Das Café ohne Namen – Robert Seethaler

AutorRobert Seethaler
Verlag Claassen
Erscheinungsdatum 26. April 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten288
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3546100328

„Die Donau hat es schließlich auch schon gegeben, bevor jemand sie Donau genannt hat. Dann bleibt dein Café eben ohne Namen und das ist richtig so.“ (Zitat Seite 25)

Inhalt

Robert Simon ist einunddreißig Jahre alt und arbeitet seit sechs Jahren als Gelegenheitsarbeiter auf dem Wiener Karmelitermarkt. Doch heute ist sein letzter Tag. Immer wieder war er an dem alten Marktcafé vorbeigegangen, das schon länger leer stand, jetzt ist er der neue Pächter. Schon am Tag der Eröffnung füllt sich das Café rasch mit Gästen. Es sind Leute aus dem Viertel, Schichtarbeiter, Angestellte in Hemdsärmeln, die Mädchen aus der Schottenauer Garnfabrik und die Händler vom Markt. Eines Tages bringt der Fleischermeister Berg die arbeitslose Hilfsnäherin Mila in das Café. Mila braucht dringend Arbeit und Simon kann Hilfe brauchen, das Café läuft gut. Es ist ein Treffpunkt der Menschen aus dem Viertel, mit ihren Sorgen, Geschichten aus einem gelebten Leben und mit ihren Träumen. „Simon musste lächeln, wenn er an all die verlorenen Seelen, dachte, die sich jeden Tag in seinem Café zusammenfanden.“ (Zitat Seite 71) So vergehen die Jahre, die Zukunft kommt mit neuen Bauten und einer U-Bahn in Wien an, und irgendwann, nach zehn Jahren, auch im Karmeliterviertel.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um das Leben der Menschen in einem typischen Wiener Grätzel. Es ist nicht die große Bühne, auf die wir in diesem Café blicken, und doch nehmen wir Lesenden durch die Gespräche, wenn die Politik und die Neuigkeiten im Café diskutiert werden, auch an der Entwicklung Wiens als aufstrebende, moderne Großstadt teil. Themen sind Einsamkeit, Alter, Verlust, aber auch Freundschaft, Liebe und die Suche nach Geborgenheit und dem kleinen Glück.

Charaktere

Robert Seethaler nimmt seine Figuren direkt aus dem Leben und berichtet einfühlsam über ihre unterschiedlichen Geschichten.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird fortlaufend in einzelnen Episoden erzählt, Kapitel, in denen wechselweise eine oder mehrere der Figuren im Mittelpunkt stehen. Wir nehmen Teil an den Veränderungen in ihrem Leben, denn sie alle verändern sich in diesen zehn Jahren, bemerkt, oder beinahe unbemerkt. Der Schriftsteller ist ein leiser, poetischer Erzähler, sein Blick auf die Dinge des Lebens ist genau beobachtend, er achtet auf die Nuancen des menschlichen Verhaltens und der Gefühle. Mit derselben Genauigkeit schildert er auch eindrücklich das Viertel um den Karmelitermarkt, die Tagesabläufe im Café im Wechsel der Jahreszeiten.

Fazit

Eine wunderbar leise und eindrückliche Geschichte, in deren Mittelpunkt ein Café in einem typischen Wiener Viertel in der Leopoldstadt steht, und die Menschen, für die es Zuflucht und Heimat ist.

Die Glasschwestern – Franziska Hauser

AutorFranziska Hauser
Verlag Eichborn Verlag
Erscheinungsdatum 28. Februar 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten432
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3847900450

„Das Schicksal hat ihnen gleichzeitig denselben Schlag erteilt und gesagt: Seht zu, wie ihr klarkommt, wenn ihr einander nicht helfen könnt.“ (Zitat Seite 9)

Inhalt

Dunja und Saphie, neununddreißig Jahre alt, sind Zwillingsschwestern, doch ihr Leben verläuft in unterschiedlichen Bahnen. Dunja war früh Mutter geworden und lebt in der Großstadt, der Sohn studiert bereits, die Tochter bereitet sich auf das Abitur vor, vom Vater ihrer Kinder hat sie sich vor kurzer Zeit endgültig getrennt. Ursprünglich war es Saphie, die möglichst schnell aus dem kleinen Dorf, ehemals DDR, in die Stadt ziehen wollte, doch sie bleibt und leitet gemeinsam mit ihrem Mann ein Hotel. Dann kommt dieser Wintermorgen, Dunjas Ex-Mann stürzt vom Dach und ist tot. Am selben Morgen kippt Saphies Mann tot vom Hometrainer. Nach der Beerdigung bleibt Dunja in Saphies Hotel, entdeckt das Dorf ihrer Kindheit neu. Die Schwestern kommen einander wieder näher, beide sind auf der Suche nach Antworten, wie es nun weitergehen soll. Durch Reporter stoßen sie auf ein Familiengeheimnis, das alle im Dorf schon längst zu kennen schienen, nur Dunja und Saphie nicht. Kann diese Aufarbeitung der Vergangenheit den beiden Frauen helfen, die jeweils für sie selbst passende Zukunft zu finden?

Thema und Genre

In diesem Generationen- und Familienroman geht es um Familienstrukturen und Familienbeziehungen, um ein Familiengeheimnis, Dorfleben, Verlust, Trauer und Neubeginn.

Charaktere

Nach zwanzig Jahren steht Dunja wieder am Beginn eines Lebens, in dem sie im Mittelpunkt steht, das ihr allein gehören wird, denn ihre Kinder wollen eigene Wege gehen, ihr eigenes Leben führen. Sie will nicht mehr Deutsch als Fremdsprache unterrichten, doch was will sie stattdessen? Bisher war es Saphie, die immer die Kontrolle hatte, nach vorne geschaut hat, den Blick auf die Zukunft gerichtet. Doch plötzlich fühlt sie sich in ihrem Dorf fremd.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird chronologisch erzählt, wie auch der Übergang der Natur vom Winter in den Frühling und weiter im Jahreslauf. Die kurzen Kapitel tragen jeweils einen Kalenderspruch als Überschrift und berichten abwechselnd, oder auch gleichzeitig, über die das Leben der Hauptfiguren. Handlungsbogen und Spannung ergeben sich nicht aus den Ereignissen, sondern vor allem aus den persönlichen Konflikten und Problemen der einzelnen Figuren, ihren Gedanken, ihrem Verhalten und ihren Entscheidungen. Wiederkehrende Symbole oder auch Metapher, deren Deutung uns Lesenden überlassen bleibt, verdichten die Schilderung der Gefühlswelten, in denen sich die Figuren bewegen. Die Erzählsprache ist angenehm und einfach zu lesen.

Fazit

Dieser Roman lässt mich etwas ratlos zurück. Bis etwa zur Hälfte war es für mich eine überraschende, witzige, ungewöhnliche Geschichte mit vielen aus dem Leben gegriffenen Themen wie Alltagsprobleme von Ehefrauen, Müttern mit Kindern auf dem Weg in die Selbstständigkeit, Spannungen und Geheimnisse innerhalb von Familiengefügen, alle diese Komponenten gekonnt verknüpft. Doch dann flacht die Handlung ab, die Befindlichkeiten der beiden so unterschiedlichen Frauen stehen im Mittelpunkt und damit Selbstzweifel und sich wiederholende Fragen, wobei die Sichtweisen zwischen Dunja und Saphie auch öfter die Seiten wechseln, einander widerspiegeln. Eine komplexe, spannende Grundidee, mit Längen in der Umsetzung.

Die Abtrünnigen – Abdulrazak Gurnah

AutorAbdulrazak Gurnah
Verlag Pengiun Verlag
Erscheinungsdatum 26. April 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten400
SpracheDeutsch
ÜbersetzungStefanie Schaffer-de Vries
ISBN-13978-3328602613

„Es ist eine Geschichte darüber, dass eine Geschichte viele Geschichten enthält und dass sie nicht nur uns gehören, sondern Teil der zufälligen Strömungen unserer Zeit sind. Und es ist eine Geschichte darüber, wie wir uns in Geschichten hineinverstricken und für alle Zeit darin gefangen bleiben.“ (Zitat Seite 182)

Inhalt

Ende des 19. Jahrhunderts findet in einer kleinen ostafrikanischen Stadt der Krämer Hassanali eines Tages im Morgengrauen einen stark geschwächten Mann. Martin Pearce ist Engländer und als er später zurückkommt, um sich für seine Rettung zu bedanken, verliebt er sich in Rehana, Hassanalis Schwester. Eine Liebe, die nicht nur ein Skandal, sondern auch streng verboten ist. Mitte des 20. Jahrhunderts verliebt sich der junge Amin in Jamila, einige Jahre älter als er, eine geschiedene Frau, die auf Grund ihrer Unabhängigkeit und ihrer angeblich zweifelhaften Herkunft im Mittelpunkt von Gerüchten steht.  Auch diese Liebe wäre ein Skandal, käme sie an die Öffentlichkeit. Amins Eltern bedrängen ihn wegen der drohenden Schande und der gesellschaftliche Ächtung, die er über die Familie bringen würde. Rashid, Amins jüngerer Bruder, will der Enge der Heimat entfliehen und plant zu dieser Zeit bereits seine Reise nach London, wo er bereits an einer Universität aufgenommen wurde. Trotz der Ablehung und Ausgrenzung, mit der man ihm begegnet, bleibt er nach dem Abschluss seines Studiums in England. Doch die Geschichte von Amin und Jamila beschäftigt ihn auch noch viele Jahre später, und er beginnt mit Nachforschungen.

Thema und Genre

Dieser außergewöhnlich facettenreiche Roman spielt in Ostafrika und England, und ist sowohl ein Familienroman, als auch ein Generationenroman. Themen sind Kolonialismus, Unterdrückung, Ausgrenzung, gesellschaftliche Traditionen, Politik, Heimat und Fremde, Liebe und Trennung.

Charaktere

Es sind unterschiedliche Charaktere und ebenso unterschiedlich ist ihre Art, mit äußeren Zwängen und dem Druck gesellschaftlicher Regeln und Wertvorstellungen umzugehen, und trotz aller Widerstände ihren Platz im Leben zu suchen.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung wird in neun Abschnitten erzählt, wobei jeweils eine Person im Mittelpunkt steht, die dem jeweiligen Abschnitt den Titel gibt und wo es vor allem um die jeweilige persönliche Lebenssituation, die Vergangenheit, Erfahrungen und Konflikte geht. Der Autor nimmt sich Zeit und schildert nicht nur die Ereignisse und das Leben der einzelnen Protagonisten, sondern auch das Umfeld, das Alltagsleben der Menschen, die politische Situation dieses Teiles von Ostafrika unter den Engländern, und später während der Umstürze, nachdem Sansabar Ende 1963 unabhängig geworden war. Es ist Rashid, der die Geschichte erzählt, doch er präzisiert: „Es gibt, wie Sie sehen, ein Ich in dieser Geschichte, aber es ist keine Geschichte über mich. Es ist eine Geschichte über uns alle, über Farida und Amin, über unsere Eltern und über Jamila.“ (Zitat Seite 182). So folgen wir fasziniert und gespannt einem Zeitrahmen  etwa einhundert Jahren, pendeln zwischen Afrika und England und sind keine einzige Minute gelangweilt.

Fazit

Abdulrazak Gurnah ist ein leiser, aber eindrücklicher Erzähler, er klagt nicht an, sondern beleuchtet alle Graubereiche der Geschichte und der Menschen, und dies alles in einer wunderbar zu lesenden Erzählsprache.

Die Mutter – Grazia Deledda

AutorGrazie Deledda
Verlag Input Verlag
Erscheinungsdatum 1. Juni 2022
FormatGebundene Ausgabe
IllustratorRalf Plenz
Seiten192
SpracheDeutsch
Übersetzung, VorwortUlrike Lemke
ISBN-13978-3941905535

„Alles sprach zu ihm: der Wind draußen, der ihn an die lange Einsamkeit seiner Jugend erinnerte, und drinnen die traurige Gestalt der Mutter, das Knarren seiner Schritte, sein eigener Schatten.“ (Zitat Seite 49)

Inhalt

Viele Jahre lang hat sie als Dienstmagd gearbeitet, sich nie etwas gegönnt, nur für ihren Sohn Paulo und dessen Ausbildung zum Priester gelebt. Vor sieben Jahren war Paulo dann als neuer Pfarrer in die kleine Gemeinde Aar auf Sardinien gekommen und seine Mutter mit ihm. Seit sieben Jahren lebt sie hier nun glücklich und zufrieden mit Paulo, sorgt für ihn. Doch nun könnten alle ihre Opfer umsonst gewesen sein, denn Paulo hat sich in die junge Witwe Agnes verliebt, ist dabei, sein Gelübde als katholischer Priester zu brechen und sich auch dem Einfluss seiner Mutter zu entziehen. Agnes ist allein, reich und unabhängig und will Paulo überreden, mit ihr zusammen heimlich das Dorf zu verlassen und irgendwo als Mann und Frau zu leben. Noch kam nur seine Mutter hinter sein Geheimnis, doch es ist eine sehr kleine Dorfgemeinschaft und so muss Paulo sich rasch entscheiden.

Thema und Genre

La Madre wurde 1920 veröffentlicht und handelt von dem Leben in einem abgeschiedenen, kleinen Dorf auf Sardinien, von den Menschen und ihren Problemen. Im Mittelpunkt jedoch steht der schwere Gewissenskonflikt eines jungen Priesters zwischen Liebe und Zölibat.

Charaktere

Die beiden Hauptfiguren sind die Mutter, die für ihren Sohn lebt, fürsorglich bis zur emotionalen Umklammerung, durch ihn wird sie als Mutter des Pfarrers endlich in diesem Dorf anerkannt. Paulo will aus genau dieser Enge des Dorflebens fliehen, fühlt sich jedoch seiner Mutter gegenüber wegen ihrer Opfer zur Dankbarkeit verpflichtet. Vor allem jedoch steht er vor einem möglichen Wendepunkt in seinem Leben, er muss sich zwischen der Frau, die er liebt, und seinem Priesteramt mit dem damit untrennbar verbundenen Zölibat entscheiden.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird auf nur 174 Seiten erzählt, doch es ist gerade diese Dichte, die diese Ereignisse von nur wenigen Tagen mit Intensität füllt. Die Schriftstellerin beschreibt lebhaft das Dorfleben der damaligen Zeit. Es sind die Menschen, über die sie schreibt, ihre Gedanken, Gefühlte, ihren tiefen Glauben, aber auch den ebenso präsenten Aberglauben. Daraus ergibt sich der tiefe Konflikt, den ihre Hauptfigur, der junge Priester Paulo, durchlebt. „Er litt, weil der natürliche Zweck des Lebens darin besteht, das Leben fortzusetzen, und er daran gehindert wurde; und diese Verhinderung verstärkte noch den Drang seines Bedürfnisses.“ (Zitat Seite 67)

Am Beginn des Buches steht ein Vorwort der Übersetzerin, am Buchende ein bibliophiler Rückblick mit Fotos auf die Ausgabe aus dem Jahr 1928, auf welcher diese Neuübersetzung basiert.

Fazit

Ralf Plenz hat in seinem Input-Verlag diese Neuübersetzung des alten Textes als Band 19 der „Perlen der Literatur“ des 19. und 20. Jahrhunderts wiederveröffentlicht. Eine sehr schön gestaltete und gebundene Neuausgabe, deren optisches und haptisches Vergnügen das Lesevergnügen der Sprache und der eindrücklichen Geschichte perfekt ergänzt.

Mein Leben als Leser – Nick Hornby

AutorNick Hornby
Verlag KiWi-Taschenbuch
Erscheinungsdatum 23. September 2005
FormatTaschenbuch
Seiten160
SpracheDeutsch
ÜbersetzungClara Drechsler, Harald Hellmann
ISBN-13978-3462036251

„Es soll hier also darum gehen, wie, wann und warum man liest, und darum, was man liest – um die Art und Weise, wie im Idealfall ein Buch zum nächsten und übernächsten führt, eine papierene Fährte aus Themen und Sinnzusammenhängen.“ (Zitat Seite 13, 14)

Thema und Inhalt

In diesem Buch spricht Nick Hornby nicht nur über die Bücher, die er während eines Jahres gekauft hat und jene, die er gelesen hat. Diese müssen nicht immer identisch sein, gelesen wurde nur ein Teil davon, was Buchmenschen aus eigener Erfahrung nur zu gut kennen. Das Schöne ist, Nick Hornby hat deswegen kein schlechtes Gewissen und damit bestätigt er auch uns. Bei ihm, wie bei uns, besteht jedoch die Absicht, alle Bücher auch zu lesen. „Aber mit jedem Jahr, das verstreicht, und mit jeder Neuanschaffung aus einer Laune heraus, drücken unsere Bibliotheken mehr und besser aus, wer wir sind, ob wir die Bücher lesen oder nicht.“ (Zitat Seite 138, 139)

Doch es geht hier um weit mehr, als nur um Bücher, es ist gleichzeitig eine sehr persönliche Autobiografie, Nick Hornby als Schriftsteller, als Leser und im Familienalltag als Vater von kleinen Kindern.

Umsetzung

Die vierzehn Kapitel sind monatliche Kolumnen, die Nick Hornby für das Magazin „The Believer“ geschrieben hat. Jedes Kapitel beginnt mit zwei nebeneinander angeordneten Listen: „Gekaufte Bücher“ und „Gelesene Bücher“. Im Text schreibt er dann zu jedem gelesenen Buch seine persönlichen Eindrücke, argumentiert, warum man dieses Buch unbedingt lesen sollte, oder aber, warum er sich über dieses oder jenes Buch geärgert hat. Bücher, deren Lektüre er abgebrochen hat, vermerkt er zusätzlich in der Spalte „Gelesene Bücher“. Oft zieht er auch Gedankenbrücken von der aktuellen Lektüre zu Büchern, die er schon früher gelesen hat und wo einen Zusammenhang sieht. Er selbst bemerkt, wie er selbst durch das Schreiben der Kolumnen seine Lektüre genauer auswählt und keine Romane mehr zu lesen beginnt, wo er schon vorher weiß, dass er sie nur unter verächtlichem Schnauben lesen wird. Seine Sprache ist unterhaltsam, interessant, humorvoll und man folgt mit großem Vergnügen seinen Gedanken, Eindrücken, Erinnerungen und Erfahrungen als Leser.  Am Buchende findet sich eine Bibliographie der gelesenen Bücher.

Fazit

„All die Bücher, die wir besitzen, gelesen und ungelesen, sind der bestmögliche Ausdruck unseres ureigensten Selbst, den wir zur Verfügung haben.“ (Zitat Seite 138). Besser kann man ein Leben als Leser oder Leserin nicht beschreiben, als Nick Hornby dies tut, und vergnügt schreibe ich nun einige der von ihm empfohlenen Titel auf meine Bücher-Einkaufsliste.

1001 Bücher: die Sie lesen sollten, bevor das Leben vorbei ist – Peter Boxall

HerausgeberPeter Boxall
VorwortPeter Ackroyd
Verlag Edition Olms
Erscheinungsdatum 30. März 2021
FormatTaschenbuch
Seiten960
ÜbersetzerinMaja Ueberle
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3283013035

„Dieses Buch handelt von 1001 Dingen, doch es ist erfüllt von dem atemlosen Drängen, das teilweise aus der quälenden Erkenntnis rührt, daß so viele andere Dinge noch hätten gesagt und so viele andere Romane noch hätten gelesen werden müssen.“ (Originalzitat Seit 10, Einleitung)

Thema und Inhalt

1001 BÜCHER ist eine abwechslungsreiche Reise durch die Literatur. Die unterschiedlichen Werke wurden von 157 internationalen Fachleuten aus den Bereichen Literaturwissenschaft und Journalismus, Schriftstellern und Schriftstellerinnen ausgewählt. Man entdeckt sicher Werke, die man bereits gelesen hat, aber auch zahlreiche andere, von denen man bisher noch nie gehört hat. Auch wenn der Schwerpunkt auf Literatur in englischer Sprache liegt, werden auch viele internationale Romane vorgestellt.

Gestaltung

Das Buch beginnt mit dem Vorwort von Peter Ackroyd, der Einleitung des Herausgebers Peter Boxall, der Auflistung der Mitarbeiter. Es folgt der Index der Buchtitel. Die einzelnen Beiträge sind in die Abschnitte „vor 1800“, „19. Jahrhundert“, „20. Jahrhundert“ und „21. Jahrhundert“ gegliedert. Daran schließen ein Index der Autoren und Werke an, der ausgezeichneten Autoren und Werke, gegliedert in die einzelnen Literaturpreise, sowie Bildnachweise. Jeder der 1001 Romane wird nach dem gleichen Schema besprochen: Titel, Autor oder Autorin, Lebensdaten, Erstausgabe, Verlag, Originaltitel. Dann folgt der eigentliche Beitrag, der nicht mehr als dreihundert Worte umfasst. Bedingt durch die vorgegebene Kürze wird auf Zusammenfassungen des Inhalts verzichtet, sondern es wird geschildert, was genau den jeweiligen Roman so unbedingt lesenswert macht. In jedem Beitrag finden sich auch ein oder mehrere Originalzitate aus dem besprochenen Buch. „Bei einer Diskussion über die Frage, was mit den einzelnen Beiträgen im besten Falle zu erreichen sei, traf einer der Autoren mit seiner Antwort für meine Begriffe den Nagel auf den Kopf: Er sagte, jeder Beitrag könne als eine Art „Mikroereignis“ gedacht werden, als eine komplette Leseerfahrung in Miniaturformat, die zugleich etwas von der Grenzenlosigkeit des Romans vermittle.“ (Originalzitat Seite 10) Zahlreiche Fotografien von Buchumschlägen und Autoren ergänzen die Texte.

Fazit

Das Stöbern in 1001 BÜCHER gleicht einem genussvollen, gemütlichen Spaziergang: man schlendert auf alten, bekannten Wegen, schwelgt in Erinnerungen, um dann mit dem nächsten Schritt auf Neues, Unerwartetes zu treffen, das man erforschen möchte. Perfekt für alle Lesebegeisterten und jene, die es noch werden wollen.

Falsche Freunde: Commissario Morello ermittelt in Venedig – Wolfgang Schorlau, Claudio Caiolo

AutorWolfgang Schorlau
AutorClaudio Caiolo
Verlag KiWi-Paperback
Erscheinungsdatum 4. Mai 2023
FormatBroschiert
Seiten352
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462003031

„Hören Sie, Commissario, die Vereinbarung mit dem Innenministerium besagt, dass Sie nach Sizilien versetzt werden, sobald Sie Salinis Mörder gefasst haben.  Wenn Sie Ihre Arbeit hier erledigt haben, können Sie am nächsten Tag wieder zurück zu Ihrer Mafia.“ (Zitat Seite 42)

Inhalt

Venedig im Nebel ist nicht romantisch und mystisch, sondern einfach nur nass und kalt, denkt Commissario Antonio Morello und vermisst sein geliebtes Sizilien. „In Sizilien ist die Sonne wärmer, das Licht des Himmels klarer und von einem unerreichten seidenweichen Blau, der Geschmack des Salzes im Meer ist würziger als der der Lagunenbrühe.“ (Zitat Seite 147) Doch viel Zeit für diese Gedanken bleibt dem Commissario nicht, denn an diesem nassen, kalten Tag im Oktober 2022 wird in Venedig der Buchhalter Paolo Salini gefunden, tot auf einer Parkbank sitzend. Damit beginnen für den Commissario und sein Team Ermittlungen, die diesmal besonders brisant sind. Rasch führen die ersten Verdachtsmomente und Spuren den Commissario zu sehr vermögenden und seit Jahrhunderten einflussreichen Venezianer Familien und zu ihren Plänen, aus Venedig eine glitzernde, glamouröse Luxusdestination für Superreiche zu machen. Ebenso rasch versuchen seine Vorgesetzten, seine Ermittlungen in diesem Umfeld zu unterbinden, doch andererseits hat er das Versprechen, dass er zurück nach Sizilien versetzt wird, sobald er Salinis Mörder gefunden hat.  

Thema und Genre

In diesem neuen Fall für Commissario Morello, den Sizilianer in Venedig, Band drei der Serie, geht es um Immobilien, Investments, Bestechung, Politik und die (teilweise leider schon realen) Pläne, ganz Venedig als Luxusdestination für sehr vermögende Menschen zu vermarkten.

Charaktere

Auch diesmal lässt sich Morello in seinen Ermittlungen nicht stoppen, den Freien Hund legt man nicht an die Leine, auch wenn sein Team wieder mal in eine andere Richtung zieht. Doch persönlich ist er nach wie vor durch den Verlust seiner Frau blockiert. Er vermisst Sizilien nicht nur als Heimat, sondern er will zurück, weil er endlich weiter nach dem Mafia-Boss suchen will, der seine Frau auf dem Gewissen hat.

Handlung und Schreibstil

Handlung und Schreibstil

Der Zeitraum der Ermittlungen umfasst acht Tage im Oktober, von Montag bis Montag, die letzten Ereignisse finden noch einige Tage danach statt. Dieser straffe Zeitrahmen sorgt für zusätzliche Spannung in dieser interessanten Geschichte, die zunächst eine Reihe von Rätseln für das Ermittlungsteam bereithält. Eine Szene zu Beginn des Buches zeigt uns Lesenden einige Details, wir wissen etwas mehr, als der Commissario, jedoch bleiben auch für uns mögliche Zusammenhänge viele Seiten hindurch reine Spekulationen mit Varianten von Möglichkeiten. Die Handlung nimmt sich aber auch Zeit für persönliche Momente und Konflikte der einzelnen Hauptfiguren und mit dem Commissario genießen wir die  bunt geschilderte Vielfalt des alltäglichen Lebens in der auch bei Regen und Kälte magischen Stadt Venedig, eine Magie, die auch längst auf den Commissario gewirkt hat.

Die Gliederung der Handlung ist klar strukturiert. Die Überschrift trägt Tag und Zeitangabe, die einzelnen Abschnitte tragen dann den jeweiligen Ort der Handlung.

Fazit

Ein sizilianischer Commissario, unangepasst, eigensinnig, der zwar immer noch seine Heimat Sizilien vermisst, jedoch längst schon dem Zauber Venedigs erlegen ist und nun gegen alle Widerstände und Gefahren bereit ist, Venedig vor den bizarren Plänen von Immobilienfirmen und Investoren zu retten – ein realistischer Plot, eine stimmige Geschichte, packendes Lesevergnügen.

Blaues Venedig – Venezia blu – Wolfgang Salomon

AutorWolfgang Salomon
Verlag Carl Ueberreuter Verlag
Erscheinungsdatum 3. April 2017
FormatBroschiert
Seiten180
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3800076680

„Durch die Fensterhöhlen der oberen Stockwerke fällt das Sonnenlicht in fast schon kitschigem Strahl in die von Efeu zugewachsenen, im Halbdunkel liegenden Räume des unteren Stockwerks. Lord Byron, Mary und Percy Shelley würden sich hier wohlfühlen. Pure Gothic Romantic in salziger Seeluft.“ (Zitat Seite 68)

Thema und Inhalt

„Eine Reise in die Abgründe der Lagunenstadt“, so nennt der Autor dieses Buch und er führt uns tatsächlich auf verlassene Inseln, zu den mit ihnen verbundenen Orten und Geschichten, an mystische Orte und auf versteckte Plätze, wo man noch den venezianischen Alltag erleben kann. In insgesamt fünfzehn Kapiteln lernen wir vierzehn besondere Orte kennen. Kulinarische Tipps und Weinverschläge ergänzen diese besondere Entdeckungsreise.

Umsetzung

Wie schon der Titel sagt, steht dieser besondere Reiseführer auch unter dem Zeichen der Farbe Blau, Blau wie das Wasser, Lebensader Venedigs, Blau wie die Sehnsucht, Blau wie ins Blaue, somit ins Unbekannte, Blau aber auch als Farbe der Romantik. Auf Poveglia, der Insel degli fantasmi e misteri, begegnen wir dieser Farbe in einem  besonderen Raum mit beinahe magischen Eindrücken. Zwei Jahre dauerten die Recherchen insgesamt und so führen uns die Besuche der unterschiedlichen, vom Tagestourismus unentdeckten Orte, Gebäude, Plätze und Inseln durch alle Jahreszeiten. Wir lernen interessante Menschen kennen, die dem Autor an diesen Orten begegnet sind. Jeden Artikel ergänzen entsprechende Schwarz-Weiß-Fotografien, erstellt von Wolfgang Salomon und dem ihn begleitenden Fotografen Helmut Petrin.

Fazit

Ein spannendes, interessantes, vielseitiges Lesevergnügen mit viel neuem Wissen. Egal, ob man Venedig schon oft besucht hat, oder noch nie, dieser besondere Reiseführer mit seinen Geschichten, die Bilder in unsere Gedanken malen und uns mit erinnerten Gerüchen umgeben, weckt sofort Sehnsucht.

In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg. – Gabriele Riedle

AutorGabriele Riedle
Verlag Aufbau Verlage –
Die andere Bibliothek
Erscheinungsdatum 15. September 2022
Format Gebundene Ausgabe
Seiten259
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3847720508

„Die liebe Leserin und der liebe Leser, der Kunde, der Endverbraucher, der Markt brauchte Zuversicht in diesen schwierigen Zeiten, er brauchte helle Bilder statt dunkle und leuchtende Farben selbst aus den finstersten Gebieten, wobei das nicht nur für Fotos galt, sondern auch für das, was wir schrieben.“ (Zitat Seite 213)

Inhalt

Die Ich-Erzählerin ist als Berichterstatterin und Fotografin in allen Krisengebieten der Welt unterwegs und darüber berichtet sie in diesem Roman. Immer, wenn der Chefredakteur sie wieder losschickt, schaut sie zuerst in ihren Diercke-Weltatlas aus dem Jahr 1973, bevor sie dann von Berlin aus aufbricht, wo sie in der Goethestraße in Berlin-Charlottenburg wohnt. Sie erzählt von ihren Reisen nach Afghanistan, Papua-Heuguinea, nach Inguschetien, Libyen, Liberia, von den Menschen, dir ihr auf diesen Reisen begegnen, und sie nimmt uns mit in die großen Medienzentralen in Hamburg und Manhattan. Durch alle Schilderungen begleiten sie auch die Erinnerungen an den britischen Kriegsfotografen Tim H., der bei einem Feuergefecht zwischen Gaddafi-Anhängern und Rebellen in Misrata ums Leben gekommen war.  

Thema und Genre

Die Autorin selbst nennt ihr Buch einen modernen Abenteuerroman, doch es geht weit um mehr als die Erfahrungen einer Reporterin In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg, Es ist eine kritische Auseinandersetzung mit der journalistischen Berichterstattung, die in vielen realen Facetten schildern will, was Krieg und kriegerische Auseinandersetzungen für die betroffenen Menschen bedeuten, während die Redaktionen der Auftrag gebenden Medienkonzerne sich von der Berichterstatterin berührende Erzählungen mit ebenso berührenden Kinderfotografien wünschen, um die Leserschaft nicht zu verschrecken und damit auch die großen Anzeigenkunden.

Charaktere

Die Autorin betont, dass es sich bei diesem Roman tatsächlich um literarische Prosa handelt und nicht um eine Autobiografie. Natürlich fließen ihre persönlichen Erfahrungen und die Erfahrungen von anderen Menschen mit ein und verbinden sich mit dem fiktiven Text.

Handlung und Schreibstil

Die Ich-Erzählerin schildert nicht nur ihre abenteuerlichen Reisen durch die Krisengebiete, darunter eine Reise mit Tim H. nach Liberia, sie verbindet diese auch mit einem weiten Bogen an persönlichen Eindrücken, Erfahrungen, Erinnerungen, findet neue literarische Gedankenverbindungen, nicht nur durch ihre Wohnadresse Goethestraße. Begegnungen mit bekannten Persönlichkeiten, bekannten Kriegsreportern, füllen ihre Schilderungen mit vielen unterschiedlichen Personen. Es ist jedoch die besondere Sprachintensität der Autorin, die sofort begeistert. In langen Sätzen reiht sie Ereignis um Ereignis, Gedanken und Gedanken aneinander, rasant, wie atemlos, verknüpft alle mit völlig anderen Themen, zu manchmal skurrilen Situationen und Überlegungen und dies alles nicht ohne satirischen Humor, so böse, dass sie uns damit zum Lachen bringt, trotz der ernsten Themen. „Hallo, ja, stehe im Stau auf der Third Mainland Bridge in Lagos, jemand will mir durch‘s Autofenster ein Bügelbrett verkaufen, und vermutlich stürzen wir alle gleich samt Brücke ins Wasser, aber falls in der Brühe da unten Empfang ist, rufe ich später zurück, woraufhin der Chefredakteur offenbar irgendjemandem im Raum zurief: unter unserer Frau Soundso stürzt in Lagos gerade irgendeine Brücke ein, aber vielleicht kauft Frau Soundso dort auch nur ein Bügelbrett, ich habe es nicht richtig verstanden, und sicher hatte der Chefredakteur dann noch hinzugefügt, dass Lagos jetzt the place to be sei, auch wenn er selbst dort niemals auch nur eine Sekunde hätte verweilen wollen.“ (Zitat Seite 154, 155)

Fazit

Komplex und gleichzeitig vielseitig, eine kritische Auseinandersetzung mit dem modernen Journalismus, großartig erzählt in einer beeindruckenden sprachlichen Vielfalt, einer der Titel der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2022.

Going Zero – Anthony McCarten

AutorAnthony McCarten
Verlag Diogenes Verglag
Erscheinungsdatum 26. April 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten464
SpracheDeutsch
ÜbersetzungManfred Allie, Gabriele Kempf- Allié
ISBN-13978-3257071924

„Aber heute hat sie einen Plan. Und der Plan muss klappen. Er muss klappen.“ (Zitat Seite 24)

Inhalt

Cy Baxter, Milliardär, Inhaber von World-Share, startet mit der Weisung „GO ZERO“ einen Beta-Probelauf seines neuen Programms FUSION, entwickelt von einem Team der besten Köpfe aus allen Bereichen modernster Hochtechnologien, in einer Partnerschaft mit der Abteilung Wissenschaft und Technologie der CIA. Zehn ausgewählte Teilnehmer haben nun zwei Stunden Zeit unterzutauchen, dann begibt sich das Fusion-Team mit Hilfe der umfangreichen Datensammlungen des neuen Programms auf die Suche. Gelingt es einem Teilnehmer, dreißig Tage lang unauffindbar zu bleiben, erhält er drei Millionen Dollar. Für Cy Baxter und FUSION dagegen geht es um einen Zehnjahresvertrag mit der CIA. Einige der zehn Teilnehmer werden rasch entdeckt, doch wie ist es möglich, dass gerade die eher unscheinbare, technisch nicht einmal besonders versierte Bibliothekarin Kaitlin Elizabeth Day aus Boston, demnächst dreiunddreißig Jahre alt, wie vom Erdboden verschwunden ist und es bleibt, ihren Verfolgern immer einen Schritt voraus.

Thema und Genre

In diesem packenden Thriller geht es um Geheimdienste, moderne Überwachungstechnologien, Soziale Netzwerke, Datenschutz, um den Schutz der persönlichen Freiheit in demokratischen Ländern.

Charaktere

Die unterschiedlichen Figuren sind authentisch und in ihrem Verhalten und Handeln glaubhaft. Von der ersten Seite an hofft man, dass Kaitlin Day mit ihrer Strategie Erfolg hat, sich konsequent völlig anders zu verhalten, als auf Grund des umfangreichen Datenmaterials, das FUSION über sie gesammelt hat, zu erwarten ist. „Aber es wird auch ein Spaß, sagt sie sich. Und ganz schön gefährlich.“ (Zitat Seite 24)

Handlung und Schreibstil

Der knappe Zeitrahmen von dreißig Tagen, der für diesen Betatest vorgesehen ist, macht den Ablauf der Handlung von Beginn an rasant. Die einzelnen Kapitel zählen die Tage und Stunden bis zum Ablauf der First. Unterschiedliche Handlungsorte und zeitgleiche Ereignisse erhöhen die Spannung und das Tempo. Der Hauptfigur Kaitlin Day gelingt es immer wieder, uns Lesende mit neuen Facetten und Wendungen zu überraschen, man will und kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Gleichzeitig heben die unterschiedlichen persönlichen Hintergründe und aktuellen Themen, um die es hier geht, diesen Roman deutlich über das normale Genre Thriller hinaus. Auch die Sprache bewegt sich im weiten Spektrum zwischen erzählend, beschreibend und intensiven Actionszenen.

Fazit

Ein facettenreicher, spannender Thriller, eine perfekte Mischung zwischen packender Handlung und brisanten Themen unserer Zeit.

Das Gewicht des Schattens – Stanislav Struhar

AutorStanislav Struhar
NachwortKristina Kallert
Verlag Wieser Verlag
Erscheinungsdatum 27. Februar 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten200
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3990295731

„Er trat an die Kommode und es war das erste Mal, dass er seine Großeltern sah. Auf einer Fotografie waren sie jung, auf der anderen alt, und auf beiden lächelten sie, Wange an Wange, zärtlich einander berührend.“ (Zitat Seite 5, 6)

Inhalt

Elias, dreißig Jahre alt, hat nach seinem Publizistik-Studium in einem Fachbuchverlag gearbeitet. Da der Verlag in finanzielle Schwierigkeiten geriet, ist Elias jetzt arbeitslos. Er reist aus seiner Heimatstadt Wien nach Lissabon. Es sind warme Tage im Juni, und Lissabon ist noch viel schöner, als auf den Fotografien, die Elias kannte, die Stadt strahlt in diesem besonderen Licht, das man so nur in Lissabon findet. Es ist das erste Mal, dass er seine Großeltern sieht, aber nur auf den Fotografien in der Wohnung, die er von ihnen geerbt hat. Seine ebenfalls schon verstorbene Mutter hat es ihrer Mutter nie verziehen, dass sie in zweiter Ehe einen Portugiesen geheiratet hat und nach Lissabon gezogen ist, hat alle Einladungen abgelehnt, den Kontakt völlig abgebrochen. Schon am Tag seiner Ankunft lernt Elias Diego kennen, den besten Freund seiner Großeltern, dessen Tochter Beatriz, deren Freundin Raquel, die Buchhändlerin und durch sie die Schriftstellerin Leonor. Sie alle zeigen ihm ihr besonderes Lissabon, dennoch kann sich Elias nicht vorstellen, hier zu leben. „Ob er wirklich nicht darüber nachgedacht habe, hierzubleiben, fragte Diego ihn plötzlich auf der Terrasse, als sie am Geländer standen, beide in die Ferne sahen.“ (Zitat Seite 101)

Thema und Genre

In diesem poetischen Roman geht es um Familie, Verlust, neue Chancen, Freundschaft und Liebe, das gelungene Zusammenleben vieler unterschiedlicher Menschen, wenn sie miteinander reden. Es geht um das Schreiben, Literatur, Bücher und um die bunte, lebendige, strahlende Vielfalt der Stadt Lissabon, die alle diese Themen vereint.

Charaktere

Drei unterschiedliche Frauen begleiten Elias durch die Parkanlagen und Gassen Lissabons, durch das bunte Nachtleben, an den Strand. Beatriz arbeitet als Tuk-Tuk-Fahrerin, nimmt ihn mit ans Meer, nach Costa da Caparica. Leonor ist eine junge Schriftstellerin aus Porto, stellt in Raquels Buchhandlung ihren Gedichtband vor und schreibt gerade Erzählungen. Raquel will die Menschen für das Lesen begeistern, sie liebt Bücher und den Fado. Jede der Figuren ist durch frühere Erfahrungen geprägt.

Handlung und Schreibstil

Stanislav Struhar schreibt diese Geschichte aus der personalen Sichtweise von Elias. Es ist Elias, der an diesen warmen, sonnigen Tagen durch die Parks, Gassen und Lokale Lissabons streift und alles beobachtet, die Menschen, die lebhafte, bunte Vielfalt an alltäglichen Situationen, die sich ergeben. Er lässt uns daran teilhaben, wir erleben alles unmittelbar mit und haben sofort die Bilder, Eindrücke, Gerüche und Gefühle in unseren Gedanken. Der Autor hat den Mut, Lücken im detaillierten Tagesablauf zu lassen. Er reiht die einzelnen Episoden chronologisch aneinander, verzichtet aber auf verbindende Übergänge, dennoch bleibt die Handlung strukturiert und nachvollziehbar. Auch die Sprache erzählt klar und schnörkellos, schildert Alltagssituationen und spontane Eindrücke, in Verbindung mit Gesprächen über Erinnerungen, welche die Gegenwart ergänzen.

Fazit

Im Mittelpunkt dieses Romans stehen neben den Hauptfiguren eine Buchhandlung, Literatur, Bücher und viele unterschiedliche Menschen. Wir beobachten ihr Leben, ihren Alltag, und streifen dabei durch die einzigartige Stadt Lissabon. Wer, wie ich, die Stadt und das besondere Licht dort kennt, wird sofort in Erinnerungen schwelgen, wer noch nicht in Lissabon war, wird vielleicht nach dieser Lektüre eine Reise planen. Ein eindrückliches, poetisches Leseerlebnis.

Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit – Karl Ove Knausgård

Autor Karl Ove Knausgård
Verlag Luchterhand Literaturverlag
Erscheinungsdatum 15. Februar 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten1056
SpracheDeutsch
ÜbersetzungPaul Berf
ISBN-13978-3630876351

„Denn es fällt leicht zu glauben, Sehnsucht wäre, was nicht ist, wäre was fehlt, aber das stimmt nicht, die Sehnsucht ist etwas in sich, und auch das ist wertvoll.“ (Zitat Seite 964)

Inhalt

Syvert Løyning, neunzehn Jahre alt, hat gerade seinen Militärdienst beendet und fühlt sich irgendwie antriebslos, unschlüssig, wie sein Leben nun weitergehen soll, ein Studium wäre eine Möglichkeit. Obwohl es schon neun Jahre her ist, dass Syverts Vater bei einem Autounfall gestorben ist, sucht Syvert innerlich immer noch nach ihm, er weiß viel zu wenig über seinen Vater, und seine Mutter weicht allen Fragen aus. Die erste Antwort erhält er daher nicht von seiner Mutter, doch damit beginnt seine Suche. „Er hatte mir seine Version von Vaters Leben präsentiert. Ich selbst hatte eine andere Version.“ (Zitat Seite 192) Er findet in den Sachen seines Vaters Briefe in russischer Sprache, geschrieben von einer Frau namens Asja. Er lässt die Briefe übersetzen, liest sie und schreibt schließlich selbst einen Brief, der eines Tages bei der Wissenschaftlerin Alevtina in Moskau landet und auch für sie einige Überraschungen bereithält.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Familie, zwischenmenschliche Beziehungen, Konflikte, Schicksal, um die Themen Endlichkeit und Unendlichkeit, die Frage nach Vergangenheit, und Zukunft, vor allem jedoch um die philosophischen Fragen nach der Bedeutung und dem Sinn des Lebens in allen Facetten.

Charaktere

Der unsichere, junge Syvert mit seinen vielen Gedanken und Fragen über die Zusammenhänge des Lebens verändert sich, als er beginnt, Antworten zu suchen. Lisa und sein etwas ungewöhnlicher Sommerjob tragen zu dieser Entwicklung bei.

Alevtina und Vasilisa studieren Literaturwissenschaft, doch während Alevtina anschließend Biologie studiert, weil sie die grundsätzlichen Zusammenhänge in der Natur faszinieren, wird Vasilisa Schriftstellerin. Sie hätte ein Vorwort schreiben sollen, doch aus dem Text entsteht die Idee für einen Roman. „Der Gedanke ist, dass die Ewigkeit begonnen hat. Das ist es, was sich verändert hat. Die Zukunft ist verschwunden, und die Ewigkeit hat begonnen.“ (Zitat Seite 625)

Handlung und Schreibstil

Es sind Syvert, Vasilisa und Alevtina, die ihre Geschichte erzählen. Sie tun dies in langen Abschnitten, jeder beinahe schon ein Roman. Daraus ergibt sich eine immer fließende, aber niemals hektisch geschilderte Handlung, die uns von der ersten bis zur letzten Seite in ihrem Bann zieht und ohne Längen durch die Geschichte führt. Der Autor ist ein wunderbarer Erzähler, die Gedanken, die sich jede seiner Figuren über das Leben und die Fragen des Lebens macht, fügen sich nahtlos in den Handlungsbogen ein, nehmen uns mit auf weite Gedankenreisen und führen uns doch immer wieder zurück in die Gegenwart der Figuren, zu ihrer Geschichte. Zwei weitere Erzählfiguren fügen sich mit kurzen Abschnitten in die Handlung ein, spontane Entscheidungen, die Leben verändern.

Fazit

Ein vielseitiger, beeindruckender, faszinierender Roman, der mich begeistert hat.

Venedig: Wintertage in der Serenissima – Wolfgang Salomon

AutorWolfgang Salomon
Verlag Styria Verlag
Erscheinungsdatum 27. September 2021
FormatTaschenbuch
Seiten176
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3222136641

„Im Herbst und im Winter verzaubert Venedig auf ganz besondere Weise und bald lässt sich erahnen, warum diese Stadt Inspiration und Lebensader für Menschen aus aller Welt ist.“ (Zitat Seite 8)

Thema und Inhalt

Dieses Buch des Venedigkenners Wolfgang Salomon führt uns durch die immer noch ruhigen Wintermonate in der großartigen Stadt Venedig. Wir erforschen die Lagunenstadt zur Vorweihnachtszeit, schlendern durch enge Gassen, kleine Plätze abseits der Touristenrouten, erkunden Museen, erleben die Inseln der Lagune und den Lido in den Winterwochen. Ein besonderes Kapitel, „Ein Lagunentrip im Zeichen des Wassers schildert Acqua Bassa, Niedrigwasser, gefrorene Lagunen, vor allem aber auch das stetig wiederkehrende Acqua Alta, das die Plätze und Gassen unter Wasser setzt. Bei den Nachrichten über die Jahrhundertflut im November 2019 hielt es Wolfgang Salomon nicht in Wien, doch ein Schwerpunkt in diesem Buch ist kein Sensationsbericht über die Wassermassen, sondern er schildert eindrücklich den ungebrochenen Mut und Zusammenhalt Menschen, die hier leben „Duri bianchi – Wir geben nicht auf“ (Zitat Seite 145). Gegen Winterende bereitet sich Venedig auf den berühmten, traditionellen Karneval vor, der alle diese Orte wieder mit Menschen füllen wird, wobei sich Einheimische und Touristen mischen.

Gestaltung

In insgesamt sechs Kapiteln, chronologisch wie ein Tagebuch von Oktober bis Februar, beschreibt der Autor Ausflüge zu wenig bekannten Inseln der Lagune, in die Katakomben, Spaziergänge und eine Palazzo-Tour über den Canal Grande mit der Linie 1, vom Lido bis zur Piazzale Roma und daher gegen den Besucherstrom. Alles in dem ihm eigenen Tempo des Genießens, des Erlebens mit allen Sinnen. „Slowtravel“ nennt es der Autor. Die Beiträge sind eine interessante, vielfältige Mischung aus persönlichen Geschichten und Erfahrungen, Alltäglichem, historischen Fakten und Informationen. Viele Fotografien ergänzen die Texte und sie stammen, wie auch das Coverbild, ebenfalls von Wolfgang Salomon.

Als Gastronom weiß der Autor und Fotograf Wolfgang Salomon die Qualität von genussvoll zubereiteten Speisen und lokalen Weine des Veneto zu schätzen und teilt seine kulinarischen Tipps und persönlichen Empfehlungen mit uns, dazu auch seine Playlist, die er eigens für seine Streifzüge während dieser Winterwochen zusammengestellt hat.  

Fazit

Dieses ansprechend gestaltete Buch ist eine wunderbare Schatzkiste voll von Geschichten, Erlebnissen, Informationen, Wissen und Tipps. Ein Kleinod, nicht nur für Menschen, die Venedig noch nicht besucht haben und eine Reise planen, oder sich auf eine Gedankenreise begeben wollen, sondern auch für Venedigkenner, die hier neue Ideen für den nächsten Besuch der Serenissima finden und gleichzeitig auch auf eine Reise der eigenen Erinnerungen geschickt werden. Meine nächste Venedig-Reise – auf jedem Fall im Winter!

Am Anfang war der Beutel – Ursula K. Le Guin

AutorUrsula K. Le Guin
Verlag thinkOya
Erscheinungsdatum März 2020
FormatTaschenbuch
Seiten96
SpracheDeutsch
Übersetzung, VorwortMatthias Fersterer
ISBN-13978-3947296088

„Beim Lesen nehmen wir das auf, was wir aufnehmen können und möchten, nicht das, was mit überwältigender Geschwindigkeit, Unnachgiebigkeit und Lautstärke in uns hineingeschaufelt wird. Beim Lesen einer Geschichte wird mir vielleicht etwas erzählt, aber mir wird nichts angedreht.“ (Zitat aus „Die Gebrauchsanweisung“, Seite 27)

Thema und Inhalt

Diese Sammlung von Essays der bekannten Autorin Ursula K. Le Guin, deren utopische Romane inzwischen zeitlose Klassiker der Literatur sind, trägt den Untertitel „Warum uns Fortschritts-Utopien an den Rand des Abgrunds führten und wie Denken in Rundungen die Grundlage für gutes Leben schafft“. Themen sind Erzählformen des Romans, das Lesen, Gesellschaftskritik, utopische Literatur nicht als Hoffnung auf eine bessere Zukunft, sondern als Schaffung einer überzeugenden Alternativrealität, als Anregung für die Lesenden, über die Möglichkeiten von friedlichen Gesellschaftsstrukturen ohne Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten nachzudenken.

Gestaltung

Neben ihrer bekannten Tragetaschentheorie des Erzählens „The Carrier Bag of Fiction“, erstmals veröffentlicht 1989, finden sich hier noch folgende Essays: „Die Gebrauchsanweisung“, „Ein nicht-euklidischer Blick auf Kalifornien als kalten Tag in spe“, „Ein Kampf ohne Ende“ – eine Zusammenfassung von  Gedankennotizen  zu verschiedenen Themen, „Utopyin, Utopyang“, „Weiterhin verwandt“, und das Gedicht „Unumgrenzt“.

Für Ursula K. Le Guin liegt die positive Zukunft der Menschen nicht im Speer, Sinnbild für den Krieg, sondern im Tragebeutel, in den Gefäßen, mit denen die Nahrung gesammelt und gelagert werden kann, eine Theorie, entwickelt von der US-amerikanischen Journalistin und Autorin Elizabeth Fisher in ihrem Werk „Women’s Creation“. Diese Geschichte, verbunden mit dem Tragebeutel, entwickelt Ursula K. Le Guin weiter in eine Tragetaschentheorie des Erzählens. Ihre eigenen Erfahrungen beim Schreiben ihrer ersten Science-Fiction-Romane beschreibt sie als Sammeln und Herumtragen einer imaginären Tragetasche voller Ideenschnipsel, von kleinen Dingen bis zu Raumschiffen, voll von  den unterschiedlichsten Figuren, Anfängen, Wendungen. „Eingangs habe ich geschrieben, dass es schwierig sei, eine packende Geschichte davon zu erzählen, wie wilden Haferspelzen Haferkörner abgerungen werden – nicht dass es unmöglich sei. Wer hat behauptet, dass es einfach sei, einen Roman zu schreiben?“ (Zitat aus „Die Tragetaschentheorie des Erzählens“, Seite 20)   

So wie in ihren Romanen, finden sich auch in den hier zu lesenden Essays die Grundanliegen und Kernthemen der US-amerikanischen Autorin: friedliches Zusammenleben, Gerechtigkeit und Gleichheit ohne Ausgrenzung und ohne Unterdrückung. Es sind dies zeitlos gültige Aussagen und gerade in unserer Zeit aktuell und lesenswert.

Fazit

Statt einer Begründung, warum man diesen Essayband lesen sollte, ein Zitat aus diesem Buch: „Die Fähigkeit, zu lesen, ist deshalb so wichtig, weil die Literatur die Gebrauchsanweisung ist. Das beste Handbuch, das wir haben. Die hilfreichste Anleitung für das Land, das wir besuchen: das Leben.“ (Zitat aus „Die Gebrauchsanweisung“, Seite 28)

Jahrbuch der Lyrik 2023 – Hrsg. Matthias Kniep und Sonja vom Brocke

HerausgebendeMarrhias Kniep
Sonja vom Brocke
Verlag Schöffling & Co.
Erscheinungsdatum 23. März 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3895615047

„ich habe einen text geschrieben dessen veröffentlichung / man mir vorschnell aus den händen nimmt / keine empörung / man stellt mich ruhig: ich hätte keine eigene stimme / meine stimme sei kollektivgut“ (einige Zeilen aus „reparatur“, Seite 111)

Thema und Inhalt

Seit 2022 ist Matthias Kniep der Herausgeber des jährlich erscheinenden Jahrbuchs der Lyrik. Diesmal ist seine Mitherausgeberin die Dichterin Sonja vom Brocke. Die hier vorliegende Sammlung umfasst zwölf Kapitel und präsentiert eine Auswahl moderner, deutschsprachiger Lyrik aus mehr als sechshundert eingesandten Gedichten.

Es ist eine weit gefächerte Vielfalt an Themen, Menschen, Beziehungen, Natur, immer verbunden mit Gedanken und Gefühlen, Fragen, Um- und Unterbrüchen, und dem Versuch, den eigenen sprachlichen Ausdruck zu finden, oder neu zu erfinden.

Umsetzung

Diesmal erfolgte die Auswahl zum ersten Mal in einem anonymisierten Verfahren, die Herausgebenden kannten die Namen der Personen nicht, von denen die eingesandten Gedichte stammten. Obwohl die Herausgebenden doch einige Verfasser und Verfasserinnen an der Art ihres Schreibens erkennen konnten, genau gesagt waren es 34 der insgesamt 123 in diesem Buch präsentierten Dichter und Dichterinnen, so beeinflusste dies, wie sie im Nachwort betonen, ihre Entscheidungen nicht. Eine Ausnahme bilden nur die im Kapitel XII zu lesenden Gedichte, da diese von 2022 verstorbenen Schriftstellern stammen. Es sind dies die einzigen Gedichte, die über dem Titel auch den jeweiligen Namen zeigen, alle anderen Gedichte scheinen nur mit dem Titel im Buch auf. Wer wissen will, von wem die Gedichte stammen, findet am Buchende, nach dem Nachwort der Herausgebenden, ein komplettes Inhaltsverzeichnis, gefolgt von kurzen Angaben zur Person der alphabetisch gereihten Namen der Autoren und Autorinnen.  

Fazit

Ein Gedicht ist immer auch die kürzeste Form einer Geschichte, die mit diesen wenigen Worten erzählt wird und die eigenen Gedanken und Gedankenbilder anregt. Diese Leseerfahrung teilte sich mir in nicht allen der hier präsentierten Gedichte mit, manchmal steht für mich das vielfältige Spiel der Sprache sehr gewollt im Vordergrund, Lücken und Gedankensprünge machen die Texte durch ihre Unruhe schwer fassbar. Dennoch, oder gerade deshalb, ist das Jahrbuch der Lyrik 2023 ein interessanter Wegweiser durch die vielen neuen, auch experimentellen, Ausdrucksformen der deutschsprachigen Lyrik.

Eine Frage der Chemie / Lessons in Chemistry – Bonnie Garmus

AutorBonnie Garmus
Verlag HörbucHHamburg HHV
PublisherPenguin Random House
Erscheinungsdatum 31. März 2022 – 2 March 2023
FormatAudible and Paperback
SeitenPaperback 400 pages
SpracheDeutsch – English
ErzählerinLuise Helm
ASINB09V5N7C74
ISBN-13978-1804990926

„Chemie ist untrennbar mit dem Leben verbunden, Chemie ist per definitionem Leben. Aber genau wie Ihre Pastete braucht das Leben ein starkes Fundament. In Ihrer Küche sind Sie das Fundament.“ (Zitat Kapitel 29, Hörbuch)

„Chemistry is inseparable from life – by its very definition, chemistry is life. But like your pie, life requires a strong base. In your home, you are that base.” (Zitat aus der englischen Print-Ausgabe, Seite 258)

Inhalt

Elizabeth Zott eine hochbegabte Chemikerin, doch in den 1950er Jahren ist auch das Hastings Research Institut weit davon entfernt, Frauen in der Wissenschaft anzuerkennen. Sie hatten zu Hause zu sein und Kinder zu bekommen, statt neue Bereiche der Chemie zu erforschen, von denen die meisten ihrer männlichen Kollegen ohnedies weniger verstanden, als Elisabeth Zott. Mit einer Ausnahme, Calvin Evans, ein brillanter Nobelpreiskandidat. Bald  verbindet sie nicht nur die Chemie der Wissenschaft. Doch das Jahr 1961 verändert alles. Elisabeth hat ihren Job im Hastings Institut verloren. Als ihr eine Sendung im Nachmittagsprogramm eines Fernsehsenders angeboten wird, genau genommen, eine Kochsendung, sagt sie zu. Kochen ist schließlich auch Chemie und gleichzeitig mit diesen neuen Erkenntnissen lernen begeistert zusehende Hausfrauen in dieser Sendung, dass es Zeit ist, an sich selbst und die eigenen Fähigkeiten zu glauben.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um die Situation der Frauen in den 1950er und 1960er Jahren, um die Erkenntnis der eigenen Fähigkeiten in einer von Männern dominierten Welt. Themen sind Familie, Freundschaft, Liebe, Zusammenhalt, aber auch Verlust, Trauer, Schicksal. Natürlich geht es auch um Wissenschaft, Forschung und die Chemie, der wir überall im täglichen Leben begegnen.

Charaktere

Elisabeth Zott ist in ihrer brillanten Logik und Geradlinigkeit für ihre Umwelt nicht immer einfach. Doch wir schließen sie mit einem Schmunzeln sofort in unser Leserinnenherz. Neben ihr treffen wir in diesem Roman auf weitere Charktere, authentisch, mutig und jede ist auf ihre Art besonders.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird chronologisch erzählt und durch Rückblenden ergänzt. Einfühlsam schildert die Autorin das Leben von Elisabeth Zott mit seinen täglichen Herausforderungen, manche unterhaltsam, andere sehr traurig und prägend. Doch nicht nur eine Reihe von Menschen kümmert sich um Elisabeth Zott, sondern auch ihr Hund Halbsieben, im englischen Original Six-Thirty versteht eine Menge vom Leben und „seinen“ Menschen, um die er sich kümmert. Luise Helm ist eine wunderbare Erzählerin und liest dieses Buch mit ihre ruhigen, eindrücklichen Stimme, die perfekt zu dieser Geschichte passt.

Fazit

Eine charmante, sehr kluge, unterhaltsame, aber nie seichte, Geschichte. Ich habe sie teilweise gehört, teilweise das englische Taschenbuch gelesen und beides ist ein großartiges Hör- und Leseerlebnis.

Tochter einer leuchtenden Stadt – Defne Suman

AutorDefne Suman
Verlag List Hardcover
Erscheinungsdatum 30. März 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten496
SpracheDeutsch
ÜbersetzerGerhard Meier
ISBN-13978-3471360552

„Seit Anbeginn hat der Mensch etwas erschaffen und zugleich Krieg geführt. Was heute dir gehört, gehörte gestern einem anderen, und morgen wird es wieder ein anderer bekommen.“ (Zitat Pos. 3393)

Inhalt

An diesem Tag im September 1905 kommt der Inder Avinash Pillai, ein britischer Spion, zum ersten Mal in die blühende Metropole und lebhafte Hafenstadt Smyrna, das heutige Izmir. Als er an Bord des Passagierschiffes Afrodit gerade den Sonnenuntergang über der Stadt bewundert, ahnt er nicht, was ihn eines Tages mit dem Mädchen verbindet, das an genau diesem Tag geboren wird. Dieses Geheimnis enthüllt sich ihm Jahre später durch Zufall, als er ein altes Foto sieht, während er an diesem Septembertag 1922, wieder an Bord eines Schiffes, einen letzten Blick auf die brennende Stadt wirft. Das Mädchen selbst entkommt den Flammen und wird von einer türkischen Familie gerettet. Gebannt lauscht auch sie den Geschichten der Romni Yasemin, ohne zu ahnen, dass eine dieser Geschichten auch sie betrifft.

Thema und Genre

In diesem Frauen- und Generationenroman geht es um den Untergang der weltoffenen, multiethnischen Stadt Smyrna, türkisch Izmir, als Folge eines Großbrandes am 13. September 1922, am Ende des Griechisch-Türkischen Krieges. Themen sind die gesellschaftliche Stellung der Frauen im Smyrna des frühen 20. Jahrhunderts, Traditionen, Familie und natürlich die Liebe.

Charaktere

Im Mittelpunkt des Romans stehen Frauen aus vier unterschiedlichen Kulturkreisen: levantinisch, griechisch, türkisch und armenisch, denn es sind die Frauen, die im Hintergrund, aber selbstbewusst auch im Vordergrund, die Geschicke ihrer Familien bestimmen.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird abwechselnd in mehreren Erzählsträngen geschildert, die zu unterschiedlichen Zeiten stattfinden. Das vor dem Feuer gerettete Mädchen wird von seiner neuen Familie Scheherezade genannt und sie ist es, die später diese Geschichte aufschreibt, daher wird ein Teil in der Ich-Form geschildert, der Großteil des Romans jedoch in der personalen Erzählform. Die jeweiligen Zeitangaben finden sich manchmal im Text der einzelnen Kapitel und Abschnitte, sind aber sehr ungenau gehalten. Hier hätte ich mir präzisere Angaben gewünscht, auch eine genauere Einbindung der historischen Fakten. Insgesamt ist es eine unruhige Erzählform und für mich waren die „Hints“, also Andeutungen, Hinweise auf zukünftige Ereignisse, zu viel. Die Sprache beeindruckt bei den Schilderungen der Stadt, der Menschen, des Alltagslebens, der Stimmungen und ihrer Gefühle, wird jedoch überbordend bei den Beschreibungen einzelner Szenen während des großen Feuers.

Fazit

Die Idee hinter dem Roman, der Plot in Verbindung mit den bekannten historischen Tatsachen, hatten mich neugierig gemacht. Leider konnte mich die Autorin nicht vollkommen überzeugen, sie bleibt sowohl bei der Handlung, als auch bei den Figuren, der Problematik, den Konflikten an der Oberfläche, die geschichtlichen Hintergründe werden nur gestreift. So wurde daraus ein weiterer Frauenroman mit historischem Hintergrund, ein Genre, das sich in den letzten Jahren großer Beliebtheit erfreut. Wer nicht mehr erwartet, wird auch dieses Buch sehr gerne lesen.

Das russische Testament – Shumona Sinha

AutorShumona Sinha
Verlag Edition Nautilus
Erscheinungsdatum 6. September 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten184
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinLena Müller
ISBN-13978-3960542605

„Sie entdeckte die aufregende Grenze zwischen Wirklichkeit und Erfindung, zwischen dem, was geschrieben steht und dem, was noch geschrieben werden wird, die Lust am Unvollendeten.“ (Zitat Seite 33)

Inhalt

Tanias Vater ist Buchhändler in Kalkutta und verkauft internationale Literatur, die ins Bengali übersetzt worden war. Da ihre Mutter sie ablehnt, zieht sich Tania schon in ihrer Kindheit in die Welt der Bücher zurück. Immer wieder sind es Bücher von russischen Autoren und in jedem der Bücher findet sie die Adresse der Verlage Raduga und Progress, Subowski Bulvar, Moskau. Als Studentin beginnt Tania mit genauen Recherchen auf den Spuren des Raduga Verlages und des Verlegers und Schriftstellers Lew Kljatschko. Am Institut für russische Sprache und Literatur lernt sie Russisch und schreibt einen Brief an die Adresse des Verlages. Doch der Verlag musste schon 1930 unter Stalin schließen, Lew Kljatschko starb nur wenige Jahre später. Der Brief jedoch gelangt nach Boston, zur Enkelin des Verlegers. Diese schickt den Brief weiter an ihre Großmutter Adel, die in einem Altersheim in St. Petersburg lebt. „Ich weiß nicht, wie mich diese junge Frau ausfindig gemacht hat. Ich bin erstaunt über die Entschlossenheit, mit der sie über drei Kontinente hinweg die unsichtbaren und meist längst vergessenen Punkte verbunden hat.“ (Zitat Seite 11, 12)

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Unterdrückung, Politik und den Wunsch nach Freiheit gegen alle Widerstände. Vor allem jedoch geht es um Bücher und die Kraft der Literatur.

Charaktere

Zwei Frauen und ein Mann: was sie trennt ist mehr als ein halbes Jahrhundert und mehr als sechstausend Kilometer Luftlinie. Auch die unterschiedlichen, persönlichen Erfahrungen mit der Ideologie des Kommunismus trennen die Welten dieser Menschen, denn Adels freidenkender Vater riskierte unter der Zensur und den Bespitzelungen der Stalinzeit sein Leben, Tania dagegen schloss sich als junge Studentin in Kalkutta den Aktivisten der kommunistischen Studentenbewegung an. Was sie eint, sind Bücher, die Liebe zur Literatur, Maxim Gorki und die Suche nach einem freien, selbstbestimmten Leben.

Handlung und Schreibstil

Dieser Roman erzählt zwei voneinander unabhängige Geschichten. Eine Geschichte schildert die Kindheit und Jugend Tanias in den 1980er Jahren in Kalkutta, die personale Erzählform stellt Tania in den Mittelpunkt. In der zweiten Geschichte schildert die Russin Adel Kljatschko als Ich-Erzählerin ihr Leben, vor allem jedoch ihre Erinnerungen, in deren Mittelpunkt die Geschichte ihres Vaters steht. Die Sprache der Autorin ist lebhaft, eindrucksvoll und präzise.

Fazit

Eine ungewöhnliche Geschichte, getrennt durch ein halbes Jahrhundert und mehr als sechstausend Kilometer, verbunden durch die Liebe zur Literatur und den Wunsch nach persönlicher Freiheit.

Melody – Martin Suter

AutorMartin Suter
Verlag Diogenes Verlag
Erscheinungsdatum 22. März 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten336
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3257072341

„Ich habe mein ganzes Leben versucht, der Welt ein bestimmtes Bild von mir zu vermitteln.  Ihre Aufgabe besteht darin, dieses auch für die Nachwelt zu bewahren.“ (Zitat Seite 26)

Inhalt

Für Tom Elmer, dreißig Jahre alt, zwei Master-of-Law-Abschlüsse, ist dieser Job ein Glücksfall, großzügige Bedingungen, ein Jahresvertrag. Dr. Peter Stotz, geboren 1938, ehemaliger Politiker mit Sitz in den Verwaltungsräten von Banken und Großkonzernen,  einflussreich, erfolgreich, Kunstmäzen, sucht jemanden mit juristischen Kenntnissen und Sichtung des umfangreichen Archivs eines ganzen Lebens und die Ordnung seines Nachlasses. Bald ist Tom klar, dass es Peter Stotz vor allem darum geht zu erzählen und jemanden zu haben, der zuhört, bei den gemeinsamen Mahlzeiten und an den langen Abenden, denn Tom wohnt in der Villa. Alle Erinnerungen von Peter Stotz drehen sich um ein Thema: Melody Alaouni, die Liebe seines Lebens, die drei Tage vor der Trauung spurlos verschwunden ist. Dies ist nun über vierzig Jahre her, doch wie schon auf der Fassade der Villa in vergoldeten Lettern zu lesen ist: Tempus fugit, amor manet.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Sein und Schein, das eigene Leben und die Erinnerungen zwischen Fakten und Fiktion, um den Wunsch, das während langer Jahre der Öffentlichkeit präsentierte Bild auch zu bewahren. Es geht um Liebe, Beziehungen in vielen Facetten und Bedeutungen, um die unterschiedlichen Formen von Wahrheit.

Charaktere

Martin Suter ist ein Meister der leisen Zwischentöne in den Eigenheiten und Befindlichkeiten seiner Figuren. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen drei unterschiedliche Charaktere: Peter Stotz, schwer krank, der auch nach über vierzig Jahren die Erinnerungen an die Liebe seines Lebens pflegt. Tom Elmer ist neugierig, wenn auch mit der Verschwiegenheit eines Anwalts, und das Rätsel um das Verschwinden der jungen Frau wird für ihn zu einer Aufgabe, die er lösen will. Der dritten Hauptfigur, Melody,  begegnen wir nur auf den vielen Porträts, die an den Wänden der Villa hängen, und in Peters Erzählungen. „Das Porträt einer jungen Frau. Sie saß in einem Polstersessel vor einer Bücherwand, hatte ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß und sah fragend auf, als wäre sie vom Betrachter gestört worden.“ (Zitat Seite 17)

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird in zwei unterschiedlichen Erzählperspektiven geschildert. In der aktuellen Zeit steht Tom Elmer im personalen Mittelpunkt. Die Vergangenheit, besonders seine Zeit mit Melody und die nachfolgenden Jahre der Suche nach ihr erzählt Peter Stotz als Ich-Erzähler in den vielen langen Gesprächen mit Tom. Dies macht die spannende Geschichte noch abwechslungsreicher und lässt uns Lesenden auch Raum für eigene Überlegungen, denn gerade Geschichten, selbst erzählt von dem, der sie erlebt hat, lassen viel Spielraum für Interpretationen und Varianten. Wer schon Romane von Martin Suter gelesen hat weiß, dass es bei diesem Autor nie nur eine Wahrheit gibt, und auch Offensichtliches plötzlich Überraschungen birgt. Die Sprache erzählt gekonnt und elegant, mit vielen feinen Nuancen.

Fazit

Kurz gesagt, dieser Roman beinhaltet alles, was man sich von einer anregenden, spannenden, unterhaltsamen Lektüre erhofft, eine überzeugende Geschichte, facettenreiche Figuren und interessante Themen zum Nachdenken.  

Karpathia – Mathias Menegoz

AutorMathias Menegoz
Verlag Frankfurter Verlagsanstalt
Erscheinungsdatum 30. August 2017
FormatGebundene Ausgabe
Seiten680
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinSina de Malafosse
ISBN-13978-3627002381

„Außerhalb des Fürstentums Transsilvanien hinterließ das Geschehnis nur in den seltsamen Berichten Spuren, die von Klausenburg nach Wien geschickt wurden und, weit im Osten, in den noch seltsameren Berichten der zaristischen Geheimdienste.“ (Zitat Seite 623)

Inhalt

Hauptmann Graf Alexander Korvanyi sieht das Duell, das er beinahe mit Absicht provoziert, als perfekte Möglichkeit, die kaiserliche Armee in Ehren verlassen zu können. Denn schon als er Cara von Amprecht kennengelernt hatte, hatte ihm diese erklärt, sie würde niemals eine Offiziersgattin in dauernd wechselnden Garnisonen werden. Nun jedoch nimmt sie seinen Antrag an. Die freiheitsliebende Cara ist froh, den strengen Regeln der Wiener Gesellschaft zu entkommen und freut sich auf den Neubeginn, auf dieses Abenteuer, als Alexanders Ehefrau mit ihm auf seiner Burg inmitten der weitläufigen Ländereien in der wilden Korvanya in Transsilvanien zu leben. Doch der junge Graf kennt diesen weithin unbekannten Teil des habsburgischen Reiches nur aus den Familiengeschichten. Niemand hatte das junge Paar auf die Realität vorbereitet. 1784 war ein blutiger Aufstand der Walachen von den adeligen Magyaren ebenso blutig niedergeschlagen worden. Die Leibeigenschaft auf Alexanders Gütern, der bewusst geschürte Aberglaube an Vampire und die Armut der Menschen machen das Zusammenleben von Magyaren, Siebenbürger Sachsen und Walachen auch jetzt, im Jahr 1833, unberechenbar, eine trügerischen Ruhe vor einem gefährlichen Sturm, der jederzeit ausbrechen kann.

Thema und Genre

Dieser historische Abenteuerroman spielt während der österreichischen Kaiserzeit im weit von Wien entfernten Fürstentum Transsilvanien. Ein buntes, unterschiedliches und untereinander verfeindetes Völkergemisch, die gesellschaftliche Hierarchie, aber auch die Lebensumstände der armen Bauern, die vom magyarischen Adel aus selbstverständlich angesehene Leibeigenschaft sind die Kernthemen dieser Geschichte. Natürlich geht es auch um gefährliche Abenteuer, Ehre, Verrat und mutige Einzelkämpfer. Obwohl auch Vlad, Aberglaube und die Furcht vor Vampiren Themen sind, ist dies kein typischer Vampirroman.

Charaktere

Dieser Roman überzeugt durch die vielen unterschiedlichen Figuren, auf die wir im Laufe der Geschichte treffen. Ihre Eigenheiten und Charaktere zeigen auch im historisch realen Kontext, wie gut der Autor recherchiert hat.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte beginnt im Jahr 1833, ergänzende Details aus der historischen Vorgeschichte werden in erinnerten Gesprächen geschildert. Die Handlung verläuft chronologisch, rasant und abwechslungsreich, was aus diesem Buch einen packenden Abenteuerroman macht. Gleichzeitig sorgen die interessanten Schilderungen der rauen Landschaft, der Lebensumstände der unterschiedlichen Völker, die damals in Transsilvanien lebten, und auch der kritische Blick auf die in dieser Zeit selbstverständlichen Herrschaftsverhältnisse innerhalb der Gesellschaftskreise dafür, dass dieser Roman wesentlich mehr ist, als nur eine Abenteuergeschichte. Auch die lebhafte, vielseitige Erzählsprache, die sich sogar die Zeit nimmt, die Kampfszenen episch und bildintensiv zu beschreiben, überzeugt.

Fazit

Ein facettenreiches, interessantes Bild dieser Zeit, ein historischer Abenteuerroman, den man mit Spannung und Vergnügen liest

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