Wenn ich eine Wolke wäre: Mascha Kaléko und die Reise ihres Lebens – Volker Weidermann

AutorVolker Weidermann
VerlagKiepenheuer&Witsch
Datum9. Oktober 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462008630

„Das Jahr 1956 war ein Rausch gewesen, aus dem Nebel längst vergangener Zeiten war der Mensch wieder aufgetaucht, der sie einmal gewesen war. Es war ihr Leben vor ihr aufgetaucht, das sie hätte leben können, wenn die Deutschen sie nicht verfolgt und aus dem Land gejagt hätten.“ (Zitat Pos. 2159)

Thema und Inhalt

Seit 1942 lebt die deutsche Lyrikerin mit ihrem Ehemann Chemjo Vinaver und Sohn Steven in Greenwich Village. Im September 1938 konnten sie Deutschland auf der Flucht vor den Nationalsozialisten gerade noch verlassen und gelangten über Paris im Oktober nach New York. Zunächst will sie nicht nach Deutschland zurück, doch die Sehnsucht ist groß und am 31. Dezember 1955 tritt sie ihre Reise zurück nach Deutschland an, zu ihrem Sehnsuchtsort Berlin, auf der Suche nach dem Berlin ihrer Vergangenheit und einer möglichen Zukunft. Dieses Jahr 1956 zeigt ihr das Leben, das sie ohne Verfolgung in Deutschland hätte leben können, doch sie erkennt auch, dass es dieses Land nicht mehr gibt. „Mascha Kaléko ist im Jahr ihrer wundersamen Rückkehr nach Deutschland bei all dem Glück, das sie erfahren hat, auch ihr Unglück noch einmal mit besonderer Drastik vor Augen erschienen. Ihr verlorenes Leben. Erst jetzt, nach diesem märchenhaften Jahr, ist wie wirklich heimatlos.“ (Zitat Pos 2159 – 2169) Genau darum geht es in diesem Buch, um dieses prägende Jahr in ihrem Leben und um ihr lyrisches Werk, um ihre Gedichte, in denen sich diese Themen und ihre Gefühle zeitlos widerspiegeln.

Umsetzung

Volker Weidermann erzählt eindrücklich leise über die Rückkehr zwischen Traum, Sorge und einer großen Hoffnung, und von einem Künstlerleben im Exil, in dem immer die Sehnsucht nach der alten Berlin mitschwingt. Die Geschichte basiert auf ausführlichen Recherchen Volker Weidermanns und vor allem auch die bereits erschienenen Biografien. So stehen die Briefe, die Mascha Kaléko beinahe täglich an ihren Mann schreibt, in denen sie ihre alle ihre Erlebnisse, Eindrücke und auch Sorgen schildert, im Mittelpunkt dieses Buches, eng verbunden mit den vielen entsprechenden Gedichten, die ihre Gefühle besser als jede Schilderung in Worte gefasst haben.

Fazit

Eine beeindruckende, vielseitige, einfühlsame und interessante Schilderung eines besonderen Jahres im Leben der bekannten Lyrikerin. Die in den Erzähltext eingefügten Gedichte machen Lust, in den Gedichtbänden von Mascha Kaléko weiterzulesen.  

Vielleicht ist die Liebe so – Katja Früh

AutorKatja Früh
VerlagDiogenes Verlag
Datum22. Oktober 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten304
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3257073447

„Dass ich nicht mehr Schauspielerin bin, sondern in einer Bar arbeite, ist für meine Mutter eine schlimme persönliche Beleidigung. Und ich fühle mich oft schlecht, ihr das antun zu müssen.“ (Zitat Seite 10)

Inhalt

Schon als Kind hatte Anja sich danach gesehnt, von ihrer Mutter einfach nur geliebt zu werden, statt immer nur kritisiert, weil sie den Erwartungen nicht entsprach. Inzwischen ist Anja knapp über vierzig Jahre alt, hat auf Grund ihrer Selbstzweifel und einer prägenden Erfahrung ihren Beruf als Schauspielerin aufgegeben und arbeitet zum Entsetzen ihrer Mutter in einer Bar. Als ihre Mutter sie zum Essen einlädt, ahnt sie nicht, was sie erwartet: der Termin, an dem ihre Mutter ihr Leben beenden wird. Sie hat bereits alle notwendigen Schritte unternommen und ist dabei ihre eigene Beisetzung perfekt zu organisieren. Anja ist fassungslos. Was soll sie tun? „Ich bin froh, dass mein Psychiater mir ein Viertelchen Valium zu nehmen erlaubt hat, wenn ich meine Mutter treffe. Für ihn gehört sie ganz oben auf die Hitliste der Tausenden von Müttern, über die in seiner Praxis geredet wird.“ (Zitat Seite 5)

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um problematische, im Grunde toxische Beziehungen, zwischen Mutter und Tochter, zwischen Mann und Frau, und eine zutiefst verunsicherte Hauptfigur voller Selbstzweifel, Minderwertigkeits- und Schuldgefühle. Es geht um die Problematik Sterbehilfe in der in der Schweiz legalen Form, und die vielschichtigen Konflikte und Fragen, die auftreten, wenn ein Mensch sich entscheidet, sein Leben selbstbestimmt zu beenden.

Erzählform und Sprache

Anja ist die Ich-Erzählerin ihrer Geschichte. Die Handlung verläuft chronologisch in der knappen Zeitspanne zwischen Januar und Februar, wird jedoch doch viele Erinnerungen der Hauptfigur ergänzt, die weit zurück in ihre Kindheit und die Geschichte ihrer Familie reichen. Die Erzählsprache ist geradlinig und modern, wird präzise, wenn es um die Facetten von Anjas Gefühlen und ihre tiefen Probleme geht, unterbrochen von Szenen, die mit Ironie und Humor geschildert werden.

Fazit

Eine vielschichtige Geschichte über eine komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung und das brisante Thema selbstbestimmtes Sterben als assistierter Suizid. Allerdings macht das dauerhaft von dem bewusst manipulativen Einflüssen ihrer egozentrischen Mutter geprägte Verhalten Anjas und ihr damit verbundenes Gedankenkarussell die Handlung teilweise etwas langatmig und mühsam, obwohl es durchaus immer wieder Ansätze gibt, dass Anja sich selbst durchaus kritisch-humorvoll sieht. „Ich nehme mir vor, sie heute den Rest des Tages allein zu lassen und mir deswegen keine Vorwürfe zu machen. Das wäre doch mal was, ein Nachmittag ohne Selbstvorwürfe.“ (Zitat Seite 113)

Mein Lesemonat Oktober 2025

In der breit gefächerten Palette dieses Oktobers überwiegt eindeutig der Blätterwald in gedruckter Form.

Im Blätterwald

Printausgaben:

„EINS+EINS=DREI: Buch 3“ von Lutz Flörke & Vera Rosenbusch, BoD – Books on Demand, 18. September 2025

„Schlafgänger“ von Dorothee Elmiger, DuMont Buchverlag, 13. März 2014

„The Secret of Secrets” von Dan Brown, Doubleday, 9. September 2025

„südpol.windstill“ von Armela Madreiter, Reclam Verlag, 12. Februar 2025

„Das letzte Stück des Weges: Den Abschied vom Hund bewusst gestalten“ von Michaela Schwestka, Kynos Verlag, 19. Oktober 2022

Auf dem Kindle:

„Unter dem Nussbaum“ von Michael Donhauser, Matthes & Seitz Berlin, 16. Januar 2025

„Die Rückkehr der Rentiere“ von Ann-Helén Laestadius, HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH, 14. Oktober 2025

Lass uns noch bleiben – Saskia Luka

AutorSaskia Luka
Verlag Kein & Aber
Datum3. November 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten192
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3036950587

„Ein normaler Tag mitten in einer normalen Woche, mitten in allem, mitten in einem Leben, in dem sie sich zurechtzufinden begann.“ (Zitat Pos. 969)

Inhalt

Anna ist Künstlerin, sie malt, gleichzeitig führt sie ebenso kreativ einen Laden für Topfpflanzen. Im letzten Sommer war sie nach Berlin Kreuzberg gezogen, nun hat das Jahr gerade begonnen und Annas Leben ist völlig verändert. Ihre Freundin Vinka hat sie überraschend und ohne Erklärung verlassen. Seither hat sich Anna völlig zurückgezogen, mit einer Ausnahme: der tägliche Besuch bei dem ebenso introvertierten Henning, der in seinem Antiquariat seine Bücher nur ungern verkauft und selbst an einem Buch schreibt. An einem kalten Tag Anfang Januar kommt Alex in Annas Pflanzenladen. Er sucht dringend einen Platz in einer WG und da nach Vinkas Verschwinden auch Annas Plan hinfällig geworden ist, dass Vinka bei ihr einzieht und einen Teil der Miete übernimmt, nimmt sie Alex vorübergehend in ihrer Wohnung auf. Bald holen Alex und die Besuche in der Mini-Bar, die er gemeinsam mit seinem Freund Bence führt, Anna aus ihrer Einsamkeit, es sind zunächst nur kleine Veränderungen, aber als Alex Anna dazu bringt, ihm von Vinka zu erzählen und ihr klar wird, dass sie noch ein Mal mit Vinka reden muss, passt Henning auf den Pflanzenladen auf und Alex begleitet Anna.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Liebe und Verlust, prägende Kindheitserlebnisse, Mutter und Töchter, Kunst, Einsamkeit und die Suche nach dem eigenen Leben.

Erzählform und Sprache

Anna und ihre Geschichte stehen im personalen Mittelpunkt der chronologisch erzählen Haupthandlung. Erinnerungen an Kindheitserlebnisse ergänzen die Ereignisse im Lauf des Buches mit weiteren Details und ergeben sich, ebenso wie die Schilderungen von Vinka und der gemeinsamen Zeit, aus ihren Gesprächen mit Alex. Die Erzählsprache ist ruhig fließend und schildert einfühlsam Annas Konflikte und Probleme, auch wenn ihr Verhalten nicht immer klar nachvollziehbar ist.

Fazit

Ein leiser Unterhaltungsroman über eine junge, etwas verträumte und sensible Künstlerin, die sich erst aus den Erinnerungen an eine unglückliche Liebe befreien muss, um wieder Selbstvertrauen und damit einen Weg in ihr eigenes Leben zu finden.

Die Rückkehr der Rentiere – Ann-Helén Laestadius

AutorAnn-Helén Laestadius
VerlagHOFFMANN UND CAMPE VERLAG
Datum14. Oktober 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten464
SpracheDeutsch
ÜbersetzungMaike Barth
Dagmar Mißfeldt
ISBN-13978-3455020199

„Die Spuren einer anderen Zeit hatten sich wie ein Raster über ihr Bewusstsein gelegt und konnten jederzeit an die Oberfläche steigen und sie wieder erinnern.“ (Zitat Pos. 812)

Inhalt

Etwa ein Jahr hat Marina, bald dreißig Jahre alt, in Stockholm verbracht, nun ist sie wieder in ihre Heimatstadt Kiruna zurückgekehrt und arbeitet in der Schulkantine. Das Gefühl, zurück nach Norden zu gehen, kam ihr wie der Zug der Rentiere vor. Marina ist Samin, doch war ihre Mutter bisher nicht bereit, mit ihr über die Vergangenheit und  ihre Wurzeln zu reden, und zu Hause die Samische Sprache zu pflegen, denn in der Schule mussten alle Kinder Schwedisch sprechen. Geprägt ist Marina durch die Regeln einer strengen christlichen Glaubensgemeinschaft, der auch die Familie ihres Onkels angehört, die ständige Überwachung ihrer „Vergehen“ und „Sünden“. Sie denkt, sich durch ihre Freundschaft mit der ebenfalls unangepassten Ingela zu befreien und bemerkt nicht, dass sie auch hier wieder in eine neue emotionale Abhängigkeit geraten ist. Ingela bestimmt jeden Tag ihrer Schulzeit und sogar die Wahl der Ausbildung, so wie es für Ingela zum Vorteil ist, nicht jedoch für Marina. Seit ihrer Jugend ist Marina in Daniel unglücklich verliebt und diese Liebe war der Grund, warum sie nach Stockholm geflohen ist. Es sind viele Themen, denen sie sich nach ihrer Rückkehr nach Kiruna stellen muss, um endlich zu sich selbst zu finden.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um die Traumata von Generationen, die durch das Schweigen darüber an die Kinder weitergegeben werden. Es geht Kultur und Tradition, um die Diskriminierung der Samischen Bevölkerung, durch Umerziehung und Unterdrückung durch die  Politik und durch religiöse Extreme. Weitere Themen sind Familienbeziehungen, toxische Freundschaften und die Liebe.

Erzählform und Sprache

Dieser Roman wird in zwei unterschiedlichen Zeit- und Handlungssträngen erzählt. Das erste Kapitel führt uns in der Jahr 1998 mit Marinas Rückkehr in ihre Heimat, und endet chronologisch im Jahr 1999. Hier findet die Haupthandlung statt. Der zweite Zeitrahmen beginnt mit Kapitel zwei im Jahr 1978, um dann am Ende in die aktuellen Geschehnisse einzumünden. Dabei werden Schritt für Schritt ergänzende Details und Ereignisse aus der Vergangenheit enthüllt, die besonders das Verhalten und die Probleme der Hauptfigur Marina begründen und so schließlich auch das einschneidende Erlebnis enthüllen, das zu Marinas Flucht nach Stockholm geführt hat. Die Sprache erzählt einfühlsam, im Mittelpunkt dieses Romans stehen die gesellschaftlichen Themen und Konflikte, und die vielschichtigen Auswirkungen auf die schon in der Kindheit zutiefst verunsicherte Hauptfigur, sowie das Leben in einer engen Gemeinschaft.

Fazit

Eine leise, fließende Geschichte, ein gesellschaftskritischer Coming-of-Age Roman mit einfühlsam geschilderten Konflikten und Problematiken einer schon seit ihrer Kindheit verunsicherten jungen Frau auf der Suche nach einem selbstbestimmten Platz in der Gemeinschaft und in ihrem eigenen Leben.

Das letzte Stück des Weges: Den Abschied vom Hund bewusst gestalten – Michaela Schwestka

AutorMichaela Schwestka
VerlagKynos Verlag
Datum19. Oktober 2022
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten192
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3954642854

„Ich möchte Sie deshalb ermuntern, beim Lesen einfach alles als Anregung zu sehen. Nicht mehr und nicht weniger. Picken Sie sich heraus, was Ihnen hilfreich und wertvoll erscheint und lassen Sie das Übrige links liegen.“ (Zitat Seite 11)

Thema und Inhalt

In diesem Sachbuch, geschrieben von einer Ärztin und Therapeutin, geht es um die Entscheidungen, die man als Hundebesitzer irgendwann treffen muss, um den Abschied vom geliebten Hund, das Wie, Wann und Wo, bewusst zu gestalten.

Gestaltung

Das Buch beginnt nach dem persönlichen Vorwort mit Kapitel eins, in dem es generell über die Beziehung zwischen Mensch und Hund geht. Bereits im zweiten Kapitel steht die bewusste Entscheidungsfindung im Mittelpunkt. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den Gedanken zum Sterben und zum Tod, aber auch um die Situation zwischen Hoffnung, Akzeptanz und ersten Gedanken über das Loslassen. Das vierte Kapitel beleuchtet den besonderen Fall einer plötzlichen Situation, wie ein schwerer Unfall, oder das Verschwinden des Tieres. Im fünften und sechsten Kapitel geht es um das absehbare und das tatsächliche Ende, einfühlsam, aber mit Fakten, an denen man sich orientieren kann. Es folgt ein Kapitel mit den unterschiedlichen Möglichkeiten über letzte Ruhestätten und Gedenken inklusive einer ausführlichen Kostenaufstellung aller möglichen Optionen. Im nächsten Abschnitt geht es um Trauer und Trauerarbeit, um sich dann im neunten und letzten Kapitel die Frage nach einem möglichen neuen Gefährten zu stellen.

Ergänzt werden die Texte durch Checklisten und Anleitungen zu Selbstreflektionen.

Am Ende des Buches findet sich ein Anhang mit Lektüretipps und persönlichen Empfehlungen der Autorin.

Fazit

Die ist sicher keine Lektüre, die man einfach so und ohne tatsächlichen Anlassfall liest, doch wenn man vor diesem Thema steht, sich von einem hoffentlich sehr alten, aber schließlich sehr kranken vierbeinigen Freund und Begleiter verabschieden zu müssen, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen für das Tier zu treffen, dann ist dieses Buch eine sehr breit gefächerte, einfühlsame, aber auch umfassende, praktische Unterstützung – in Ergänzung wohl mit einigen Packungen Taschentüchern, wenn man den Weg dann bis zum „Danach“ gegangen ist.

südpol.windstill – Armela Madreiter

AutorArmela Madreiter
VerlagReclam Verlag
NachwortBjörn Hayer
Datum12. Februar 2025
AusgabeTaschenbuch
Seiten70
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3150146224

„Ein Südpolmuttertag! Es riecht nach etwas in Öl Gebratenem, Zwiebeln oder Knoblauch – sie hat Teig zwischen den Fingern und sucht nach Radiosendern, auf denen Lieder gespielt werden, die sie kennt. Der Kühlschrank ist voll – alle vier Fächer – die Wohnung: Zitrone, die Wäsche gefaltet und: Veilchenduft!“

Inhalt

Ida ist zehn Jahre alt und weiß schon genau, was sie werden will: Polarforscherin. Mit Robert Falcon Scott, den nicht alle Menschen sehen können, bespricht sie nicht nur die Wetterlage, sondern vor allem den Tag, denn es gibt Nordpolmuttertage und Südpolmuttertage und zwischen diesen gibt es einen gewaltigen Unterschied. Doch mit Scott, der für jede Situation einen Vergleich aus seinen Abenteuern schildert, kann Ida auch die Nordpolmuttertage meistern. Dann lernt sie Amre kennen, den Jungen, der seine Hausaufgaben im Treppenhaus macht, sich für Astronomie interessiert, später Sternenforscher werden will und ihr vom Dachbodenfenster aus die Sterne zeigt. Nun hat sie zwei Freunde, mit denen sie über die vielen Fragen ihres Lebens reden kann.

Thema und Genre

Das Thema dieses Theaterstücks für junge Menschen, erschienen in der Reclams Universal-Bibliothek, ist der Alltag eines zehnjährigen Mädchens mit ihrer alkoholabhängigen, depressiven Mutter. Vor allem jedoch geht es darum, wie die Zehnjährige, die schon früh Verantwortung übernehmen musste, mit Phantasie dieses Leben mit den täglichen Herausforderungen positiv meistert.

Erzählform und Sprache

In diesem Theaterstück treten drei Personen auf: Ida, Scott und Amre. Das Stück ist in zwei Teile gegliedert, Teil 1 Nordpol und Teil 2 Südpol, diese wiederum in kurze Abschnitte, Dialoge mit Scott oder Amre. Die Sprache ist einfühlsam und passt sich in der Ausdrucksweise und Gedankenwelt der zehnjährigen Ida an, jedoch auf einer literarischen Ebene.

Fazit

Dieses Stück aus der Reclam-Reihe „Theater der Gegenwart“ richtet sich an eine junge Zielgruppe und wurde für die Longlist Debüt Österreichischer Buchpreis nominiert. Ich habe das Theaterstück mit großem Interesse gelesen, auch wenn ich absolut nicht mehr zur Zielgruppe gehöre.

The Secret of Secrets – Dan Brown

AutorDan Brown
VerlagDoubleday
Datum9. September 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten688
SpracheEnglish
ISBN-13978-0385546898

„It’s the secret of all secrets. Just imagine the impact it will have on the future of the human race.” (Zitat Seite 656)

Inhalt

Der international bekannte Symbolforscher, Harvardprofessor Robert Langdon, begleitet seine langjährige Freundin, die Noetik-Wissenschaftlerin Dr. Katherine Solomon nach Prag, wo Katherine einen Vortrag über ihr Buch hält, das kurz vor der Veröffentlichung steht. Darin geht es um bahnbrechende Entdeckungen im Bereich der Erforschung des menschlichen Vernunftbewusstseins. Doch dieser Vortrag löst eine Reihe von lebensgefährlichen Entwicklungen aus, die in einem direkten Zusammenhang mit Katherine Solomons Buch stehen und die in eine Welt führen, die tief verborgen unter der Stadt Prag liegt. Eine mächtige Organisation will mit allen Mitteln verhindern, dass dieses Buch an die Öffentlichkeit gelangt. Gleichzeitig macht sich ein geheimnisvolles Wesen, das aus der mittelalterlichen Mythologie Prags stammt, daran, seine Aufgabe als Rächer und Schutzengel einer Person zu erfüllen, die in großer Gefahr ist.

Thema und Genre

In diesem Thriller, dem sechsten Band der Serie um den Symbolforscher Robert Langdon, geht es um die neuesten Entwicklungen in der Erforschung des menschlichen Bewusstseins, der Verbindung zur Realität und der seit Jahrtausenden gültigen, ungelösten Frage, was mit diesem menschlichen Bewusstsein nach dem Tod passiert. Weitere Themen sind Forschungsethik, geheime Forschungen zu militärischen Zwecken und die Macht der Geheimdienste.

Erzählform und Sprache

Der Hauptteil der Handlung spielt in Prag und findet innerhalb von nur vierundzwanzig Stunden statt, was die Spannung dieser packenden Geschichte noch weiter erhöht. Die unterschiedlichen Charaktere, ihre Beweggründe und Verhalten, sorgen für Facettenreichtum und für trotz eigener Vermutungen unvorhersehbare Wendungen und Überraschungen. Die Beschreibungen der schönen Stadt Prag ergänzen die Ereignisse. Wissenschaftliche Kernthemen sind diesmal das menschliche Bewusstsein, Präkognition und mögliche Realitätsformen. Die bereits vorhandenen Studien mit beeindruckenden neuen Erkenntnissen und Beobachtungen, die zum aktuellen Zeitpunkt auch für die Forschung noch nicht vollständig erklärbar sind und Thema intensiver Auseinandersetzungen von unterschiedlichen wissenschaftlichen Theorien, sind auch für Leserkreise, die sich mit diesen Themen bisher kaum befasst haben, nachvollziehbares, neues Wissen. Dies erreicht der Autor durch die sehr unterschiedlichen Fachgebiete der beiden Hauptcharaktere, Langdon als Experte von verschlüsselten Symbolen der Vergangenheit zugewandt, Katherine Solomon als forschende Wissenschaftlerin der Gegenwart und Zukunft. Immer wieder gelangen sie im Laufe der Handlung durch das gegenseitige Wissen einen Schritt weiter. In intensiven Dialogen besprechen sie Fakten, Fragen und Forschungsberichte, machen diese so auch für die Leserinnen und Leser fassbar und es ergibt sich eine gekonnte Balance zwischen rasanter Action, Wissenschaft und Geschichte, wobei letztere durch eine literarische, mystische Figur aktiv in die abwechslungsreiche Handlung eintritt.

Ich habe diesen neuesten Roman von Dan Brown in englischer Sprache gelesen, das Buch in der deutschen Übersetzung ist ebenfalls am 9. September 2025 im Lübbe Verlag erschienen.

Fazit

Ein vielseitiger, packender Thriller mit Action und brisanten Themen unserer Zeit. Ein besonderer Pageturner und spannende Unterhaltung, wie wir sie von Dan Brown gewohnt sind.

Schlafgänger – Dorothee Elmiger

AutorDorothee Elmiger
VerlagDuMont Buchverlag
Datum13. März 2014
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten142
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3832197421

„Der Student: Über die Entwicklung der Städte liest man bei Aristoteles, eine Stadt besteht aus unterschiedlichen Arten von Menschen; ähnliche Menschen bringen allein keine Stadt zuwege. Höchstens eine Familie, sagte die Übersetzerin, allerhöchstens.“ Zitat Seite 124)

Inhalt

Unterschiedliche Personen aus verschiedenen Ländern begegnen sich und führen Gespräche über gesellschaftlich brisante Themen. Ein schlafloser Logistiker, ein Schweizer Journalist, eine Übersetzerin, eine Schriftstellerin, ein Student aus Glendale, LA, ein Berufsmusiker mit Ehefrau, A.L. Erika, eine junge Frau, schildern eigene Erlebnisse und Erfahrungen, Begegnungen mit weitern, nicht anwesenden Personen, die sie beeindruckt haben.

Thema und Genre

Dieses Buch ist eine Aneinanderreihung von Gesprächssequenzen, Dialogen, aber auch Monologen, die sich um aktuelle Themen wie Flüchtlinge, Weltgeschehen, Literatur, Musik, Reisen, Schlaf, alle Formen von Grenzen als trennende Elemente und Grenzerfahrungen drehen.

Erzählform und Sprache

Eine Art Handlung besteht nur aus kurzen, verbindenden Segmenten, Bewegungen es Gehens, wie das Betreten oder Verlassen eines Raumes. Das Kernstück sind die Gespräche der einzelnen Figuren, von denen wir allerdings außer der Tätigkeit nur wenig erfahren, teilweise wiederholen sich Aussagen mehrmals, um dann ergänzend fortzufahren. Die Kernthemen bilden den Mittelpunkt dieses Fragmentromans, werden meistens von den Figuren als eigene Erfahrungen in die Gespräche eingebracht, wobei sie einander auch unterbrechen, manchmal spontan von einer völlig anderen Begebenheit zu erzählen beginnen, die ihre Gedanken gerade beschäftigt. So reden sie miteinander und gegeneinander an, nehmen unterbrochene Gesprächsfäden wieder auf, so formen sich im Lauf des Buches die einzelnen Geschichten zu einem irgendwie strukturierten Ganzen. Auch die Wahrnehmungen schwanken zwischen Realität und Einbildung. Die Erzählsprache passt sich den Ausdrucksweisen der unterschiedlichen Figuren an.

Fazit

Eine moderne Variante eines Romans in Fragmenten, dessen Handlung aus Gesprächen zu aktuellen, relevanten Themen besteht. Die unterschiedlichen Sichtweisen ergeben einen Querschnitt unserer Gesellschaft. Unterbrechungen und Wiederholungen, die kaum greifbaren Figuren ergeben beim Lesen den Eindruck von Unruhe und Zerrissenheit, trotz der verhältnismäßig wenigen Seiten erfordert die Lektüre Zeit.

Unter dem Nussbaum – Michael Donhauser

AutorMichael Donhauser
VerlagMatthes & Seitz Berlin
Datum16. Januar 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten508
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3751809917

„Fluchtgedanken ins Gestrüpp./Mit dem Wunsch, es zu verdichten./Seiner Verdichtung sprachlich näherzukommen./(Um dicht im Sinne von undurchdringlich zu sein.)“ (Zitat Pos. 504)

Thema und Inhalt

Diese Sammlung von Lyrik und Prosa 1986 bis 2023 vereint eine Auswahl von bereits in früheren Einzelausgaben veröffentlichten Texten. Teilweise wurden sie neu geordnet und ergänzt durch wiedergefundene Texte, Fragmente und neue Gedichte, die nach 2018 entstanden sind, drei davon sind in hier zum ersten Mal veröffentlicht. Eine weite Themenvielfalt führt durch beinahe vierzig Jahre schriftstellerisches Schaffen, oft sind es Varianten der Natur in allen Jahreszeiten und Zwischenjahreszeiten, manche Titel werden im Lauf der zeit nochmals zum Thema, ergänzt, anders betrachtet. Es geht auch um Kindheitserinnerungen, die Großeltern, sonntägliche Familientreffen, Festtage, das Sarganserland, Reisen, wo der lyrische Erzähler zum lyrischen Ich wird.

Gestaltung

In den Sammlungen „Der Holunder“ und „Die Wörtlichkeit der Quitte“ beobachtet der Schriftsteller einzelne Vögel, aber auch unterschiedliche Bäume, oder den Flug eines Stück Papiers im Wind, Er schaut und lässt seine Gedanken sprachlich weit schweifen. Im Abschnitt „Von den Dingen“ ergeben Beobachtungen eines Gestrüpps oder eines Misthaufens Sprachspiele in allen möglichen und immer neuen Varianten von Deutungen eines Begriffes und der lyrische Pfad führt vom Gestrüpp zum Misthaufen zu den Obstbäumen und gleichzeitig durch die religiösen Festtage des Jahres, Gedichte zwischen Erinnerung, Gegenwart und Vergangenheit. Umfassende Betrachtungen über den Kies sind gleichzeitig Metapher als Philosophie eines Lebens.

„Die Sprache ist eine unterhaltsame Einöde. (Meine leidenschaftliche Unterhaltung: der Kies. Hin und her und weggewischt: bis auf den Staub.)“ (Zitat Pos. 994)  

Venedig im Oktober und Aufenthalte in Frankreich inspirieren Michael Donhauser, seine Eindrücke in Worte zu fassen. Zwei Jahre nach der Verwirrung des Gestrüpps findet sich dann Klarheit in den Reihen der Zypressen in Siena.

Die Lyrik von Donhauser ist nicht in Formen und Reime gepresst, sie entfaltet sich frei. Nicht eingeschränkt durch Zeilenlängen lässt Michael Donhauser seinen Gedanken, die seine Beobachtungen begleiten, Zeit und Raum zur Entfaltung. So werden auch die Grenzen zwischen seiner Lyrik und lyrischen Prosa fließend. Wer ein neugieriges Interesse an den vielen Facetten von möglichen Ausdrucksformen der Sprache hat, wird diese Sammlung genießen.

Fazit

Auch wenn in der Beschreibung des lyrischen Schaffens von Michael Donhauser präzisiert wird, dass es ihm weniger um die Beobachtung geht, als um die Fragen im Zusammenhang des Beobachteten, so ist es doch die hier in sprachlicher Fülle geschilderte Vielfalt der Bewegungen und Erfahrungen in der Natur im Lauf der Jahreszeiten, der Eindrücke auf Reisen, der Stimmungen und Erinnerungen an seine Kindheitsheimat Liechtenstein und das nahe Sarganserland, die uns beim Lesen seiner Texte sofort in den Bann zieht und die Gedankenbilder, Stimmungen, Erfahrungen, Erinnerungen mit unseren eigenen verbindet. En Lyrikband, den man immer wieder in die Hand nehmen wird, um sich darin im positiven Sinne zu verlieren.

EINS+EINS=DREI: Buch 3 – Lutz Flörke & Vera Rosenbusch

AutorLutz Flörke
AutorinVera Rosenbusch
VerlagBoD – Books on Demand
Datum18. September 2025
AusgabeTaschenbuch
Seiten152
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3695133574

„Denk dir einfach eine Geschichte aus! Die Einwände kannst du später berücksichtigen. Schreib!“ (Zitat Seite 9)

Thema und Inhalt

Mitte September naht der Herbst und damit erscheint pünktlich zur Lese-Jahreszeit das nunmehr dritte Jahrbuch des Dichter-Duos Vera Rosenbusch und Lutz Flörke. Die neunzehn Geschichten sind den Monaten im Jahreslauf zugeordnet, beginnend im Januar und endend im Dezember. Die Texte sind entweder von Lutz Flörke oder Vera Rosenbusch verfasst, dazwischen Geschichten, die gemeinsam entstanden sind. Eines der Themen sind diesmal Eindrücke auf Reisen, von Hamburg bis Paris, Griechenland, oder auch auf die Insel Helgoland. Auch SEV, Schienenersatzverkehr, zeitlos aktuell, kann zu sehr unterschiedlichen Beobachtungen führen. Generell ist es eine bunte Mischung von allem, was das literarische Duo bewegt, erheitert, nachdenklich gestimmt und zu variantenreichen Denk- und Schreibweisen angeregt hat.

Umsetzung

Mit den hier als Einleitung zitierten Sätzen beginnt auf Seite neun die Januar-Geschichte und zugleich auch diese Geschichtensammlunng. Diese Worte könnten am Beginn jedes einzelnen Textes stehen, denn genau diese Freude am Schreiben, an den Gedankenspielen mit Erlebnissen des Alltags und mit vielen, unterschiedlichen Begegnungen von ebenso vielfältigen Figuren, verbindet alle Geschichten. Immer wieder hinterfragen Überraschungen und ironische bis skurrile Wendungen die Varianten des Erzählens, die Gedankenströme zwischen Erinnerung und Fiktion und die unterschiedlichen Ausdrucksformen der Literatur. So treffen wir diesmal auch auf literaturkritische Haustiere, die ihren Menschen so viel erklären könnten, aber leider nicht verstanden werden.

Fazit

Ein unterhaltsamer, literarischer Spaziergang durch die kleinen Erlebnisse und Situationen in den zwölf Monaten eines Schreibjahres. Aktuell und mit phantasievollen Umwegen, nachdenklich, aber immer auch mit einer guten Prise Humor und Empathie für das Menschliche. Kann eine Geschichte mit einem kürzlich erfolgten Umzug, röchelnden Rohren und und einem zur Weihnachtszeit völlig überlasteten Handwerker beginnen, und bei Giersch enden? Sie kann: typische, vertraute Alltagsprobleme eben, literarisch betrachtet und die Garantie für Lesevergnügen.

Verschworen: Ein Island-Krimi – Eva Björg Ægisdóttir

AutorEva Björg Ægisdóttir
VerlagKiepenheuer & Witsch
Datum
Ausgabe
Seiten
SpracheDeutsch
ISBN-13

„Die Wand war blutverschmiert, und man musste kein Experte sein, um zu sehen, dass die Worte zur Situation passten, egal, ob sie sich auf Þorgeir oder den Täter bezogen.“ (Zitat Pos. 517)

Inhalt

Am Dienstag, den 8. Dezember, wird in einem Sommerhaus die Leiche des einundvierzigjährigen Softwareingenieurs Þorgeir entdeckt. Er ist seit einigen Tagen tot und war durch mehrere Messerstiche brutal ermordet worden. An die Holzwand wurde mit einem schwarzen Filzstift eine Zeile aus einem isländischen Kirchenlied geschrieben. Für die Kommissarin Elma ist es der erste Fall nach der Babypause und er verlangt sofort ihren intensiven Einsatz. Die zunächst rätselhafte Inschrift führt zurück in den Sommer 1995, wo im beliebten Ferienlager des Christlichen Vereins in Vatnaskógur ein Junge ertrunken war. Die Ermittlungsunterlagen endeten damals rasch mit der Feststellung, es sei ein Unfall gewesen, doch jemand sieht dies anders. Auch Elmas Ehemann Sævar, der nun in Elternzeit auf die gemeinsame Tochter Adda aufpasst, beginnt heimlich zu recherchieren. Denn beim Leeren der Umzugskartons entdeckt er einen Karton, der noch von den Vorbesitzern ihres Hauses stammt, und darin befindet sich ein Tagebuch mit Einträgen aus genau diesem Sommer 1995.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman ist der fünfte Band der Serie „Mörderisches Island“ mit dem Ermittlerteam Hörður und Elma. Es geht um Geheimnisse und prägende Erlebnisse der Jugendzeit, und ein Verbrechen, das nun, fünfundzwanzig Jahre später, gerächt wird.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte wird in drei Handlungssträngen erzählt, die einander abwechseln und jeweils durch die Zeitangabe oder den betreffenden Namen in der Überschrift einfach zuzuordnen sind. Eine Erzählebene ist der Sommer 1995, der zweite Teil betrifft die Ereignisse in Þorgeirs Leben bis zu seinem Tod und im dritten Handlungsstrang geht es um die aktuellen Ermittlungen. So ergeben sich für den Leser parallel zu den Erkenntnissen der Polizei weitere Details und Hintergründe, damals und heute. Es wird jedoch nie mehr verraten, als die Informationen, welche das Ermittlerteam durch Recherchen und Gespräche erfährt. So bleibt dieser Kriminalroman offen für eigene Überlegungen und überraschende Wendungen, wobei der aktuelle straffe Zeitrahmen vom 8. bis zum 23. Dezember für zusätzliche Spannung sorgt.

Fazit

Ein Nordic Noir Kriminalroman in einem düsteren Ambiente, dessen Rätsel, einprägsame Figuren und gesellschaftskritische Themen für ein facettenreiches, packendes Lesevergnügen sorgen.