Die Victoria Verschwörung – Andreas Storm

AutorAndreas Storm
VerlagKiWi-Paperback
Datum8. Mai 2025
AusgabeBroschiert
Seiten368
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462006681

„Zu viele Informationen auf einmal. Zu viele Fäden mit zu vielen losen Enden.“ (Zitat Pos. 1669)

Inhalt

Im Mai 1965 besucht Königin Elizabeth II. Westdeutschland. Ein aus vielen Gründen bedeutsames Ereignis, denn dies ist der erste Staatsbesuch eines britischen Monarchen nach den beiden Weltkriegen in Deutschland. Bei diesem Besuch wird der Queen das Gemälde ‚Victoria 45‘ von Johann Hermann Kretzschmer als besondere Überraschung zurückgegeben, das bis zu diesem Zeitpunkt als verschollen galt. 2016, über fünfzig Jahre später, wendet sich der Leiter des Royal Collection Trust mit einer brisanten Nachricht an den bekannten Kunstexperten und Beutekunstforscher Lennard Lomberg. Bei dem besagten Gemälde handelt es sich möglicherweise um eine Fälschung. Die geschichtlichen Hintergründe bergen eine Reihe von gefährlichen Geheimnissen und der Besitzer des angeblich echten Gemäldes droht, diese öffentlich bekanntzumachen. Plötzlich ist die versierte Kunstgutachterin Alexandra Cullen, die das Gemälde der Royal Collection  untersuchen sollte, spurlos verschwunden. Es gibt ein Ultimatum und die Zeit drängt. Gelingt es Lennard Lemberg, gemeinsam mit seiner Tochter Julie und seiner Lebensgefährtin, Kriminalrätin Sina Röhm, herauszufinden, was damals wirklich geschehen ist, und wer heute Interesse daran hat, die vergangenen Ereignisse zu enthüllen?

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman geht es um Kunst und zeitlos aktuelle Geschäfte mit Raubkunst, Familiengeheimnisse, politische und diplomatische Beziehungen, Geheimdienste und ungeklärte Mordfälle, und natürlich um die beeindruckende Stadt London.

Erzählform und Sprache

Der Schreibstil ist präzise und flüssig zu lesen. Die Geschichte wird in drei unterschiedlichen Erzählsträngen und Zeitebenen geschildert, 1940, Mai 1965, und Herbst 2016. Die Ereignisse finden manchmal gleichzeitig, oder aber in einem knappen Zeitablauf statt, dies ergibt eine rasante, packende Handlung. Dennoch bleibt die Geschichte übersichtlich und nachvollziehbar, was auch an der klaren Struktur liegt. Jedes der sieben großen Kapitel spielt in jeweils einem der Zeitbereiche, ist in kurze Abschnitte eingeteilt, welche genaue Angaben von Zeit und Ort als Überschrift tragen. Am Ende des Buches findet sich ein Figurenverzeichnis mit ergänzenden Erklärungen.

Fazit

Auch dieser dritte Band der Lennard-Lomberg-Serie ist eine interessante Mischung aus gut recherchierten Fakten, bekannten Tatsachen und Fiktion. Eine spannende, facettenreiche Geschichte, überraschende Wendungen und eine Vielfalt an bis ins Detail ihres Verhaltens glaubhaften Figuren – ein Kriminalroman, den man mit Vergnügen liest.

Their Little Secret – Mark Billingham

AutorMark Billingham
VerlagLittle, Brown Book Group
Datum2. Mai 2019
AusgabeKindle
Seiten397 (Print)
SpracheEnglish
ASINB07KW91G2B

„In many ways, he found murder simpler to process and deal with, because the questions were always the same. Who had done it, why and, most importantly of all, how was he going to find them?” (Zitat Seite 14)

Inhalt

DI Tom Thorne und sein Team gehören auch einer mobilen Einheit an, die bei einem plötzlichen Todesfall prüft, ob ein Verdacht auf ein Verbrechen besteht und weitere Ermittlungen notwendig sind. In diesem Fall ist es eindeutig Selbstmord. Philippa Goodwin hat sich in Highgate Underground Station vor die einfahrende U-Bahn gestürzt und es waren keine anderen Personen in der Nähe. Als jedoch Philippas ältere Schwester Mary dem Ermittler Tom Thorne den Grund für den Selbstmord nennt, beginnt dieser im Team mit DI Nicola Tanner zu recherchieren. Der charismatische Patrick Jennings, Philippas große Liebe, ist plötzlich verschwunden, nachdem sie eine erhebliche Summe in seine Unternehmensidee investiert hat und diese tiefe Enttäuschung hat den Selbstmord ausgelöst. Tom Thorne ist der Meinung, dass Jennings nicht einfach so davonkommen darf. Doch auch ein neuer Fall hält Thorne und sein Team mit offenen Fragen in Atem, ein junger Mann wurde am Strand tot aufgefunden, brutal ermordet.

Thema und Genre

Ein Hauptthema dieses englischen Kriminalromans, Band 16 einer Serie um den Ermittler Tom Thorne, sind psychologische Hintergründe als Beweggründe für menschliches Verhalten und Verbrechen. Es geht um Beziehungen, Mütter und Kinder, Traumata, Schuld, Liebe in einigen Facetten, und um polizeiliche Ermittlungsarbeit.

Erzählform und Sprache

Es sind unterschiedliche Ereignisse und Geschichten, die gleichzeitig stattfinden und abwechselnd in kurzen Kapiteln geschildert werden. Erst im Laufe der Handlung zeigen sich mögliche Zusammenhänge, Überlegungen und Verdächtigungen und eine Menge überraschende Wendungen, nicht nur für Tom Thorne und sein Team, sondern auch für uns Leser, die wir miträtseln. Nicht alle späteren Erklärungen waren für mich auch glaubwürdig und realistisch nachvollziehbar. Mich haben die begeisterten Kritiken in englischen Medien auf diesen Autor und die Serie neugierig gemacht, allerdings wurden nicht alle Erwartungen erfüllt. Tom Thorne und seine Partnerin Nicola Tanner sind von ihren eigenen Dämonen und Erinnerungen geprägt, sowie von Vorkommnissen aus einem älteren Fall, dennoch fehlen mir bei diesen beiden Hauptfiguren jene besonderen Eigenschaften, die aus literarischen Ermittlerpersönlichkeiten herausragende, spezielle Figuren machen, die im Gedächtnis bleiben. Ich habe das englische Original gelesen, die Sprache schildert packend und passt zum Genre.

Fazit

Ich bin erst mit diesem sechzehnten Band in die Serie eingestiegen, doch es ist eine neue, in sich geschlossene Geschichte, und trotz einiger Hinweise auf ältere Fälle, Tatpersonen und besondere Ereignisse, muss man die früheren Bücher nicht unbedingt kennen. Spannende, interessante Unterhaltung mit kleinen Schwächen.

Ketzer – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum15. Juni 2015
AusgabeTaschenbuch
Seiten656
SpracheDeutsch
ÜbersetzerHans-Joachim Hartstein
ISBN-13978-3293206960

„Die Häufung von Zufällen, Ungereimtheiten und überraschenden oder erzwungenen Wendungen in dieser Geschichte überstiegen sein Fassungsvermögen.“ (Zitat Seite 163)

Inhalt

In diesem heißen September 2007 in Havanna wird Mario Conde von dem New Yorker Künstler Elias Kaminsky kontaktiert. Dieser erzählt ihm die abenteuerliche Geschichte seiner Familie, die seine Vorfahren von Polen nach Kuba und dann in die USA geführt hat und von einem Originalbild von Rembrandt, eine Vorstudie zu den Pilgern von Emmaus, das sich seit 1648 im Besitz seiner Familie befand. 1939 hatten die Großeltern von Elias es auf ihrer Flucht mit nach Kuba gebracht, doch ihnen wurde die Einreise verweigert und das Bild ist seither verschwunden. Nun ist das Bild plötzlich bei einer Auktion aufgetaucht. Elias Kaminsky konnte die Auktion mit Berufung auf Raubkunst stoppen, doch El Conde soll in seinem Auftrag die Wahrheit darüber herausfinden, was ist damals geschehen und warum.

Thema und Genre

Dieser Gesellschafts-, Familien-, Künstlerroman, historischer Roman und auch Kriminalroman und Kubaroman erzählt drei große Geschichten. Familie, Freundschaft, Grundsatzfragen der Religion spielen eine wichtige Rolle, der zeitlose Traum von Freiheit und wie immer das Leben in Havanna.

Erzählform und Sprache

Der Roman ist in drei große Abschnitte, der Autor betitelt sie als Bücher, gegliedert und einen kurzen vierten Teil, in dem sich alle Teile der Geschichte verbinden und bisher offene Lücken schließen. Die unterschiedlichen Handlungsstränge spielen zum Teil um 1647 in Amsterdam und es geht um Rembrandt, seine Kunst und seinen Schüler Elias, der zweite Handlungsstrang ist die Geschichte der Familie Kaminsky, die tief in der Vergangenheit beginnt und von Polen über Kuba in die USA führt. Die dritte Erzählebene spielt in der aktuellen Zeit zwischen 2007 und 2009 in Havanna und schildert El Condes Recherchen im Zusammenhang mit dem Bild von Rembrandt und seine Ermittlungen in einer besonderen Gruppierung innerhalb der Jugendszene von Havanna, von der Suche nach einem verschwundenen Mädchen, bei der er auf die Hilfe von Mayor Manuel Palacios „Manolo“ hofft, sein ehemaliger Kollege, der immer noch bei der Kriminalpolizei ist. El Conde soll sich aus den Ermittlungen heraushalten, was er jedoch nicht tun wird, denn irgendwie zeigen sich erste Zusammenhänge. „Er war nun überzeugt davon, das sich am Ende dieser Geschichte mehrere Wege kreuzen würden.“ (Seite 135)

Fazit

Eine packende, interessante, lebhaft pulsierende und überaus klug und stimmig aufgebaute Geschichte, ein poetischer, in vielen Facetten schillernder Roman, der gekonnt reale Ereignisse und geschichtliche Fakten zu einem fiktiven, spannenden und glaubhaften Leseerlebnis verbindet, das begeistert.

Kuckuckskinder – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagUllstein Taschenbuch
Datum30. November 2023
AusgabeTaschenbuch
Seiten416
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatrin Frey
ISBN-13978-3548068725

„Hier gab es eine Geschichte, die es zu entdecken galt. Alle ihre Bücher hatten so angefangen. Mit einem menschlichen Schicksal und ihrer Lust, der Geschichte dahinter auf den Grund zu gehen.“ (Zitat Seite 83)

Inhalt

Erica Falck und Patrik Hedström sind zu einem festlichen Event eingeladen. Henning Bauer, einer der angesehensten Schriftsteller Schwedens und seine Frau Elisabeth, eine erfolgreiche Verlegerin, feiern ihren fünfzigsten Hochzeitstag im Kreise der Familie und Freunde. Nur Rolf Stenklo, der berühmte Fotograf, sagt ab, da er in der nahegelegenen Galerie seine Ausstellung vorbereitet, die in zwei Tagen stattfinden wird. Seine Frau Vivian jedoch geht auf die Feier und erwähnt gegenüber Erica einen bis heute ungeklärten Mordfall, der 1980 in Stockholm stattgefunden hat. Lola und ihre kleine Tochter hatten damals ebenfalls zu dem engen Freundeskreis um Henning und Rolf gehört. Erica weiß sofort, dass sie den Stoff für ihren nächsten Roman gefunden hat. Als Rolf Stenklo am nächsten Morgen tot in der Galerie aufgefunden wird, ahnt Kommissar Patrik Hedström zunächst nicht, dass Ericas Recherchen sie direkt in die Gegenwart und mitten in seinen aktuellen Fall führen werden, eine Mordserie und ein Durcheinander von möglichen Zusammenhängen, die Patrik und sein Team an ihre Grenzen bringen.

Thema und Genre

In diesem schwedischen Kriminalroman geht es um Schriftsteller, Künstlerkreise, Beziehungen, Konflikte und alte Familiengeheimnisse, die plötzlich aus der Vergangenheit in die Gegenwart führen.

Erzählform und Sprache

Die aktuelle Handlung findet in einem knappen Zeitrahmen statt, was für zusätzliche Spannung sorgt. Die zweite, abwechselnd erzählte Handlung spielt im Jahr 1980 in der Stockholmer Künstlerszene und auch hier geht es um einen kurzen Zeitraum. Camilla Läckberg nimmt sich Zeit, wichtige gesellschaftspolitische und zwischenmenschliche Themen in die Geschichte einzubinden und sie einerseits in die Ermittlungen einzufügen, oder als Ereignisse innerhalb des privaten Umfelds der einzelnen Ermittler. Alle Figuren sind sehr interessant und ihr Verhalten und Handlungen entsprechen ihrem Charakterbild. Die Sprache ist angenehm zu lesen.

Fazit

Dieser elfte und vorerst letzte Band der Falck-Hedström-Serie überzeugt durch eine packende, facettenreiche Handlung und vielseitige Figuren.

„Die Eishexe“ – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagUllstein Taschenbuch
Datum9. November 2018
AusgabeTaschenbuch
Seiten752
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatrin Frey
ISBN-13978-3548290669

„Stift und Papier hatte sie immer griffbereit. Gedanken und Ideen, die ihr in den Sinn kamen, schrieb sie rasch auf, und sie führte ständig Listen der Dinge, die getan werden mussten, damit sie mit dem buch vorankam.“ (Zitat Seite 86)

Inhalt

Die kleine Stella Strand wurde nur vier Jahre alt. Die Freundinnen Helen und Marie, dreizehn Jahre alt, hatten auf sie aufgepasst und den Mord gestanden, dann jedoch das Geständnis widerrufen. Dies ist nun dreißig Jahre her und die Schriftstellerin Erica Falck ist mitten in ihren eigenen Recherchen zu diesem Fall, denn sie schreibt an einem Buch über Stella. Helen lebt weiterhin in Fjällbacka, Marie ist heute ein Hollywoodstar und kommt für einen Filmdreh zurück. Als die vierjährige Linnea „Nea“ verschwindet, ist der Ort sofort in Aufregung, der Fall Stella ist immer noch in den Erinnerungen der Menschen präsent und das Verschwinden der kleinen Nea wird sofort mit Maries Auftauchen in Verbindung gebracht. Oder finden sich die Täter im nahe gelegenen Flüchtlingsheim? Kann es sein, dass ein alter Fluch aus dem Jahr 1672 mächtig genug ist, um bis in die heutige Zeit zu reichen? Das Team um Patrik Hedström muss vielen Spuren folgen und alle sind eine Mischung aus Fakten, Gerüchten, Vertuschung und Unwahrheiten.

Thema und Genre

In diesem zehnten Band der Serie geht es um Gewalt an Frauen, zeitlos und in vielen Facetten. Familienkonflikte, prägende Erfahrungen und seelische Belastungen, sowie Vorurteile gegenüber Flüchtlingen sind weitere Kernthemen. Die Summe davon führt zu katastrophalen Folgen.

Erzählform und Sprache

Dieser Kriminalroman umfasst drei unterschiedliche Handlungen, die in sich chronologisch geschildert werden, wobei sich die Recherchen zum aktuellen Fall Linnea sich rasch mit dem alten Fall Stella verknüpfen, wobei auch Ericas eigene Recherchen eine wichtige Rolle spielen. Die dritte Geschichte hat sich in den Jahren 1671 und 1672 zugetragen und erzählt die Geschichte von Elin Jonsdotter aus Fjällbacka. Die sehr realistisch und detailliert geschilderten Ereignisse bilden diesmal einen starken Kontrast zum fröhlich-lebhaften Familienleben rund um Erica und Patrik.

Fazit

Ein weiterer Kriminalroman dieser Serie aus Fjällbacka, der diesmal einige sehr drastische Szenen schildert. Man versteht Camilla Läckbergs Anliegen, viele brisante, aber unterschiedliche Themen einzubringen, doch dies geht auf Kosten der Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit.

Meerjungfrau – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagList Taschenbuch
Datum5. Oktober 2012
AusgabeTaschenbuch
Seiten480
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatrin Frey
ISBN-13978-3548611266

„Er hatte es gewusst, früher oder später würde alles ans Licht kommen. So etwas ließ sich nicht verbergen.“ (Zitat Seite 7)

Inhalt

Am 3. November verlässt Magnus Kjellner wie jeden Morgen das Haus und trifft nie an seinem Arbeitsplatz ein. Dies geschah vor drei Monaten. Wie kann es sein, dass ein glücklich verheirateter Mann, Vater von zwei Teenagern, beliebt und unbescholten, plötzlich spurlos verschwindet? Gerade hat Christian Thydell, Bibliothekar in Fjällbacka, erfolgreich seinen ersten Roman „Meerjungfrau“ veröffentlicht. Sie sind seit Jahren befreundet, Magnus, Christian, Erik und Kenneth, und seit einiger Zeit erhalten sie Drohbriefe, sie hätten ihr Glück nicht verdient. Auch als die Leiche von Magnus endlich gefunden wird, verläuft die Spurensuche des Ermittlerteams um Kommissar Patrik Hedström zunächst ergebnislos, obwohl sie überzeugt sind, dass alle Ereignisse zusammenhängen. Erst als Erica Falck Christians Roman in einer schlaflosen Nacht nochmals genau liest, erkennt sie die Wahrheit.

Thema und Genre

Ein schwedischer Kriminalroman und ein neuer Fall für die Schriftstellerin Erica Falck und ihren Ehemann, Kommissar Patrik Hedström. Es geht um psychologische Themen wie Kindheitstraumata, Schuld, Rache, Familienkonflikte, aber auch um Familienglück und das Alltagsleben in Fjällbacka.

Erzählform und Sprache

Die Schilderung der Ereignisse entspricht den straffen Abläufen der Ermittlungstätigkeit im Zusammenhang mit Kriminalfällen. Sehr kreativ      und meistens nicht zur Freude ihres Ehemannes Patrik recherchiert Erica parallel dazu selbst, folgt teilweise anderen Spuren und das, obwohl sie Zwillinge erwartet. Diese Abläufe in der Gegenwart werden durch Abschnitte mit den Gedankenströmen einer bestimmten Person unterbrochen, welche die Vergangenheit betreffen, aber ebenfalls chronologisch, langsam bis in die Gegenwart führen. Die Sprache erzählt anschaulich, ist angenehm flüssig zu lesen und passt zum Genre.

Fazit

Dieser sechste Band der Serie überzeugt durch eine spannende Handlung mit einer Themenvielfalt im psychologischen Bereich, kommt ohne betont blutige Morddetails aus, sondern schildert leise und dadurch mit packender Intensität. Lesevergnügen mit Tiefgang, besonders, aber nicht nur, für Fans nordischer Kriminalromane.

Der Leuchtturmwärter – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagUllstein Taschenbuch
Datum11. November 2013
AusgabeTaschenbuch
Seiten496
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatrin Frey
ISBN-13978-3548285863

„Patrik spürte, dass seine Geduld mit griesgrämigen alten Männern und miesepetrigen Anarchisten zur Neige ging.“ (Zitat Seite 268)

Inhalt

Während sich Fjällbacka auf die Eröffnung des neuen Wellnesshotels Badis vorbereitet, wird Mats Sverin, der für die Finanzen des neuen Unternehmens zuständig ist, ermordet. Bald scheint es, als ob dies eher mit seinem früheren Arbeitsplatz zu tun haben könnte und Patrik Hedström und sein Team müssen in mehreren Fällen gleichzeitig ermitteln. Annie Wester kehrt mit ihrem kleinen Sohn Sam auf die Insel Gråskär zurück, die „Geisterinsel“, auf der es nur ein kleines Haus gibt und einen weißen Leuchtturm, der längst nicht mehr in Betrieb ist – und angeblich die Geister von Verstorbenen. Gut, dass Oma Kristin auf Maja und die vor kurzem geborenen Zwillinge von Patrik und Erica aufpassen kann, denn Erica kümmert sich nicht nur um ihre Schwester Anna, sondern auch um ihre Kindheitsfreundin Annie. Sie beginnt, selbst zu recherchieren, und nicht nur in der Geschichte der Geisterinsel.

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman aus Schweden, Band 7 der Falck-Hedström-Serie, geht es um Mord, Gewalt in der Familie, Verlust und Trauer, und die Ermittlungsarbeit des Teams der Polizeidienststelle Tanum.

Erzählform und Sprache

Dieser Kriminalroman berichtet über mehrere Verbrechen an unterschiedlichen Handlungsorten und obwohl Patrik das Gefühl hat, dass alle Vorfälle irgendwie zusammenhängen, finden sich keine derartigen Spuren, im Gegenteil, es entstehen immer neue Fragen. Die Handlung verläuft chronologisch, wobei die Recherchen und Gespräche weitere Informationen aus der Vergangenheit ergänzen. Unterbrochen wird die aktuelle Handlung mehrmals durch eine Geschichte, die in den Jahren ab 1870 spielt. Auch diesmal nimmt sich Camilla Läckberg Zeit, in die Familien zu schauen, in Glück und Krisen, und den Alltag in Fjällbacka mit glaubwürdigen, originellen Figuren zu schildern. Die Geisterinsel sorgt für mystische Momente.

Fazit

Ein packender Kriminalroman, der sich durch die Vielfalt der Themen auszeichnet und für spannende Lesestunden sorgt.

Biblioteca criminale: Pellegrinis vierter Fall – Dino Minardi

AutorDino Minardi
VerlagKampa Verlag
Datum23. März 2023
AusgabeTaschenbuch
Seiten224
SpracheDeutsch
ISBN-13 978-3311120582

„Sonia, das ist Commissario Marco Pellegrini aus Como. Der, den ich für die Ermittlung vorgeschlagen habe.“ (Zitat Seite 39)

Inhalt

Die Jahrestagung der Vereinigung Hominis et Tigris, in der es um Kriminologie und Aufklärung von Gewaltverbrechen geht, findet in der berühmten Bibliothek Angelo Mai in Bergamo statt. Commissario Marco Pellegrini aus Como ist seit vielen Jahren Mitglied und diesmal begleitet ihn seine Mitarbeiterin, Ispettrice Claudia Spagnoli. Doch als sie am Samstag, 22. Mai, zum ersten Vortrag kommen, wird den Teilnehmern der Zutritt verweigert. Am Vortag hatte der Archivar Bertoldo Novarese noch begeistert Claudia Spagnoli einen riesigen, alten Globus, kunstvoll aus Holz geschnitzt, erklärt, nun ist der Archivar tot. Er war in der Nacht in der Bibliothek ermordet worden und nur die Teilnehmer der Konferenz waren noch im Gebäude und hatten daher zur Tatzeit Zutritt zur Bibliothek. Dies macht den Fall besonders brisant und Marco Pellegrini wird mit den Ermittlungen beauftragt, da es jemand von außerhalb sein muss.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman handelt von der Aufklärung eines Mordfalls, der zunächst viele Fragen aufwirft. Doch auch Beziehungen, Liebe und Familie und natürlich wertvolle alte Bücher spielen eine Rolle.

Erzählform und Sprache

In diesem vierten und letzten Band der Serie geht es um die Frage nach Motiv und Tatperson. Die Geschichte wird chronologisch erzählt und findet innerhalb von wenigen Tagen statt. Dadurch ergibt sich eine straffe Handlung, die mit zwischenmenschlichen Themen und Konflikten ergänzt wird, und die dem Commissario dennoch manchmal Zeit lässt für einen guten caffè. Auch dieser Fall ist in sich abgeschlossen und kann gelesen werden, ohne die anderen drei Bücher zu kennen.

Fazit

Eine interessante, spannende Geschichte und sympathische Figuren ergeben ein unterhaltsames Lesevergnügen.

Ein Espresso für den Commissario: Pellegrinis erster Fall – Dino Minardi

AutorDino Minardi
VerlagKampa Verlag
Datum13. Juni 2024
AusgabeTaschenbuch
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3311155409

„Richtig, er war Commissario der Polizia di Stato von Como, der ab und zu in der Bar seines Vaters die Espressomaschine bediente, und kein Barista. Es gab diese Tage, an denen er sich wünschte, es wäre anders, und heute schien ein solcher zu sein.“ (Zitat Seite 12)

Inhalt

Als Commissario Marco Pellegrini nach einer Auszeit von etwa vier Jahren wieder nach Brunate zurückgekehrt war, ein Ort über dem Comer See, wo seine Familie ein Albergo besitzt, hatte er sich auf eine ruhigere Zeit bei der Polizia di Stato gefreut. Auch an diesem Dienstagmorgen, es ist der 15. Mai, genießt der den wunderbaren Blick über den See bei einem perfekten caffè, natürlich selbst zubereitet, in der Bar della Funicolare, die ebenfalls der Familie gehört. Doch kaum betritt er etwas später die Questura, ist es mit der Ruhe vorbei. Ein Student wurde in seiner Wohnung tot aufgefunden, im Bett erwürgt. Die ungewöhnlich hohe Anzahl an unterschiedlichen Fingerabdrücken, die sich in dieser Wohnung finden, ist bald geklärt, die Wohnung wurde immer wieder über Airbnb an Touristen untervermietet. Doch das Vermögen, über das dieser Student verfügt, lässt sich damit nicht erklären und das Ermittlerteam steht zunächst vor eine Reihe von unterschiedlichen Vermutungen und vielen Fragen.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman, der erste Band einer Serie, spielt am Comer See. Es geht um Verbrechen und Ermittlungen, Umwelt, Forschung, Investment, und viele Facetten von zwischenmenschlichen Beziehungen.

Erzählform und Sprache

Die straffe Handlung spielt zwischen dem 15. und 18. Mai und durch diesen knappen Zeitraum wirkt die Arbeit der Ermittler realistisch und nachvollziehbar. Pellegrinis enges Team besteht aus zwei Personen: Vice Ispettore Fabio Cunego und der jungen, ehrgeizigen Ispettrice Claudia Spagnoli. Die Spannungen zwischen diesen beiden Mitarbeitern machen die Ermittlungsarbeit für den Commissario nicht einfacher, andererseits ergibt sich daraus für den Autor die Möglichkeit, die Tage in viele unterschiedliche Ereignisse an teilweise unterschiedlichen Orten zu splitten, die gleichzeitig stattfinden, was die Spannung erhöht. Die Handlung wird ergänzt durch persönliche Erlebnisse und Probleme der unterschiedlichen Figuren, so ergibt sich zum Beispiel aus den Erinnerungen und Gedanken des Commissario eine eigene Geschichte und nach und nach die Erklärung für seine Auszeit. Bildintensiv und eindrücklich schildert die Sprache auch das italienische Lebensgefühl und die Schönheit der Landschaft.

Fazit

„Gleich einer hellen Ameisenspur blinkten am gegenüberliegenden Ufer die Lichter von Cernobbio und den kleineren Nachbarorten. Der See strahlte erhabene Ruhe aus, samtschwarzen Frieden.“ (Zitat Seite 90) Schilderungen wie diese machen diesen vielseitigen Kriminalroman zu einem überzeugenden Lesevergnügen, am besten mit mehreren Espressi zu genießen.

Eins + eins = drei: Jahrbuch Nr. 2 – Lutz Flörke & Vera Rosenbusch

AutorLutz Flörke
AutorinVera Rosenbusch
Verlag BoD – Books on Demand
Erscheinungsdatum 15. September 2024
FormatTaschenbuch
Seiten152
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3759723550

„Buchstaben, Wörter, Sätze sind nicht nur optische Zeichen, sie haben auch eine akustische Dimension. Besonders in der Lyrik, wo schon das Wort an ein Musikinstrument erinnert, trägt der Klang zur Bedeutung bei, aber auch in der Prosa.“ (Zitat Seite 146, Kollektives Nachwort)

Thema und Inhalt

Dem am 27. Februar 2024 erschienenen Jahrbuch Nr. 1 folgt nun das Jahrbuch Nr. 2. des Dichter-Duos Vera Rosenbusch & Lutz Flörke. Manche Texte sind einzeln entstanden, andere kollektiv. Es sind unterschiedliche Texte, die sich aus alltäglichen Überlegungen, spontanen Einfällen und aktuellen Fragen unserer Zeit ergeben und die immer wieder mit ungewöhnlichen Formen des Erzählens spielen und auch das Schreiben selbst zum Thema machen.

Umsetzung

Die sechsundzwanzig Geschichten sind den Monaten eines Jahres zugeordnet, das im Oktober beginnt und im darauffolgenden September endet. Der erste Text ist ein Kollektivtext, in dem die beiden Jahrbücher sich direkt an die Leser wenden und darüber diskutieren, welches das bessere Buch ist, bis sie einen gemeinsamen Vorschlag finden. „Beide Bücher: Am besten Sie lesen uns selbst.“ (Zitat Seite 10) Mit diesem humorvollen Augenzwinkern beginnt eine abwechslungsreiche Reise durch Geschichten, die durch die Jahreszeiten führen, Alltagsereignisse, Erinnerungen, Begegnungen, Erlebnisse mit komischen, skurrilen und ernsten Momenten, und oft mit überraschenden Wendungen und Ergebnissen. Was alle Texte eint ist die Lust am Erzählen und das Spielen mit der Vielfalt der sprachlichen Ausdrucksformen. Das Buch schließt mit einem kollektiven Nachwort und Informationen über das Schaffen des Dichter-Duos.

Fazit

Ein literarischer Jahreskreis aus Texten von Oktober bis September, Geschichten die oft unvermutet den erwarteten Weg verlassen, die neugierig machen und die man mit großem Vergnügen, von ernst-nachdenklich bis belustigt schmunzelnd, liest.

Todesspur – Andreas Gruber

AutorAndreas Gruber
VerlagGoldmann Verlag
Datum16. Oktober 2024
AusgabeTaschenbuch
Seiten624
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442494484

„Seit einem Jahr geistern Informationen über die Bildung einer vierten Generation der RAF durchs Darknet. Die Gruppe hat aus ihren Fehlern der Vergangenheit gelernt und formiert sich gerade still und heimlich und völlig anonym.“ (Zitat Seite 40)

Inhalt

Dr. Paul Conrad hat Soziologie, Psychologie und Philosophie studiert und der ehemalige Universitätsprofessor ist dem BND als Sympathisant der RAF-Nachfolger bekannt. Jetzt, in dieser Gewitternacht auf Sonntag 19. Mai stellt er plötzlich fest, dass alle seine Konten gesperrt sind. Ein  Blitz erhellt das Heck eines Wagens, Kennzeichen WI, hinter einer Hecke auf dem Nachbargrundstück und Dr. Paul Conrad startet eine Reihe von blitzschnellen Aktionen. So gelingt es ihm, einem Spezialeinsatzkommando der BKA-Ermittler zu entkommen und damit verliert Maarten S. Sneijder die bisher wichtigste Spur zu der neuen RAF-Terrorgruppe Vierte Generation, deren erster Anschlag erst der Beginn einer geplanten großen Anschlagserie ist. Warum aber hält Dr. Paul Conrad unter dem Alias Ron D. Pacula Seminare für positives Denken ab, wie passt das zu einem RAF-Terroristen. Die Zeit drängt, Maarten S. Sneijder hat eine Idee, die ihn und sein Team in ein Luxusressort auf Mallorca führt.

Thema und Genre

In diesem achten Band der Thrillerserie um die BKA-Ermittler Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez geht es um eine drohende Serie von Großanschlägen einer neuen RAF-Terrorgruppe und um eine spezielle Idee, an persönliche Daten zu kommen. Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen auch diesmal wieder eigenwillige Profiler Maarten S. Sneijder und sein erfolgreiches Ermittlungsteam.

Erzählform und Sprache

Die rasante Handlung findet auch diesmal in einem straffen Zeitrahmen von nur einer Woche statt, mit einem kurzen Epilog eine Woche danach, und spielt in der aktuellen Zeit. Es sind zwei parallel verkaufende Fälle, die abwechselnd in neun Teilen, jeweils mit Tag und Datum versehen, und insgesamt 106 Kapiteln geschildert werden. Diese Form des Erzählens macht die Geschichte packend und enthüllt gleichzeitig viele kleine Details, die sich langsam immer mehr zu einem Ganzen fügen. Die Ereignisse sind nachvollziehbar, die einzelnen Figuren sind auch in diesem neuen, achten Fall des Ermittlerteams, interessant und stimmig charakterisiert, auch die persönliche Entwicklung entspricht der Realität des Lebens. Die Sprache passt perfekt ins Genre.

Fazit

Auch dieser achte Band um den eigenwilligen, erfolgreichen niederländischen Profiler und forensischen Kripopsychologen Maarten S. Sneijder überzeugt durch aktuelle Themen, eine präzise durchdachte Geschichte, facettenreiche Figuren und Spannung. Es empfiehlt sich, mit dem Lesen an einem Samstag zu beginnen, denn eine „durchlesene“ lange Nacht ist mit diesem Page-Turner garantiert.
 

Daniel Kehlmann über Leo Perutz – Daniel Kehlmann

AutorDaniel Kehlmann
HerausgeberVolker Weidermann
Verlag Kiepenheuer&Witsch
Erscheinungsdatum 5. September 2024
FormatGebundene Ausgabe
Seiten112
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462004069

„Handlung ist das, was in einer Geschichte passiert – nicht Sprache, nicht Form, nicht Gestaltung, sondern das, was tatsächlich vor sich geht. Handlung ist also das in der Literatur, was selbst nicht Literatur ist.“ (Zitat Pos. 83)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist das sechste Buch aus der Serie „Bücher meines Lebens“, herausgegeben von Volker Weidermann. Daniel Kehlmann schreibt über den österreichischen Schriftsteller Leo Perutz, der ihn begeistert und geprägt hat. Im Vorwort, verfasst von Volker Weidermann, erfahren wir, dass Daniel Kehlmann in seinem Roman „Ruhm“ einer seiner Figuren bewusst den Namen Leo gegeben hat und diesen Roman in der Form des Werkes „Nachts unter der steinernen Brücke“ von Leo Perutz verfasst hat.

Umsetzung

Leo Perutz wollte nicht durch die Biografie seines Lebens bekannt sein, sondern durch sein literarisches Werk. Dieser Einstellung folgt Daniel Kehlmann auch in diesem Buch. In neun Kapiteln bringt er uns Leo Perutz über vier seiner Romane wie „Der schwedische Reiter“ und vor allem „Nachts unter der steinernen Brücke“ näher, ein Roman, den Daniel Kehlmann als metaphysisches Puzzle bezeichnet. Daniel Kehlmann schildert, wie Leo Perutz an den einzelnen Romanen gearbeitet hat, definiert dessen Herangehensweise an die Stoffe, Handlung, Erzählformen und sprachliche Umsetzung. Punktuelle Besprechungen und Erläuterungen der Inhalte werden durch kurze Auszüge präzisiert und ergänzt. Eine Aufstellung der Lebensdaten von Leo Perutz, das Quellenverzeichnis und die Angaben zu den Fußnoten im Text finden sich am Ende dieses Buches.

Fazit

Ein Schriftsteller schreibt über einen Schriftsteller. Dies bedeutet nicht nur viel interessantes, neues Wissen, das dazu anregt, die Romane von Leo Perutz zu lesen, sondern auch sprachliches Lesevergnügen.

Anständige Leute – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum8. Juli 2024
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten400
SpracheDeutsch
ÜbersetzerPeter Kultzen
ISBN-13978-3293006218

„Die Wege der Literatur und des Lebens neigen dazu, sich auf alle möglichen und unmöglichen Arten zu kreuzen. Und die dabei entstehende Reibung fördert vielfach beunruhigende, manchmal auch augenöffnende Wahrheiten zutage.“ (Zitat Seite 127, 128)

Inhalt

Fast dreißig Jahre ist es nun schon her, dass Mario Conde „El Conde“ den Polizeidienst verlassen hat. In diesem Jahr 2016 stehen zwei einmalige Ereignisse unmittelbar bevor: der amerikanische Präsident Barack Obama besucht Kuba, ein Besuch, der mit großen Hoffnungen verbunden ist. Auch die Rolling Stones setzen ein Zeichen und geben ein kostenloses Open-Air-Konzert in Havanna. Die Stadt vibriert vor Vorfreude und Aufregung. Da wird Reynaldo Quevedo, in den 1970ern einer der meistgefürchteten Politiker und bis meistgehassten Männer, ermordet aufgefunden und Mario Condes ehemaliger Kollege bei der Polizei Manuel „Manolo“ Palacios, braucht seine Hilfe bei den Ermittlungen. Gerade in diesen Tagen müssen die Ermittlungen besonders diskret erfolgen und es werden schnelle Resultate verlangt. Mario Conde sagt zu, obwohl er gerade einen Abendjob angenommen hat und mit eigenen Recherchen beschäftigt ist, die ihn in die Jahre 1909 und 1910 in Havanna zurückführen, zu einem jungen Ermittler, zu Morden im Rotlichtmilieu und zu der schillernden, charismatischen Legende Alberto Yarini Ponce de León.

Thema und Genre

In diesem gesellschaftskritischen, literarischen Kriminalroman geht es um die politische und gesellschaftliche Situation Kubas im Jahr 2016 und mehr als einhundert Jahre zuvor. Themen sind Korruption, Machtmissbrauch, kulturelle Diktatur, die Armut der Bevölkerung, unerfüllte Lebensträume, aber auch Freundschaft, Liebe und Lebensfreude. Die wichtigste Frage aller Figuren damals und heute ist die persönliche Definition des Begriffes Anstand und was es bedeutet, ein anständiges Leben zu führen.

Charaktere

Die Lebenseinstellung von Mario Conde wurde mit den Erfahrungen der Jahre und durch die genaue Beobachtung des Alltagslebens in Kuba nicht optimistischer, im Gegenteil. Kritisch verfolgt er die Vorgänge in seinem Heimatland und er lässt sich von der Euphorie im Vorfeld der beiden Großereignisse nicht überzeugen. „Marío Conde, der eingefleischte Pessimist, verfügte womöglich über ein zu umfangreiches historisches Wissen und war, was manche Dinge anging, so oder so von unheilbarem Misstrauen erfüllt, jedenfalls hatte er das Gefühl, sein Land genieße gerade lediglich eine kurze Verschnaufpause, nach deren Ende sich die Härte wiedereinstellen würde.“ (Zitat Seite 229)

Erzählform und Sprache

Padura erzählt auch in diesem Roman zwei Geschichten, die einander abwechseln. Um die Zuordnung einfach zu gestalten, wählt er für die Abschnitte rund um El Condes Ermittlungen im Jahr 2016, die innerhalb von wenigen Tagen stattfinden, nur die fortlaufende Nummerierung als Überschrift. Die Kapitel mit den Geschehnissen in den Jahren 1909, 1910 tragen Überschriften. Den unterschiedlichen Inhalten folgend, wird der aktuelle Handlungsstrang in der dritten Person geschildert, mit Marío Conde im personalen Mittelpunkt. Die historischen Ereignisse dagegen werden als Aufzeichnungen in der ersten Person erzählt. Es ist Paduras besondere Art zu schreiben, die begeistert, mühelos wechselt er zwischen umgangssprachlichen Dialogen, literarischen Schilderungen und philosophischen Gedankenströmen. Havanna im Ausnahmezustand durch Obamas Besuch – für Padura eine Gelegenheit, dies kritisch zu betrachten und durch die Gedanken und Beobachtungen Condes die Realität in Kuba zu beschreiben.

Fazit

Zwei facettenreiche Geschichten, lose vernetzt, ergeben interessante Einblicke in das Leben in Havanna 1910 und mehr als einhundert Jahre später, im wichtigen Jahr 2016 mit den zwei besonderen Großereignissen. Eine spannende, interessante Mischung aus kritischem Gesellschaftsroman, politischem Roman, historischem Roman und Kriminalroman in einer Sprache, die das Lesen zum Erlebnis macht.

Das Kreuz des Nordens – Hendrik Falkenberg

AutorHendrik Falkenberg
VerlagEdition M
Datum8. Dezember 2015
AusgabeKindle
Seiten498 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB017BCMC2S

„Denk nicht nur an die offensichtlich Verdächtigen. Dann übersiehst du ganz schnell jemanden.“ (Zitat Seite 442)

Inhalt

Die Ermittlungen konzentrieren sich auf den spektakulären Mord durch Kreuzigung, dass auch eine Frauenleiche gefunden wurde, geht da im öffentlichen Interesse unter. In diesem zweiten Fall für den jungen Sportler und Kriminalpolizisten Hannes Niehaus finden sich rasch Verdächtige und Motive in zwei rivalisierenden Glaubensgemeinschaften. Doch irgend etwas passt für Hannes Niehaus nicht ins Gesamtbild dieses komplexen Falles.

Thema und Genre

In diesem zweiten Teil der Ostsee-Krimi-Serie mit dem Ermittler Hannes Niehaus geht es um religiöse Überzeugungen, Glaube und Fanatismus. Obwohl vom Verlag als Ostsee-Krimi eingestuft, gehört diese Serie für mich ins Genre Thriller.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte wird in zwei parallelen Handlungssträngen geschildert. Wir folgen chronologisch den Ermittlungen, erfahren weitere Details und neue Spuren. Gleichzeitig lesen wir die Gedanken, welche die Taten begründen, natürlich ohne Hinweise, um wessen Gedankengänge und Überlegungen es sich handelt.

Fazit

Spannende Unterhaltung.

Die Zeit heilt keine Wunden – Hendrik Falkenberg

AutorHendrik Falkenberg
VerlagEdition M
Datum21. April 2015
AusgabeKindle e-book
Seiten508 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB00U9SQIT0

„Dann ist es wohl deine Aufgabe herauszufinden, wohin dieses Seil verschwunden ist. Willkommen in deinem ersten Fall.“ (Zitat Seite 44)

Inhalt

Als der Wunsch des jungen Kanusportlers und Polizisten Hannes Niehaus in Erfüllung geht und er zur Kriminalpolizeit wechseln kann, rechnet er nicht damit, sofort in einem äußerst komplexen Fall eingesetzt zu werden. Ein alter Mann findet am Strand eine Leiche, angeblich Tod durch Ertrinken, doch ein paar merkwürdige Details fallen der Rechtsmedizinerin auf. Gleichzeitig verschwindet eine junge Frau spurlos. Kriminalhauptkommissar Fritz Janssen, der neue Vorgesetzte von Hannes Niehaus, ist absolut nicht begeistert, drei Jahre vor der Pensionierung nochmals einen neuen Kollegen ausbilden zu müssen. Er ist ein eigenwilliger Einzelgänger und arbeitet am liebsten allein. Doch im Laufe der Ermittlungen zeigt sich, dass diese Zusammenarbeit auch eine besondere Chance ist, nicht nur für Hannes Niehaus.

Thema und Genre

In diesem Ostsee-Krimi, Band 1 der Serie um den Sportpolizisten Hannes Niehaus, geht es um eine Schuld in der Vergangenheit, die bis in die Gegenwart nicht vergessen wurde.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte wird abwechselnd in zwei Handlungssträngen geschildert, welche gleichzeitig in der Gegenwart stattfinden. Die straffe Handlung erstreckt sich über wenige Tage, was das Tempo und damit auch die Spannung erhöht. Die Sprache entspricht dem Genre, nimmt sich aber auch Zeit für Erklärungen, Schilderungen und Details.

Fazit

Ein spannender Auftakt einer Serie, interessante Ermittlerfiguren und eine gut entwickelte Geschichte mit Raum für eigene Überlegungen und überraschende Wendungen.

Der Nebel von gestern – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum1. Februar 2010
AusgabeTaschenbuch
Seiten384
SpracheDeutsch
ÜbersetzungHans-Joachim Hartstein
ISBN-13978-3293204843

„Die Bolerosängerinnen damals, das waren ganz besondere Frauen. Frauen mit Charakter, wie geschaffen für die Musik, die sie sangen.“ (Zitat Seite 88)

Inhalt

Mehr als dreizehn Jahre sind vergangen, seit Mario Conde die Kripo verlassen hat und nun als Antiquar tätig ist. Gerade in diesen Zeiten der Wirtschaftskrise werden kaum mehr neue Bücher veröffentlicht, Privatbibliotheken werden aus Not jedoch verkauft. El Conde spürt interessante Sammlungen auf, sein Geschäftspartner Yoyi „El Palomo“ bringt diese dann auf den Markt. In einem alten Haus, dessen ehemalige Eleganz noch spürbar ist, entdeckt El Conde eine umfangreiche Bibliothek mit wertvollen Erstausgaben. Die Geschwister Amalia und Dionisio Ferrero, die mit ihrer neunzigjährigen Mutter in dem Haus leben, brauchen das Geld, um nicht zu verhungern. In einem alten Kochbuch findet El Conde einen Zeitungsartikel aus dem Jahr 1960 über die junge, schöne und erfolgreiche Bolerosängerin Violeta del Rio und ihren überraschenden Rücktritt von der Bühne. Das Bild und die Stimme der Bolerosängerin ziehen El Conde beinahe magisch an und er beginnt nachzuforschen, was damals geschehen ist. Eines frühen Morgens jedoch steht plötzlich Manuel Palacios, inzwischen Capitán, vor El Condes Tür. Dionisio Ferrero ist in seinem Haus ermordet worden, El Conde und El Palomo stehen unter Mordverdacht.

Thema und Genre

Gibt es den epischen Kriminalroman schon als Genre, denn besser kan man diesen Roman nicht beschreiben. Es geht um Politik und die Wirtschaftskrise in Kuba, das blühende, lebhafte, schillernde Nachtleben Havannas in den Clubs der vorrevolutionären fünfziger Jahre, um Musik, Schicksale, Freundschaft, Liebe und natürlich um Literatur und alte, wertvolle Bücher.

Charaktere

Die einzelnen Protagonisten in beiden Handlungssträngen bieten eine bunte Vielfalt, sie alle sind realistisch und absolut glaubhaft charakterisiert. Seine Heimatstadt Havanna, in der Bandenkriminalität und Armut allgegenwärtig sind, wird Mario Conde immer fremder, ihm bleiben seine Erinnerungen, die ihn bei seinen Streifzügen durch die alten Viertel begleiten. „In dieser Nacht der Verirrungen sah er sich vor die Tatsache des allgemeinen Scheiterns gestellt, das er selbst verkörperte, er und seine brutale Entwurzelung inmitten einer im Nebel der Erinnerungen versunkenen und einer anderen, sich auflösenden Welt.“ (Zitat Seite 211, 212)

Erzählform und Sprache

Die aktuelle Handlung wird unterbrochen durch eine Reihe von Briefen, die jemand zwischen Oktober und März eines bestimmten Jahres in der Vergangenheit schreibt. Die Jahreszahl fehlt, lässt sich jedoch nachvollziehen, wer diese Briefe schreibt, lässt sich nur vermuten. Erst im Laufe der fortschreitenden Handlung und durch Condes Recherchen, Erinnerungen und Gespräche ergeben sich Hinweise und weitere Teile eines Puzzles der Ereignisse in den fünfziger Jahren. Gleichzeitig malt Leonardo Padura durch seine lebhaften Schilderungen ein eindrückliches und interessantes Bild Havannas in den fünfziger Jahren und in der Zeit der aktuellen Handlung, die ersten Jahre des einundzwanzigsten Jahrhunderts.  

Fazit

Eine bildintensive, epische Zeitreise durch das pulsierende Leben in Havanna, seine Kultur, Musik und Literatur und gleichzeitig eine packende Geschichte über Träume, Hoffnungen und menschliche Leidenschaften. 

Adiós Hemingway – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum22. April 2013
Ausgabemetro Taschenbuch
Seiten192
SpracheDeutsch
ÜbersetzungHans-Joachim Hartstein
ISBN-13 978-3293206144

„Eigentlich hatte alles genauso angefangen, genau hier, mit dem Blick aufs Meer, unter diesen Kasuarien, inmitten genau dieser ewigen Gerüche, an jenem Tag im Jahre 1960, als er Ernest Hemingway begegnet war.“ (Zitat Seite 10)

Inhalt

Acht Jahre sind vergangen, seit Mario Conde die Kriminalpolizei verlassen hat. Er schreibt oder versucht es zumindest, und handelt mit alten Büchern. „An diesem Morgen jedoch hatte ihn sein ehemaliger Kollege Manuel Palacios angerufen und ihm die Geschichte der Leiche, die auf der Finca Vigía gefunden worden war, auf dem Silbertablett serviert.“ (Zitat Seite 17) Sturmschäden legten ein Skelett frei, ein Mann, ermordet vor vierzig Jahren auf Hemingways damaligem Wohnsitz und mit Kugeln aus legendären Waffen Hemingways. Hier sind El Condes Spürsinn und seine Verschwiegenheit gefragt und er sagt sofort zu, den Fall zu übernehmen. Nach einem Regenguss wird auch noch eine verrostete Blechmarke mit dem bekannten Wappen und drei Buchstaben gefunden, hat Hemingway …? Noch will El Conde das nicht glauben, aber er will unbedingt herausfinden, was damals geschehen ist.   

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman geht es um Kuba, Lebensfreude trotz Wirtschaftskrise, und Ernest Hemingway, dessen Geschichten und Mythos auf Kuba immer noch präsent sind.

Charaktere

Für El Conde sind die wichtigsten Dinge im Leben Freundschaft, Kaffee, Zigaretten, Rum, Frauen, Musik und die Literatur. Auch an seinen Traum, eines Tages als Schriftsteller in enem Holzhaus am Meer zu leben, hält er fest.

Erzählform und Sprache

Diesmal sind es zwei Geschichten, die in diesem Kriminalroman erzählt werden. Wir folgen Mario Conde chronologisch tagsüber durch seine intensiven Recherchen mit Teniente Manuel Palacios, und durch die intensiven Nächte mit seinen Freunden. Die zweite Geschichte führt uns zurück in die ersten Oktobertage des Jahres 1958, zu Ernest Hemingway und seine Finca La Vigía bei Havanna. So sind wir als Leser mit unserem Wissen El Condes Recherchen manchmal voraus, doch auch hier werden die Ereignisse in einem chronologischen Ablauf geschildert, daher bleibt die Handlung durchgehend spannend und lässt viel Raum für eigene Überlegungen. Auch wenn es sich um einen Roman handelt, ist diese Geschichte mit den bekannten Fakten aus Hemingways Leben eng und gekonnt verwoben, eine perfekte Mischung, in der sich Padura durchaus auch kritisch mit dem berühmten Schriftsteller Hemingway auseinandersetzt.

Fazit

Ein spannender und interessanter literarischer Kriminalroman aus Kuba, in dessen Mittelpunkt der Ex-Polizist Mario Conde und der Schriftsteller Ernst Hemingway stehen.

„Das Meer der Illusionen – Leonardo Padura

UntertitelDas Havanna-Quartett: Herbst
AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum16. September 2006
Ausgabe(metro) Taschenbuch
Seiten288
SpracheDeutsch
ÜbersetzerHans-Joachim Hartstein
ISBN-13978-3293203747

„Man hat uns in die Schule geschickt, in die wir gehen mussten, dann auf die Uni zu dem Studium, das wir absolvieren mussten, und später zu dem Arbeitsplatz, an dem wir arbeiten mussten, alles, ohne uns zu fragen. Und man kommandiert uns weiter rum, ohne uns auch nur ein verdammtes Mal in unserem verdammten Leben zu fragen, ob wir das auch wollen …“ (Zitat Seite 20)

Inhalt

Ein angenehm warmer Herbstabend im Oktober 1989, doch Wirbelsturm Félix rast auf Kuba zu. Einige Tage vor seinem Geburtstag, nach zehn Jahren als Ermittler, ist für den Teniente Mario Conde die Zeit gekommen, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Doch sein neuer Chef, Coronel Alberto Molina, hat einen neuen, politisch brisanten Fall für ihn. El Conde, unterstützt von Sargento „Manolo“ Palacios,  muss rasch und sehr diskret ermitteln, nach Möglichkeit unter Einhaltung der Vorschriften. Einige Nächte zuvor war die Leiche eines Kubaners, inzwischen nordamerikanischer Staatsbürger, gefunden worden. Der Ermordete ist Miguel Forcade, ein ehemaliger Vizedirektor im Außenhandelsministerium, der sich 1978 in die USA abgesetzt hatte. Sofort stellt sich El Conde viele Fragen, der Fall interessiert ihn, warum hat man Forcade wieder ins Land gelassen, was unüblich ist. Wollte Forcade tatsächlich nur seinen schwer kranken Vater besuchen, oder hatte er auch noch andere Gründe, nach Kuba zurückzukehren. Forcade scheint eine reine Weste gehabt zu haben, doch der brutale Mord weist auf Rache als Motiv hin.

Thema und Genre

Auch in diesem Kriminalroman, dem vierten und letzten Teil des Havanna Quartetts, geht es um das Leben in Kuba 1989, Kunst und Kultur, Politik, die Macht der Parteifunktionäre, Enteignung, Bereicherung, Korruption, aber auch um Familie, Freundschaft und die Sehnsucht nach Liebe.

Charaktere

El Conde, über sich selbst: „Er erinnerte sich daran, dass dieser Tag sein offiziell vorletzter als Polizist sein konnte und ganz gewiss sein letzter als Mann von fünfunddreißig Jahren war.“ (Zitat Seite 95)

Mayer Rangel über El Conde: „Du bist das Schlimmste, das mir in meiner Laufbahn passiert ist, aber der beste Ermittler, den ich je gehabt habe.“ (Zitat Seite 99)

Erzählform und Sprache

Die Wahl der Erzählform, der Teniente Mario Conde ist die personale Hauptfigur, ermöglicht es Leonardo Padura einerseits, zusätzliche Spannung in die Handlung mit den vielen offenen Fragen, Möglichkeiten und Vermutungen zu bringen, andererseits erleben wir die persönlichen Zweifel  von El Conde, die Wünsche und Hoffnungen der Jugend, die das Leben nicht erfüllt hat, Erinnerungen und verlorene Träume. Mit El Conde werfen wir jedoch auch einen Blick auf das echte Havanna, die kleinen Lokale, Gassen, Plätze und die Menschen, die sich auf einen gewaltigen Wirbelsturm vorbereiten. Durch die Ermittlungen, die Gespräche und Recherchen wird die aktuelle Handlung nach und nach zu einem Gesamtbild, das weit in die Vergangenheit zurückführt.

Fazit

Ein spannender, vielschichtiger Abschluss der Tetralogie, ein Eintauchen in ein Meer von Illusionen. Kuba und die alten, auch nach den Umbrüchen immer noch mächtigen Familien, und El Conde und sein Freundeskreis als die kubanische Generation der Mittdreißiger, die ihr Leben hinterfragt und neue Wege sucht. Ein literarischer, politischer Kriminalroman mit eindrücklichen Schilderungen der Gesellschaftsstruktur und der Lebensumstände in Kuba im Jahr 1989.  

Ein perfektes Leben – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum27. Juni 2005
AusgabeTaschenbuch
Seiten272
SpracheDeutsch
ÜbersetzungHans-Joachim Hartstein
ISBN-13978-3293203440

„Mario Conde nahm die geschlossene Akte in die Hand. Ihm schwante, dass sie eine Art Büchse der Pandora sein könnte, und er verspürte keinerlei Lust, die Dämonen der Vergangenheit aus ihr zu befreien.“ (Zitat Seite 22)

Inhalt

Noch sehr angeschlagen von der Silvesterfeier, freut sich Teniente Mario Conde über sein freies Wochenende, als sein Chef anruft und dieses beendet. Denn am Abend des 1. Januar hat die Ehefrau von Rafael Morín Rodríguez ihren Mann als vermisst gemeldet. Dieser Fall ist brisant und Conde muss sofort zu ermitteln beginnen, denn Rodríguez ist der einflussreiche Leiter der Import-Export-Abteilung im Industrieministerium. Da es sich bei Rafael Morín um genau jenen Schulkollegen handelt, der Tamara Valdemira geheiratet hat, die heimliche große Jugendliebe von Mario Conde, begleiten persönliche Erinnerungen den Teniente bei seinen aktuellen Recherchen. Das Leben und Verhalten von Rafael Morín Rodríguez waren immer perfekt, ein untadeliger Mann mit einer weißen Weste, wo sind die Schatten?

Thema und Genre

Der vorliegende Kriminalroman spielt in Kuba. Es ist der erste Band der Serie Havanna Quartett und es geht hier um wesentlich mehr, als das Verschwinden einer Person. Themen sind Politik, Gesellschaft, Jugenderinnerungen, sowie die Lebensträume einer jungen Generation und die Veränderungen im Laufe der Jahre.

Charaktere

Seit zwölf Jahren ist die Hauptfigur, Teniente Mario Conde, bei der Polizei und ebenso lang fragt er sich, warum. Gerade dieser aktuelle Fall führt El Conde weit in seine Vergangenheit zurück und kurz wünscht er sich, wieder sechzehn Jahre alt zu sein, einen anderen Weg für sein Leben auszuprobieren. „Eines Tages vielleicht würde er seine alten Illusionen wieder haben, würde in einem Haus in Cojímar wohnen, wie Hemingway, direkt an der Küste, in einem Holzhaus mit roten Dachziegeln und einem Zimmer zum Schreiben.“ (Zitat Seite 147)

Erzählform und Sprache

Die Handlung wird personal erzählt, die aktuellen Ermittlungen werden ergänzt durch Erinnerungen an Ereignisse im Jahr 1972 und Gedankenströme, sowie Beobachtungen und Schilderungen des Umfeldes und der Situation in Kuba. Zwischendurch wechselt die Erzählform sowohl bei Mario Conde, als auch bei seinem Mitarbeiter Manolo in die Ich-Form, was uns tief in die Gedanken der Figuren eintauchen lässt und die Geschichte auch sprachlich interessant und abwechslungsreich gestaltet.

Fazit

Ein vielschichtiger Kuba-Roman mit interessanten Themen und ebenso facettenreichen Figuren. Eine spannende Geschichte mit atmosphärischen Schilderungen Kubas, auch sprachlich überzeugend.

Labyrinth der Masken – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum22. Februar 2006
Ausgabemetro-Taschenbuch
Seiten256
SpracheDeutsch
ÜbersetzungHans-Joachim Hartstein
ISBN-13978-3293203648

„Er fühlte sich hoffnungslos überfordert, ohne im Mindesten die Antwort auf eine der tausend Fragen zu wissen, die sich ihm stellten.“ (Zitat Seite 53)

Inhalt

In diesem dritten Band des Havanna-Quartetts ist es Sommer geworden, 1989, ein heißer, staubiger August. Nach der Prügelei mit Teniente Fabricio vor drei Monaten ist Mario Conde zum Erkennungsdienst strafversetzt worden, während nicht nur gegen ihn interne Ermittlungen laufen. Doch nun wird er gebraucht, denn dieser Mord an einem jungen Mann in einem roten Frauenkleid mitten im Stadtwald von Havanna ist besonders heikel, der tote Transvestit stammt aus einer sehr bekannten, angesehenen Familie. Die ersten Spuren führen die beiden Ermittler El Conde und Manuel Palacios zu dem international bekannten Dramatiker und Theaterregisseur Alberto Marqués Basterrechea. Während der Teniente die Vor- und Nachgeschichte des Mordes zu ergründen versucht, der ausgerechnet am 6. August, dem Fest der Verklärung Christi, der Transfiguration, stattgefunden hat, führen seine Gespräche mit Alberto Marqués dazu, dass El Condes Vorurteile schwinden.

Thema und Genre

In diesem Kuba-Roman geht es um Politik, Korruption, Gesellschaft, Vorurteile, Diskriminierung, Homosexualität. Im Mittelpunkt von Mario Condes Ermittlungen stehen diesmal ein alter, exzentrischer Künstler und natürlich wieder die Literatur.

Charaktere

„Mario Conde ist kein Polizist, sondern eine Metapher und sein Leben spielt sich im virtuellen Raum der Literatur ab.“ (Zitat Seite 6, Vorbemerkung des Autors) Doch es liegt an der genauen Beobachtungsgabe, der Phantasie und dem genialen Können des Autors, reale Menschen in seine fiktiven Charaktere einzubringen, Mario Conde und auch alle anderen Figuren seiner Romane, ungemein glaubwürdig und lebensnah wirken zu lassen, mit ihren Fehlern, Zweifeln, Träumen und Gefühlen.

Erzählform und Sprache

Auch dieser dritte Kriminalfall, den Mario Conde während des Jahres 1989 lösen muss, ist nur ein Teil der Geschichte, um die es in diesem Kuba-Roman geht. Das Thema Homosexualität, die damit verbundenen Vorurteile, die politischen Versuche einer Umerziehung, in Verbindung mit dem alltäglichen Leben in Havanna in dieser Zeit des Umbruchs, verdichten und erweitern die Handlung zu einem intensiven, weit gefächerten Gesamtbild. Mario Conde sagt von sich selbst, ein Mann der Erinnerungen zu sein und so erfahren wir durch seine Gedanken interessante Details darüber, wie sich Kuba, und vor allem die Stadt Havanna, verändert haben. „Ich verstehe das, natürlich verstehe ich das, denn diese Insel hat den historischen Auftrag, immer wieder neu zu beginnen, alle dreißig oder vierzig Jahre. Das Vergessen ist Balsam für alle offenen Wunden …“ (Zitat Seite 116). Die Sprache ist eine elegante, poetische Sprache der Literatur, verbunden mit der manchmal verstörend direkten Sprache einer Männerwelt.

Fazit

Ein spannendes, interessantes, beeindruckendes Leseerlebnis, eingebettet in die Liebe zu Kuba und zur Literatur.  

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