Quecksilberlicht – Thomas Stangl

AutorThomas Stangl
Verlag Matthes & Seitz Berlin
Erscheinungsdatum 18. August 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten267
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3751800846

„Wenn ich selbst erzählen müsste, warum ich mich an die Bücher und ans Lesen und später ans Schreiben angehängt habe, wie an etwas, das stärker, fester und lebendiger ist als ich, dann müsste ich wahrscheinlich mit meiner Großmutter oder meinen Großmüttern beginnen.“ (Zitat Pos. 555)

Inhalt

Es beginnt in einem Hinterhof eines Hauses in Wien Simmering, der schreibende Ich-Erzähler stellt sich einen Augenblick im Leben seiner damals dreizehn Jahre alten Großmutter vor, ein Ereignis, das ihr Leben für immer verändert hat. „Du schaust mich an, diese befremdliche Figur aus einer befremdlichen anderen Zeit. Ich muss mir einbilden, dass du mich anschaust, sonst würde es nicht funktionieren.“ (Zitat Pos. 51) Der Autor nimmt Episoden, Situationen aus dem Leben seiner Großmütter und seiner Familie, sowie aus dem Leben des ersten Kaisers von China, und verbindet diese Fragmente neu und beinahe beliebig mit Momenten aus dem Leben von berühmten englischen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts, ordnet die Fragmente neu und bringt sie so alle wieder zurück ins Leben.  

Thema und Genre

Im Mittelpunkt stehen das Schreiben und die Literatur als Möglichkeiten des Erinnerns und des unsterblichen Weiterlebens nach dem Tod als Romanfiguren dort, wie die eigene Biografie mit Romanfiguren verknüpft wurde.

Charaktere

Der schreibende Ich-Erzähler stellt seine Frage, ob die Sprache die Wirklichkeit neu erfinden kann, in den Mittelpunkt seiner Geschichte. Zwischen die geschichtlichen Figuren, die er durch sein Schreiben wieder ins Leben gerufen hat, schreibt er immer wieder auch sich selbst. Er schreibt, er beobachtet die leeren Straßen während der Pandemie, holt sich ein Bier aus dem Kühlschrank.

Handlung und Schreibstil

Es ist eine Geschichte über das Leben und den Tod, realistisch und philosophisch und immer von allen Seiten betrachtet. Chronologische Abläufe lassen sich in diesem Gefüge nur vage erkennen und entschlüsseln sich nur langsam. Einen Teil bildet die eigene Familiengeschichte in Kindheitserinnerungen, persönlichen Erfahrungen, erzählten Geschichten und auch den Auslassungen darin. Die Gedankenreise führt den schreibenden Ich-Erzähler und auch uns Lesende aber viel weiter, zurück in das Reich von Qin Shihuangdi, erster Kaiser von China, in das ländliche England des neunzehnten Jahrhunderts, zu den englischen Dichterinnen, die dort gelebt haben, in das London des neunzehnten Jahrhunderts und wieder zurück nach Wien, damals und heute. Auch die Sprache ist eine unruhige Reise durch diese wie Schnipsel in die Luft geworfenen, irgendwie wieder aufgefangenen und mit zufälliger Leichtigkeit aneinandergereihten Fragmente, die dann doch, erstaunlicherweise, ein stimmiges Ganzes ergeben.

Fazit

Quecksilberlicht, schon der Titel und das Buchcover bleiben beim Lesen in den Gedanken haften und aus diesem diffusen Licht treten die einzelnen Personen heraus, erzählen kurz aus ihrem Leben, teilen ihre Gedanken mit uns, verschwinden wieder, um dann mit immer neuen Details und Geschichten wieder aufzutauchen. Der Tod begleitet alle diese Fragmente, doch in der Literatur und nun auch in diesem Roman leben sie alle weiter. Für Lesende, die Geschichten mit klar definierten Erzählsträngen schätzen, ist dieser ungewöhnliche Roman vermutlich nicht die richtige Wahl. Wenn man jedoch bereit ist, die gewohnte Wohlfühlzone zu verlassen, so erlebt man mit diesem Buch facettenreiche, ungewohnte und fordernde Lesestunden.

Sisi – Karen Duve

AutorKaren Duve
Verlag Galiani-Berlin
Erscheinungsdatum 22. September 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten416
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3869712109

„Der krumme Weg ist hier doch immer der bequemere. Warum etwas direkt sagen, wenn man es auch hintenherum erledigen kann.“ (Zitat Pos. 1327)

Inhalt

So oft als möglich flieht Elisabeth, Kaiserin von Österreich, dem anstrengenden, intriganten Wiener Hofleben, das sie nicht nur einengt, sondern auch langweilt. Auf dem ungarischen Landsitz des Kaiserpaares, Schloss Gödöllö, kann sie sich freier bewegen und ihrer großen Leidenschaft, dem Reiten, nachgehen, so oft und lange sie will. Bei der Eröffnung der Wiener Weltausstellung 1873 erzählen ihr englische Würdenträger begeistert von den englischen Parforcejagden. Nach einem ersten Besuch im Jahr 1874 reist sie 1876 wieder nach England und nimmt dort an den schwierigsten Parforcejagden teil, während ihre bevorzugte Hofdame und Vertraute, Gräfin Marie Festetics, sorgenvoll auf ihre Rückkehr wartet, denn Elisabeth ist eine hervorragende Reiterin, aber gleichzeitig draufgängerisch und durch kein Hindernis aufzuhalten. Die Kaiserin ist der Mittelpunkt im Leben der Gräfin Festetics. Doch als die Kaiserin ihre junge Nichte Marie Louise Wallersee auf Schloss Gödöllö einlädt und diese, ebenfalls eine hervorragende Reiterin, bald zur Vertrauten der Kaiserin wird, fürchtet die Hofdame um Position bei der Kaiserin und schmiedet entsprechende Pläne.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Episoden aus dem Leben von Elisabeth, Kaiserin von Österreich. Der knappe Zeitrahmen umfasst die Jahre 1874 bis 1877, ergänzt durch Rückblicke. Themen sind Pferde, Jagden, Liebe, Klatsch und Intrigen.

Charaktere

„Bis ins kleinste Detail recherchiert und gnadenlos seziert: Karen Duve über eine Kaiserin, die ihrer Zeit oft weit voraus war und trotzdem bis heute unterschätzt wird.“ So steht es in der Beschreibung des Verlages. Doch leider zeigt dieser Roman nur einige Facetten ihrer vielschichtigen Persönlichkeit: wir erfahren viel über die außergewöhnliche begabte Reiterin und begeisterte Sportlerin Elisabeth, über die große Disziplin, mit der sie ihre Schönheit pflegte, über Skandale und Gerüchte über angebliche Affären, die bekannten, realen Liaisonen des Kaisers, aber wir erfahren nichts über die wesentlich spannenderen intellektuellen Seiten dieser vielseitig interessierten, gebildeten, außergewöhnlichen  Frau, die in ihren modernen Ansichten ihrer Zeit weit voraus war und durch ihren Freiheitsdrang und Wunsch nach Selbstbestimmung der Frauen eine frühe Vorreiterin für ein verändertes Frauenbild war.

Handlung und Schreibstil

Diese Jahre zwischen 1874 und 1877, die das Kernstück der Geschichte bilden, sind bereits geprägt durch Reisen und Aufenthalte fern vom Wiener Hof. Doch während ihr bevorzugter Rückzugsort bald darauf Korfu wurde, sind es in diesen Jahren noch Gödöllö, ihr Elternhaus in Possenhofen und, als neues Reiseziel, England. Es sind die Jahre, in denen die großartige, begeisterte, ehrgeizige Reiterin ihre Jagdleidenschaft auslebt. Geschildert werden einzelne Episoden und prägende Ereignisse, und auch die längst bekannten Anekdoten, Gerüchte und Intrigen am kaiserlichen Hof in Wien fehlen nicht. Doch dies alles findet sich bereits in der großartigen, umfassenden Elisabeth-Biografie von Brigitte Hamann. Wie vom Verlag angekündigt, wurde „gnadenlos seziert“, was in diesem Fall bedeutet, dass jene vorhin genannten Abschnitte so ausgesucht wurden, dass sie in das einseitige Bild der Kaiserin passen, das die Autorin mit diesem Roman vermitteln will. Daran ändert auch das ausführliche Literaturverzeichnis im Anhang nichts. Ein typischer Roman des in den letzten Jahren beliebten Genre „Berühmte Frauen, starke Frauen und die Liebe“. Auch die Sprache entspricht dem Genre Unterhaltungsroman.

Fazit

Ich hatte nicht mit diesem engen Zeitrahmen von wenigen Jahren, zugeschnitten auf den Schwerpunkt Pferde, Treibjagd und Skandälchen gerechnet. Viele andere wichtige Facetten werden nur gestreift und in meinen Augen sehr selektiv zusammengesetzt. Wer sich bereits mit dieser interessanten, facettenreichen, aber auch schwierigen und ambivalenten Persönlichkeit der berühmten österreichischen Kaiserin auseinandergesetzt hat, findet in diesem Roman nichts Neues. Mich konnte dieser Roman nicht überzeugen, aber ich bin sicher, er wird begeisterte Leserinnen finden.

Das Haus über dem Fjord – Kristin Valla

AutorKristin Valla
Verlag mareverlag
Erscheinungsdatum 20. September 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten320
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinGabriele Haefs
ISBN-13978-3866486492

„Ich stand in der Auffahrt, hatte die Autotür offen, dachte, dass das Haus noch immer schön sei. Es lag allein oben am Hang und sah aus, als ob es eigentlich keine Menschen brauchte.“ (Pos. 254)

Inhalt

Elin ist zehn Jahre alt, als ihre Weigerung, ein Kleid anzuziehen, ihr und ihrer Mutter das Leben rettet. Denn die beiden sind nicht in dem Auto, das von einem plötzlichen Erdrutsch verschüttet wird und in dem Elins Vater und ihre beiden älteren Brüder sterben. Im Herbst 2007 kehrt Elin, die in Oslo lebt und als Journalistin für eine Modezeitschrift tätig ist, in den kleinen Ort in der Provinz Nordland zurück. Vor zwei Jahren ist ihre Mutter gestorben und Elin beginnt, das Haus der Familie zu räumen, da sie es verkaufen will. Was will sie behalten, was entsorgen? Sie blättert den alten Terminkalender ihres Vaters aus dem Unglücksjahr 1985 noch einmal durch und plötzlich fällt es ihr auf – im Frühjahr vor dem Unglück dichte Termine, geschäftlich und privat, Reisen mit ihrer Mutter, Ballettaufführungen, Theater – es endet mit einer Eintragung ‚Ferien‘ im Juli und dann nichts mehr. Die Seiten des Herbstes sind völlig leer. Das Warum schickt Elin auf eine Suche in die Vergangenheit, die sie zunächst zu Gesprächen mit allen Dorfbewohnern und dann bis nach Frankreich führt.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Familie, Eltern und Kinder, Erinnerungen und prägende Kindheitserlebnisse, ein wichtiges Thema ist die Suche nach dem eigenen, bewusst gestalteten Leben.

Charaktere

Elin ist Journalistin und arbeitet jetzt als Chefin vom Dienst bei einem norwegischen Modemagazin in Oslo. Durch das Unglück 1985 endet ihre unbeschwerte Jugend abrupt, Verlust und Trauer prägen sie bis heute. Mit dem Schriftsteller Ola, dem besten Freund ihres ältesten Bruders, verbindet sie immer noch eine vertraute Freundschaft. Es sind sympathische Figuren, deren Geschichte wir in diesem Buch folgen.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird chronologisch von Elin als Ich-Erzählerin geschildert. Sie beginnt im Sommer 1985, die Haupthandlung schließt im Herbst 2007 an, reicht bis in den Sommer 2008 und endet dann in der Gegenwart, im Sommer 2019. Im Mittelpunkt steht Elin znd ihr Leben, ihre Recherchen zu den Ereignissen im Jahr 1985 wechseln mit Beschreibungen ihrer aktuellen beruflichen Tätigkeit ab. Ergänzt wird die Handlung durch viele Rückblenden, Elins Erinnerungen und ergänzende Details, die sich durch die Erinnerungen der Personen ergeben, mit denen sie spricht und denen sie ihre Fragen stellt, bis sich die Geschichte zu einem stimmigen Gesamtbild fügt. Die Sprache ist sehr angenehm zu lesen, nimmt sich auch Zeit für die Beschreibung der Landschaft des Nordlands, der zwischenmenschlichen Aspekte, die Schilderung des Lebens in der Gemeinschaft eines kleinen Ortes, und der internationalen Modewelt, Elins Berufsumfeld – das alles bunt, nachvollziehbar und ohne Längen.

Fazit

„Wer unsere Eltern wirklich waren, werden wir vielleicht nie erfahren. Aber wer sie für uns sind, entscheiden wir zum Glück selbst.“ (Pos. 3096) Dies ist eines der Kernthemen in dieser vielschichtigen, stimmigen Geschichte, die mich in packenden, angenehmen Lesestunden nach Norwegen entführt hat.

„Montaignes Katze – Nils Minkmar

AutorNils Minkmar
Verlag S. FISCHER Verlag
Erscheinungsdatum 7. September 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten400
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3103972948

„Wenn wir all das überleben, dann freue ich mich auf einen dritten Band ihrer Essais. Darin darf dann gerne etwas über diese Tage stehen, aber bitte intelligent verschlüsselt. Hoffentlich hilft es späteren Menschen von Bildung, Politik besser zu verstehen und gnädig mit uns zu sein.“ (Zitat Pos. 1886)

Inhalt

In einer Regennacht im Februar 1584 trifft ein in Grau gekleideter reitender Bote auf dem Schloss von Michel de Montaigne ein. Les Grisons, so nennt man diese Männer, die streng geheime Botschaften von der Spitze Frankreichs überbringen und Montaigne weiß sofort, wer nach ihm schickt. Der bekannte Diplomat und Philosoph war gerade zum zweiten Mal zum Bürgermeister von Bordeaux gewählt worden, hat vor kurzer Zeit sein zweites Buch veröffentlicht und zieht sich mit seiner Frau Françoise und der kleinen Tochter Léonore so oft als möglich auf sein Schloss zurück, um hier zu denken und an seinen Essais zu schreiben. Doch nun muss er sofort nach Paris reisen, begleitet von seiner Frau, um die Reise inoffiziell und privat erscheinen zu lassen. Es ist eine unruhige, konfliktreiche Zeit, voller Misstrauen, Intrigen und Gewalt. Auch nach zwölf Jahren wurde die Bartholomäusnacht weder von den Katholiken, noch von den Hugenotten vergessen. Daher ist die Frage, wer dem kinderlosen Heinrich III. als König nachfolgen wird, von extremer Wichtigkeit und dafür wird Montaignes Unterstützung gebraucht.

Thema und Genre

Im Mittelpunkt dieses historischen Romans steht Michel de Montaigne, der einflussreiche Politiker, Humanist und Schriftsteller. In dem von Unruhen, Aufständen und Glaubenskriegen zerrissenen Frankreich im späten 16. Jahrhundert, in dieser hochpolitischen Zeit der Bündnisse und Intrigen, sieht es Montaigne als seine Aufgabe, sich für eine Lösung einzusetzen, die eine Chance hat, Frankreich das Ende der Bürgerkriege, neuen Wohlstand und mehr Gerechtigkeit für alle zu bringen. „Wie lösen sich kriegerische Positionen auf? In der Szene hängt der Schlüssel zu den Sorgen unserer Zeit. Aber wie muss er beschaffen sein?“ (Zitat Pos. 188). Es sind Überlegungen und Gedanken wie dieser, welche diesen Roman zeitlos machen, Parallelen zu unserer Zeit ziehen.  

Charaktere

Dem Autor gelingt es durch sein Fachwissen und seine Recherchen, die bekannten historischen Persönlichkeiten interessant und authentisch zum Leben zu erwecken. Die fiktive Figur des jungen Schreibers Nicolas Poulain und seine Beobachtungen und Erlebnisse zeigen eindrücklich das Leben der einfacheren Bevölkerungsschichten in dieser Zeit.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung schildert chronologisch die Ereignisse des Jahre 1584, beginnend mit einer Nacht im Februar bis zum Jahresende, wobei Rückblenden und Erinnerungen die Zusammenhänge erklären. Die Geschichte ist in drei übergeordnete Abschnitte gegliedert, welche in Kapitel unterteilt sind. Es handelt sich um einen Roman, doch der geschichtliche Hintergrund und die bekannten Tatsachen sind immer präsent, werden nicht verändert und umgeben den fiktiven, aber durchaus möglichen Teil der Handlung. Durch sein umfassendes Wissen und seine spürbare Begeisterung für Montaigne und diese Zeit gelingt dem Autor mit diesem Roman eine überzeugend lebhafte, faszinierende und spannende Schilderung dieser Zeit und ihrer Persönlichkeiten. Dies trifft auch auf die Sprache zu. In einer der ersten Szenen eilt der junge Nicolas Poulain, der statt seines verschollenen Onkels Charles als Schreiber für Montaigne tätig sein soll, durch Paris. Er ist spät dran, bleibt aber doch stehen, um in Stuben und Läden zu schauen. Er beschreibt, was er gerade sieht und so ergibt sich beim Lesen sofort ein buntes Bild der geschäftigen Stadt Paris in diesem Februar 1584.

Fazit

Diese vielseitige, interessante und spannende Geschichte führt uns schon mit der ersten Seite in Montaignes Welt und in das Jahr 1584 in Paris und Bordeaux. Ein großartiges Buch und so packend, dass man es nur aus der Hand legt, wenn es unbedingt sein muss.

Die Dringlichkeit der Dinge – Markus Grundtner

AutorMarkus Grundtner
Verlag edition keiper
Erscheinungsdatum 22. März 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten230
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3903322554

„Ich hasse Gedanken, die ohne jegliche Rechtsgrundlage von meinem Kopf Besitz ergreifen und sich auch noch als dessen Eigentümer aufspielen Es ist Zeit, die wahren Besitz- und Eigentumsverhältnisse an meinem Kopf zu klären (Zitat Pos. 85)

Inhalt

Mag. Mathias Gandt, siebenundzwanzig Jahre alt, hat sein Jus-Studium erfolgreich beendet und sich bei einer angesehenen Wiener Rechtsanwaltskanzlei beworben. In zwei Jahren kann er zur Anwaltsprüfung antreten und genau so steht es auf seiner Liste der drei K für die nächsten fünf Jahre: Kanzlei, Karriere, Kind, in dieser Reihenfolge, ein geordneter Ablauf. Doch dann tritt vor dem offenen Bücherschrank am Wiener Margaretenplatz Klaudia Antonini in sein Leben. Nach dreizehn enttäuschenden Jahren in Wien ist die temperamentvolle Italienerin auf dem Weg zurück nach Triest. Doch mit Mathias, der sein Leben nach juristischen Grundsätzen organisiert, wagt sie einen Neubeginn in Wien und fügt den drei K ein viertes K hinzu: K wie Klaudia, wobei sie es mit der Reihenfolge nicht so genau nimmt.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Wendepunkte im eigenen Leben, Neubeginn, Beziehungen,  Lebensplanung, und dazu eine gute Portion an juristischen Themen wie Sachenrecht, Mietrecht, Vertragsrecht und den beruflichen Alltag von Rechtsanwälten.

Charaktere

Mathias ist ein von den Paragrafen überzeugter Jurist und ordnet auch seine Alltagsprobleme nach juristischen Denkmustern. Klaudia handelt spontan, erklärt wortreich, was sie will und was nicht. Mathias sucht die drei K, sie die 3 L: Liebe, Literatur, Lehre.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt in der Gegenwart, Ort der Handlung ist Wien. Die Hauptfigur Mathias ist der Ich-Erzähler. Seine erste richtige Anstellung als Konzipient, nicht mehr nur als Praktikant wie während seines Jus-Studiums, ist ein wichtiger Schritt auf seinem genau geplanten Weg zum Rechtsanwalt. Zwischen den sachlichen Formulierungen der Gesetzestexte fühlt er sich wohl und sicher und er erwartet, dass dieses Jahr, der Zeitraum der Handlung, ebenso strukturiert ablaufen wird. Diese Hauptfigur lässt der Autor auf eine temperamentvolle, spontane Italienerin mit einem Universitätsabschluss in Literatur treffen. Es sind diese Gegensätze, welche die Stärke dieser Geschichte ausmachen, originell, ungewöhnlich und dennoch charmant, und mitten aus dem Leben unserer Zeit gegriffen. Die Sprache verpackt sogar einen Ausflug in eine breite Palette von Rechtsformen und betitelt die Überschriften als Paragrafen mit jeweils einem treffenden Stichwort.

Fazit

Neugierig und gespannt folgt man den beiden Hauptfiguren. Gegensätze ziehen sich an, sagt ein Sprichwort, aber können solche Gegensätze in eine funktionierende Beziehung führen? Ein amüsantes, interessantes Buch, eine originelle Geschichte auch für Lesende ohne besondere juristische Vorkenntnisse. Für mich eine Entdeckung auf der österreichischen Longlist 2022, die mich überzeugt hat.

Mon Chéri und unsere demolierten Seelen – Verena Roßbacher

AutorVerena Roßbacher
Verlag Kiepenheuer&Witsch
Erscheinungsdatum 10. März 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten512
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3-462-00119-8

„Tatsache war: Aus dem völlig vergagelten Kind war eine hundertprozentig chaotisch zusammengewürfelte Erwachsene geworden.“ (Zitat Pos. 2265)

Inhalt

Charly Benz ist dreiundvierzig Jahre alt und lebt in Berlin. Sie arbeitet im Marketing von LuckyLily, einer veganen Foodcompany, wobei Charly weder Veganerin, noch wenigstens Vegetarierin ist. „Ich hatte keine Ahnung von Marketing und machte einen guten Job. Diese Tatsache allein war so himmeltraurig, dass ich hätte heulen können.“ (Zitat Pos. 280) Ihre Post bringt sie alle zwei Wochen zu Herbert Schabowsky, der sie für sie öffnet und sortiert. Dies mit viel Kaffee, Mohawk Red Zigaretten und Gesprächen über Gott und die Welt. Charly ist so etwas wie eine chaotische Optimistin, die sich zu viele Sorgen macht, Single, manchmal einsam, aber nicht unglücklich. Dennoch – zur Zeit fühlt sie sich in der Eintönigkeit gefangen, aber aus eigenem Antrieb schafft sie keinen Neubeginn. Bis mehrere Dinge gleichzeitig geschehen: von ihrer Schwester Sybille hatte sie zum Geburtstag einen Gutschein für die Teilnahme an einer Familienaufstellung bekommen, doch Charly hatte keine Absicht, hinzugehen. Nun trifft sie mit Herrn Schabowsky die Vereinbarung, an dieser Familienaufstellung teilzunehmen, wenn er im Gegenzug dringend notwendige ärztliche Untersuchungen machen lässt, bei denen sie ihn begleitet. Beides setzt völlig unvorhersehbare Ereignisse in Gang.

Thema und Genre

Im Mittelpunkt dieses Romans steht eine eigenwillige, moderne Frau, die sich ihren vielen Fragen und Themen zu stellen versucht. Es geht um Freundschaft, Familie, Beziehungen, Liebe in vielen Facetten, kurz, um die bunte, manchmal verwirrende Vielfalt des Lebens.

Charaktere

Charly isst nicht Schokolade, sondern verkohlte Croissants zum Frühstück, dazu Kaffee und Zigaretten. „Fazit: Mein Leben sah nicht gut aus. Verzehrte Croissants: fünf. Zigaretten: viele. Fertig.“ (Zitat Pos. 320) Sie ist vielleicht nicht perfekt, dafür unwiderstehlich und liebenswert, man wünscht sie sich sofort als BFF, ab der ersten Seite dieses Romans.

Handlung und Schreibstil

Charly Benz ist eine chaotische Ich-Erzählerin, die in Bezug auf ihre Person gerne mal untertreibt. Der Handlungsrahmen umfasst etwa ein Jahr, verläuft nicht unbedingt chronologisch, alles andere wäre bei dieser Ich-Erzählerin auch eher erstaunlich. Ergänzungen durch viele Erinnerungen und Rückblenden lassen Raum für eigene Überlegungen und ergeben in Verbindung mit den aktuellen Ereignissen ein sehr gelungenes Gesamtbild. Die Sprache passt perfekt zu dieser eigenwilligen Hauptfigur.

Fazit

Moderne Frauenliteratur, die zeigt, was in diesem Genre möglich ist, überzeugend und sehr erfrischend, weil ohne Protagonistinnen, die in jammerndem Selbstmitleid versinken. Eine originelle, einfühlsame und positive Geschichte von unglaublich komisch, schräg, skurril bis zu ernst, traurig, nachdenklich – bittersüß, wie das Schokoladekonfekt im Titel.

Kangal – Anna Yeliz Schentke

AutorAnna Yeliz Schentke
Verlag S. FISCHER Verlag
Erscheinungsdatum 9. März 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten208
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3103970814

 „Wir mussten andere werden, um sagen zu können, war wir dachten. Lieber eine andere sein, als keine Stimme zu haben. Als Kangal wurde ich nicht als ich und nicht als Frau erkannt.“ (Zitat Pos. 106)

Inhalt

Dilek hat mit Freundin Sinai Geografie studiert. Als Sinais Freund Baran verhaftet wird, fürchtet Dilek, dass ihre Identität aufgedeckt wird, unter der sie kritische Artikel im Netz veröffentlicht. Heimlich fliegt sie nach Frankfurt, nicht einmal ihren Freund Tekin hat sie eingeweiht. Dileks Cousine Ayla lebt mit ihrer Familie in Frankfurt, doch nach einem Streit der beiden Mütter vor vielen Jahren wurde der Kontakt bewusst abgebrochen. Dilek meldet sich bei Ayla, doch sie ist misstrauisch geworden und weiß nicht, ob sie ihr trauen kann. In Istanbul ist Tekin immer noch überzeugt, dass sie vorsichtig genug waren, um nicht entdeckt zu werden, und dass Dilek es bereuen wird, nach Deutschland gegangen zu sein.

Thema und Genre

Ein Thema ist die politische Situation in der Türkei, denn die Politik der letzten Jahre wird auch in Deutschland beobachtet, und die Meinung dazu entzweit die Menschen dort wie hier bis in die Familien. Doch es geht vor allem um eine junge Generation, die nach ihrer Identität und Zukunft sucht, um mutige junge Frauen, die ihren eigenen Weg gehen wollen, notfalls über Umwege. Auch die Bedeutung der Familie und der Familienstrukturen zwischen traditionell und modern sind ein Thema.

Charaktere

Es sind drei Hauptfiguren, Dilek, Ayla und Tekin, die abwechselnd ihre Sicht der Dinge schildern. Ayla will einerseits die Erwartungen ihrer Eltern erfüllen, doch ihre eigenen Pläne für ihre Zukunft gibt sie nicht auf. Tekin ist im Netz gegen die Einschränkungen der persönlichen und der Meinungsfreiheit aktiv, er ist wachsam und vorsichtig, aber er unterscheidet zwischen Furcht und Angst und trifft keine voreiligen Entscheidungen. Dilek flieht nach Deutschland, weil sie Angst hat, verhaftet zu werden, doch sie fühlt sich auch in Deutschland nicht sicher und fragt sich, ob es richtig war, nach Frankfurt zu kommen. „Heute denke ich, ich hatte keine Wahl, morgen frage ich mich, ob ich nicht ein Feigling bin und es mir einfach mache, jetzt und hier.“ (Zitat Pos. 283)

Handlung und Schreibstil

„Seien sie sich bewusst, dass regierungskritische Äußerungen in sozialen Medien, auch wenn sie länger zurückliegen, aber auch das Teilen oder Liken eines fremden Beitrages Anlass für strafrechtliche Maßnahmen der türkischen Sicherheitsbehörden sein können.“ (Zitat Pos. 44) Diese Aussage bringt uns mitten in die Ereignisse. Die Handlung spielt in einem kurzen Zeitraum in der Gegenwart. Ergänzt wird sie durch Rückblicke, jede der Hauptfiguren erinnert sich an prägende persönliche Erfahrungen. Die Autorin erzählt die Geschichte in kurzen Kapiteln, im raschen Wechsel zwischen den drei Hauptfiguren. Die in der Überschrift des Kapitels genannte Figur wird im jeweiligen Kapitel zur Ich-Erzählerin, zum Ich-Erzähler. Ähnlich schnörkellos wie dieser straffe Aufbau ist auch die Sprache, während die Themen und Problematiken breit gefächert sind. Spannung entsteht durch die Entscheidungen und die vielen damit verbundenen Konflikte und Fragen.

Fazit

Kangal ist einerseits ein politischer Roman, es ist jedoch auch ein präziser Blick auf die aktuellen Themen unserer Gesellschaft, besonders die Situation der jungen Menschen zwischen Familientradition und Aufbruch, zwischen Türkei und Deutschland. In dieser Geschichte sind es vor allem die jungen Frauen, die selbstbewusst ihren eigenen Weg gehen wollen.

Spitzweg – Eckhart Nickel

AutorEckhart Nickel
Verlag Piper Verlag
Erscheinungsdatum 28. April 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten256
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492071437

„Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich gerne über einen Speicher in meinem Gehirn verfügen, der alle Momente versammelt, in denen ich Menschen, Orte und Dinge zum ersten Mal gesehen habe, die später im Leben für mich wichtig werden.“ (Zitat Pos. 473)

Inhalt

Bevor der jugendliche Ich-Erzähler Carl kennenlernt, den Neuen in der Klasse, der mit niemandem spricht, etwas abgehoben in seiner eigenen Welt zu leben scheint, konnte er mit Malerei nichts anfangen. Dann kommt der Tag, an dem die Kunstlehrerin in ihrer Unterrichtsstunde das Selbstporträt der sehr talentierten Schülerin Kristen mit einer rüden Bemerkung kritisiert. Carl überredet den zunächst zögernden Ich-Erzähler, der Zeichenlehrerin eine Lektion zu erteilen. Kirsten verschwindet, nur ein von ihr gezeichnetes Bild in Anlehnung an Millais Ophelia bleibt zurück. Doch anders als besprochen, verschwindet das Mädchen tatsächlich und die beiden Freude begeben sich auf die Suche.

Thema und Genre

In diesem Coming-of-Age Roman geht es um die Kunst, vor allem um die Ausdrucksformen der Malerei als Spiegel und Interpretation der Wirklichkeit, um Literatur, Psychologie, Freundschaft und die erste Liebe in dieser besonderen Zeit zwischen Kindheit und Erwachsenenleben, wo die Suche danach, wer man ist und wer man sein will, gerade erst beginnt.

Charaktere

Carl ist ein selbstbewusster junger Mann, er zelebriert sein Auftreten gleich einem modernen Romantiker unserer Zeit, beschäftigt sich intensiv mit der Malerei, besonders mit den Bildern des Malers Carl Spitzweg. Der junge Ich-Erzähler ist das genaue Gegenteil, er zieht sich zu Hause meistens sofort in sein Zimmer zurück, blickt aus dem Fenster und versinkt träumend in den Beobachtungen der Natur. Dies ändert sich durch seine Freundschaft mit Carl. „Ich litt unter der schmerzlichen Abwesenheit des Besonderen. Nur in der Kunst schien alles besonders, Carl konnte es sehen und erklären.“ (Zitat Pos. 2746)

Handlung und Schreibstil

Der junge Ich-Erzähler schildert die Ereignisse, die dieser besonderen Zeichenstunde folgen, im Kern chronologisch, doch mit vielen Unterbrechungen, psychologischen Betrachtungen, genauen Beobachtungen einer möglichen Realität. So ist der Ich-Erzähler ist ein unverlässlicher Erzähler, in den manchmal beinahe verzweifelten Versuchen, aus der empfundenen Langeweile seines Lebens auszubrechen, mit allen Unsicherheiten seiner jungen Jahre, führt er uns durch surreale, skurrile Schein- und Traumwelten. Die intensiven Gespräche mit seinem kunstbegeisterten Freund Carl, dessen an Monologe grenzenden  Erklärungen über die Fähigkeit der Kunst, eine ästhetische, oft auch bei genauem Hinsehen kritische Variante der Realität anzubieten, umgeben und ergänzen facettenreich die Kernhandlung. Die Sprache bringt die poetischen bis ausufernden Satzgebilde der Romantik in die Gegenwart unserer Zeit.

Fazit

Ein trotz der surrealen Vielfältigkeit leiser, poetischer Roman über das Erwachsenwerden, die damit verbundenen verwirrenden Fragen mit der Suche nach philosophischen Antworten,  und gleichzeitig ein intensiver Ausflug in die Malerei zwischen Biedermeier und Romantik.

Österreichischer Buchpreis 2022 – Herausgeber: Österreichischer Buchpreis

Verlag Österreichischer Buchpreis
Erscheinungsdatum 6. September 2022
FormatTaschenbuch
Seiten
SpracheDeutsch
ISBN2773519332657

„Er verfolgt das Ziel, die Qualität und die Eigenständigkeit der österreichischen Literatur zu würdigen du ihr im deutschsprachigen Raum erhöhte Aufmerksamkeit zu verschaffen.“ (Zitat Pos. 1124)

Inhalt

Dieser wichtige Preis wurde in Österreich 2016 zum ersten Mal vergeben. 2022 haben 58 Verlage insgesamt 110 Titel eingereicht, für den Debütpreis haben 18 Verlage 23 Erstlingswerke eingereich. Insgesamt bewarben sich somit 133 Werke aus den Bereichen Belletristik, Lyrik, Drama und Essay. Der vorgeschriebene Erscheinungstermin liegt zwischen dem 8. Oktober 2021 und dem 11. Oktober 2022. Nicht nur 35 Verlage aus Österreich haben Titel eingereicht, sondern auch 26 aus Deutschland und ein Verlag aus der Schweiz.

Gestaltung

Die zehn nominierten Titel der Longlist werden in alphabetischer Reihenfolge der Namen der Autoren und Autorinnen mit einer Leseprobe vorgestellt. Die jeweilige Überschrift trägt den Autorennamen, den Titel und die Kategorie. Am Ende der Leseprobe werden diese Angaben wiederholt und mit dem Namen des Verlages, sowie dem Erscheinungsjahr ergänzt. Es folgen die Leseproben der drei Titel der Shortlist Debütpreis. Anschließend an die Leseproben finden sich ausführliche Porträts der Autoren und Autorinnen mit Foto und Lebenslauf, ebenfalls in alphabetischer Reihenfolge, gefolgt von den Porträts der Jurymitglieder. Den Abschluss der Broschüre bilden die Informationen über die Bücher selbst, Coverfoto, Verlag, Anzahl der Seiten und Preis. Auch hier wird die alphabetische Reihenfolge nach Autoren- und Autorinnenname beibehalten, allerdings sind die Werke wieder nach Longlist 2022 und Shortlist Debüt 2022 getrennt.

Fazit

In österreichischen Buchhandlungen liegt die Broschüre in gedruckter Form auf. Ich lebe in Deutschland und bin daher dankbar, dass sie auch auf NetGalley Deutschland in elektronische Form kostenlos zur Verfügung gestellt wird, in dieser Form habe ich sie gelesen. Es ist ein sehr interessanter, informativer Überblick über die nominierten Werke. Die ausführlichen Leseproben sind eine perfekte Entscheidungshilfe für die eigene Wunschliste. Manche der Bücher sind bekannt, finden sich schon auf der deutschen Longlist, wir finden auch 2022 Neuerscheinungen von sehr bekannten Schriftstellern und Schriftstellerinnen, Namen, deren frühere Werke in vergangenen Jahren nominiert waren. Nicht nur auf der Debütliste fand ich aber auch mir unbekannte Titel, die schon bei der Leseprobe auf Grund der Themen und der Art zu schreiben meine Neugierde und entsprechende Wünsche weckten. Ich kann mich nicht erinnern, in einem der früheren Jahre bei einer Longlist-Leseprobe schallend gelacht zu haben. Ich finde die Vielfalt der österreichischen Buchpreis-Liste 2022, es ist auch ein Lyrikband dabei, wieder sehr gelungen.

Bullet Train – Kotaro Isaka

AutorKotaro Isaka
Verlag HOFFMANN UND CAMPE VERLAG
Erscheinungsdatum 2. April 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten384
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatja Busson
ISBN-13978-3455013221

„Am Ausstieg wartete ein kleiner Mann mit Schiebermütze. Er sah aus wie ein Privatdetektiv aus dem Krimi. Der Zug stand, aber die Türen blieben zu.“ (Zitat Pos. 345)

Inhalt

Der Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen ist auf dem Weg von Tokio nach Morioka, an Bord befinden sich einige sehr spezielle Fahrgäste. Die Zitrusfrüchte Tangerine und Lemon haben gerade Minegishi, den einzigen Sohn des mächtigen, skrupellosen Yoshio Minegishi, aus der Gewalt seiner Entführer befreit und sollen ihn zu seinem Vater zurückbringen, zusammen mit dem Koffer mit dem Lösegeld, den sie auftragsgemäß auch wieder mitgenommen haben. Denn der Auftrag lautete klar: „Sohn, Lösegeld, Täter“. Doch an Bord dieses Shinkansen sind auch noch ein Marienkäfer, ein Wolf und eine Wespe mit unterschiedlichen Aufträgen. Mittendrin ein Prinz, der sein eigenes Spiel spielt und jemand, dem genau dieses Spiel überhaupt nicht gefällt.

Thema und Genre

Ein moderner japanischer Thriller.

Charaktere

Diese Geschichte wird vor allem von den unterschiedlichen Figuren getragen, wobei es keine klassischen Guten und Bösen gibt, sondern interessante, skurrile Figuren in allen Grauschattierungen. Kaltblütige Killer, wenn es darauf ankommt, gleichzeitig aber mit liebenswerten Eigenheiten, teilweise tollpatschig, aber auch das perfide Böse, perfekt unter überzeugender Harmlosigkeit getarnt – hier finden wir sie alle.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt in den wenigen Stunden einer Fahrt in einem Hochgeschwindigkeitszug. Die aktuelle Handlung wird durch Details aus vergangenen Ereignissen ergänzt. Die Hauptfiguren stehen abwechselnd im Mittelpunkt einer Episode, das entsprechende Kapitel trägt den jeweiligen Namen als Überschrift. Es ist eine sehr ungewöhnliche Idee, die in dieser Geschichte umgesetzt wird, und man fragt sich in manchen sehr verwickelten, verworrenen Situationen und überraschenden Wendungen, wie der Autor diese vielen Knoten wieder entwirren und auflösen wird. Bleibt die Handlung innerhalb dieser von Grund auf schon skurrilen, originellen Geschichte dann noch klar und nachvollziehbar? Ja, dies ist dem Autor meiner Meinung nach gelungen. Wenn Killer mit unterschiedlichen Aufträgen und Interessen plötzlich aufeinandertreffen, dann geht es nicht ohne Verluste ab. Doch der Autor verliert sich nicht, wie oft in Actionthrillern, seitenlang in blutigen Details, sondern hier finden die Todesfälle leise und schnell statt. Für mich eine weitere Stärke dieses Autors.

Fazit

Ein moderner, sehr origineller japanischer Thriller. Der knappe Zeitrahmen sorgt für eine rasante Geschichte, deren Spannungsbogen manchmal durch sich im Kreis drehende Dialoge und psychologische Betrachtungen etwas abgeflacht wird. Gleichzeitig jedoch steigert dies die Neugierde auf das Ende dieser krassen Bahnreise. Ein schräges, unterhaltsames Lesevergnügen.

Simón – Miqui Otero

AutorMiqui Otero
Verlag Verlag Klett-Cotta
Erscheinungsdatum 20. August 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten448
SpracheDeutsch
ÜbersetzungMatthias Strobel
ISBN-13978-3608980745

„Du kannst sein, wer immer du sein willst, aber vergiss nie, wer du bist.“ (Zitat Position 4524)

Inhalt

Rico, Simóns Cousin, ist zehn Jahre älter und wie ein Bruder für Simón, sein Beschützer und großes Vorbild, so lange er denken kann. Der beste Tag für den jungen Simón ist immer der Sonntag, denn an diesem Tag bringt ihm Rico ein Buch mit, das Simón suchen muss, bevor er sich in die spannenden Abenteuer von neuen Helden vertiefen kann. Bis Rico eines Tages im Sommer 1992 spurlos verschwindet und Simón nach Jahren des Suchens lernen muss, seinen eigenen Weg zu finden und dass die Abenteuer seiner edlen Romanhelden nicht immer den Weg in das wirkliche Leben finden. „Manchmal muss man fortgehen, um nach Hause zurückkehren zu können. Manchmal kann man vielleicht nicht an einen Ort zurückkehren, aber sehr wohl zu einem Menschen.“ (Zitat Pos. 4808)

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um das Leben und Schicksal einer großen Familie in Barcelona, um das Aufwachsen am Stadtrand in bescheidenen Verhältnissen. Vor allem jedoch geht es um Träume, Hoffnungen, Freundschaft, Liebe und um die Kraft der Literatur. Ein wichtiges Thema sind auch die politisch wechselvollen Jahre der lebhaften Stadt Barcelona, die sich 1992 euphorisch als Austragungsort der olympischen Sommerspiele präsentiert, und mehr als zwanzig Jahre später heftige Krisenjahre durchlebt.

Charaktere

Die Hauptfigur in dieser Geschichte ist Simón, dessen Leben wir von seiner Kindheit bis in seine Erwachsenenjahre Mitte dreißig folgen. Er ist ein Träumer, der sich mit den Helden seiner Abenteuerromane identifiziert, sie ins eigene Leben holt. „Der Zufall bringt das Leben durcheinander, die Fiktion hingegen ordnet es“ (Zitat Pos. 5461) Genau solche Zufälle bringen auch Simóns Pläne und Leben öfter als nur ein Mal durcheinander, und es sind die Frauen, besonders seine Lebensfreundin Estela, die ihn erden. Es ist eine Geschichte von Helden, die auch manchmal scheitern dürfen, und von den starken Frauen an ihrer Seite.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte umfasst, ergänzt durch Rückblenden und Erinnerungen, die Jahre zwischen 1992 und 2018 und wird chronologisch erzählt. Die Handlung ist facettenreich und von der ersten Seite an packend. Der Autor wählt, was in modernen Romanen inzwischen eher selten geworden ist, die Erzählstimme eines allwissenden Erzählers, was mit die sprachliche Faszination dieses Buches ausmacht. Diese Erzählform unterstützt die poetische, bildintensive Sprache, erlaubt dem Autor, auch tief in die Gedanken und Gefühle seiner Figuren einzudringen und künftige Entwicklungen anzudeuten, was die Handlung manchmal in Magie hüllt, die dennoch in der Realität besteht.

Fazit

Ein wunderbar dichter, intensiver und auch magischer Roman, eine Mischung aus Coming-of-Age-Geschichte, Familienroman und Roman der Stadt Barcelona, in dem auch die Kraft der Literatur eine wichtige Rolle spielt.

Das letzte Grab: Ein Fall für Carla Winter – Lukas Erler

AutorLukas Erler
Verlag Tropen
Erscheinungsdatum 20. August 2022
FormatBroschiert
Seiten288
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3608501698

„Eine sanftmütige Schwester, ein verrückter Archäologe, eine rotzfreche Sekretärin und ein kurdischer Kriminelle. Dream Team!“ (Zitat Pos. 1293)

Inhalt

Im April 2003 wird in Bagdad von Aufständischen ein Museum geplündert. Im März 2019 erhält die Anwältin Carla Winter einen Anruf vom türkischen Generalkonsulat. Diesmal geht es jedoch um keine Strafverteidigung, sondern um Felix Winter, mit dem sie bis vor sieben Jahren verheiratet gewesen war. Er hatte in der Türkei einen tödlichen Autounfall. Als sie an diesem Tag nach Hause kommt, ist ihr Haus verwüstet und der Mann, mit dem sie die vorhergehende Nacht verbracht hatte, liegt ermordet im Schrank. Beim Begräbnis von Felix spricht sie ein angeblicher Freund ihres Ex-Mannes an und fragt nach einem Paket, das per Kurierdienst zu ihr gekommen sein müsste und dann wird auch Carla bedroht. Es geht um eine wertvolle antike Statue. Sie braucht dringend Antworten und die wird sie nur vor Ort in der Türkei finden.

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman geht es um eine toughe Strafverteidigerin und das internationale, lukrative Geschäft mit geraubten antiken Kunstwerken.

Charaktere

Carla Winter ist eine erfahrene Strafverteidigerin und spezialisiert auf „how to get away with everything“-Fälle. Doch diesmal betreffen die Ereignisse sie auch persönlich und es wird sehr gefährlich. Dennoch gibt sie nicht auf, bis sie die Zusammenhänge herausgefunden hat.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte beginnt mit einem kurzen Prolog im Jahr 2003. Die aktuelle Handlung beginnt im März 2019 in Frankfurt und führt uns chronologisch rasant weiter bis in den Oktober 2019. Handlungsorte sind Deutschland und die Türkei. Bald folgt ihr nicht nur ein Killer, sondern sie gerät zwischen die Fronten von internationalen Verbrecherorganisationen, doch auch die Polizei und Interpol verfolgen interessiert jeden ihrer Schritte. Als sie Hilfe sucht und auch findet, beginnen erst die Überraschungen und unvorhersehbaren Wendungen. Der Autor nimmt sich Zeit für die Entwicklung seiner Figuren, die dadurch authentisch handeln und auch interessante, lebhafte Schilderungen der Handlungsorte fehlen nicht. In Verbindung mit weiteren Details in Form von Rückblicken und Erinnerungen ergibt dies eine sehr spannende Geschichte, die überzeugt.

Fazit

Ein facettenreicher, packender Page-Turner mit einer sympathischen Hauptfigur und weiteren, interessanten Figuren. In Verbindung mit überraschenden Wendungen bis zur letzten Seite ergibt dies in der Summe ein sehr spannendes Lesevergnügen. 

Die Nackten fürchten kein Wasser: Eine Reise mit afghanischen Flüchtlingen – Matthieu Aikins

AutorMatthieu Aikins
Verlag HOFFMANN UND CAMPE VERLAG
Erscheinungsdatum 2. August 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten400
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinBarbara Schaden
ISBN-13‎978-3455015133

 „Ich war zuversichtlich, dass wir Afghanistan in jedem Fall gemeinsam verlassen würden. Und mit unserer Flucht würde sich ein Kreis schließen, denn seitdem wir uns kannten, meinte ich, eine Parallelwelt im Verlauf unseres jeweiligen Lebens zu erkennen.“ (Zitat Pos. 183)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist der Tatsachenbericht einer Flucht, teilweise geführt von Schleusern, mehrmals gefasst und zurückgeschickt. Millionen von Flüchtlingen nehmen diesen gefährlichen Weg durch die Wüste, über Gebirgspfade in die Türkei und dann über das Meer bis nach Griechenland auf sich.

Omar, ein afghanischer Journalist und Übersetzer, hatte in Afghanistan einige Jahre lang als Dolmetscher für die USA gearbeitet und als er den Entschluss fasst, sein Land zu verlassen, sucht er daher um ein Special Immigrant Visa für Amerika an. Sein Ansuchen wird abgelehnt und so bleibt nur die Schleuserroute nach Europa. Seit 2009 ist er mit dem Journalisten und Kriegsberichterstatter Matthieu Aikins befreundet und dieser beschließt spontan, seinen Freund zu begleiten, ebenfalls als afghanischer Flüchtling und mit einer passenden, genau einstudierten Identität. Dies war im August 2015, im Juli 2016 fällt die endgültige Entscheidung zum Aufbruch. Der ursprünglich geplante Flug nach Istanbul mit einem gekauften Visum im Pass ist jedoch nicht mehr möglich. Dies bedeutet Plan B. Ende August 2016 treten sie den ersten Abschnitt ihrer Reise an: viereinhalbtausend Kilometer über Land, von Kabul aus durch den Iran nach Istanbul.

Umsetzung

Die Geschichte ist in vier große Teile gegliedert: Der Krieg – Der Weg – Das Lager – Die Stadt. Beginnend mit einem kurzen Abschnitt über Geschichte der Familien von Omar und Matthieu und prägende Kindheitserlebnisse, berichtet der Journalist chronologisch über den Verlauf der Reise. Täglich spricht er seine Notizen über den Ablauf und die Ereignisse des Tages auf sein Smartphone und ergänzt diese mit Fotos und Videos. Wo sich ihre Wege zwischendurch trennen, schildert er seine eigenen Erlebnisse und ergänzt diese später mit Omars Erzählungen. Dieser Bericht zeigt auch die Hilfsbereitschaft und den Zusammenhalt, die ihnen begegnen, unter den Flüchtlingen, aber auch von unerwarteter Seite. Auch die Tätigkeit der Schleuser sieht man nach diesem Buch wohl etwas differenzierter. Ergänzt wird die Geschichte ihrer gefährlichen Reise durch Fakten und Daten aus aktuellen Forschungsberichten und Expertenarbeiten, aus Berichten über die politischen Hintergründe, Entscheidungen und Gesetze dieser Jahre und ihre Auswirkungen. Im Anhang folgt ein Namens- und Literaturverzeichnis mit ausführlichen Quellenangaben aller Zitate.

Fazit

Gerade die sachliche, empathische Sprache dieses packenden Tatsachenberichtes prägt sich ein und führt zu einem besseren Verständnis dafür, welche Strapazen und Lebensgefahren jeder Flüchtling voller Zukunftsträume und Hoffnungen auf sich nimmt, wenn das Leben in der Heimat unmöglich geworden ist.

Der gute Hirte: Ein Fall für Taifun Çoban – Cornelius Hartz

AutorCornelius Hartz
Verlag Ullstein Taschenbuch
Erscheinungsdatum 28. Juli 2022
FormatTaschenbuch
Seiten288
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3548066295

„Die Farben des Fotos waren ausgeblichen, der Abzug war definitiv älteren Datums. Soweit er das beurteilen kann, mussten Kleidung und Frisuren aus den Siebzigern stammen.“ (Zitat Pos. 901)

Inhalt

Taifun Çoban leitet beim LKA Kiel die Abteilung für Identitätsfeststellung von unbekannten Toten. Daher wird der Kommissar selten in Dörfer wie Harmsbüttel gerufen, wo meistens alle einander kennen. Doch hier ist es anders. Niemand kennt den unbekannten Toten, der zufällig am 10. Mai 2021 im Kellerfundament des geplanten neuen Hauses der Familie Landmann gefunden wird. Am 13. Mai 2021 trifft Taifun Çoban daher in Harmsbüttel ein, um gemeinsam mit Polizeihauptmeister Raimund Wernersen, dem Polizisten vor Ort, und der Kriminalkommissarin Fanta Braun von der Kripo Ratzeburg zu ermitteln. Çoban kennt den Ort Harmsbüttel im Zusammenhang mit einem Cold Case, der vor nunmehr einundvierzig Jahren stattgefunden hat. Ein kleiner, verschlafener Ort, zwei Gewaltverbrechen, gibt es eine Verbindung zwischen den beiden Fällen, fragt sich Çoban.

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman, der in Norddeutschland spielt, geht es um die Ermittlungsarbeit in einer geschlossenen Dorfgemeinschaft, um prägende Kindheitserinnerungen und ihre Folgen.

Charaktere

Taifun Çoban ist Deutscher, doch seine türkischen Wurzeln sind offensichtlich und dies führt in Harmsbüttel zu einigen Missverständnissen, was Çoban meistens mit Humor nimmt, ein bemühtes „Salam Aleikum“ beantwortet er mit einem knappen „Moin“. Er ist ein intensiver, kreativer Ermittler und weiß, zusammen mit der toughen Fanta Braun und dem etwas bequemen Raimund Wernersen wird er irgendwo das Schweigen der Dorfbewohner durchbrechen können und das Rätsel lösen.

Handlung und Schreibstil

Die drei unterschiedlichen Handlungsstränge, die einander abwechseln, spielen in der Vergangenheit, im Mai 2021 und einige Zeit später. Dies macht die Geschichte interessant und gibt uns Lesenden Hinweise und Details für eigene Vermutungen. Doch obwohl man vielleicht manche Zusammenhänge erkennt, sorgt der Autor bis zum Schluss für Überraschungen, wobei die Geschichte im Bereich des Logischen und Nachvollziehbaren bleibt. Es ist ein interessanter, sehr gut aufgebauter Fall mit brisanten Hintergrundthemen. Die Sprache passt zum Genre, ist sehr angenehm und spannend zu lesen und wird durch Szenen mit einem humorvollen Augenzwinkern aufgelockert.

Fazit

Ein interessanter Fall, eine sehr gut und schlüssig aufgebaute Handlung mit zeitlos aktuellen Themen und eigenwillige Charaktere, die während der gemeinsamen Ermittlungen ein originelles Team in einem ebenso originellen Umfeld ergeben.

Mörderisches Madeira: Comissário Torres löst seinen zweiten Fall – Tomás Bento

AutorTomás Bento
Verlag Ullstein Taschenbuch
Erscheinungsdatum 27. Mai 2022
FormatTaschenbuch
Seiten368
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3548064208

„Ich weiß, dass er kein Mörder ist, doch im Augenblick ist er der Hauptverdächtige. Ich muss herausfinden, was wirklich geschehen ist, aber alle offiziellen Wege sind mir versperrt. (Zitat Pos. 1311)

Inhalt

Laura Flemming kehrt auf die Insel Madeira zurück. Es ist April, der Sommer liegt vor ihr und der Verlag wartet auf ihren nächsten Kriminalroman. Sie hatte gehofft, dass sie vom Flughafen in Funchal abholen würde, doch dieser wurde gerade zu einem neuen Mordfall gerufen. Sabotage und ein Toter in einer Brennerei in Prazeres und Laura hofft sofort auf Ideen für ein neues Buch. Doch die Brennerei gehört Mauricios älteren Bruder Alexandro und dieser ist in den Augen der neuen Staatsanwältin der Hauptverdächtige. Damit wird Mauricio der Fall entzogen. Rasch zeigt sich, das jemand es auf die gesamte Familie Torres abgesehen hat und Mauricio braucht Lauras Hilfe, um verdeckt weiter ermitteln zu können.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman, Band zwei einer Serie, spielt auf der bekannten portugiesischen Insel Madeira. Es geht um Geschäftsbeziehungen, Familie und natürlich auch um die Liebe.

Charaktere

Comissário Mauricio Torres und die Krimiautorin Laura Flemming sind auch in diesem zweiten Fall ein engagiertes Ermittlerteam. Die Figuren wirken authentisch, ihre Handlungen nachvollziehbar. Leichte Längen ergeben sich durch Lauras sich zu oft wiederholende, sich wie im Kreis bewegende Überlegungen, die Ehe mit ihrem untreuen Ehemann zu retten, einen Neubeginn zu versuchen. Persönlich zögerliche Frauenfiguren wie Laura finden sich sonst eher bei Autorinnen und kaum bei Autoren.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung spielt in einem knappen, aktuellen Zeitraum auf Madeira und wird durch erklärende Rückblenden ergänzt. Die Geschichte ist spannend, entspricht dem Genre Kriminalroman und regt zu eigenen Überlegungen, die Tatperson betreffend, an. Lebhafte Beschreibungen des Frühlings auf der Blumeninsel Madeira, der portugiesischen Lebensart und Gastfreundschaft malen sofort Urlaubswünsche in die Gedanken. Der Schreibstil entspricht dem Unterhaltungsgenre und ist angenehm zu lesen. Bei dem Autor Tomás Bento könnte es sich auch um ein Pseudonym zu handeln, denn seine Identität beruht ausschließlich auf den Angaben des Verlages.

Fazit

„Doch mit ein paar atmosphärisch dichten Beschreibungen war es ja nicht getan. Ihr Genre war zwar der locker erzählte Urlaubskrimi, doch auch dieser brauchte eine solide Kriminalgeschichte.“ (Zitat Pos. 576) Besser als mit Laura Flemmings Aussage kann man diesen Kriminalroman nicht beschreiben.

Mary Shelley: Freiheit und Liebe – Barbara Sichtermann

AutorBarbara Sichtermann
Verlag Osburg Verlag
Erscheinungsdatum 22. Februar 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten300
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3955102777

„Zu ihrer Liebe gehörten auch der Geist, die Lektüre und das Schreiben, gehörte die schaffende und interpretierende Arbeit an Texten, und damit sparten sie nicht.“ (Zitat Pos. 825)

Inhalt

1814 bricht Mary Godwin, erst sechzehn Jahre alt, mit ihrer großen Liebe, dem Dichter Percy Bysshe Shelley, heimlich nach Frankreich auf, obwohl dieser verheiratet ist. Ihre Stiefschwester Claire Clairmont begleitet die beiden auf ihren Reisen durch Europa. Es ist ein unruhiges Leben, oft geprägt von Geldsorgen, das diese beiden unangepassten, zutiefst dem liberalen Gedanken verbundenen Künstler führen. Den Sommer 1816 verbringen sie am Genfer See, in der Gesellschaft des damals schon berühmten Dichters Lord Byron, der dort für sich und den Schriftsteller und Arzt John Polidori die Villa Diodati gemietet hat. Es ist ein kalter, verregneter Sommer. Die dunklen, nur von Gewitterblitzen erhellten Abende in der Villa Diodati verbringen sie mit Diskussionen und dem gemeinsamen Lesen von Schauergeschichten. Dann hat Lord Byron die Idee zu einem Wettbewerb, wer von ihnen schreibt die beste Schauer- oder Gespenstergeschichte. So entstehen zwei Werke, welche Jahrhunderte prägen sollten: The Vampyre von John Polidori, ursprünglich Lord Byron zugeordnet und Frankenstein or The Modern Prometheus von Mary Shelley, anonym erschienen und ursprünglich Percy B. Shelley zugeordnet. 1822 stirbt Percy bei einem Segelunfall und Mary kehrt mit ihrem Sohn nach England zurück, wo sie sich bewusst entscheidet, als unabhängige Schriftstellerin vom Schreiben leben zu wollen.

Thema und Genre

Diese Romanbiografie schildert das Leben einer eigenwilligen, ihren Idealen verbundenen Frau. Beim Lesen sollte man immer vor Augen haben, wann diese Ereignisse stattgefunden haben, nämlich während der ersten zwanzig Jahre des 19. Jahrhunderts, und damit war sie ihrer Zeit weit voraus.

Charaktere

Die biografischen Daten und Quellenangaben zeigen die intensive Recherchearbeit der Autorin und ergeben so nachvollziehbare, authentische Darstellungen der einzelnen Personen, ihrer Handlungen und ihres Lebens.

Handlung und Schreibstil

Mary Godwin, geboren am 30. August 1797 in London, ist die Tochter des Philosophen William Godwin und der bekannten Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Mary Wollstonecraft. Ihre Mutter stirbt jedoch wenige Tage nach der Geburt und Marys Leben ist durch ihre strenge Stiefmutter oft schwierig, bis Mary auf den charmanten Freigeist Percy Bysshe Shelley trifft, einen Bewunderer ihres Vaters. Damit beginnt das turbulente, unabhängige, aber niemals einfache Leben der Schriftstellerin Mary Shelley. Diese Romanbiografie folgt ihrem Leben chronologisch, beschreibt auch die persönlichen Rückschläge durch tragische Verluste, Perioden, in denen sie nur das Schreiben und ihr Wille aus drohenden Depressionen ziehen. Auf Grund der genauen Daten, Originalzitate und Textauszüge, der umfangreichen Recherchen, Quellenangaben und Sekundärliteratur würde ich dieses Buch als Biografie, verfasst in einer sehr angenehm zu lesenden Romansprache beschreiben. Die Spannung liegt im Leben von Mary Shelley selbst, auch hier musste nicht fiktiv nachgeholfen werden.

Fazit

Eine sehr gut recherchierte Biografie, verfasst in der angenehm zu lesenden Sprache eines Romans. Mary Shelley war eine starke Frau, in ihren Ansichten ihrer Zeit weit voraus, und ihr Leben verlief in der Realität schon so packend und facettenreich, dass nichts hinzugedichtet werden muss, um alle Wünsche nach einer interessanten, spannenden Lektüre zu erfüllen.

Die Buchhandlung in der Amalienstraße – Heidi Rehn

AutorHeidi Rehn
Verlag Ullstein eBooks
Erscheinungsdatum 28. April 2022
FormatKindle Ausgabe
Seiten464 Seiten (Printversion)
SpracheDeutsch
ASINB09LNTD11X

„Die Zeiten ändern sich gerade grundlegend, und wir beide stecken mittendrin. Im letzten Herbst wurde hier in München der Schriftstellerinnen-Verein gegründet, jetzt waren wir auf einer Versammlung mit Rosa Luxemburg, was erwartet uns wohl als Nächstes?“ (Zitat Pos. 1853)

Inhalt

1910 ist Elly (Eleonore) Grafenstetter sechzehn Jahre alt, doch sie weiß genau, was sie will: sie will Buchhändlerin werden, nicht von einem Ehemann versorgt werden, sondern auf eigenen Beinen stehen. 1913 tritt Elly in der Buchhandlung von Theres und Ruth Lämmle in Münchner Amalienstraße ihre Lehrstelle an und auch ihre beste Freundin Henni wird dort als Ladenhilfe eingestellt. Diese Buchhandlung bietet als Schwerpunkt Münchner Literatur an, vor allem aber auch Literatur von Frauen für Frauen, und so kommen Elly und Henni bald mit der modernen Frauenbewegung in Kontakt. Doch dann beginnt der Krieg, ihre Freunde Leo und Zacherl melden sich freiwillig, und wer soll noch Bücher kaufen, wenn das Geld nicht für das nötigste Essen reicht? Es gibt kaum Papier und Zensur und Spitzel kontrollieren genau, ob verbotene Bücher angeboten werden, besonders in einer von Frauen geführten Buchhandlung. Doch Aufgeben kommt für die Buchhändlerinnen nicht in Frage.

Thema und Genre

In diesem historischen Roman geht es um München während der ersten zwanzig Jahre des 20. Jahrhunderts,  Freundschaft, den Wandel des Frauenbildes in der Gesellschaft, die Kriegsjahre, um Literatur und eine Buchhandlung.

Charaktere

Dieser Roman vereint fiktive und reale Personen. Die fiktiven Hauptfiguren sind Elly und Henni. Elly will Buchhändlerin werden und setzt dies auch zielstrebig um. Gegenüber ihrer Freundin Henni ist sie etwas besitzergreifend, egoistisch. Henni träumt davon, eines Tages einen eigenen Roman zu schreiben. Da sie aus einfachen Verhältnissen stammt, hat sie es schwieriger als Elly, geht aber selbstbewusst ihren Weg. Im Zusammenhang mit den tatsächlichen Ereignissen in diesen Jahren sind auch die entsprechenden Personen aus Politik, Kultur und Gesellschaft real, sowie die erwähnten Schriftsteller und Schriftstellerinnen und ihre Werke.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung spielt zwischen Mitte März 1910 und Mitte Juni 1919 und wird chronologisch erzählt, wobei die einzelnen Kapitel mit dem jeweiligen Datum versehen sind. Ort des Geschehens ist die Münchner Marxervorstadt und die Buchhandlung in der dortigen Amalienstraße. Die Ereignisse schildern die Zeit vor dem ersten Weltkrieg, die Kriegsjahre und die politischen Aufstände nach Kriegsende. Gleichzeitig geht es um die Anfänge der Frauenbewegung und das Schicksal von vier eng befreundeten Menschen, Elly, Henni, deren zwei Jahre älteren Bruder Zacherl, und Leo, ebenfalls Buchhändler. Die Sprache ist leicht zu lesen, was dem Genre Unterhaltungsliteratur entspricht. Die realen Konflikte und Probleme dieser schwierigen Jahre werden im Rahmen der Handlung erwähnt, ohne allerdings in die Tiefe zu gehen. Bücher und die Buchhandlung stehen weniger im Mittelpunkt, als ich es auf Grund des Titels erwartet hatte.

Fazit

Ein Unterhaltungsroman mit geschichtlichem Hintergrund, der in einer Münchner Buchhandlung in der Zeit des Ersten Weltkrieges spielt.

Der Buchhändler – Petra Johann

AutorPetra Johann
Verlag Rütten & Loening
Erscheinungsdatum 14. März 2022
FormatBroschiert
Seiten432
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3352009693

„Die Nachricht wird mir folgen, ich kann mich nicht vor ihr verstecken. Andererseits habe ich Übung darin, mich zu verstecken. Ich mache das seit Jahren, ich bin gut darin.“ (Zitat Pos. 4340)

Inhalt

Ein Wohngebiet am Rande der Kleinstadt Neukirchen, man kennt einander im Ortsteil Schönblick. Ein Buchhändler, Erik Lange, vierunddreißig Jahre alt, hat gerade erst die Buchhandlung mit Wohnung in Neukirchen übernommen. Er fühlt sich wohl hier, nur die Trennung von seiner fünfzehn Jahre alten Tochter Joelle macht ihn traurig. Doch deren Mutter, seine ehemalige Lebensgefährtin Tamara, will nichts mehr von ihm wissen. Als die neunjährige Tessi Brunner eines Morgens im gemütlichen Schönblick nicht am Früstückstisch auftaucht, einfach verschwunden ist und unauffindbar bleibt, beginnen hektische Suchaktionen und polizeiliche Ermittlungen. Als Tamara in den sozialen Medien ein „Geheimnis“ über Erik postet, hat dies gefährliche Folgen.

Thema und Genre

In diesem Thriller geht es um Kinder und ihre Familien, Beziehungen, kleine Dorfgemeinschaften, Nachbarschaft, Ermittlungsarbeit und menschliches Verhalten in Krisensituationen.

Charaktere

Die Autorin stellt uns interessante, sehr unterschiedliche Figuren vor, lebensnah, spannend, mit nachvollziehbaren Konflikten, auch psychologisch stimmig.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt in einem knappen Zeitraum in der Jetztzeit und ihr Ablauf ist chronologisch. Der Fall der verschwundenen Tessi wird durch die Ermittlungen und durch die sich draus ergebenden Geschichten und Probematiken rasch zu einem komplexen, facettenreichen Fall. Die Autorin erzählt packend, schildert eindrücklich und mit einer guten Prise Humor.

Fazit

Ein spannender Thriller mit brisanten Themen und Konflikten und interessanten, vielschichtigen Figuren.

Gezeitenmord: Der erste Fall für Lykke Teit und Rudi Lehmann – Dennis Jürgensen

AutorDennis Jürgensen
Verlag KiWi-Paperback
Erscheinungsdatum 10. März 2022
FormatBroschiert
Seiten336
SpracheDeutsch
ÜbersetzungUlrich Sonnenberg
ISBN-13978-3462002416

„Die SMS war zwei Tage nach dem Tod des Mannes abgeschickt worden. Sie hatte den Notruf einer Leiche erhalten.“ (Pos. 234)

Inhalt

Lasse Espersen, Lehrer aus Melum, ist mit einem seiner Schüler, dem naturbegeisterten Villads Geertsen, im Watt unterwegs, als plötzlich dichter Nebel aufzieht. Als sie versuchen, sich vor der einsetzenden Flut an Land zu retten, entdeckt Villads einen teilweise im Sand vergrabenen Toten. Später wird der Lehrer gerettet, doch der elfjährige Junge ist seither verschwunden. Lykke Teit, seit drei Jahren Kriminalassistentin in Kopenhagen, wird mit dem Fall in Südjütland betraut und da der Fundort der Leiche im Grenzgebet liegt, schickt Deutschland einen eigenen Ermittler, Hauptkommissar Rudolf „Rudi“ Lehmann aus Flensburg. Im Mittelpunkt ihrer Recherchen steht das Dorf Melum, denn es geht nicht nur um den Mordfall, sondern vor allem um das Verschwinden von Villads. Vor eineinhalb Jahren war die damals sechsjährige Rosa Molberg ebenfalls spurlos aus Melum verschwunden, gibt es einen Zusammenhang?

Thema und Genre

Dieser dänische Kriminalroman mit Regionalbezug spielt in Jütland. Im Mittelpunkt stehen verschwundene Kinder, psychologische Tatmotive, sowie die Ermittlungstätigkeit der Kriminalpolizei.

Charaktere

Lykke Teit und Rudi Lehmann sind sympathische Ermittlerfiguren, hartnäckig, kreativ. Der jeweilige persönliche Hintergrund macht sie zu interessanten Charakteren, ebenso die anderen, in diesem Kriminalfall auftretenden Figuren. Sie alle sind bis ins Details glaubhaft und stimmig entwickelt.

Handlung und Schreibstil

Im Mittelpunkt der chronologisch erzählten Handlung, die in der aktuellen Zeit spielt, stehen die Ermittlungen. Parallel dazu erhalten wir auch Einblick in Ereignisse, die gleichzeitig zur Polizeiarbeit des Ermittlerteams stattfinden. Dies gibt uns Lesenden einen Wissensvorsprung, wir wissen teilweise mehr, als die Ermittler, was die Spannung erhöht. Denn Lykke und Rudi folgen vielen Spuren und erst überraschende Wendungen und neue Erkenntnisse lassen Zusammenhänge erkennen. Das Resultat ist eine packende, vielschichtige, aber immer realistische Geschichte, die uns bis zur letzten Seite Raum für eigene Überlegungen lässt.

Fazit

Ein spannender, facettenreicher Pageturner mit sympathischen Ermittlerfiguren. Der überzeugende Beginn einer neuen Serie.

Café der Unsichtbaren – Judith Kuckart

AutorJudith Kuckart
Verlag DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsdatum 17. Februar 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten208
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3832181567

„Jede Situation hat eine Geschichte, die man kennen muss, um das Woher und Wieso zu verstehen, hat sie einmal zusammengefasst, jeder Augenblick hat seine Biografie und jede Biografie ihre Rätsel.“ (Zitat Pos. 906)

Inhalt

Vor vier Jahren hatte die Gruppe gemeinsam die Ausbildung für ihre freiwillige Tätigkeit beim Sorgentelefon e.V. begonnen, heute teilen sie sich den Dienst am Telefon, Tag und Nacht. Rieke, die angehende Theologin, die eigentlich hatte Schauspielerin werden wollen,  träumt von einer Stelle als Pfarrerin in einem Dorf, von einem alten Haus mit Birnbaum und Familie, doch noch studiert sie und findet ihre Geschichten für Übungspredigten im unsichtbaren Alltag der Anrufenden, notiert alles in ihrem rosa Heft. Ihre Einsätze am Sorgentelefon teilt sie mit Wanda, Marianne, Emilia, Matthias, Lorentz und der beinahe achtzig Jahre alten Frau von Schrey, kein Vorname, aber gelbe Klebezettel am Bildschirmrand mit kurzen Notizen über die besonderen Eigenheiten von einigen Daueranrufern. Sie alle vereint Einsamkeit in unterschiedlichen Facetten und ebenso unterschiedliche Träume – und die Geschichten, die der Anrufenden und ihre eigenen.

Thema und Genre

Dieser Roman besteht aus vielen Momentaufnahmen, aus Geschichten aus dem Alltagsleben unserer Zeit, von Menschen zwischen der Mitte und dem Rand der Gesellschaft.

Charaktere

Wir lernen viele unterschiedliche Figuren kennen, ihre Vorgeschichte und ihre Konflikte. Um diese vielen Formen des Mensch-Seins geht es in diesem Buch.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung springt in kurzen Abschnitten zwischen einem Zeitraum vor vier Jahren, ergänzt durch Erinnerungen, und ebenso rasch zwischen den aktuellen Tagen von Gründonnerstag bis Ostermontag. Von Schrey führt als beobachtende Ich-Erzählerin durch einige Episoden, wechselt wiederholt auch in personale Erzählperspektiven. Es sind Fragmente, die kurz auftauchen und wieder verschwinden, und etwa ab der Mitte des Buches wünschte ich mir beim Lesen ruhige Unterbrüche, etwas mehr Ruhe zum gedanklichen Atemholen. Oder einfach eine neue, überraschende Abwechslung in diesem Erzählstil, der teilweise etwas zu gewollt erscheint. Dies mag an den vielen literarischen Vorbildern liegen, welche die Autorin am Ende des Buches als Inspiration für ihre Erzählform nennt, hier wäre vielleicht weniger mehr gewesen.

Fazit

„Wer mag mir folgen, wenn meine Geschichte mit bereits bekannten Momenten noch einmal eingesetzt hat? Denn Erzählen ist ein Labyrinth. Immer wieder kommt man – auf der Suche nach einem guten Ausgang – an Stellen vorbei, die einem bekannt vorkommen, aber doch noch kein Ausgang sind.“ (Zitat Pos. 593 – 599) Besser als die Autorin selbst kann man dieses Buch nicht beschreiben. Ich wäre ihr sehr gerne gefolgt, doch in ihrem Erzähllabyrinth hat sie mich irgendwann verloren – andere Leser:innen werden ihr sicher begeistert folgen.

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