen, hat schon immer geheißen, keine Ahnung zu haben, was als nächstes passiert.“ (Zitat Seite 18)
Thema und Genre
Eine Roadnovel nennt Wolfgang Popp seine Geschichte, ein Tagebuch einer Reise durch die Wüste von Marokko. Gleichzeitig finden sich in diesem Roman alle Elemente und die Symbolik einer klassischen Suche.
Charaktere
Der Ich-Erzähler ist Sänger, Bariton in einem kleinen klassischen Ensemble. Sein Bruder ist eineinhalb Jahre jünger, doch übertrifft den älteren in der Schul- und Studienzeit in allen Wissensbereichen, bis der Ich-Erzähler den Kontakt abbricht, weil er kein Leben im Schatten seines genialen Bruders führen will.
Handlung und Schreibstil
Diese Geschichte ist eine ungewöhnliche, überraschende Mischung, ein moderner Roadtrip und eine epische Suche. Er findet Begleiter, die ihn unterstützen, trifft die unterschiedlichsten Menschen, die ihm den jeweils nächsten Hinweis geben. Manchmal fragt er sich, was Realität ist und was Einbildung, und wir fragen uns das ebenfalls. Die Sprache beschreibt bildintensiv und poetisch die typischen kleinen Dörfer und die vielfältigen Eindrücke in der Einsamkeit der Wüste. „Oben setze ich mich auf einen Felsen und sehe der Sonne beim Sinken zu. Sie sieht aus wie ein glutroter Orden, verliehen an die Erde, dafür, dass sie diesen Tag überstanden hat.“ (Zitat Seite 100)
Fazit
Eine beeindruckend dichte Erzählvielfalt auf relativ wenigen Seiten. Eine spannend zu lesende Mischung aus Reisetagebuch, Landschaftsbeschreibung, interessanten Figuren, Symbolen, mystischen Orten und Begegnungen, dazu immer wieder Überraschungen. Ein facettenreiches Lesevergnügen!
„Die Donau hat es schließlich auch schon gegeben, bevor jemand sie Donau genannt hat. Dann bleibt dein Café eben ohne Namen und das ist richtig so.“ (Zitat Seite 25)
Inhalt
Robert Simon ist einunddreißig Jahre alt und arbeitet seit sechs Jahren als Gelegenheitsarbeiter auf dem Wiener Karmelitermarkt. Doch heute ist sein letzter Tag. Immer wieder war er an dem alten Marktcafé vorbeigegangen, das schon länger leer stand, jetzt ist er der neue Pächter. Schon am Tag der Eröffnung füllt sich das Café rasch mit Gästen. Es sind Leute aus dem Viertel, Schichtarbeiter, Angestellte in Hemdsärmeln, die Mädchen aus der Schottenauer Garnfabrik und die Händler vom Markt. Eines Tages bringt der Fleischermeister Berg die arbeitslose Hilfsnäherin Mila in das Café. Mila braucht dringend Arbeit und Simon kann Hilfe brauchen, das Café läuft gut. Es ist ein Treffpunkt der Menschen aus dem Viertel, mit ihren Sorgen, Geschichten aus einem gelebten Leben und mit ihren Träumen. „Simon musste lächeln, wenn er an all die verlorenen Seelen, dachte, die sich jeden Tag in seinem Café zusammenfanden.“ (Zitat Seite 71) So vergehen die Jahre, die Zukunft kommt mit neuen Bauten und einer U-Bahn in Wien an, und irgendwann, nach zehn Jahren, auch im Karmeliterviertel.
Thema und Genre
In diesem Roman geht es um das Leben der Menschen in einem typischen Wiener Grätzel. Es ist nicht die große Bühne, auf die wir in diesem Café blicken, und doch nehmen wir Lesenden durch die Gespräche, wenn die Politik und die Neuigkeiten im Café diskutiert werden, auch an der Entwicklung Wiens als aufstrebende, moderne Großstadt teil. Themen sind Einsamkeit, Alter, Verlust, aber auch Freundschaft, Liebe und die Suche nach Geborgenheit und dem kleinen Glück.
Charaktere
Robert Seethaler nimmt seine Figuren direkt aus dem Leben und berichtet einfühlsam über ihre unterschiedlichen Geschichten.
Handlung und Schreibstil
Die Geschichte wird fortlaufend in einzelnen Episoden erzählt, Kapitel, in denen wechselweise eine oder mehrere der Figuren im Mittelpunkt stehen. Wir nehmen Teil an den Veränderungen in ihrem Leben, denn sie alle verändern sich in diesen zehn Jahren, bemerkt, oder beinahe unbemerkt. Der Schriftsteller ist ein leiser, poetischer Erzähler, sein Blick auf die Dinge des Lebens ist genau beobachtend, er achtet auf die Nuancen des menschlichen Verhaltens und der Gefühle. Mit derselben Genauigkeit schildert er auch eindrücklich das Viertel um den Karmelitermarkt, die Tagesabläufe im Café im Wechsel der Jahreszeiten.
Fazit
Eine wunderbar leise und eindrückliche Geschichte, in deren Mittelpunkt ein Café in einem typischen Wiener Viertel in der Leopoldstadt steht, und die Menschen, für die es Zuflucht und Heimat ist.
„Das Schicksal hat ihnen gleichzeitig denselben Schlag erteilt und gesagt: Seht zu, wie ihr klarkommt, wenn ihr einander nicht helfen könnt.“ (Zitat Seite 9)
Inhalt
Dunja und Saphie, neununddreißig Jahre alt, sind Zwillingsschwestern, doch ihr Leben verläuft in unterschiedlichen Bahnen. Dunja war früh Mutter geworden und lebt in der Großstadt, der Sohn studiert bereits, die Tochter bereitet sich auf das Abitur vor, vom Vater ihrer Kinder hat sie sich vor kurzer Zeit endgültig getrennt. Ursprünglich war es Saphie, die möglichst schnell aus dem kleinen Dorf, ehemals DDR, in die Stadt ziehen wollte, doch sie bleibt und leitet gemeinsam mit ihrem Mann ein Hotel. Dann kommt dieser Wintermorgen, Dunjas Ex-Mann stürzt vom Dach und ist tot. Am selben Morgen kippt Saphies Mann tot vom Hometrainer. Nach der Beerdigung bleibt Dunja in Saphies Hotel, entdeckt das Dorf ihrer Kindheit neu. Die Schwestern kommen einander wieder näher, beide sind auf der Suche nach Antworten, wie es nun weitergehen soll. Durch Reporter stoßen sie auf ein Familiengeheimnis, das alle im Dorf schon längst zu kennen schienen, nur Dunja und Saphie nicht. Kann diese Aufarbeitung der Vergangenheit den beiden Frauen helfen, die jeweils für sie selbst passende Zukunft zu finden?
Thema und Genre
In diesem Generationen- und Familienroman geht es um Familienstrukturen und Familienbeziehungen, um ein Familiengeheimnis, Dorfleben, Verlust, Trauer und Neubeginn.
Charaktere
Nach zwanzig Jahren steht Dunja wieder am Beginn eines Lebens, in dem sie im Mittelpunkt steht, das ihr allein gehören wird, denn ihre Kinder wollen eigene Wege gehen, ihr eigenes Leben führen. Sie will nicht mehr Deutsch als Fremdsprache unterrichten, doch was will sie stattdessen? Bisher war es Saphie, die immer die Kontrolle hatte, nach vorne geschaut hat, den Blick auf die Zukunft gerichtet. Doch plötzlich fühlt sie sich in ihrem Dorf fremd.
Handlung und Schreibstil
Die Geschichte wird chronologisch erzählt, wie auch der Übergang der Natur vom Winter in den Frühling und weiter im Jahreslauf. Die kurzen Kapitel tragen jeweils einen Kalenderspruch als Überschrift und berichten abwechselnd, oder auch gleichzeitig, über die das Leben der Hauptfiguren. Handlungsbogen und Spannung ergeben sich nicht aus den Ereignissen, sondern vor allem aus den persönlichen Konflikten und Problemen der einzelnen Figuren, ihren Gedanken, ihrem Verhalten und ihren Entscheidungen. Wiederkehrende Symbole oder auch Metapher, deren Deutung uns Lesenden überlassen bleibt, verdichten die Schilderung der Gefühlswelten, in denen sich die Figuren bewegen. Die Erzählsprache ist angenehm und einfach zu lesen.
Fazit
Dieser Roman lässt mich etwas ratlos zurück. Bis etwa zur Hälfte war es für mich eine überraschende, witzige, ungewöhnliche Geschichte mit vielen aus dem Leben gegriffenen Themen wie Alltagsprobleme von Ehefrauen, Müttern mit Kindern auf dem Weg in die Selbstständigkeit, Spannungen und Geheimnisse innerhalb von Familiengefügen, alle diese Komponenten gekonnt verknüpft. Doch dann flacht die Handlung ab, die Befindlichkeiten der beiden so unterschiedlichen Frauen stehen im Mittelpunkt und damit Selbstzweifel und sich wiederholende Fragen, wobei die Sichtweisen zwischen Dunja und Saphie auch öfter die Seiten wechseln, einander widerspiegeln. Eine komplexe, spannende Grundidee, mit Längen in der Umsetzung.
„Es ist eine Geschichte darüber, dass eine Geschichte viele Geschichten enthält und dass sie nicht nur uns gehören, sondern Teil der zufälligen Strömungen unserer Zeit sind. Und es ist eine Geschichte darüber, wie wir uns in Geschichten hineinverstricken und für alle Zeit darin gefangen bleiben.“ (Zitat Seite 182)
Inhalt
Ende des 19. Jahrhunderts findet in einer kleinen ostafrikanischen Stadt der Krämer Hassanali eines Tages im Morgengrauen einen stark geschwächten Mann. Martin Pearce ist Engländer und als er später zurückkommt, um sich für seine Rettung zu bedanken, verliebt er sich in Rehana, Hassanalis Schwester. Eine Liebe, die nicht nur ein Skandal, sondern auch streng verboten ist. Mitte des 20. Jahrhunderts verliebt sich der junge Amin in Jamila, einige Jahre älter als er, eine geschiedene Frau, die auf Grund ihrer Unabhängigkeit und ihrer angeblich zweifelhaften Herkunft im Mittelpunkt von Gerüchten steht. Auch diese Liebe wäre ein Skandal, käme sie an die Öffentlichkeit. Amins Eltern bedrängen ihn wegen der drohenden Schande und der gesellschaftliche Ächtung, die er über die Familie bringen würde. Rashid, Amins jüngerer Bruder, will der Enge der Heimat entfliehen und plant zu dieser Zeit bereits seine Reise nach London, wo er bereits an einer Universität aufgenommen wurde. Trotz der Ablehung und Ausgrenzung, mit der man ihm begegnet, bleibt er nach dem Abschluss seines Studiums in England. Doch die Geschichte von Amin und Jamila beschäftigt ihn auch noch viele Jahre später, und er beginnt mit Nachforschungen.
Thema und Genre
Dieser außergewöhnlich facettenreiche Roman spielt in Ostafrika und England, und ist sowohl ein Familienroman, als auch ein Generationenroman. Themen sind Kolonialismus, Unterdrückung, Ausgrenzung, gesellschaftliche Traditionen, Politik, Heimat und Fremde, Liebe und Trennung.
Charaktere
Es sind unterschiedliche Charaktere und ebenso unterschiedlich ist ihre Art, mit äußeren Zwängen und dem Druck gesellschaftlicher Regeln und Wertvorstellungen umzugehen, und trotz aller Widerstände ihren Platz im Leben zu suchen.
Handlung und Schreibstil
Die Handlung wird in neun Abschnitten erzählt, wobei jeweils eine Person im Mittelpunkt steht, die dem jeweiligen Abschnitt den Titel gibt und wo es vor allem um die jeweilige persönliche Lebenssituation, die Vergangenheit, Erfahrungen und Konflikte geht. Der Autor nimmt sich Zeit und schildert nicht nur die Ereignisse und das Leben der einzelnen Protagonisten, sondern auch das Umfeld, das Alltagsleben der Menschen, die politische Situation dieses Teiles von Ostafrika unter den Engländern, und später während der Umstürze, nachdem Sansabar Ende 1963 unabhängig geworden war. Es ist Rashid, der die Geschichte erzählt, doch er präzisiert: „Es gibt, wie Sie sehen, ein Ich in dieser Geschichte, aber es ist keine Geschichte über mich. Es ist eine Geschichte über uns alle, über Farida und Amin, über unsere Eltern und über Jamila.“ (Zitat Seite 182). So folgen wir fasziniert und gespannt einem Zeitrahmen etwa einhundert Jahren, pendeln zwischen Afrika und England und sind keine einzige Minute gelangweilt.
Fazit
Abdulrazak Gurnah ist ein leiser, aber eindrücklicher Erzähler, er klagt nicht an, sondern beleuchtet alle Graubereiche der Geschichte und der Menschen, und dies alles in einer wunderbar zu lesenden Erzählsprache.
„Alles sprach zu ihm: der Wind draußen, der ihn an die lange Einsamkeit seiner Jugend erinnerte, und drinnen die traurige Gestalt der Mutter, das Knarren seiner Schritte, sein eigener Schatten.“ (Zitat Seite 49)
Inhalt
Viele Jahre lang hat sie als Dienstmagd gearbeitet, sich nie etwas gegönnt, nur für ihren Sohn Paulo und dessen Ausbildung zum Priester gelebt. Vor sieben Jahren war Paulo dann als neuer Pfarrer in die kleine Gemeinde Aar auf Sardinien gekommen und seine Mutter mit ihm. Seit sieben Jahren lebt sie hier nun glücklich und zufrieden mit Paulo, sorgt für ihn. Doch nun könnten alle ihre Opfer umsonst gewesen sein, denn Paulo hat sich in die junge Witwe Agnes verliebt, ist dabei, sein Gelübde als katholischer Priester zu brechen und sich auch dem Einfluss seiner Mutter zu entziehen. Agnes ist allein, reich und unabhängig und will Paulo überreden, mit ihr zusammen heimlich das Dorf zu verlassen und irgendwo als Mann und Frau zu leben. Noch kam nur seine Mutter hinter sein Geheimnis, doch es ist eine sehr kleine Dorfgemeinschaft und so muss Paulo sich rasch entscheiden.
Thema und Genre
La Madre wurde 1920 veröffentlicht und handelt von dem Leben in einem abgeschiedenen, kleinen Dorf auf Sardinien, von den Menschen und ihren Problemen. Im Mittelpunkt jedoch steht der schwere Gewissenskonflikt eines jungen Priesters zwischen Liebe und Zölibat.
Charaktere
Die beiden Hauptfiguren sind die Mutter, die für ihren Sohn lebt, fürsorglich bis zur emotionalen Umklammerung, durch ihn wird sie als Mutter des Pfarrers endlich in diesem Dorf anerkannt. Paulo will aus genau dieser Enge des Dorflebens fliehen, fühlt sich jedoch seiner Mutter gegenüber wegen ihrer Opfer zur Dankbarkeit verpflichtet. Vor allem jedoch steht er vor einem möglichen Wendepunkt in seinem Leben, er muss sich zwischen der Frau, die er liebt, und seinem Priesteramt mit dem damit untrennbar verbundenen Zölibat entscheiden.
Handlung und Schreibstil
Die Geschichte wird auf nur 174 Seiten erzählt, doch es ist gerade diese Dichte, die diese Ereignisse von nur wenigen Tagen mit Intensität füllt. Die Schriftstellerin beschreibt lebhaft das Dorfleben der damaligen Zeit. Es sind die Menschen, über die sie schreibt, ihre Gedanken, Gefühlte, ihren tiefen Glauben, aber auch den ebenso präsenten Aberglauben. Daraus ergibt sich der tiefe Konflikt, den ihre Hauptfigur, der junge Priester Paulo, durchlebt. „Er litt, weil der natürliche Zweck des Lebens darin besteht, das Leben fortzusetzen, und er daran gehindert wurde; und diese Verhinderung verstärkte noch den Drang seines Bedürfnisses.“ (Zitat Seite 67)
Am Beginn des Buches steht ein Vorwort der Übersetzerin, am Buchende ein bibliophiler Rückblick mit Fotos auf die Ausgabe aus dem Jahr 1928, auf welcher diese Neuübersetzung basiert.
Fazit
Ralf Plenz hat in seinem Input-Verlag diese Neuübersetzung des alten Textes als Band 19 der „Perlen der Literatur“ des 19. und 20. Jahrhunderts wiederveröffentlicht. Eine sehr schön gestaltete und gebundene Neuausgabe, deren optisches und haptisches Vergnügen das Lesevergnügen der Sprache und der eindrücklichen Geschichte perfekt ergänzt.
„Es soll hier also darum gehen, wie, wann und warum man liest, und darum, was man liest – um die Art und Weise, wie im Idealfall ein Buch zum nächsten und übernächsten führt, eine papierene Fährte aus Themen und Sinnzusammenhängen.“ (Zitat Seite 13, 14)
Thema und Inhalt
In diesem Buch spricht Nick Hornby nicht nur über die Bücher, die er während eines Jahres gekauft hat und jene, die er gelesen hat. Diese müssen nicht immer identisch sein, gelesen wurde nur ein Teil davon, was Buchmenschen aus eigener Erfahrung nur zu gut kennen. Das Schöne ist, Nick Hornby hat deswegen kein schlechtes Gewissen und damit bestätigt er auch uns. Bei ihm, wie bei uns, besteht jedoch die Absicht, alle Bücher auch zu lesen. „Aber mit jedem Jahr, das verstreicht, und mit jeder Neuanschaffung aus einer Laune heraus, drücken unsere Bibliotheken mehr und besser aus, wer wir sind, ob wir die Bücher lesen oder nicht.“ (Zitat Seite 138, 139)
Doch es geht hier um weit mehr, als nur um Bücher, es ist gleichzeitig eine sehr persönliche Autobiografie, Nick Hornby als Schriftsteller, als Leser und im Familienalltag als Vater von kleinen Kindern.
Umsetzung
Die vierzehn Kapitel sind monatliche Kolumnen, die Nick Hornby für das Magazin „The Believer“ geschrieben hat. Jedes Kapitel beginnt mit zwei nebeneinander angeordneten Listen: „Gekaufte Bücher“ und „Gelesene Bücher“. Im Text schreibt er dann zu jedem gelesenen Buch seine persönlichen Eindrücke, argumentiert, warum man dieses Buch unbedingt lesen sollte, oder aber, warum er sich über dieses oder jenes Buch geärgert hat. Bücher, deren Lektüre er abgebrochen hat, vermerkt er zusätzlich in der Spalte „Gelesene Bücher“. Oft zieht er auch Gedankenbrücken von der aktuellen Lektüre zu Büchern, die er schon früher gelesen hat und wo einen Zusammenhang sieht. Er selbst bemerkt, wie er selbst durch das Schreiben der Kolumnen seine Lektüre genauer auswählt und keine Romane mehr zu lesen beginnt, wo er schon vorher weiß, dass er sie nur unter verächtlichem Schnauben lesen wird. Seine Sprache ist unterhaltsam, interessant, humorvoll und man folgt mit großem Vergnügen seinen Gedanken, Eindrücken, Erinnerungen und Erfahrungen als Leser. Am Buchende findet sich eine Bibliographie der gelesenen Bücher.
Fazit
„All die Bücher, die wir besitzen, gelesen und ungelesen, sind der bestmögliche Ausdruck unseres ureigensten Selbst, den wir zur Verfügung haben.“ (Zitat Seite 138). Besser kann man ein Leben als Leser oder Leserin nicht beschreiben, als Nick Hornby dies tut, und vergnügt schreibe ich nun einige der von ihm empfohlenen Titel auf meine Bücher-Einkaufsliste.
„Dieses Buch handelt von 1001 Dingen, doch es ist erfüllt von dem atemlosen Drängen, das teilweise aus der quälenden Erkenntnis rührt, daß so viele andere Dinge noch hätten gesagt und so viele andere Romane noch hätten gelesen werden müssen.“ (Originalzitat Seit 10, Einleitung)
Thema und Inhalt
1001 BÜCHER ist eine abwechslungsreiche Reise durch die Literatur. Die unterschiedlichen Werke wurden von 157 internationalen Fachleuten aus den Bereichen Literaturwissenschaft und Journalismus, Schriftstellern und Schriftstellerinnen ausgewählt. Man entdeckt sicher Werke, die man bereits gelesen hat, aber auch zahlreiche andere, von denen man bisher noch nie gehört hat. Auch wenn der Schwerpunkt auf Literatur in englischer Sprache liegt, werden auch viele internationale Romane vorgestellt.
Gestaltung
Das Buch beginnt mit dem Vorwort von Peter Ackroyd, der Einleitung des Herausgebers Peter Boxall, der Auflistung der Mitarbeiter. Es folgt der Index der Buchtitel. Die einzelnen Beiträge sind in die Abschnitte „vor 1800“, „19. Jahrhundert“, „20. Jahrhundert“ und „21. Jahrhundert“ gegliedert. Daran schließen ein Index der Autoren und Werke an, der ausgezeichneten Autoren und Werke, gegliedert in die einzelnen Literaturpreise, sowie Bildnachweise. Jeder der 1001 Romane wird nach dem gleichen Schema besprochen: Titel, Autor oder Autorin, Lebensdaten, Erstausgabe, Verlag, Originaltitel. Dann folgt der eigentliche Beitrag, der nicht mehr als dreihundert Worte umfasst. Bedingt durch die vorgegebene Kürze wird auf Zusammenfassungen des Inhalts verzichtet, sondern es wird geschildert, was genau den jeweiligen Roman so unbedingt lesenswert macht. In jedem Beitrag finden sich auch ein oder mehrere Originalzitate aus dem besprochenen Buch. „Bei einer Diskussion über die Frage, was mit den einzelnen Beiträgen im besten Falle zu erreichen sei, traf einer der Autoren mit seiner Antwort für meine Begriffe den Nagel auf den Kopf: Er sagte, jeder Beitrag könne als eine Art „Mikroereignis“ gedacht werden, als eine komplette Leseerfahrung in Miniaturformat, die zugleich etwas von der Grenzenlosigkeit des Romans vermittle.“ (Originalzitat Seite 10) Zahlreiche Fotografien von Buchumschlägen und Autoren ergänzen die Texte.
Fazit
Das Stöbern in 1001 BÜCHER gleicht einem genussvollen, gemütlichen Spaziergang: man schlendert auf alten, bekannten Wegen, schwelgt in Erinnerungen, um dann mit dem nächsten Schritt auf Neues, Unerwartetes zu treffen, das man erforschen möchte. Perfekt für alle Lesebegeisterten und jene, die es noch werden wollen.
„Hören Sie, Commissario, die Vereinbarung mit dem Innenministerium besagt, dass Sie nach Sizilien versetzt werden, sobald Sie Salinis Mörder gefasst haben. Wenn Sie Ihre Arbeit hier erledigt haben, können Sie am nächsten Tag wieder zurück zu Ihrer Mafia.“ (Zitat Seite 42)
Inhalt
Venedig im Nebel ist nicht romantisch und mystisch, sondern einfach nur nass und kalt, denkt Commissario Antonio Morello und vermisst sein geliebtes Sizilien. „In Sizilien ist die Sonne wärmer, das Licht des Himmels klarer und von einem unerreichten seidenweichen Blau, der Geschmack des Salzes im Meer ist würziger als der der Lagunenbrühe.“ (Zitat Seite 147) Doch viel Zeit für diese Gedanken bleibt dem Commissario nicht, denn an diesem nassen, kalten Tag im Oktober 2022 wird in Venedig der Buchhalter Paolo Salini gefunden, tot auf einer Parkbank sitzend. Damit beginnen für den Commissario und sein Team Ermittlungen, die diesmal besonders brisant sind. Rasch führen die ersten Verdachtsmomente und Spuren den Commissario zu sehr vermögenden und seit Jahrhunderten einflussreichen Venezianer Familien und zu ihren Plänen, aus Venedig eine glitzernde, glamouröse Luxusdestination für Superreiche zu machen. Ebenso rasch versuchen seine Vorgesetzten, seine Ermittlungen in diesem Umfeld zu unterbinden, doch andererseits hat er das Versprechen, dass er zurück nach Sizilien versetzt wird, sobald er Salinis Mörder gefunden hat.
Thema und Genre
In diesem neuen Fall für Commissario Morello, den Sizilianer in Venedig, Band drei der Serie, geht es um Immobilien, Investments, Bestechung, Politik und die (teilweise leider schon realen) Pläne, ganz Venedig als Luxusdestination für sehr vermögende Menschen zu vermarkten.
Charaktere
Auch diesmal lässt sich Morello in seinen Ermittlungen nicht stoppen, den Freien Hund legt man nicht an die Leine, auch wenn sein Team wieder mal in eine andere Richtung zieht. Doch persönlich ist er nach wie vor durch den Verlust seiner Frau blockiert. Er vermisst Sizilien nicht nur als Heimat, sondern er will zurück, weil er endlich weiter nach dem Mafia-Boss suchen will, der seine Frau auf dem Gewissen hat.
Handlung und Schreibstil
Handlung und Schreibstil
Der Zeitraum der Ermittlungen umfasst acht Tage im Oktober, von Montag bis Montag, die letzten Ereignisse finden noch einige Tage danach statt. Dieser straffe Zeitrahmen sorgt für zusätzliche Spannung in dieser interessanten Geschichte, die zunächst eine Reihe von Rätseln für das Ermittlungsteam bereithält. Eine Szene zu Beginn des Buches zeigt uns Lesenden einige Details, wir wissen etwas mehr, als der Commissario, jedoch bleiben auch für uns mögliche Zusammenhänge viele Seiten hindurch reine Spekulationen mit Varianten von Möglichkeiten. Die Handlung nimmt sich aber auch Zeit für persönliche Momente und Konflikte der einzelnen Hauptfiguren und mit dem Commissario genießen wir die bunt geschilderte Vielfalt des alltäglichen Lebens in der auch bei Regen und Kälte magischen Stadt Venedig, eine Magie, die auch längst auf den Commissario gewirkt hat.
Die Gliederung der Handlung ist klar strukturiert. Die Überschrift trägt Tag und Zeitangabe, die einzelnen Abschnitte tragen dann den jeweiligen Ort der Handlung.
Fazit
Ein sizilianischer Commissario, unangepasst, eigensinnig, der zwar immer noch seine Heimat Sizilien vermisst, jedoch längst schon dem Zauber Venedigs erlegen ist und nun gegen alle Widerstände und Gefahren bereit ist, Venedig vor den bizarren Plänen von Immobilienfirmen und Investoren zu retten – ein realistischer Plot, eine stimmige Geschichte, packendes Lesevergnügen.
„Durch die Fensterhöhlen der oberen Stockwerke fällt das Sonnenlicht in fast schon kitschigem Strahl in die von Efeu zugewachsenen, im Halbdunkel liegenden Räume des unteren Stockwerks. Lord Byron, Mary und Percy Shelley würden sich hier wohlfühlen. Pure Gothic Romantic in salziger Seeluft.“ (Zitat Seite 68)
Thema und Inhalt
„Eine Reise in die Abgründe der Lagunenstadt“, so nennt der Autor dieses Buch und er führt uns tatsächlich auf verlassene Inseln, zu den mit ihnen verbundenen Orten und Geschichten, an mystische Orte und auf versteckte Plätze, wo man noch den venezianischen Alltag erleben kann. In insgesamt fünfzehn Kapiteln lernen wir vierzehn besondere Orte kennen. Kulinarische Tipps und Weinverschläge ergänzen diese besondere Entdeckungsreise.
Umsetzung
Wie schon der Titel sagt, steht dieser besondere Reiseführer auch unter dem Zeichen der Farbe Blau, Blau wie das Wasser, Lebensader Venedigs, Blau wie die Sehnsucht, Blau wie ins Blaue, somit ins Unbekannte, Blau aber auch als Farbe der Romantik. Auf Poveglia, der Insel degli fantasmi e misteri, begegnen wir dieser Farbe in einem besonderen Raum mit beinahe magischen Eindrücken. Zwei Jahre dauerten die Recherchen insgesamt und so führen uns die Besuche der unterschiedlichen, vom Tagestourismus unentdeckten Orte, Gebäude, Plätze und Inseln durch alle Jahreszeiten. Wir lernen interessante Menschen kennen, die dem Autor an diesen Orten begegnet sind. Jeden Artikel ergänzen entsprechende Schwarz-Weiß-Fotografien, erstellt von Wolfgang Salomon und dem ihn begleitenden Fotografen Helmut Petrin.
Fazit
Ein spannendes, interessantes, vielseitiges Lesevergnügen mit viel neuem Wissen. Egal, ob man Venedig schon oft besucht hat, oder noch nie, dieser besondere Reiseführer mit seinen Geschichten, die Bilder in unsere Gedanken malen und uns mit erinnerten Gerüchen umgeben, weckt sofort Sehnsucht.
„Die liebe Leserin und der liebe Leser, der Kunde, der Endverbraucher, der Markt brauchte Zuversicht in diesen schwierigen Zeiten, er brauchte helle Bilder statt dunkle und leuchtende Farben selbst aus den finstersten Gebieten, wobei das nicht nur für Fotos galt, sondern auch für das, was wir schrieben.“ (Zitat Seite 213)
Inhalt
Die Ich-Erzählerin ist als Berichterstatterin und Fotografin in allen Krisengebieten der Welt unterwegs und darüber berichtet sie in diesem Roman. Immer, wenn der Chefredakteur sie wieder losschickt, schaut sie zuerst in ihren Diercke-Weltatlas aus dem Jahr 1973, bevor sie dann von Berlin aus aufbricht, wo sie in der Goethestraße in Berlin-Charlottenburg wohnt. Sie erzählt von ihren Reisen nach Afghanistan, Papua-Heuguinea, nach Inguschetien, Libyen, Liberia, von den Menschen, dir ihr auf diesen Reisen begegnen, und sie nimmt uns mit in die großen Medienzentralen in Hamburg und Manhattan. Durch alle Schilderungen begleiten sie auch die Erinnerungen an den britischen Kriegsfotografen Tim H., der bei einem Feuergefecht zwischen Gaddafi-Anhängern und Rebellen in Misrata ums Leben gekommen war.
Thema und Genre
Die Autorin selbst nennt ihr Buch einen modernen Abenteuerroman, doch es geht weit um mehr als die Erfahrungen einer Reporterin In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg, Es ist eine kritische Auseinandersetzung mit der journalistischen Berichterstattung, die in vielen realen Facetten schildern will, was Krieg und kriegerische Auseinandersetzungen für die betroffenen Menschen bedeuten, während die Redaktionen der Auftrag gebenden Medienkonzerne sich von der Berichterstatterin berührende Erzählungen mit ebenso berührenden Kinderfotografien wünschen, um die Leserschaft nicht zu verschrecken und damit auch die großen Anzeigenkunden.
Charaktere
Die Autorin betont, dass es sich bei diesem Roman tatsächlich um literarische Prosa handelt und nicht um eine Autobiografie. Natürlich fließen ihre persönlichen Erfahrungen und die Erfahrungen von anderen Menschen mit ein und verbinden sich mit dem fiktiven Text.
Handlung und Schreibstil
Die Ich-Erzählerin schildert nicht nur ihre abenteuerlichen Reisen durch die Krisengebiete, darunter eine Reise mit Tim H. nach Liberia, sie verbindet diese auch mit einem weiten Bogen an persönlichen Eindrücken, Erfahrungen, Erinnerungen, findet neue literarische Gedankenverbindungen, nicht nur durch ihre Wohnadresse Goethestraße. Begegnungen mit bekannten Persönlichkeiten, bekannten Kriegsreportern, füllen ihre Schilderungen mit vielen unterschiedlichen Personen. Es ist jedoch die besondere Sprachintensität der Autorin, die sofort begeistert. In langen Sätzen reiht sie Ereignis um Ereignis, Gedanken und Gedanken aneinander, rasant, wie atemlos, verknüpft alle mit völlig anderen Themen, zu manchmal skurrilen Situationen und Überlegungen und dies alles nicht ohne satirischen Humor, so böse, dass sie uns damit zum Lachen bringt, trotz der ernsten Themen. „Hallo, ja, stehe im Stau auf der Third Mainland Bridge in Lagos, jemand will mir durch‘s Autofenster ein Bügelbrett verkaufen, und vermutlich stürzen wir alle gleich samt Brücke ins Wasser, aber falls in der Brühe da unten Empfang ist, rufe ich später zurück, woraufhin der Chefredakteur offenbar irgendjemandem im Raum zurief: unter unserer Frau Soundso stürzt in Lagos gerade irgendeine Brücke ein, aber vielleicht kauft Frau Soundso dort auch nur ein Bügelbrett, ich habe es nicht richtig verstanden, und sicher hatte der Chefredakteur dann noch hinzugefügt, dass Lagos jetzt the place to be sei, auch wenn er selbst dort niemals auch nur eine Sekunde hätte verweilen wollen.“ (Zitat Seite 154, 155)
Fazit
Komplex und gleichzeitig vielseitig, eine kritische Auseinandersetzung mit dem modernen Journalismus, großartig erzählt in einer beeindruckenden sprachlichen Vielfalt, einer der Titel der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2022.
„Aber heute hat sie einen Plan. Und der Plan muss klappen. Er muss klappen.“ (Zitat Seite 24)
Inhalt
Cy Baxter, Milliardär, Inhaber von World-Share, startet mit der Weisung „GO ZERO“ einen Beta-Probelauf seines neuen Programms FUSION, entwickelt von einem Team der besten Köpfe aus allen Bereichen modernster Hochtechnologien, in einer Partnerschaft mit der Abteilung Wissenschaft und Technologie der CIA. Zehn ausgewählte Teilnehmer haben nun zwei Stunden Zeit unterzutauchen, dann begibt sich das Fusion-Team mit Hilfe der umfangreichen Datensammlungen des neuen Programms auf die Suche. Gelingt es einem Teilnehmer, dreißig Tage lang unauffindbar zu bleiben, erhält er drei Millionen Dollar. Für Cy Baxter und FUSION dagegen geht es um einen Zehnjahresvertrag mit der CIA. Einige der zehn Teilnehmer werden rasch entdeckt, doch wie ist es möglich, dass gerade die eher unscheinbare, technisch nicht einmal besonders versierte Bibliothekarin Kaitlin Elizabeth Day aus Boston, demnächst dreiunddreißig Jahre alt, wie vom Erdboden verschwunden ist und es bleibt, ihren Verfolgern immer einen Schritt voraus.
Thema und Genre
In diesem packenden Thriller geht es um Geheimdienste, moderne Überwachungstechnologien, Soziale Netzwerke, Datenschutz, um den Schutz der persönlichen Freiheit in demokratischen Ländern.
Charaktere
Die unterschiedlichen Figuren sind authentisch und in ihrem Verhalten und Handeln glaubhaft. Von der ersten Seite an hofft man, dass Kaitlin Day mit ihrer Strategie Erfolg hat, sich konsequent völlig anders zu verhalten, als auf Grund des umfangreichen Datenmaterials, das FUSION über sie gesammelt hat, zu erwarten ist. „Aber es wird auch ein Spaß, sagt sie sich. Und ganz schön gefährlich.“ (Zitat Seite 24)
Handlung und Schreibstil
Der knappe Zeitrahmen von dreißig Tagen, der für diesen Betatest vorgesehen ist, macht den Ablauf der Handlung von Beginn an rasant. Die einzelnen Kapitel zählen die Tage und Stunden bis zum Ablauf der First. Unterschiedliche Handlungsorte und zeitgleiche Ereignisse erhöhen die Spannung und das Tempo. Der Hauptfigur Kaitlin Day gelingt es immer wieder, uns Lesende mit neuen Facetten und Wendungen zu überraschen, man will und kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Gleichzeitig heben die unterschiedlichen persönlichen Hintergründe und aktuellen Themen, um die es hier geht, diesen Roman deutlich über das normale Genre Thriller hinaus. Auch die Sprache bewegt sich im weiten Spektrum zwischen erzählend, beschreibend und intensiven Actionszenen.
Fazit
Ein facettenreicher, spannender Thriller, eine perfekte Mischung zwischen packender Handlung und brisanten Themen unserer Zeit.
„Er trat an die Kommode und es war das erste Mal, dass er seine Großeltern sah. Auf einer Fotografie waren sie jung, auf der anderen alt, und auf beiden lächelten sie, Wange an Wange, zärtlich einander berührend.“ (Zitat Seite 5, 6)
Inhalt
Elias, dreißig Jahre alt, hat nach seinem Publizistik-Studium in einem Fachbuchverlag gearbeitet. Da der Verlag in finanzielle Schwierigkeiten geriet, ist Elias jetzt arbeitslos. Er reist aus seiner Heimatstadt Wien nach Lissabon. Es sind warme Tage im Juni, und Lissabon ist noch viel schöner, als auf den Fotografien, die Elias kannte, die Stadt strahlt in diesem besonderen Licht, das man so nur in Lissabon findet. Es ist das erste Mal, dass er seine Großeltern sieht, aber nur auf den Fotografien in der Wohnung, die er von ihnen geerbt hat. Seine ebenfalls schon verstorbene Mutter hat es ihrer Mutter nie verziehen, dass sie in zweiter Ehe einen Portugiesen geheiratet hat und nach Lissabon gezogen ist, hat alle Einladungen abgelehnt, den Kontakt völlig abgebrochen. Schon am Tag seiner Ankunft lernt Elias Diego kennen, den besten Freund seiner Großeltern, dessen Tochter Beatriz, deren Freundin Raquel, die Buchhändlerin und durch sie die Schriftstellerin Leonor. Sie alle zeigen ihm ihr besonderes Lissabon, dennoch kann sich Elias nicht vorstellen, hier zu leben. „Ob er wirklich nicht darüber nachgedacht habe, hierzubleiben, fragte Diego ihn plötzlich auf der Terrasse, als sie am Geländer standen, beide in die Ferne sahen.“ (Zitat Seite 101)
Thema und Genre
In diesem poetischen Roman geht es um Familie, Verlust, neue Chancen, Freundschaft und Liebe, das gelungene Zusammenleben vieler unterschiedlicher Menschen, wenn sie miteinander reden. Es geht um das Schreiben, Literatur, Bücher und um die bunte, lebendige, strahlende Vielfalt der Stadt Lissabon, die alle diese Themen vereint.
Charaktere
Drei unterschiedliche Frauen begleiten Elias durch die Parkanlagen und Gassen Lissabons, durch das bunte Nachtleben, an den Strand. Beatriz arbeitet als Tuk-Tuk-Fahrerin, nimmt ihn mit ans Meer, nach Costa da Caparica. Leonor ist eine junge Schriftstellerin aus Porto, stellt in Raquels Buchhandlung ihren Gedichtband vor und schreibt gerade Erzählungen. Raquel will die Menschen für das Lesen begeistern, sie liebt Bücher und den Fado. Jede der Figuren ist durch frühere Erfahrungen geprägt.
Handlung und Schreibstil
Stanislav Struhar schreibt diese Geschichte aus der personalen Sichtweise von Elias. Es ist Elias, der an diesen warmen, sonnigen Tagen durch die Parks, Gassen und Lokale Lissabons streift und alles beobachtet, die Menschen, die lebhafte, bunte Vielfalt an alltäglichen Situationen, die sich ergeben. Er lässt uns daran teilhaben, wir erleben alles unmittelbar mit und haben sofort die Bilder, Eindrücke, Gerüche und Gefühle in unseren Gedanken. Der Autor hat den Mut, Lücken im detaillierten Tagesablauf zu lassen. Er reiht die einzelnen Episoden chronologisch aneinander, verzichtet aber auf verbindende Übergänge, dennoch bleibt die Handlung strukturiert und nachvollziehbar. Auch die Sprache erzählt klar und schnörkellos, schildert Alltagssituationen und spontane Eindrücke, in Verbindung mit Gesprächen über Erinnerungen, welche die Gegenwart ergänzen.
Fazit
Im Mittelpunkt dieses Romans stehen neben den Hauptfiguren eine Buchhandlung, Literatur, Bücher und viele unterschiedliche Menschen. Wir beobachten ihr Leben, ihren Alltag, und streifen dabei durch die einzigartige Stadt Lissabon. Wer, wie ich, die Stadt und das besondere Licht dort kennt, wird sofort in Erinnerungen schwelgen, wer noch nicht in Lissabon war, wird vielleicht nach dieser Lektüre eine Reise planen. Ein eindrückliches, poetisches Leseerlebnis.
„Denn es fällt leicht zu glauben, Sehnsucht wäre, was nicht ist, wäre was fehlt, aber das stimmt nicht, die Sehnsucht ist etwas in sich, und auch das ist wertvoll.“ (Zitat Seite 964)
Inhalt
Syvert Løyning, neunzehn Jahre alt, hat gerade seinen Militärdienst beendet und fühlt sich irgendwie antriebslos, unschlüssig, wie sein Leben nun weitergehen soll, ein Studium wäre eine Möglichkeit. Obwohl es schon neun Jahre her ist, dass Syverts Vater bei einem Autounfall gestorben ist, sucht Syvert innerlich immer noch nach ihm, er weiß viel zu wenig über seinen Vater, und seine Mutter weicht allen Fragen aus. Die erste Antwort erhält er daher nicht von seiner Mutter, doch damit beginnt seine Suche. „Er hatte mir seine Version von Vaters Leben präsentiert. Ich selbst hatte eine andere Version.“ (Zitat Seite 192) Er findet in den Sachen seines Vaters Briefe in russischer Sprache, geschrieben von einer Frau namens Asja. Er lässt die Briefe übersetzen, liest sie und schreibt schließlich selbst einen Brief, der eines Tages bei der Wissenschaftlerin Alevtina in Moskau landet und auch für sie einige Überraschungen bereithält.
Thema und Genre
In diesem Roman geht es um Familie, zwischenmenschliche Beziehungen, Konflikte, Schicksal, um die Themen Endlichkeit und Unendlichkeit, die Frage nach Vergangenheit, und Zukunft, vor allem jedoch um die philosophischen Fragen nach der Bedeutung und dem Sinn des Lebens in allen Facetten.
Charaktere
Der unsichere, junge Syvert mit seinen vielen Gedanken und Fragen über die Zusammenhänge des Lebens verändert sich, als er beginnt, Antworten zu suchen. Lisa und sein etwas ungewöhnlicher Sommerjob tragen zu dieser Entwicklung bei.
Alevtina und Vasilisa studieren Literaturwissenschaft, doch während Alevtina anschließend Biologie studiert, weil sie die grundsätzlichen Zusammenhänge in der Natur faszinieren, wird Vasilisa Schriftstellerin. Sie hätte ein Vorwort schreiben sollen, doch aus dem Text entsteht die Idee für einen Roman. „Der Gedanke ist, dass die Ewigkeit begonnen hat. Das ist es, was sich verändert hat. Die Zukunft ist verschwunden, und die Ewigkeit hat begonnen.“ (Zitat Seite 625)
Handlung und Schreibstil
Es sind Syvert, Vasilisa und Alevtina, die ihre Geschichte erzählen. Sie tun dies in langen Abschnitten, jeder beinahe schon ein Roman. Daraus ergibt sich eine immer fließende, aber niemals hektisch geschilderte Handlung, die uns von der ersten bis zur letzten Seite in ihrem Bann zieht und ohne Längen durch die Geschichte führt. Der Autor ist ein wunderbarer Erzähler, die Gedanken, die sich jede seiner Figuren über das Leben und die Fragen des Lebens macht, fügen sich nahtlos in den Handlungsbogen ein, nehmen uns mit auf weite Gedankenreisen und führen uns doch immer wieder zurück in die Gegenwart der Figuren, zu ihrer Geschichte. Zwei weitere Erzählfiguren fügen sich mit kurzen Abschnitten in die Handlung ein, spontane Entscheidungen, die Leben verändern.
Fazit
Ein vielseitiger, beeindruckender, faszinierender Roman, der mich begeistert hat.
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