Graubart Boulevard – Christoph W. Bauer

AutorChristoph W. Bauer
Verlag Haymon Verlag
Erscheinungsdatum 30. September 2008
FormatGebundene Ausgabe
Seiten297
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3852185729

„Die Museumsstraße entlang und immer tiefer hinein in die Geschichte einer Familie, von der ich zunächst nichts anderes wusste als das Datum der Ermordung Richard Graubarts.“ (Zitat Seite 73)

Inhalt

1878 kommt der junge Simon Graubart nach Wien, ab 1880 hilft er seinem Onkel in Langen am Arlberg, den Arbeitern beim Tunnelbau Kleider und Schuhe zu verkaufen und 1888 eröffnet er sein erstes Schuhgeschäft in Innsbruck. Seine drei Söhne Siegfried, Alfred und Richard, der jüngste, kämpfen im ersten Weltkrieg für Österreich. Aus dem ersten Geschäft wird eine Kette von Schuhgeschäften.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, die Geschäfte sind längst arisiert, die Koffer sind bereits für die Abschiebung nach Wien gepackt, dringen Mitglieder der SS unter der Führung eines bekannten Innsbrucker Hotelierssohnes und Schilehrers auch in das Haus der Familie Graubart ein und Richard wird ermordet. Seine Tochter Vera ist gerade vier Jahre alt. Jahre später haben alle Beteiligten des SS Rollkommandos nur ihre Pflicht getan, Befehle befolgt, ohnedies helfen wollen und niemand übernimmt die Verantwortung für den Mord.

Thema und Genre

Dieser zeitgeschichtlich-biografische Roman spielt in Österreich, mit Schwerpunkt Tirol und Innsbruck. Am Beispiel der großen jüdischen Familie Graubart wird die Geschichte Österreichs ab 1888, der erste Weltkrieg, die politischen Unruhen der Zwischenkriegszeit und die NS-Zeit geschildert.

Was mit einer Geschichte über die Ermordung Richard Graubarts begann, wird die Geschichte von mehreren Generationen einer Familie und dieser Jahre, über die viele nur von den großen Ereignissen, den Eckdaten wissen. Diese Geschichte einer Familie ist symbolisch für die Geschichte vieler Familien von Opfern, verbunden für immer mit den Tätern, die einst Nachbarn, Geschäftsfreunde waren.

Der Roman erzählt die Vergangenheit chronologisch, unterbrochen durch die Berichte des Autors in „Ich-Form“ über die umfassende Recherchearbeit, von der Suche nach möglichen Spuren, um Licht in die Geschehnisse der Nacht des Novemberpogroms zu bringen, Morde, die nie aufgeklärt wurden. Geschildert wird, wie sich aus Berichten, Erzählungen, Gesprächen langsam ein Gesamtbild formt, immer noch mit vielen Lücken. Ein entscheidender Schritt ist die Kontaktaufnahme mit den Nachkommen. Denn möglich wurde dieses Buch wohl erst dadurch, dass Mitglieder der Familie Graubart bereit waren, ihre Familiengeschichte, soweit aus Erzählungen und alten Unterlagen noch bekannt, mit dem Autor zu teilen.

Fazit

Dieser Roman, eigentlich eine zeitgeschichtliche Dokumentation in Romansprache, ist auf eine leise Weise einprägsam, beklemmend und macht nachdenklich. Denn abseits der bekannten Namen zeigt er am Beispiel einer altösterreichischen Kaufmannsfamilie, wie Menschen von nebenan, Freunde, Nachbarn, plötzlich auf Grund ihrer Religion ihre Heimat, ihr Eigentum und auch ihr Leben verlieren. Was besonders beeindruckt, ist der Mut dieser Familie und die positive, offene Lebenshaltung. Ein großartiges Buch, das mich sehr beeindruckt hat und das man gelesen haben sollte.

Das Sissi-Feuerwerk: Ein Ischl-Krimi (Materna & Konarek ermitteln 2) – Jenna Theiss

AutorJenna Theiss
Verlag Piper Spannungsvoll
Erscheinungsdatum 4. Juni 2019
FormatKindle
Seiten312 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB07NS522W3

„Die sollten keine Operetten mehr aufführen, die Ischler, sondern glei den Tanz der Vampire oder die Rocky Horror Picture Show, wenn’s wegen dem Festival dauernd Mord und Totschlag gibt.“ (Zitat Position 850)

Inhalt

Operettenwochen in Bad Ischl und Chefinspektor Paul Materna hat einige unbeschwerte Urlaubstage mit seiner Freundin Josi Konarek in Bad Ischl geplant. Gezeigt wird eine geänderte Fassung der Operette „Das Feuerwerk“, in der auch die Kaiserin Elisabeth vorkommt. Für die Zirkusnummern auf Hochseil und Trapez wurden zwei erfahrene Akrobatinnen engagiert. Josi konnte bei den Proben zusehen, kennt beide Darstellerinnen, Yvonne und Antonella. Bei der Premiere tritt Yvonne auf und stürzt ab und gleichzeitig verschwindet Antonella. Bald ist klar, dass es kein Unfall war und der Urlaub ist für Materna zu Ende, bevor er richtig begonnen hat.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman mit Regionalbezug spielt in der oberösterreichischen Kaiserstadt Bad Ischl. Themen sind Operette, Sissi, Zirkus, aber auch Tierhaltung und Tierschutz. Natürlich geht es auch wieder um die schöne Stadt Bad Ischl und seine Bewohner.

Charaktere

Paul Materna hat es nicht leicht, als Ermittler will er den Fall lösen, andererseits hat er ein schlechtes Gewissen, weil er kaum Zeit für seine Freundin Josi hat. Dazu kommt noch, dass er nicht sicher ist, wie die verschwundene Antonella ins Gesamtbild passt. Auch Josi macht sich Sorgen, ermittelt auf eigene Faust und hat dadurch auch einige Geheimnisse vor Paul und dem offiziellen Ermittlerteam.

Handlung und Schreibstil

Die intensiven Ermittlungen finden während einer Woche statt, dadurch folgen die Ereignisse rasch aufeinander, teilweise auch gleichzeitig, da ja Paul und Josi parallel möglichen Spuren folgen. Ergänzt wird die Handlung durch erklärende Rückblenden. Datumsangaben über jedem Kapitel machen die Geschichte stimmig und nachvollziehbar. Die letzten drei Kapitel spielen drei Wochen später und runden die Ereignisse ab.

Die Geschichte wird spannend, mit viel Herz und Humor erzählt und liest sich mit Vergnügen.

Fazit

Ein spannender Kriminalroman mit Regionalbezug, der in der schönen Stadt Bad Ischl spielt, untrennbar mit Kaiser Franz Josef und Kaiserin Sisi verbunden. Auch wer noch nie in Bad Ischl war, kann sich die Stadt durch die lebendigen Beschreibungen sofort gut vorstellen. Ein sympathisches Ermittlerpaar, nämlich der Linzer Ermittler Paul Materna und die Berliner Wissenschaftsjournalistin Josi Konarek mit Dackel Poldi, garantieren unterhaltsame Lesestunden. Man muss den ersten Band nicht gelesen haben, wird dies nach der Lektüre aber vermutlich nachholen wollen.

Magischer Tigerwald – Anthologie

Autor13 Autorinnen
HerausgeberBettina Ickelsheimer-
Förster
Verlag Shadodex –
Verlag der Schatten
Erscheinungsdatum 1. Juli 2019
FormatTaschenbuch
Seiten264
ISBN978-3946381617

»Natürlich müssen wir hierzu das Geheimnis des magischen Waldes, den wir Tiere des Asyls „Tigerwald“ nennen, lüften. Aber ihr habt es einfach verdient, die Wahrheit zu erfahren.“ (Zitat Seite 10)

Inhalt

Diese Anthologie erzählt in dreizehn spannenden Geschichten die Abenteuer der Tiere, die im Raubtier- und Exotenasyls Ansbach/Wallersdorf eine neue Heimat gefunden haben. Doch Abenteuer sind immer auch mit Freiheit verbunden und so verlassen die Tiere immer wieder heimlich ihre Käfige und durchstreifen den angrenzenden Wald. Ein kleiner, wunderbar schillernder Tannenbaum schützt dieses magische Waldgebiet, das nur Tiere sehen und betreten können.

Thema und Genre

Eine Sammlung von Kurzgeschichten für junge und junggebliebene Leser, die das Träumen und Staunen nicht verlernt haben. Eine muntere Tierschar, das sind Tiger, Affen, Füchse, die Wüstenluchsdame Kalaharia und eine freche Frettchenbande, erleben spannende und gefährliche Abenteuer. Sie müssen lernen zusammenzuhalten und auf einander Rücksicht zu nehmen, obwohl sie so verschieden sind und oft völlig andere Meinungen haben.

Handlung und Schreibstil

Jede der Autorinnen erzählt ihre Geschichte anders, stellt andere Tiere in den Mittelpunkt. Es sind unterschiedliche Erlebnisse, lustig, manchmal auch etwas traurig, aber immer spannend, frech, zauberhaft und magisch.

Da geht es um verschwundene Bäche, eisigen Schnee, einen Geist aus der Antike, den Liliensee, aus dem man nicht trinken sollte, es geht um den Wald der Erinnerung und das Wiedersehen mit Tieren, die schon vorausgegangen sind und dort warten. Es geht um Mut, Wünsche, Abenteuer und einen schlecht gelaunten Waldkleeschratz. In der Bonusgeschichte steht plötzlich sogar eine alte Burg im magischen Wald.

Durch das Buch führt das Luchspärchen Anubis und Rokko. Die beiden stellen vor jeder Geschichte in einer kurzen Einleitung die Tiere vor, die jeweils im Mittelpunkt stehen.

Denn eines haben alle Geschichten gemeinsam: immer geht es um den magischen Tigerwald, den Waldwächter und die Tiere, die im Raubtier- und Exotenasyl leben und die man dort auch nach Voranmeldung besuchen kann.

Fazit

Eine magische Sammlung von Kurzgeschichten mit großartigen Fotos und Zeichnungen für junge Leser, doch auch Erwachsene werden sich gerne von den Abenteuern dieser ganz besonderen Tiere zum Träumen und Lächeln bringen lassen. Ein bezauberndes Buch, das man auch gerne verschenken wird.

Brennende Narben (Ein Fall für Mara Billinsky 3) – Leo Born

AutorLeo Born
Verlag beTHRILLED
Erscheinungsdatum 1. August 2019
FormatKindle
Seiten449 (Print)
SpracheDeutsch
ASINB07FHZ12W4

„Der Wolf treibt sich in Frankfurt herum. Er will Beute machen.“ (Zitat Seite 13)

Inhalt

Eine Luxus-Prostituierte mit handverlesenen Kunden wird brutal ermordet, ein LKW mit Frauen aus Osteuropa, bestimmt für das Frankfurter Rotlichtmilieu, wird in die Luft gesprengt. Mara Billinsky, Kommissarin bei der Frankfurter Mordkommission, erhält von einem unbekannten Anrufer Insider-Informationen über Drogengeschäfte von mächtigen albanischen Banden. Der Wolf ist zurück in Frankfurt, doch er hinterlässt keine Spuren.

Thema und Genre

Dieser packende, rasante Thriller spielt in Frankfurt und es geht um die großen Geschäfte des weitverzweigten Netzwerkes internationaler Banden, Drogen und Menschenhandel. Es geht auch um die hoffnungslose Ohnmacht von Verbrechensopfern.

Charaktere

Die Kommissarin Mara Billinsky ist hartnäckig, stur und sie gibt niemals auf. Parallel zu ihrer Ermittlertätigkeit sucht sie seit zwanzig Jahren verbissen nach dem Mörder ihrer Mutter, doch erst als sie in einer Extremsituation die gewohnten Gedankenschleifen durchbricht, erkennt sie nun die wahren Zusammenhänge.

Dunkel, tätowiert und dressed in black von der Lederjacke bis zu den DocMartens, wird sie von ihrem Team „die Krähe“ genannt, doch was zu Beginn spöttisch gemeint war, ist inzwischen ihr Markenzeichen geworden, verbunden mit  Anerkennung.

Handlung und Schreibstil

Die packende Geschichte wechselt zwischen den aktuellen Einsätzen des Ermittlerteams und den Handlungen der Täter. Der Leser kennt von Beginn an beide Seiten, die Zusammenhänge fügen sich jedoch erst im Laufe der Ereignisse wie Puzzleteile zu einem Ganzen. Parallel dazu erfüllen Mara Billinsky’s private Recherchen im Zusammenhang mit dem Tod ihrer Mutter das Setting des klassischen Kriminalromans: wer ist der Täter.

Lebendige Schilderungen des Frankfurter Bahnhofsviertels und der Villengegend ergänzen die facettenreiche Geschichte, ohne jedoch die Spannung auch nur einen Moment zu unterbrechen.

Fazit

Ein vielschichtiger Fall, ein sehr spannender Thriller, realistisch, mit stimmigen Charakteren. Ein Buch, das man nicht beginnen sollte, wenn andere wichtige Tätigkeiten anstehen – denn aus der Hand legt man diesen packenden Pageturner erst nach der letzten Seite.

Hortensiensommer – Ulrike Sosnitza

AutorUlrike Sosnitza
Verlag Heyne Verlag
Erscheinungsdatum 12. März 2018
FormatTaschenbuch
Seiten400
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3453422148

„Barfuß im feuchten Gras, die Hände in der Erde, dann bist du glücklich.“ (Zitat Seite 356)

Inhalt

Johanna Laurien, Mitte 30, ist Gartengestalterin und als „Gartenfee“ bringt sie die Gärten ihrer Kunden zum Blühen. Nur den eigenen Garten vernachlässigt sie, seit ein tragische Unglück sie und ihr Leben völlig aus der Bahn geworfen hat. Kann ihr neuer Mieter Philipp Mey, Lehrer für Mathe und Physik am örtlichen Gymnasium, sie in ihrer Isolation erreichen, etwas, woran ihre Familie und Freunde seit Jahren scheitern?

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Gärten, Blumen und den malerischen Ort Sommerhausen. Doch er handelt vor allem von Trauer, Schmerz, Isolation, aber auch von Familie, Liebe und Neubeginn.

Charaktere

Johanna ist Gärtnerin mit Herz und Können und rettet verwahrlosten Gärten, nur für sich selbst hat sie keine Lösung. Leider zwingt sie ihren Weg der absoluten Verdrängung auch ihrer Familie und Freunden auf, was deren Leben nachhaltig belastet.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird von Johanna und Philipp erzählt, wobei die einzelnen Kapitel einander abwechseln. So erfährt der Leser Hintergründe und die Gedanken der beiden Hauptprotagonisten. Wichtige Situationen werden so aus unterschiedlichen Sichtweisen dargestellt. Diese Erzählform macht die Geschichte stimmig und angenehm zu lesen. Die Schilderung der Blumen und Gärten sorgt für Sommerstimmung, die stringente und damit sehr egoistische Haltung der Protagonistin Johanna führt leider zu einigen Längen. Ein kluger Autor sagte einmal zu mir, manchmal müsse man seine Protagonisten einfach loslaufen lassen und schauen, was passiert, denn dann bekommt die Geschichte Eigendynamik. Vielleicht hätte sich dann die durchaus sympathische Gärtnerin Johanna früher aus ihrer starren Isolation gelöst und diesen Stillstand im Selbst wieder in Bewegung gebracht.

Fazit

Ein facettenreicher Roman, bunt wie ein Sommertag im Garten, durchbrochen von Gewitter und dunklen Wolken.

Die Verleugnung – Gregor Bähr

AutorGregor Bähr
Verlag tredition
Erscheinungsdatum 4. April 2019
FormatTaschenbuch
Seiten220
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3748253761

„An die guten Zeiten erinnert man sich, die schlechten vergisst man – ganz schön clever von der Natur.“ (Zitat Seite 94)

Inhalt

Der Reutlinger Reporter Ferry Stein wird zu einem Brand in Rehlingen gerufen. Seit vielen Jahren wohnte Alexandra Gehrwein, von allen „die Einsiedlerin“ genannt, im Gehöft Schofstall. Sie kam bei diesem Brand ums Leben. Bei seinen Recherchen erfährt Ferry Stein ihre Lebensgeschichte. Das gesamte Erbe, dazu gehörten auch ihre Tagebuchaufzeichnungen, geht an den  einst erfolgreichen Drehbuchautor Peter Siegmund. Dieser wundert sich, doch als er zu lesen beginnt, entstehen in seinem Kopf sofort Bilder und er schreibt das Drehbuch für eine Dokumentation. Doch der Produzenten verlangt mehr Sex and Crime und Siegmund schreibt unter einem Pseudonym eine völlig veränderte Geschichte. Ferry Stein, inzwischen Reporter in Berlin, erinnert sich jedoch an den damaligen Fall …

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Beziehungen und die manchmal völlig unterschiedlichen Erwartungshaltungen von Männern und Frauen. Ein Thema sind Traumata und natürlich geht es auch um Journalismus,  die Berlinale und die Ehrlichkeit in der Berichterstattung.

Charaktere

Charaktere Text

Ferry Stein ist Reporter, immer auf der Suche nach einer guten Story, aber für ihn ist Medienethik wichtig, das bedeutet Recherchearbeit und möglichst wahrheitsgetreue Artikel.

Peter Siegmund ist ein begabter Drehbuchautor, der sich jedoch um entscheidenden Moment für eine Karriere als Serienautor entschieden hat. Mit dem Ende der Serie war auch er am Ende. Er schätzt seine Unabhängigkeit, Frauen sind für ihn flüchtige Abenteuer, die er sofort wieder vergisst. 

Alexandra ist eine dieser Frauen, doch sie kann ihn nicht vergessen und lebt seit seiner Zurückweisung in ihrer eigenen Traumwelt.

Handlung und Schreibstil

Handlung und Schreibstil TextDie Geschichte ist in fünf inhaltlich bedingte Kapitel eingeteilt, in deren Mittelpunkt jeweils einer der Hauptprotagonisten steht. Die aktuelle Handlung wird durch Rückblenden in Form von Alexandras Tagebuchaufzeichnungen ergänzt. Dadurch erfährt der Leser auch die Zusammenhänge und Hintergründe. Zwischen dem 3. und 4. Kapitel liegt ein Zeitraum von zwei Jahren. Ab dem 4. Kapitel steigt der Spannungsbogen rasch an, durch die straffe, tagesgenaue Schilderung der Ereignisse der Tage der Berlinale im 5. Kapitel wird die Spannung nochmals gesteigert.

Die Sprache ist modern, locker, schildert anschaulich, aber ohne Längen, sodass man das Buch gerne und zügig liest.

Fazit

Ein spannender Roman mit psychologischem Hintergrund, in dem es um Ehrlichkeit und Eigenverantwortung geht. Falsche Hoffnungen und Fehlverhalten haben in diesem Fall gravierende Folgen. Überraschende Wendungen sorgen dafür, dass die Geschichte zum Kriminalroman wird.

Die Gärten von Monte Spina – Henrike Scriverius

AutorHenrike Scriverius
Verlag Droemer TB
Erscheinungsdatum 1. August 2019
FormatBroschiert
Seiten336
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3426307588

„Jeder vertrocknete Stock, der auf einmal wieder Blätter zeigte, kam mir vor wie ein Schulterklopfen, und jede Blüte, die mir morgens entgegenleuchtete, fühlte sich an wie ein Lob.“ (Zitat Seite 44)

Inhalt

Die Gärtnerin Toni Andersen liebt Gärten, Parks und Pflanzen, so lange sie denken kann. Als ihr Mann nach einem Autounfall stirbt, ist sie erst 32 Jahre alt. Sie braucht Abstand und Beaulieu House in England wird ihr neuer Arbeitsplatz. Als ihr ein Job als Gärtnerin auf einer kleinen Privatinsel vor Lanzarote angeboten wird, lehnt sie zuerst ab, sagt dann doch zu. Die wilde Insel Monte Spina und die weitläufigen, vernachlässigten Gartenanlagen durchdringen ihre Trauer und sie blüht auf, so wie die von ihr betreuten Pflanzen. Für ihren Arbeitgeber, den reichen, arroganten Investor Max Bror ist die Insel ein Rückzugsort und er will durch nichts und niemanden gestört werden. Doch Toni spürt ein Geheimnis und Geheimnisse haben sie schon immer neugierig gemacht.

Thema und Genre

Dieser Frauenroman spielt auf einer kleinen Insel im Atlantik und wie der Titel schon sagt, geht es auch um Gartengestaltung, Parks und die wilde Schönheit der Natur. Die Hauptthemen sind jedoch Verlust, Trauer, Schuldgefühle, sowie Freundschaft und Liebe.

Charaktere

Toni Anderson ist Gärtnerin aus Überzeugung. Sie gibt sich die Mitschuld am Unfall ihres Ehemannes, was es ihr schwer macht, die Trauer zu verarbeiten. Sie ist eine Kämpferin und sagt immer ihre Meinung, auch dort, wo es klüger wäre, vorher nachzudenken. Sie interessiert sich für ihre Mitmenschen und was wie Neugierde aussieht, ist auch der Wunsch zu helfen.

Max Bror ist sehr reich und hält die Menschen generell für käufliche Figuren, erkennt sofort die jeweilige Schwachstelle und spielt seine Spiele mit ihnen. Die Zusammenhänge, warum er so geworden ist, überzeugen mich nicht und die Gleichung „sehr reich = ekelhaft und überheblich“ ist mir zu stereotyp.

Handlung und Schreibstil

Die Hauptprotagonistin Toni erzählt ihre Geschichte rückblickend in der Ich-Form. Sie endet mit einem kurzen Epilog in der Gegenwart. Die Handlung erinnert an eine in die moderne Zeit transportierte Version des klassischen viktorianischen Romans. Eine selbstbewusste Protagonistin, hier Gärtnerin, statt wie im 19. Jahrhundert Gouvernante, die ihre Meinung sagt und Mr. Rochester, aus der Zeit gefallen, ist jetzt Max Bror, ein vermögender, überheblicher, charismatischer Arbeitgeber. Sehr gelungen sind die Beschreibungen der kleinen, wilden Insel. Die lebhafte Sprache macht das Lesen angenehm.

Fazit

Ich hatte auf Grund des Klappentextes und der Leseprobe mehr als diesen typischen Frauen-Unterhaltungsroman erwartet. Für Leserinnen, die dieses Genre gerne lesen und eine leichte Sommerlektüre suchen, die zum Träumen vom Meer, üppigen Gärten und prachtvollen Sonnenuntergängen auf einer kanarischen Insel einlädt, wird er perfekt sein.

Ein Bild von Lydia – Lukas Hartmann

Neu bei Diogenes: seit 24. Juli 2019 auch als Taschenbuch

Taschenbuch 368 Seiten
erschienen am 24. Juli 2019

ISBN 978-3-257-24469-4

Mehr zum Inhalt – Text von der Seite des Verlages:

Zürich, 1887. Im Gewächshaus der herrschaftlichen Villa Belvoir sitzt eine junge Frau in einem weißen Kleid einem Maler Modell. Porträtiert wird Lydia Welti-Escher, die Tochter des legendären Alfred Escher und die Frau von Bundesratssohn Emil Welti. Lydia ist nicht nur in den höchsten Sphären der Schweizer Wirtschaft und Politik aufgewachsen, sondern darüber hinaus so gebildet wie neugierig, so eigensinnig wie sensibel. Ihre große Leidenschaft ist die Kunst. An der Staffelei steht der Maler Karl Stauffer-Bern, ein hitziger Lebemann, ein großes Talent, vielleicht ein Genie. In den Wochen, in denen er Lydias Porträt malt, wächst eine spannungsvolle Nähe – die Jahre später zum größten Skandal in der Schweiz des ausgehenden 19. Jahrhunderts führt. Ein bewegender historischer Roman über eine verbotene Liebe in der Belle Epoque.

Niemandskinder – Christoph W. Bauer

AutorChristoph W. Bauer
Verlag Haymon Verlag
Erscheinungsdatum 16. Juli 2019
FormatGebundene Ausgabe
Seiten184
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3709972557

„Wir bemerkten es nicht, die Gegenwart war unsere Bühne, und erst als wir den Blick in die Zukunft richteten, kam uns die Vergangenheit in die Quere.“ (Zitat Seite 163)

Inhalt

Er, der junge Lyriker, schreibt in Paris Gedichte. Sie, Samira, fünf Jahre jünger und Verkäuferin in einer Boutique, wünscht sich von ihm einen Erfolgsroman, einen Ring und Kinder. Daran scheitert die Beziehung und er kehrt nach Innsbruck zurück, studiert Geschichte, unterrichtet an der Universität. Bei Recherchen für ein Fachbuch über die französische Besatzungszeit in Tirol findet er einen Artikel über eine junge Frau, die 1976 verschwunden ist. Auf dem Foto sieht sie Samira ähnlich, doch ihr Name ist Marianne, Nachkriegskind, Mutter Österreicherin, Vater Marokkaner. So kommt er 2015 wieder nach Paris, auf der Spurensuche nach Marianne und auch Samira.

Thema und Genre

In diesem Roman und Zeitbild geht es um das Schicksal der Besatzungskinder, die ohne Vater aufgewachsen sind. Im Fall von Marianne kommt noch ihre Hautfarbe dazu, die sie zur Außenseiterin im engen Land Tirol macht. Es geht um Entscheidungen, um völlig neue Lebenswege, um Beziehungen, deren Bestehen und deren Scheitern. Ein wichtiges Thema ist Paris nach dem Anschlag 2015 und die Stigmatisierung, die hoffnungslosen Lebensumstände, wenn man in einem falschen Teil von Paris geboren wurde.

Charaktere

Der Hauptprotagonist, Historiker, ist auf der Suche – nach dem Schicksal von Marianne als Beispiel für die Nachkriegskinder, die in keine Welt wirklich passten, nach Samira, die er nicht vergessen kann, und nach sich selbst.

Handlung und Schreibstil

Der Autor erzählt in diesem Roman mehrere Geschichten, Schicksale in Vergangenheit und Gegenwart unterbrechen einander immer wieder, um die eigene Geschichte weiterzuführen. Der Schriftsteller, nun Historiker, erzählt in der „Ich-Form“, wobei die Gegenwart 2015 in Paris durch Rückblenden auf seine Zeit mit Samire ergänzt wird. Elisabeth, Mariannes beste Freundin, erzählt dem Historiker von der gemeinsamen Kindheit und Jugend, daher sind auch diese Abschnitte in der ersten Person geschrieben. Die Kapitel tragen Nummern, aber keine weiteren Angaben. Einfach zu lesen ist dieser Roman daher nicht. Manchmal muss man kurz zurückblättern, um wieder Klarheit zu haben, wo, wann und bei wem man sich gerade befindet. Die leichte, angenehme Sprache andererseits lässt auch das Weiterlesen fließen.

Fazit

Ein Roman mit Aktualitätsbezug und zeitgeschichtlichem Hintergrund. Im Mittelpunkt steht eine Suche in der politisch instabilen, von Anschlägen geschüttelten Stadt Paris im Jahr 2015. Vor allem aber schreibt der Autor über das Leben von einfachen Menschen, die in schwierigen familiären Verhältnissen, mit der „falschen“ Hautfarbe, oder einfach auf der „falschen“ Seite der Straße geboren wurden. Schicksale, die niemand kennt und die in der Zeitgeschichte in Vergessenheit geraten. Ein vielschichtiges Thema, eindrücklich erzählt. Die kurzen Gedankensprünge zwischen den Schicksalen und den Zeiten erfordern Aufmerksamkeit beim Lesen, doch diese Zeit sollte man sich nehmen.

Nachkriegsbastard – Maria Charlotte Wulff

AuthorMaria Charlotte Wulff
Verlag Mövenort Verlag
Erscheinungsdatum 11. April 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten268
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3981895513

„Ein schöner Tag mit winzigen, atmosphärischen Störungen, doch alles bewältigt, und darauf kommt es an.“ (Zitat Seite 212)

Inhalt

Am 22. Januar 2017 wird die Autorin 69 Jahre alt und geht in Rente. Bereits am 1. Januar macht sie sich Gedanken und beschließt, in diesem ganz besonderen Jahr ein Tagebuch zu führen, über den ganz normalen Wahnsinn, der sich Leben nennt. Geboren in Schwerin, aufgewachsen, liebevoll betreut, zunächst bei der Omi, braucht Charly drei Ehen, bis sie in der vierten ihren Heimathafen findet. Wenn es nicht mehr passt, geht sie, die ohnedies Ruhelose, dies gilt vor allem für ihre berufliche Laufbahn in der DDR, die daher vielseitig, wenn auch immer im betriebswirtschaftlichen Rahmen stattfindet. Doch irgendwie und mit persönlichem Einsatz geht es immer weiter, auch nach der Wende.

Thema und Genre

Diese Autobiografie mit Rückblenden lässt den Leser an einem turbulenten Leben teilhaben, Alltagssorgen, Beziehungen, Familie, glückliche Zeiten, aber auch dunkle. Es ist auch eine Geschichte der DDR. Ein weiteres Thema ist das Meer, Boote und das Segeln. Die legendäre rosa Brille sucht man in diesem Buch vergebens, dafür findet man authentische Ehrlichkeit, ein buntes Zeitbild mit Herz, Überzeugung und Humor.

Charaktere

Die Autorin zeigt sich als wenig angepasste Persönlichkeit mit eigener Meinung und entsprechend sind die Herausforderungen, die ihr Leben an sie stellt. Ruhelos, eigenwillig und nicht einfach, nimmt sie sich selbst und ihre Mitmenschen auch an weniger guten Tagen mit einem positiven Augenzwinkern, ist ja alles gut gegangen.

Handlung und Schreibstil

Der Zeitrahmen, in dem die Ereignisse stattfinden und aufgeschrieben werden, ist ein Jahr, beginnend am 1. Januar. Geführt als Tagebuch, sind die einzelnen Abschnitte mit Tag und Datum versehen und chronologisch. Dazwischen sind oft Erinnerungen eingeschoben, zum jeweiligen Ereignis oder Thema passend, die kursive Schrift erleichtert die Zuordnung. Auch in die Gedanken und Gefühle der Autorin erhält der Leser Einblick. Die Sprache ist erzählend, schildernd und lebhaft, das Buch liest sich mit Vergnügen.

Fazit

Diese autobiografische Erzählung in Form eines Tagebuches ist ein interessantes Zeitbild und schildert auch das Alltagsleben in der DDR. Gleichzeitig nehmen wir am immer noch nicht ruhigen ersten Jahr des Rentnerlebens der Autorin teil, lernen ihre Kinder und Enkel kennen, den vierten Ehemann, der endlich der Richtige ist, segeln in Gedanken mehrmals mit nach Hiddensee. Dankbar blickt Charly am Ende dieses Jahres auf ihr Leben zurück, vieles hat sie erreicht, manches nicht, aber wer ist schon perfekt. Ein Buch, das Freude macht und daher sich auch wunderbar zum Verschenken eignet.

Die Villa an der Elbchaussee – Lena Johannson

AutorLena Johannson
Verlag Aufbau Digital
Erscheinungsdatum 18. Januar 2019
FormatKindle
Seiten403 (Print-Asgabe)
SpracheDeutsch
ASINB07CJZPM2W

Die Geschichte einer Schokoladen-Dynastie (Die große Hamburg-Saga, Band 1)

„Heutzutage reicht es längst nicht mehr aus, wohlhabend zu sein, du musst als Erster eine Idee haben.“ (Zitat Seite 56)

Inhalt

Frühjahr 1919 in Hamburg. Der Krieg ist zu Ende, doch Hans Hannemann, einziger Sohn und Erbe des angesehenen Handelshauses Hannemann & Tietz, war bisher nicht unter den Heimkehrern. Frieda Hannemann, die jüngere Schwester von Hans, interessiert sich für das Familienunternehmen, liebt Kakao und entwickelt hochwertige Schokoladeprodukte, die erfolgreich in Produktion gehen. Doch die Eltern sehen es als ihre einzige Aufgabe und Pflicht an, einen standesgemäßen, vermögenden Mann zu heiraten, der bereit ist, sein Geld in die Firma zu investieren und diese damit vor dem Bankrott zu retten. Frieda weigert sich, doch wie geht es weiter?

Thema und Genre

Dieser historische Frauenroman spielt in der Hansestadt Hamburg und schildert die Situation Deutschlands in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen, die angespannte Wirtschaftslage, Hunger und Inflation. Ein Thema ist die beginnende Eigenständigkeit der jungen Frauen, die im Gegensatz zum traditionellen Wertebild der Elterngeneration steht. Natürlich geht es auch um den Import von Kakao und die Erzeugung von hochwertiger Schokolade.

Charaktere

Hauptprotagonistin ist die junge Frieda Hannemann. Sie träumt von einer Ausbildung im Familienunternehmen und von persönlicher Unabhängigkeit. Sie will mehr vom Leben als ihre Mutter, eine typische Frau ihrer Zeit, die den Haushalt mit den Bediensteten führt und einen gehobenen Lebensstandard pflegt. Frieda gelingt es, ihre Pläne umzusetzen, wenn es um Schokolade geht, doch wenn es um ihre persönliche Zukunft geht, zögert sie und beugt sich immer wieder den familiären Zwängen.

Handlung und Schreibstil

Sehr gut ist die Stadt Hamburg in dieser Zeit geschildert, nicht nur die prächtige Seite der Handelshäuser, sondern auch der Alltag und die Armut der einfachen Menschen. Die Geschichte ist in der personalen Erzählperspektive Friedas geschrieben. Die Handlung ist im Stil eines typischen Frauenromans aufgebaut, im Mittelpunkt die gute, etwas naive und zögerliche Heldin, die von kleineren und größeren Schicksalsschlägen bedroht wird.

Fazit

Wer einen vielschichtigen Generationenroman erwartet, wird von diesem typischen Frauenroman mit einer teilweise nervend naiven Hauptprotagonistin enttäuscht sein. Wer sich jedoch in diesem Genre wohlfühlt, wird sicher Freude an dieser schokoladigen Geschichte mit historischem Hintergrund haben.

Mutterherz: Die Amtsschimmelflüsterer IV – Marie von Stein

AutorMarie von Stein
Verlag tredition
Erscheinungsdatum 16. Oktober 2017
FormatTaschenbuch
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN978-3743962699

„Endlich. Sie gehören zu den Amtsschimmelflüsterern. Sie helfen mir doch, oder?“ (Zitat Seite 98)

Inhalt

Nele Schröder ist 15 Jahre alt, als sie verhaftet wird, mit der Mordwaffe in der Hand. Ihr Stiefvater ist tot, 20 Messerstiche, die Mutter schwer verletzt. 2017 folgt das Urteil, neun Jahre Jugendhaft. Da meldet sich die Staatsanwältin bei Katja Sollig. Es liegt eine Strafanzeige von Nele gegen das Gesundheitsamt und die Schulärztin vor. Die Tante des Mädchens, Anna Schröder, hat den Strafverteidiger Johannes Strate engagiert, um Revision gegen des Urteil einzulegen. Doch dafür muss es neue Erkenntnisse geben und die Frist läuft in sieben Tagen ab. Damit gibt es kein verlängertes Allerheiligen Wochenende für Katja und ihr Team. Wird die Zeit reichen, um die umfangreiche Vorgeschichte neu aufzurollen?

Thema und Genre

Im Mittelpunkt dieses regionalen Kriminalromans mit mit sozialem Schwerpunkt stehen diesmal das Jugendamt, Schule und Ärzte, die offensichtlichen Zeichen eines Problems in einer Familie nicht nachgehen, aus Angst, eine falsche Beschuldigung auszusprechen. 

Charaktere

Das Soko Sozial, das sind Katja Sollig, ihr Kollege und Schwager Frank Lieme und die ihnen zugeteilte Abteilungssekretärin Kathrin Kramer, ist ein eingeschworenes Team. Kathrin wühlt sich konzentriert durch Aktenberge und auch das kleinste Detail entgeht ihr nicht. Katja und Frank gehen auf der Suche nach der Wahrheit jeder Spur nach, obwohl Frank etwas gestresst ist, da er in wenigen Tagen Vater werden wird.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt während weniger Tage zwischen Ende Oktober und Anfang November 2017. Die Vorgeschichte und vor allem die Ereignisse 2015 erfährt der Leser durch zwischen die aktuelle Handlung gestreute Rückblenden. Der kurze Zeitraum erhöht die Spannung und man hofft mit den „Amtsschimmelflüsterern“, dass sie auch diesen neuen Fall lösen können und dies innerhalb der für die Revision geltenden extrem kurzen Frist.

Das ernste, beklemmende Thema wird durch die Schilderungen der sympathischen Eigenheiten des Teams, ihrer Besprechungen bei Ingwer-Zitrone-Tee und Laugencroissants, aufgelockert.

Fazit

Ein besonders ernster Fall für das Team der Soko Sozial, da es um Kinder, Jugendliche, Familie geht. Man muss die anderen Fälle aus dem Kalletal nicht gelesen haben, wird es nach diesem Buch vermutlich aber tun, dafür sorgt schon das sympathische Ermittler-Team. Ein Regional-Krimi mit einer starken sozialen Komponente, engagiert, außergewöhnlich und spannend.

Die Malerin des Nordlichts – Lena Johannson

AutorLena Johannson
Verlag aufbau taschenbuch
Erscheinungsdatum 12. Juli 2019
FormatTaschenbuch
Seiten448
Sprachedeutsch
ISBN978-3-7466-3424-1

„Ich male nicht, was ich jetzt sehe, sondern das, was in meinem Geist ist, weil ich es vor langer Zeit gesehen habe.“ (Originalzitat Seite 8)

Inhalt

1922 ist Signe Munch 38 Jahre alt, gerade von ihrem Ehemann geschieden, der eine Ehefrau für den Haushalt suchte und kein Verständnis für ihre Liebe zur Malerei hatte. Nun widmet sie sich ihrer großen Liebe, der Malerei, nimmt Unterricht bei Pola Gauguin, studiert an der Kunstakademie, erhält Stipendien für Auslandsaufenthalte und stellt ihre ersten Bilder aus. Am liebsten malt sie Landschaften, doch sie spürt, dass noch viel mehr in ihr steckt, wenn sie nur den Mut hat. Mut, nicht nur für einen völlig neuen Malstil, sondern auch für eine neue Liebe: Einar Siebke. Dann kommt der politische Umschwung und mit ihm die Deutschen nach Norwegen.

Thema und Genre

Es handelt sich um einen Roman, der sich jedoch an die bekannten biographischen Daten aus dem Leben von Signe Munch hält. Thema ist die Malerei. Es geht vor allem um die Probleme, die Frauen auch noch im frühen 20. Jahrhundert hatten, ein Leben als Künstlerin zu führen und auch öffentlich anerkannt zu werden. Ein weiteres Thema ist  das Leben im von den Deutschen besetzen Norwegen im Zweiten Weltkrieg.

Charaktere

Signe Munch ist eine unabhängige Frau, sanft, freundlich, aber beharrlich. Auch in ihrem künstlerischen Ausdruck muss sie diese Sanftheit erst ablegen. Auch wenn sie eine tiefe innere Bindung zu ihrem berühmten Onkel Edvard hat, geht sie ihren eigenen Weg. Ihre beste Freundin ist die lebensfrohe Lilla, die perfekte Ergänzung zur eher ernsten Signe.

Handlung und Schreibstil

Der Roman spielt, mit vertiefenden Rückblenden, in den Jahren zwischen 1922 und 1945. Im Mittelpunkt steht der künstlerische Werdegang von Signe Munch. Lebendige Schilderungen aus dem Leben der Künstler, der Künstlervereinigungen und später aus dem besetzen Oslo, ergänzen die interessante Lebensgeschichte der Malerin. Die Sprache ist lebhaft erzählend und angenehm zu lesen. Man fühlt sich als Leser sofort in die Künstlercafés der Dreißigerjahre in Oslo versetzt.

Fazit

Dieser Roman über das Leben der Malerin Signe Munch ist interessant, lebendig und sehr gut recherchiert. Das Werk dieser Künstlerin ist verschollen und man weiß von ihr wenig mehr als ihren Lebenslauf. Doch die Autorin füllt die Lücken so geschickt und immer im Hinblick auf die bekannten Fakten, dass man das Gefühl hat, Signe Munch nun gut zu kennen. Ein farbenfrohes Lesevergnügen mit Tiefgang.Fazit Text

Luftnummer: Die Amtsschimmelflüsterer VI – Der Kalletalkrimi – Marie von Stein

AutorMarie von Stein
Verlag tredition
Erscheinungsdatum 31. Mai 2019
FormatGebundene Ausgabe
Seiten264
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3748290858

„Die Wand vor uns wird höher und höher und wir kommen nicht dagegen an. Berge von Steinen werden uns in den Weg gelegt.“ (Originalzitat Seite 152)

Inhalt

Eine Strafanzeige wegen Aktenvernichtung gegen einen Sachbearbeiter der Unfallkasse BGL, erstattet von einem Versicherten. Ein Unfall 1988, eine Unfallfolge, die erst 2014 während einer OP erkannt wird und die Unfallkasse, die ihre Akten immer pünktlich nach zehn Jahren vernichtet. Ein Fall für Katja Sollig und ihr Team von der Soko Sozial in Badenhausen. Katja und ihr Kollege Frank fahren zur BGL nach Bielefeld, um mit dem Sachbearbeiter persönlich zu sprechen …

Thema und Genre

Dieser Regio-Kriminalroman spielt im Kalletal und es geht wieder um einen Rechtsfall aus dem Sozialbereich. Diesmal handelt es sich um einen Unfall mit Spätfolgen, Versicherungsleistungen und Beamte, die sich als Dienstleister nicht dem Bürger, sondern der öffentlichen Institution verpflichtet fühlen, für die sie tätig sind.  

Charaktere

Katja, Frank und Kathrin, das sympathische Team der Soko Sozial, können sich aufeinander verlassen und sie lassen nicht locker, wenn Unregelmäßigkeiten in den Akten ihre Aufmerksamkeit erregen. Puzzleteil um Puzzleteil setzen sie zusammen, gestärkt durch Zitronen-Ingwer-Tee und Laugencroissants. Diesmal ist auch Kathrin aktiv im Einsatz.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte beginnt im heißen Sommer 2018 und schließt mit dem Jahresende ab. Die Ereignisse seit 1988 erfährt der Leser durch ebenfalls chronologische Rückblenden, die sich mit dem aktuellen Geschehen abwechseln. Der Kriminalfall ist interessant aufgebaut und überraschende Wendungen sorgen für spannendes Lesevergnügen bis zur letzten Seite. Die Sprache findet die perfekte Balance zwischen ernst, erzählend, und locker, mit einer guten Prise Humor.

Fazit

Ein Kriminalroman mit Regionalkolorit. Eine Serie, bei der vor allem die soziale Komponente der Fälle nachdenklich stimmt. Wenn auch Fiktion, sind es reale Erfahrungen, die jeden Bürger treffen könnten, dann leider ohne eine Soko Sozial als Unterstützung. Spannende Krimilektüre mit Tiefgang, wobei jeder Band der Serie in sich abgeschlossen ist.

Algorithmus (Richard-Tackert-Reihe-Bd. 8) – Wolfgang Glagla

AutorWolfgang Glagla
Verlag epubli
Erscheinungsdatum 17. Juni 2019
FormatTaschenbuch
Seiten192
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3748554028

„Ich befürchte nämlich, nein, ich bin mir sicher, dass uns dieser Fall noch reichlich Nerven kosten wird.“ (Zitat Seite 45)

Inhalt

In einem Wohnblock, ehemals sozialer Wohnbau und jetzt Sanierungsobjekt, wird ein Toter gefunden. Todesursache ist ein Schlag mit einem Baseballschläger, der am Tatort gefunden wird. Hauptkommissar Richard Tackert und sein Team von der Mordkommission Hannover ermitteln. Rasch fällt der Verdacht auf die WOMOVA, die mit dem Umbau beauftragte Immobilienfirma, die mit allen Mitteln versucht, die bisherigen Mieter aus dem Gebäude zu vertreiben. Doch ist der Fall wirklich so einfach zu lösen?

Thema und Genre

Dieser regionale Kriminalroman spielt in Hannover. Thema sind die Geschäfte der Investoren auf dem Immobiliensektor, ihre Vorgehensweisen und der mangelnde rechtliche Schutz der Mieter. Es geht auch um aktuelle Probleme wie Umwelt, Diskriminierung und Darknet.

Charaktere

Die Hauptperson in dieser Serie ist Richard Tackert, ein erfahrener Kriminalbeamter kurz vor der Pensionierung. Eigenwillig folgt er allen Spuren und lässt sich in seinen Ermittlungen nicht stoppen. Auch zu den wichtigen politischen Themen vertritt er seine Meinung. Er zeigt Haltung, nimmt an der CSD Parade teil, aber ihm fehlen ein paar Akzente, die seine solide Umgänglichkeit durchbrechen würden.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung ist vielschichtig, mit einigen Überraschungen, sodass man als Leser mit Interesse der Auflösung dieses Falles folgt. Der Autor baut einige brisante sozialkritische Themen in die Handlung ein. Die Sprache ist lebhaft, erzählt gekonnt und mit Humor.

Fazit

Ein regionaler Kriminalroman mit einem erfahrenen Ermittler, der auch in seiner Freizeit über den jeweils aktuellen Fall nachdenkt und die Augen offen hält. Obwohl es sich um Band 8 einer Serie handelt, kann man mit diesem Buch auch neu in die Ermittlungen der Kripo Hannover einsteigen. Lesenswert und unterhaltsam auch für Krimifreunde, die bisher keinen Bezug zu Hannover hatten.

Abfuhr – Marie von Stein

AutorMarie von Stein
Verlag tredition
Erscheinungsdatum 31. August 2018
FormatTaschenbuch
Seiten260
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3746968483

Die Amtsschimmelflüsterer V – Der Kalletalkrimi

„Und plötzlich steht man da, völlig mittellos und alles Gewohnte löst sich für einen auf.“ (Zitat Seite 149)

Inhalt

Frieda Heyermeyer ist alt. Ihr Haus steht vor der Zwangsräumung, veranlasst von der Bank, obwohl auf dem Konto auf genau dieser Bank genügend Geld liegt. Frieda setzt sich in ihren Lieblingssessel. So wird sie zwei Wochen später vom Gerichtsvollzieher gefunden, eindeutig Suizid. Doch ihr Abschiedsbrief und Ordner mit Schriftverkehr werfen Fragen auf und Katja Sollig, Kriminalhauptkommissarin Soko Sozial macht sich an die Arbeit. Was genau ist da passiert und warum?

Thema und Genre

Wie schon der Untertitel sagt, handelt es sich hier um einen Regio-sozialen Kriminalroman, eine interessante Mischung. Er spielt in einem fiktiven Ort im Kalletal. Die Soko Sozial ist eine spezielle Abteilung, die sich mit Rechtsfällen im sozialen Bereich beschäftigt. Dieses Buch handelt vom Alter, von der Verantwortung der Sozialämter, Ärzte, Banken und vom Erbrecht. Auch die Politik spielt eine Rolle.

Charaktere

Katja Sollig liebt Ingwer-Zitrone-Tee und Orangenkekse. Auch ein Croissant am Morgen lehnt sie nicht ab. Sie ist eine erfreulich geerdete Protagonistin mit Herz, die mit beiden Beinen im Leben steht, ihre eigene Meinung hat und das macht sie sehr sympathisch. Die Autorin nimmt sich Zeit für ihre Charaktere, jeder hat seine Eigenheiten und man merkt, dass sie aus der Realität gegriffen sind.

Handlung und Schreibstil

Dieser Kriminalroman zeigt wieder, dass eine Geschichte auch spannend sein kann, ohne dass brutale Morde darin vorkommen. Die Realität ist ernst genug und dieser Fall entwickelt sich leise, aber packend von der ersten bis zur letzten Seite. Der kurze Zeitrahmen zwischen Mitte Januar und Mitte Februar 2018, mit erklärenden, ergänzenden Rückblicken ins Jahr 2017, strafft die Handlung. Dennoch nimmt sich die Autorin Zeit für Beschreibungen und schildert den Karneval im Kalletal so bunt und unterhaltsam, dass man dabei sein möchte.

Fazit

Dieser Kriminalroman mit Regionalbezug ist Teil einer Serie, in der es um besondere Rechtsfälle im Sozialbereich geht. Es ist jedoch jeder Band in sich abgeschlossen, man muss die Serie nicht in der Reihenfolge lesen. Gerade die soziale Komponente unterscheidet diese Bücher von den bekannten Regio-Krimis und macht sie so interessant. Eine Empfehlung für genussvolle Lesestunden – auch perfekt für Regio-Krimi-Skeptiker wie mich.

Die Stimmlosen – Melanie Metzenthin

AutorMelanie Metzenthin
Verlag Tinte & Feder
Erscheinungsdatum 17. Juli 2018
FormatKindle
Seiten527 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB079S59PWW

„Möglicherweise musste sich die Seilschaft der Anständigen auch dubioser Mittel bedienen, um diese Zeiten zu überstehen und aus den Trümmern einer alten Welt etwas Besseres entstehen zu lassen.“ (Zitat Seite 186)

Inhalt

Endlich ist der Krieg zu Ende, doch dieses erste Weihnachtsfest 1945 in Hamburg ist weit davon entfernt, für das Ärztepaar Richard und Paula Hellmer und ihre Familie und Freunde ein fröhliches Fest zu sein. Hamburg ist eine zerstörte Stadt, die Menschen hungern und es ist bitter kalt in diesem Winter. Zum Glück wurde die Wohnung und Arztpraxis von Paulas Vater nicht zerstört und so leben dort jetzt zehn Personen und Richard und Paula führen die Hausarztpraxis weiter. Auch Richards bester Freund, der Chirurg Fritz Ellerweg lebt mit seinem Sohn Harri bei ihnen und ihr Freund, der britische Besatzungsoffizier Arthur Grifford, hilft, wo er kann. Doch manchmal zweifelt Paula daran, dass es eine bessere Zukunft für Deutschland geben kann, zu sehr sind alle damit beschäftigt, einfach irgendwie zu überleben.

Thema und Genre

Dieser Nachkriegsroman zeigt das harte Leben im zerstörten Deutschland, hier speziell in Hamburg, auf. Es geht um den täglichen Überlebenskampf, um Schwarzmarkt, Hunger, Kälte, aber auch um Anständigkeit und Menschlichkeit. Ein wichtiges Thema ist das Verhältnis zwischen den Briten und Deutschen, beide Seiten haben bei Angriffen geliebte Menschen verloren und die Frage nach der Schuld ist nicht einfach zu beantworten. Es geht auch um die Straflosigkeit von ehemaligen NS-Parteimitgliedern in höheren Positionen, da die Seilschaften auch in der Nachkriegszeit erfolgreich funktionieren.

Charaktere

Dieser Roman führt das Leben der Protagonisten des ersten Bandes, „Im Lautlosen“, weiter und schließt zeitlich direkt an die Kriegsjahre an. Im Mittelpunkt stehen wieder Paula und Richard, Fritz und Arthur.

Handlung und Schreibstil

Die Nachkriegszeit wird eindrücklich und lebendig geschildert, man erkennt die intensive Recherche. Die Handlung ist spannend und die erzählend-beschreibende, flüssige Sprache wird durch lebhafte Dialoge aufgelockert. Der Zeitraum umfasst die Jahre von 1945 bis 1953 und steht somit auch für Aufbruch und Neubeginn.

Fazit

Ein sehr gut recherchierter, interessant zu lesender Nachkriegsroman, dessen Handlung auch für Spannung sorgt. 

Phoenix: Alte Wölfe spielen nicht – Udo Schmidt

AutorUdo Schmidt
Verlag TWENTYSIX
Erscheinungsdatum 26. Februar 2019
FormatTaschenbuch
Seiten532
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3740753825

„Neue Menschen, eine alte Liebe, Verdächtigungen und ein Schnüffler, das war eine Menge für einen alten Mann.“ (Zitat Seite 166)

Inhalt

Über vierzig Jahre lang hat Thom Hansen das Familienunternehmen, ein Handelsunternehmen in Hamburg, sehr erfolgreich geleitet. Nun ist er siebzig Jahre alt und hat nicht ganz freiwillig das Unternehmen seinem Sohn Alfred übergeben. In einer Luxus-Seniorenresidenz in Sellin soll er seinen Lebensabend verbringen. Dem sieht er mit sehr gemischten Gefühlen entgegen, denn das klingt nach unendlicher Langeweile. Doch schon nach einem Tag wird ihm klar, dass dies absolut nicht der Fall ist.

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman mit Rügen-Bezug geht es um Familie, die Eltern-Kind-Problematik, Geld, und neue Chancen.

Charaktere

Thom und sein persönlicher Fahrer und langjähriger Vertrauter Olaf sind sympathische Protagonisten, auch Thoms Sohn Alfred wächst rasch mit seinen neuen Aufgaben. Leider sind alle Charaktere sehr klar in das klassische Gut und Böse eingeteilt, es fehlen die menschlichen Graubereiche.Char

Handlung und Schreibstil

Die Idee ist spannend und interessant, die Umsetzung nicht. Besonders in der zweiten Hälfte der Geschichte unterbrechen sehr detailliert und über mehrere Seiten beschriebene Sexszenen zu oft den Handlungsablauf und knicken den Spannungsbogen, die Ereignisse sind bald vorhersehbar und plätschern dahin. Leider wurde offensichtlich auf ein professionelles Korrektorat verzichtet, daher gibt es Rechtschreibfehler wie falsche Großschreibung und es fehlen Satzteile. Auch die oft vergessenen Satzzeichen am Ende einer direkten Rede und falsche Zuordnungen des gerade Sprechenden stören das Lesevergnügen

Fazit

Das Buch wurde in einer Rügener Zeitung empfohlen und die Handlung klang interessant und unterhaltsam. Da ich auf Rügen lebe, machte mich auch der Rügen-Bezug neugierig. Ich fand keine Details über Sellin und Binz, die nicht auch in jedem Reisejournal zu lesen sind, aber es gelingt es dem Autor, das besondere Rügen-Feeling einzufangen. In einer 5* Bewertung bei einem internationalen Online-Buchhändler las ich heute „Crime and Sex“, das bringt es so ziemlich auf den Punkt, wobei ich „more Sex than Crime“ definieren würde. Dazu eine Prise Romance. Meine Erwartungen wurden leider enttäuscht.

Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten/ Einladung zum Klassentreffen – Martin Schörle

AutorMartin Schörle
Verlag Engelsdorfer Verlag
Erscheinungsdatum 6. Dezember 2016
FormatTaschenbuch
Seiten119
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3960084082

„Ihr letzter Bescheid dauerte so lange, da konnte unser Einkaufszentrum zweimal abbrennen, der Brandstifter im Knast Abitur machen und zwölf Kinderbücher schreiben.“ (Zitat Seite 27)

Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten

Inhalt

Ein Arbeitstag im Leben des Hans Fredenbek, Verwaltungsbeamter in gehobener Position. Was mit Betrachtungen über den perfekten Radiergummi beginnt, endet beim ausführlichen Grübeln über das geheime Wesen Frau, insbesondere ist es seine Mitarbeiterin Karin Umlauf, die mit dem getupften Sommerkleid, die seine Phantasie anregt.

Thema

Bei diesem Einpersonenstück wird das Arbeitsleben des überzeugten Beamten Fredenbek aufgezeigt, wobei die Arbeit auch sein gesamter Lebensinhalt ist. Auch wenn die Handlung nur einen einzigen Arbeitstag umfasst, erfahren wir durch die Erinnerungen, die er mit uns teilt, alle seine Gedanken und Überlegungen, sein ganzes Leben.

Wirklich skurril und großartig geschildert sind die Szenen in seinem Urlaub, wie er es schafft, die Tage ohne seine gewohnte Arbeit mit Sinn zu füllen. Er hat auch eindeutig ein Verständnisproblem, was Frauen anbelangt und ist im Grunde ein einsamer Mensch, eine sympathische, aber tragische Figur.

„Manchmal legen Blumen beim Wachsen ein atemberaubendes Tempo vor.“ (Zitat Seite 104)

Einladung zum Klassentreffen

Inhalt

Es war eine Jugendliebe zwischen Marina und Carsten, doch sie haben einander längst aus den Augen verloren, sind ihren Weg gegangen, haben neue Partnerschaften und das Scheitern derselben erlebt. Jetzt, nach zwanzig Jahren, meldet sich Carsten bei Marina und lädt sie zum Klassentreffen ein. Marina sitzt gerade im Zug, als sie den Anruf entgegennimmt und bald geht es um weit mehr, als nur ein Abi-Treffen.

Thema

In diesem Theaterstück sind Marina und Carsten die Hauptpersonen. Indirekt ist auch Marinas geschiedener Ehemann Holger präsent, einerseits in Marinas Erinnerungen, andererseits schildert Carsten, wie er ihn zufällig getroffen hat. Dazu kommen noch Fahrgäste, die das Geschehen fallweise kommentieren. In diesem zweiten Theaterstück geht es um die Beziehung zwischen Mann und Frau, um Missverständnisse, Liebe und neue Chancen.

Fazit

Präzise beobachtet der Autor die Menschen, den Alltag, das Leben, sozialkritisch und urkomisch. Er spielt mit der Sprache, jongliert mit Um- und Neudeutungen und macht so die Texte und Figuren lebendig. Geschrieben als Theaterstücke, enthalten die Texte daher auch sämtliche Regieanweisungen und könnten sofort auf die Bühne gebracht werden. Die Ausstattung ist betont einfach gehalten, allerdings erfordert die Rolle des Hans Fredenbek ein intensives Rollenstudium, denn der Text mit seinen rasch wechselnden Gedankengängen und Themen ist anspruchsvoll. Seine Betrachtungen über Frauen könnten meiner Meinung nach eine Überarbeitung vertragen, im Sinne von Straffung und Modernisierung. Ich wünsche dem Autor, dass eine ambitionierte Theatergruppe auf diese Stücke aufmerksam wird, die Umsetzung wäre eine spannende, interessante Aufgabe.

Wenn Leichenfresser lieben – Marius Kuhle

AutorMarius Kuhle
Verlag Shadodex –
Verlag der Schatten
Erscheinungsdatum 22. Oktober 2018
FormatTaschenbuch
Seiten188
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3946381464

„Vollkommen gerade und regungslos stand sie zwischen der Statue eines Engels mit ausgebreiteten Flügeln und einem besonders großen Grabstein und sah zu ihm hoch.“ (Zitat Seite 25)

Inhalt

Kevin ist Anfang zwanzig, als er beginnt, auf diesem Friedhof zu arbeiten, der nicht nur die letzte Ruhestätte der Toten ist, sondern auch die Heimat der Ghule. Seit nunmehr fünfzehn Jahren bewegt sich sein Leben zwischen diesem Arbeitsplatz und dem alten, baufälligen Haus gleich neben der Friedhofsmauer, wo er mit seiner kranken, aber immer noch dominanten, Mutter lebt. Eines Nachts bemerkt er eine junge Ghula, die ihn vom Friedhof aus beobachtet.

Thema und Genre

Horromantasy nennt sich das Genre dieses Romans und es ist eine gut abgestimmte Mischung zwischen Horror, Fantasy und Romance. Es geht um Ghule, leichenfressende Dämonen, Musicals sind ein Thema und tyrannische Mütter, vor allem aber geht es um Außenseiter, das Anderssein und um die Liebe.

Charaktere

Beide Hauptprotagonisten sind auch in ihrem eigenen Umfeld anders: Kevin, der Musical-begeisterte Friedhofswärter, der noch immer bei seiner Mutter wohnt und die schöne Ghula Carmen, die irgendwie freundlicher und sanfter ist, als die wilden Kreaturen ihrer Art.

Handlung und Schreibstil

Natürlich gibt es gruselige, blutige Szenen, sonst wäre es kein Horrorroman, aber es fehlt auch nicht eine gute Prise Humor und spannende Begegnungen mit den Dämonen. Sehr phantasievoll schreibt der Autor über die Annäherung dieser beiden so unterschiedlichen Wesen aus völlig anderen Welten.

Fazit

Ein unterhaltsamer, entspannter Roman für Leserinnen und Leser des Genres Horror und Fantasy, die das Thema jedoch nicht zu ernst nehmen. Eine ungewöhnliche, interessante Idee abseits der bekannten Vampirgeschichten.

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