Dora Maar und die zwei Gesichter der Liebe – Picasso ist ihr Leben, die Kunst ihre Leidenschaft – Bettina Storks

AutorBettina Storks
Verlag Aufbau Taschenbuch
Erscheinungsdatum 21. Juni 2021
FormatTaschenbuch
Seiten451
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3746637976

Zit

Inhalt

Als Dora Maar 1936 Pablo Picasso in Paris kennenlernt, ist sie zwar erst neunundzwanzig Jahre alt, aber bereits eine bekannte, erfolgreiche Fotografin mit einem eigenen Atelier. Sie ist  Teil der Pariser Kunstszene und, noch wichtiger, Mitglied der Pariser Surrealisten, befreundet mit Man Ray, André Breton und Paul Éluard. Die Beziehung zwischen der exzentrischen Dora und dem wesentlich älteren, egozentrischen Pablo ist leidenschaftlich und intensiv. Bald ist die eigenständige Künstlerin Dora Maas nur mehr die Muse von Picasso, in seinen Schatten gedrängt. In ihrer Liebe bemerkt sie das zunächst kaum. Doch Picassos Genie verlangt immer wieder nach neuen Herausforderungen und neuen Musen. 1943 lernt Picasso die erst einundzwanzig Jahre alte Françoise Gilot kennen.

Thema und Genre

Dieser Roman, in dessen Mittelpunkt die leidenschaftliche, problematische Beziehung zwischen der Künstlerin Dora Maas und Pablo Picasso steht, spielt in der Künstlerszene der Weltstadt Paris, ein wichtiges Thema ist das Leben während der Besatzungszeit und die Entstehung des berühmten Gemäldes „Guernica“. Vor allem aber geht es um die eigenständige, vielseitige Künstlerin Dora Maar, die von den internationalen Kunstkritikern viele Jahre lang nur als eine der Frauen im Leben und auf den Bildern von Picasso gesehen worden war.

Charaktere

Auch wenn manche Szenen und Ereignisse fiktiv sind, die Personen sind real und bis in die kleinsten Details sehr umfassend und einfühlsam recherchiert.

Handlung und Schreibstil

Der Roman umfasst die Jahre Jahre 1928 bis 1956 in Paris und in der Provence, beginnt mit einem Prolog 1925 und endet mit einem Epilog im Jahr 2019. Erinnerungen ergänzen die aktuelle Handlung, die chronologisch erzählt wird. Die Geschichte besticht durch die vielen lebhaften Details der Beschreibungen von Paris in diesen wichtigen Jahren, der schillernden Kulturszene in der Zwischenkriegszeit, der französischen Hauptstadt in den Händen der Nationalsozialisten, dem Aufbruch nach Kriegsende und den Schilderungen der besonderen Natur und Menschen der Provence. Auch die realen Biografien von Pablo Picasso und Dora Maas fließen in die fiktive Romanhandlung ein, wodurch sich ein lebendiges, interessantes Gesamtbild ergibt. Der Verlag formuliert in der Beschreibung des Inhaltes „Eine herzzerreißende Liebe …“, was mich beinahe daran gehindert hätte, dieses Buch zu lesen. Doch anders als vermutet ist die Erzählsprache angenehm und unterhaltsam zu lesen und die Geschichte wird nie trivial oder kitschig.

Fazit

Bei diesem Roman handelt es sich um Band 18 der Serie „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“ und diese interessante, lesenswerte, sehr genau recherchierte Geschichte der Künstlerin Dora Maar besticht durch Realitätsnähe und Lebendigkeit.

Nebelmeer #7 – Lutz Flörke

AutorLutz Flörke
Verlag duotincta GbR
Erscheinungsdatum 4. Juli 2021
FormatBroschiert
Seiten268
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3946086680

„Weshalb soll ich Bücher lesen, über die ich mit meinen Freunden nicht reden kann?, fragt mich die Blumenhändlerin. Suchen Sie sich andere Freunde!, sage ich zu ihr.“ (Zitat Seite 217)

Inhalt

HP hat studiert, doch anders als sein Freund Maximilian hält er an dem Beschluss ihrer Jugend fest, sich nicht dem Erfolgszwang zu unterwerfen. Heute ist HP Museumswärter in der Hamburger Kunsthalle, während Maximilian ein erfolgreicher Unternehmer ist. Nun ist Maximilian verschwunden und HP soll ihn suchen. Er findet heraus, dass sein Freund an einem Bildungsroman schreibt. Durch einen Zufall entdeckt HP das Skript, beginnt zu lesen und stutzt. Diese Geschichten kennt er genau, denn es sind seine eigenen Erlebnisse. Maximilian hat nur die Namen geändert und will sie offensichtlich als seine Biografie veröffentlichen. HP will seine Lebensgeschichte zurück und er folgt weiter Maximilians Spuren, die ihn zurück in seine Jugend und Erinnerungen führen.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Jugenderinnerungen, die Frage nach dem Platz im eigenen Leben, Philosophie, aber auch um Literatur, Erzähltheorien, Bücher, Beziehungen und natürlich ist auch die Liebe ein Thema. Nicht ohne Grund gab Caspar David Friedrichs „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ diesem Roman den Namen.

Charaktere

HP will endlich die Hauptperson in seinem eigenen Leben sein, seine eigene Geschichte schreiben. Unterstützung findet er bei der unbekümmerten Marnie, die er am Beginn seiner Reise kennenlernt.

Handlung und Schreibstil

„Ich fliehe vor einer Karriere in die Kunsthalle. Ich fliehe aus der Kunsthalle in ein Roadmovie, vom Roadmovie zurück in die Kunsthalle, von dort in die Ottenser Hauptstraße, aus der ins Theater.“ (Zitat Seite 223)

HP ist Hauptperson und gleichzeitig Ich-Erzähler in diesem Roman, der in der Gegenwart spielt. HP besucht die Orte seiner Kindheit und Jugend, seine Reise wird chronologisch geschildert, ergänzt durch Rückblenden und Erinnerungen. Zitate und Textauszüge über das Schreiben, Erzählformen, Textanalyse, gesellschaftskritische und philosophische Überlegungen ziehen facettenreich immer wieder durch die Gedanken von HP. Ein Roman wie eine Wundertüte, jede Geschichte birgt in sich eine weitere Geschichte, die Ebenen verschieben sich, werden neu zusammengefügt. HP liebt Anfänge und probiert sie alle aus. Der Autor spielt vergnügt mit der Sprache, mit Möglichkeiten, Varianten und unterschiedlichen Erzählformen. Wir Lesende folgen ihm gespannt, staunend und manchmal verwirrt, dann wieder mit lautem Lachen.

Fazit

Dieser Roman ist eine Mischung aus Roadmovie und wilder Achterbahnfahrt, skurril, witzig und voll von überraschenden Wendungen, interessant und vielseitig. Hier zeigt es sich wieder, dass es sich lohnt, sich in den Programmen der kleinen, unabhängigen Verlage umzusehen und aus dieser bunten Vielfalt den persönlichen Lesestoff zu erweitern.

Im Park der prächtigen Schwestern – Camila Sosa Villada

AutorCamila Sosa Villada
Verlag Suhrkamp Verlag
Erscheinungsdatum 18. Januar 2021
FormatBroschiert
Seiten220
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinSvenja Becker
ISBN-13978-3518471180

„Meine Freundinnen, die trans Frauen, die meine Familie bildeten, konnten nicht nachvollziehen, wie ich die Zurschaustellung aushielt, das Tageslicht, den heterosexuellen Blick auf mich, wie ich in der Lage war, Kurse zu besuchen und Prüfungen abzulegen bei Dozenten, die von meinem nächtlichen Dasein nichts ahnten.“ (Zitat Seite 126)

Inhalt

Zu Hause ist er Cristian, der Sohn. Mit fünfzehn Jahren näht er sich selbst Frauenkleidung, schleicht sich aus dem Haus, ist nun Camila, die tanzen geht. Früh zieht sie nach Córdoba, am Tag Student, in der Nacht schützt sie die Anonymität der Stadt, sie kann sein, wer sie wirklich ist, die trans Frau Camila. Im Park Sarmiento lernt sie eines Nachts eine bunte, fröhliche Gruppe von jungen trans Frauen kennen und die alterslose Tía Encarna, die sie alle in ihrem Haus aufnimmt und sich um sie kümmert. Sie alle sind Geschöpfe der Nacht, führen ein geheimes, gefährliches Leben, sie lachen, sie weinen, sie streiten, sie feiern und sie halten zusammen. In einer argentinischen Gesellschaft, die sie verachtet und verfolgt, träumen sie den Traum von einem freien, selbstbestimmten Leben als trans Frau.

Thema und Genre

Dieser moderne Roman beschreibt autobiografisch zwischen Fakten, Fiktion, Realität und märchenhaften Mythen das Leben der trans Frauen in Südamerika mit den Gewalterlebnissen, Drogen, Armut, Sehnsucht und Liebe und ihrer intensiven Lebensfreude, denn sie alle feiern das Leben.

Charaktere

Die Kindheitserinnerungen an den gewalttätigen Vater machen es Camila unmöglich, als Mann zu leben. Sehr einfühlsam beschreibt die Autorin die prächtigen Schwestern mit ihren Eigenheiten, ihren Lebensläufen und dem gemeinsamen intensiven Wunsch, als trans Frau akzeptiert zu werden.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung ist nicht immer chronologisch, es sind einzelne Episoden, Erlebnisse, Fragmente, besondere Situationen, fröhliche, ausgelassene Feiern, die Camila als Ich-Erzählerin schildert, und auch bittere Momente des totalen Zusammenbruchs. Wir erfahren Details aus den Lebensgeschichten der einzelnen trans Frauen, der Freier und exzessiv gelebten Nächte. Den Kern bildet die Geschichte der, wie sie selbst sagt, einhundertachtundsiebzig Jahre alten Tía Encarna und des Babys, das in einer kalten Winternacht im Park ausgesetzt worden war, um zu sterben. Sie nimmt den Jungen mit in ihr Haus, wo er aufwächst. Die Sprache umfasst das gesamte Spektrum zwischen der harten Realität der Prostitution, den mit einfühlsamer Wärme beschriebenen einzelnen Figuren und märchenhafter Poesie.

Fazit

Ein moderner, realistischer Roman, ein Bericht über die Lebensumstände der trans Frauen in Argentinien und zugleich eine eindrückliche Geschichte über Menschen, die das Leben trotz allem ausgelassen feiern und die einfach nur frei leben wollen, wie es ihnen gefällt. „Wir, die Vergessenen, wir sind schon ohne Namen. Als wären wir nie da gewesen“. (Zitat Romanende, Seite 220). Dieser Roman gibt den trans Frauen Namen.

Codex 632 Wer war Christoph Kolumbus wirklich? – J.R. Dos Santos

AutorJ.R. Dos Santos
Verlag luzar publishing
Erscheinungsdatum 22. November 2019
FormatTaschenbuch
Seiten368
SpracheDeutsch
ÜbersetzungViktoria Reich
ISBN-13978-3946621065

„Wenn jemand Tomás Noronha an diesem Morgen gesagt hätte, er würde die nächsten Wochen damit verbringen, durch die Welt zu reisen, um eine fünfhundert Jahre alte Verschwörung zwischen den beiden einstigen Weltmächten Spanien und Portugal aufzuklären und in die esoterische Welt der Kabbala und der Tempelritter einzutauchen, hätte er vermutlich gelacht.  Und doch stand ihm genau das bevor.“ (Zitat Seite 12)

Inhalt

Dieser 6. Dezember 1999 in Lissabon begann für den Historiker und Dozenten Tomás Noronha mit einer Vorlesung, gefolgt von Institutsbesprechungen. Am späten Abend eines sehr langen Tages erhält er einen Anruf von Nelson Moliarti, Stiftung für gesamtamerikanische Geschichte in New York, in deren Auftrag der bekannte Professor Toscano die historischen Hintergründe der Entdeckung Brasiliens untersucht. Der Professor teilt der Stiftung mit, brisante Fakten entdeckt zu haben, die bekannte historische Ereignisse verändern werden, doch bis zur Veröffentlichung will er seine Forschungsergebnisse geheim halten. Am 30. November 1999 ist Professor Toscano in seinem Hotelzimmer in Rio überraschend verstorben. Die Stiftung bittet den bereits international bekannten Codespezialisten Tomás Noronha um Hilfe, er soll herausfinden, woran genau der Professor gearbeitet und was er entdeckt hat. Dieser nimmt den hochdotierten Auftrag an und bald ist er einem Geheimnis auf der Spur, das tatsächlich die bisher bekannten historischen Fakten um eine wichtige Entdeckung verändern kann, denn im Mittelpunkt der Forschungen des verstorbenen Professors standen nicht Cabral und Brasilien, sondern Christoph Kolumbus.

Thema und Genre

Dieser in deutscher Sprache als vierter Band erschienene Roman ist im Original das erste Buch der Serie um den portugiesischen Kryptanalysten und Historiker Tomás Noronha. Es geht um die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus.

Charaktere

Tomás Noronha, fünfunddreißig Jahre alt, ist ein international bekannter Codepsezialist und Historiker, spricht eine Reihe von alten Sprachen. Professor Toscano pflegte seine Daten und Notizen mit komplizierten Wortkreationen zu verschlüsseln. Obwohl ihn gerade auch seine private Situation fordert, recherchiert Tomás intensiv, denn die Stiftung drängt, braucht Resultate. Die Veröffentlichung soll bereits zur geplanten Jubiläumsfeier fünfhundert Jahre Entdeckung Brasiliens am 22. April 2000 stattfinden.

Handlung und Schreibstil

Bereits in diesem ersten Buch der Tomás Noronha Reihe überzeugt die interessante, packende und wissenschaftlich umfassend recherchierte Mischung aus Fiktion und Fakten. Die chronologisch erzählte Handlung führt den Hauptprotagonisten von Lissabon nach Rio de Janeiro, New York, Jerusalem und zuletzt nach London. Gekonnt baut der Autor die historischen Dokumente, authentischen Quellen, Manuskripte und alten Bücher in die Handlung ein, lässt uns durch seine Hauptfigur Detail um Detail die einzelnen Puzzleteile entdecken und nachvollziehen. Auch den titelgebenden Codex 632 gibt es tatsächlich. Dennoch ist die Handlung selbst fiktiv, ein Roman.

Fazit

Diese hochinteressante Kombination aus Information, Wissenschaft und spannender Geschichte, aus authentischen Fakten und Fiktion, macht jedes Buch der Serie zu einem besonderen Leseerlebnis.

Das Lächeln der Libellen – Patricia Koelle

AutorPatricia Koelle
Verlag FISCHER Taschenbuch
Erscheinungsdatum 28. Oktober 2020
FormatTaschenbuch
Seiten528
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3596705283
SerieDie Inselgärten-Reihe, Band 2

„Es ist überhaupt nicht gut, immerzu glücklich sein zu wollen. Es gibt auch eine Zeit zum Trauern. Eine Zeit, sich zurechtzufinden.“ (Zitat Seite 52)

Inhalt

Nach zwanzig glücklichen Ehejahren stirbt Junas Mann Adrian plötzlich bei einem Unfall. Seither lebt Juna zurückgezogen im Haus ihres verstorbenen Großvaters im Spreewald, umgeben von Natur, Libellen und einem wunderbaren Garten, den sie selbst angelegt hat. Doch da ist noch das Versprechen, das sie ihrem Schwiegervater Wilhelm kurz vor dessen Tod gegeben hat. Vor vielen Jahren, als Adrians Eltern ihr Hotel auf Hiddensee über Nacht verlassen mussten, hatte Wilhelm einen Anhänger gefunden, wunderbar gearbeitet, eine Libelle aus Gold. Luna musste ihm versprechen, auf Hiddensee nach der Herkunft dieses Schmuckstücks zu forschen. Als sie zufällig die junge Journalistin Linnea kennenlernt, die sich ebenfalls gerade völlig neu orientiert, fahren sie gemeinsam auf die Insel Hiddensee, erkunden die Insel, die auf Juna schon bei ihrem ersten Besuch vor vielen Jahren eine ganz besondere Anziehungskraft ausgeübt hatte, und beginnen mit ihren Nachforschungen. Bald entdecken sie, dass diese besondere Insel eine Menge Überraschungen für sie bereithält.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Trauer, Erinnerungen, Ideen und Träume, und den Mut zum Neubeginn. Das Kernthema ist das Leben im Einklang mit der Natur, der bewusste Umgang mit der Umwelt und der Schutz derselben, gerade in der heutigen Zeit. Natürlich spielt auch die Liebe eine Rolle.

Charaktere

Juna hat schon als Kind wenig geredet, dafür war sie immer neugierig, eine gute Beobachterin der Natur und handwerklich kreativ. Sie zieht sich völlig in die Erinnerungen und die Trauer um ihren Mann zurück, bevor sie auch durch das Versprechen, das sie Wilhelm gegeben hatte, langsam in die Gegenwart zurückkehrt. Linnea ist engagiert, hat viele Ideen, doch sie ist manchmal eine zu detailorientierte Planerin, weil ihr das die Sicherheit gibt, die sie braucht. Als Journalistin will sie etwas bewegen, die Menschen mit ihren Beiträgen erreichen.

Handlung und Schreibstil

Die aktuelle Geschichte spielt zwischen 2015 und 2017, Handlungsorte sind der Spreewald und die Insel Hiddensee. Die einzelnen Kapitel stellen abwechselnd Juna oder Linnea in den Mittelpunkt. Ergänzt wird die Handlung durch Rückblenden. Die Sprache erzählt und schildert lebendig die Schönheiten und Vielfalt der Natur in den versteckten Wasserläufen im Spreewald und auf der Insel Hiddensee, eine Insel mit ganz besonderem Flair. Den Spreewald kenne ich nicht, aber Stralsund und die Insel Hiddensee. Daher begeistert mich die genaue Recherche, denn die versteckten Wege und Plätze, die in diesem Roman beschrieben werden, kennt nur, wer diese persönlich erwandert und für sich entdeckt hat.

Dieser zweite Band der „Inselgärten-Serie“ ist eine in sich geschlossene Geschichte, die man auch unabhängig von den anderen Teilen lesen kann.

Fazit

Es gibt Gegenwartsliteratur mit brisanten Themen unserer Zeit, deren Konflikte, Problematik und Figuren uns manchmal mit mehr offenen Fragen zurücklassen, als vor der Lektüre. Dann gibt es Bücher, bei denen wir uns von der ersten Seite an darauf verlassen können, dass die Figuren trotz ihrer Probleme und Krisen eine Lösung finden werden. Welche? Da lassen wir uns überraschen. Diese Bücher schließen wir mit einem Lächeln und es sind Wohlfühlgeschichten wie diese hier.

Eine Geschichte, die uns verbindet – Guillaume Musso

AutorGuilleaume Musso
Verlag Pendo Verlag
Erscheinungsdatum 31. Mai 2021
FormatBroschiert
Seiten320
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinEliane Hagedorn
ÜbersetzerinBettina Runge
ISBN-13978-3866124844

„Ich war eine Romanfigur. Hinter seiner Schreibmaschine oder wohl eher hinter dem Bildschirm seines Computers spielte jemand mit meinem Leben.“ (Zitat Seite 91)

Inhalt

Am 12. April 2010 spielt die erfolgreiche Romanautorin Flora Conway, Kafka-Preisträgerin, mit ihrer dreijährigen Tochter Carrie in ihrem eleganten Appartement in Brooklyn Verstecken, es ist das Lieblingsspiel ihrer Tochter. Bei „zwanzig“ öffnet Flora die Augen und beginnt zu suchen. Ihre Tochter ist verschwunden und auch Monate später gibt es keine Spur von ihr. Floras Verlegerin und Freundin Fantine de Vilatte drängt sie, wieder mit dem Schreiben zu beginnen um den Verlust zu verarbeiten, doch Flora kann und will nicht schreiben, sie will nur eines, ihre Tochter wiedersehen. Je tiefer sie in die Erinnerungen an Carrie eintaucht, desto intensiver wird das Gefühl, dass sie selbst die Hauptfigur in einer längst geschriebenen Geschichte ist. Irgendwo hinter einem Computer-Bildschirm sitzt jemand, Schriftsteller wie sie selbst, und es gibt sie, diese „dritte Seite des Spiegels“.

Thema und Genre

Dieser Roman handelt vom Schreiben. Es geht um die Parallelwelten, die Autor*innen beim Entwickeln der Figuren und während des Entstehens eines Romans betreten, immer auf dem schmalen Grat zwischen der fiktiven Welt der Geschichte und der Realität des eigenen Alltags.

Charaktere

Beide Hauptfiguren sind Schriftsteller, Flora Conway in New York und Romain Ozorski in Paris, sie wissen, wie man erfolgreiche Romane schreibt, sie kennen das Leben eines Autors mit seinen Figuren. Flora wird durch den Verlust von Carrie völlig aus der Bahn geworfen, Romain droht die Trennung von seinem Kind, denn seine Exfrau will mit dem gemeinsamen Sohn Théo in die USA ziehen. 

Handlung und Schreibstil

Der Hauptteil der Handlung findet zwischen den Jahren 2010 und 2022 in New York und Paris statt, wird chronologisch erzählt, wobei Flora und Romain einander als Ich-Erzähler abwechseln. Besonders interessant ist dies zu lesen, wenn es sich um dasselbe Ereignis handelt, das aus unterschiedlichen Sichtweisen geschildert wird. Die gesamte Handlung ist ein ungewöhnliches, spannendes Konstrukt mit überraschenden Wendungen, die von nochmals überraschenderen Wendungen abgelöst werden. So ergibt sich ein vielschichtiges Netz aus teilweise verknüpften, teilweise ineinander gestapelten Ereignissen, Szenen und Episoden, die zu seiner gemeinsamen Geschichte werden.

Jedes Kapitel beginnt mit einem Zitat zum Hauptthema dieses Romans.

Fazit

Ein interessanter, vielschichtiger Roman über das Entstehen einer Geschichte und das Leben von Schriftsteller*innen zwischen der realen Welt und ihrem Alter Ego, der fiktiven Welt ihrer Figuren.

Nur der Tod ist unsterblich – Reinhard Gnettner, Ein mörderischer Literatur-Krimi

AutorReinhard Gnettner
Verlag Carl Ueberreuter Verlag
Erscheinungsdatum 30. März 2021
FormatBroschiert
Seiten180
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3800090068

„Diese Herren waren das Beste, was ihr hatte passieren können. Originell, sympathisch, unterhaltsam und sie hatten, wie es ihr schon beim Einstellungsgespräch aufgefallen war, ihr natürliches Ablaufdatum ganz ungeniert überschritten. (Zitat Seite 25)

Inhalt

Nach einem Symposium sitzen sie noch zusammen im Kaffeehaus: Heimito von Doderer, Erich Fried, Leo Perutz, Friedrich Torberg und Stefan Zweig. Doch das Café Central, wie sie es kannten, gibt es längst nicht mehr, nun füllen das berühmte Kaffeehaus in Wien die Hektik und der Lärm der Touristenströme. So beschließen sie an diesem 10. Oktober, ihre Idee endgültig in die Tat umzusetzen. Sie gründen eine Wohngemeinschaft und das gemeinsame Wohnzimmer wird ihr privates Kaffeehaus. Rasch ist eine geeignete Wohnung im 9. Wiener Gemeindebezirk, zu dem sie alle eine besondere Beziehung haben, gefunden, und Ella aus Krakau als Haushälterin und Pflegerin eingestellt. Nun wollen sie endlich wieder schreiben, bevor sie endgültig in Vergessenheit geraten, doch erst, als sie ein gemeinsames Buch planen, kehrt auch die Freude am Schreiben zurück. Da wird Heimito von Doderer tot aufgefunden und bald folgt der nächste Unfall – oder war es Mord? Schon spricht ganz Wien von einem gefährlichen Literatenkiller.

Thema und Genre

Dieser literarische Kriminalroman mit Regionalbezug spielt in Wien. Im Mittelpunkt steht die Selbsthilfegruppe der vergessenen Literaten, fünf berühmte Schriftsteller, die eine WG gründen.

Charaktere

Die einzelnen Persönlichkeiten werden beim Lesen sofort lebendig, jeder auf seine Art authentisch und sofort erkennbar. Dies zeigt, wie intensiv sich der Autor mit den einzelnen Werken und Biografien beschäftigt hat. Gekonnt mischt er Fakten und überlieferte Zitate mit seinen eigenen Gedanken und Ideen.

Handlung und Schreibstil

Die aktuellen Ereignisse finden zwischen Oktober und April statt und spielen in unserer Zeit. Großartig zu lesen der Alltag und die Gespräche der alten Literaten, ihre Erinnerungen, die kleinen Streitereien. Dazu das Urwiener Ehepaar, in dessen Haus sie die Wohnung gemietet haben und der Kommissar, der in diesen letzten Wochen bis zur Pensionierung eigentlich seine Ruhe haben wollte. Wunderbar beschrieben sind das Servitenviertel, die Porzellangasse und die berühmte Strudlhofstiege. Der Fall ist eigenartig und geheimnisvoll und in Verbindung mit Humor und dem Charme Wiens ergibt dies eine Geschichte, die man mit einem vergnügten Schmunzeln liest. Ein Quellenverzeichnis und Kurzbiografien mit ausgewählten Werken der fünf Schriftsteller am Ende des Buches sind eine interessante Ergänzung.

Fazit

Eine geniale Idee und die Frage „Was wäre, wenn diese fünf großartigen Literaten noch lebten, wenn sie dank ihrer Werke unsterblich wären? Wie würde es weitergehen?“ (Zitat Seite 5) führen zu einer ebenso genialen Geschichte. Dieser Wiener Literaturkrimi ist ein literarisches, sehr unterhaltsames Lesevergnügen, ein Buch nicht nur für das eigene Bücherregal, sondern auch das perfekte Geschenk für Literaturfreunde.  

Leuchtfeuer im Kupfer der Dämmerung: Gedichte und Erzähltes aus vier Jahrzehnten – Jim Palmenstein

AutorJim Palmenstein
Verlag Klingenberg
Erscheinungsdatum 2. August 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten448
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3200055025

„und die Dunkelheit beugt sich/über das wispernde blaue Wasser/die Leuchttürme funkeln grell ins Kupfer der Dämmerung/der Wasser im Westen“ (aus „Der Leuchtturmwärter“, Seite 423)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist eine Sammlung von Gedichten und Erzählungen des Autors Jim Palmenstein, die im Laufe von vierzig Jahren, zwischen 1978 und 2018, entstanden sind. Schon die Herstellung, Material und Gestaltung, ich spreche von traditioneller Buchbindekunst des Klingenberg Verlages, ziehen Augen und Hände an und machen immer wieder Freude. Dieses besondere Kleinod umfasst zwischen Cover und Buchrücken eine bunte Vielfalt von  Geschichten, die uns der Autor in Gedichtform, als Prosa und allen sprachlichen Möglichkeiten dazwischen, erzählt und mit eigenen Schwarz-Weiß-Fotografien ergänzt. Wir finden alle Themen des Lebens, Gefühle, Erinnerungen, Sehnsucht, philosophische Gedanken, magische Momente ebenso wie Alltagserlebnisse.

Gestaltung

Die meisten der zwölf Kapitel beginnen jeweils mit einem aktuellen Prosatext, während die poetischen Texte, Gedichte in epischer Länge, in unterschiedlichen Formen einer besonderen Erzählsprache geschrieben sind. Frei von Reimzwängen und starren Versformen widersetzen sie sich dem Versuch einer sprachlichen Zuordnung, frei wie die Gedanken bringen sie diese zu Papier und damit auch zu uns. Groß- und Kleinschreibung setzt der Autor nach eigenem Empfinden ein, Lesende, die das stört, ermuntert er mit einem Augenzwinkern, „einen Pencil zu nehmen und ein bißchen zu korrigieren“ (Seite 97).

Im Kapitel IX, „Traumreisen“, finden wir die auch als eigenes Buch erschienene Erzählung „Der fliegende Teppich“, die fantastische Geschichte einer Reise, eine Mischung aus Fantasie und Magie, ein eindrücklich überzeichnetes Bild unserer Gesellschaft.

Genial zu lesen sind einige Erzähltexte, welche Momentaufnahmen aus dem Alltag seines zweiten Erzähl-Ichs Graufeder schildern und zu einer gedanklichen Zwiesprache führen, die der schreibende Autor, ebenfalls Graufeder, mit seiner Graufeder-Figur hält.

Fazit

„Es war die Nacht mit ihren vielen tausend Bildern, die mir immer unsichtbar   im Erwachen   täglich entschwindet   und mich mit mir selbst allein   zurückläßt.“ (aus „Die Nacht“, Seite 142) Ein auch handwerklich mit Liebe und Überzeugung zum Produkt Buch gestaltetes Lesebuch, ein magisches Füllhorn der Phantasie, dessen poetische, philosophische, nachdenkliche, skurrile, alltägliche Texte, Gedichte und Erzählungen dazu einladen, es immer wieder mit großem Vergnügen zur Hand zu nehmen.

Ostseeschmerz – Elias Haller, Finkel und Silber 4

AutorElias Haller
Verlag Edition M
Erscheinungsdatum 15. Juni 2021
FormatTaschenbuch
Seiten398
SpracheDeutsch
ISBN-13978-2496707717

„Damals hatten sie hier zu viert mit bloßen Händen gebuddelt. Im Sommer 1982.“ (Zitat Pos. 970)

Inhalt

Anlässlich einer Lesung der Autorin und Kriminalhauptkommissarin Greta Silber erzählt ihr Simone Dammbeck, die einige Esoterik-Ratgeber geschrieben hat, sie arbeite nun ebenfalls an einem Kriminalroman. Der Titel lautet „Der Knochenfund“ und es geht um ein 1982 auf der Insel Hiddensee geschehenes Verbrechen, dem jedoch nie nachgegangen wurde. Greta findet die Esoterikerin etwas eigenartig und aufdringlich, verspricht jedoch, sich das Exposé anzusehen. Als am nächsten Tag Simone Dammbeck tot in ihrer Sauna gefunden wird, fragen sich Greta Silber und ihr Kollege Hardy Finkel sofort, ob es sich tatsächlich um einen tragischen Unfall handelt. Oder gibt es einen Zusammenhang zu dieser Geschichte vom angeblichen Einbruch im Jahr 1982 auf Hiddensee und dem verschwundenen Jugendlichen? Was ist damals wirklich passiert? Als es in rascher Folge weitere Tote gibt, sind Finkel und Silber gezwungen, rasch nicht nur metaphorisch tief in der Vergangenheit zu graben.

Thema und Genre

Dieser Thriller mit Regionalbezug spielt an der Ostsee, auf Usedom, Rügen und Hiddensee. Es geht um Verbrechen in der Vergangenheit, Schuld und Rache.

Charaktere

Dies ist der vierte Fall des sympathischen Ermittlerteams Hardy Finkel und Greta Silber, wobei Greta plötzlich auch persönlich betroffen ist.

Handlung und Schreibstil

Nach einem Prolog im Jahr 1982 spielt die straffe Handlung in der Jetztzeit. Ergänzt wird sie durch Rückblenden, die Spuren bis in die Gegenwart aufzeigen. Doch die Rückschlüsse sind nicht immer richtig und es gibt einige überraschende Wendungen, die für zusätzliche Spannung sorgen. An den detaillierten Beschreibungen der verschiedenen Örtlichkeiten und Schauplätze erkennt man mit Freude, wie genau der Autor hier auf den Inseln recherchiert hat. Der Schreibstil entspricht dem Genre, die Ereignisse sind realistisch und logisch nachvollziehbar, Humor erhöht das Lesevergnügen.

Fazit

Ein interessant aufgebauter Ostsee-Thriller, der auf den Inseln Usedom, Rügen und Hiddensee spielt und nicht nur für Spannung, sondern auch für Urlaubsfeeling sorgt.

Möwentod – Elias Haller, Finkel und Silber 2

AutorElias Haller
Verlag Edition M
Erscheinungsdatum 26. Mai 2020
FormatTaschenbuch
Seiten413
SpracheDeutsch
ISBN-13978-2496704785

„Ich weiß nur, dass wir an einer Sache dran sind, die unsere bisherigen Vorstellungen übersteigt.“ (Zitat Seite 172)

Inhalt

Paulina Münzner, eine ehemalige Spitzenjournalistin, arbeitet jetzt als Privatdetektivin und entdeckt eher durch einige Zufälle und Recherchen eine brisante Geschichte. Doch nun liegt sie tot in einem billigen Motelzimmer in Stralsund, erwürgt. Wenige Monate sind erst nach dem intensiven letzten Fall der beiden Ermittler vergangen, gegen Hardy Finkel läuft ein mögliches Disziplinarverfahren. Doch als Greta Silber an diesem neuen Tatort niedergeschlagen wird, ist Hardy nicht aufzuhalten. Sie tauchen in einen unglaublichen Fall ein der immer weitere Kreise zieht und jemand will sie stoppen, um jeden Preis.

Thema und Genre

Auch dieser zweite Band der Ostsee-Thriller-Serie spielt an der deutschen Ostsee-Küste. Es geht um die Hoffnung auf einen Neubeginn und die damit verbundenen Themen und Hintergründe sind brisant und aktuell.

Charaktere

Das denkt Hardy über Greta: „Mit ihren Ermittlerfähigkeiten hätte sie vor Jahren beim BKA eine steile Karriere hinlegen können. Andererseits war sie dafür viel zu bodenständig und mit der Region verwurzelt.“ (Zitat Seite 171) Im Gegensatz zu ihr ist Hardy nach zwanzig Jahren erst wieder in seine alte Heimat zurückgekehrt, doch diesmal will er bleiben.

Handlung und Schreibstil

Eine Serie von Mordfällen und die damit zusammenhängenden Ereignisse lassen Hardy und Greta teilweise zweifeln, wem sie überhaupt noch trauen können. Unterschiedliche Fälle mit einigen Überraschungen führen schließlich zu unglaublich grausamen Verbrechen, doch die daran Beteiligten wollen mit allen Mitteln verhindern, dass diese aufgedeckt werden, denn es geht um sehr lukrative Geschäfte. Wer ihnen zu nahe kommt, riskiert das eigene Leben.

Fazit

Auch dieser zweite Fall für Hardy Finkel und Greta Silber ist vielschichtig, packend und  intensiv. Zusammen mit den stimmigen Schilderungen der großartigen Ostseeküste mit den Hansestädten und bekannten Inseln garantiert dieser Thriller interessante, sehr spannende Lesestunden.

Küstenstill – Elias Haller (Finkel und Silber 1)

AutorElias Haller
Verlag Edition M
Erscheinungsdatum 9. Juli 2019
FormatTaschenbuch
Seiten380
SpracheDeutsch
ISBN-13978-2919801817

„James Bond war nie Profiler – und ich auch nicht. Im Übrigen heißt es Fallanalytiker.“ (Zitat Seite 63)

Inhalt

Hardy Finkel kehrt nach zwanzig erfolgreichen Jahren beim BKA Wiesbaden in seine alte Heimat an der Ostsee zurück. Sein erster Arbeitstag als Kriminalhauptkommissar beim KPI Anklam beginnt mit einem Mordfall. Die grausam präsentierte Leiche der Kindergärtnerin Julia Asmann ist die erste einer Serie und plötzlich steht Hardy Finkel persönlich im Mittelpunkt der eigenartigen Ereignisse, denn über Puzzleteile erhält er geheimnisvolle Botschaften. Was hat dies alles zu bedeuten und welches brutale Spiel inszeniert die Tatperson für die Ermittler?

Thema und Genre

In diesem Ostsee-Thriller geht es um eine Mordserie, die Vergangenheit, Rache, Erinnerungen und Kindheitserfahrungen. Orte der Handlung sind bekannte Hansestätte wie Anklam, Greifswald, Rostock, sowie die Insel Usedom.

Charaktere

Hardy Finkel ist mit einundzwanzig Jahren nach Wiesbaden gezogen, nun kehrt er mit seiner Lebensgefährtin zurück. Zunächst hält ihn die Kollegenschaft in Anklam für einen Besserwisser und begegnet ihm mit Zurückhaltung. Auch die eigensinnige Kommissarin Greta Silber, die privat Kriminalromane schreibt und der er als Ermittlungspartner zugeteilt wird, ist nicht immer einer Meinung mit dem neuen Kollegen. Doch beide sind engagierte, hartnäckige Ermittler, das verbindet sie.

Handlung und Schreibstil

Die rasante, aktuelle Handlung wird durch Rückblenden ergänzt. Die Geschichte führt weit in die Vergangenheit zurück, ist klar nachvollziehbar und schlüssig. Unvorhersehbare Wendungen erhöhen die Spannung. Nicht nur Finkel und Silber, sondern auch wir rätseln beim Lesen, was es mit den Puzzleteilen auf sich hat, die nach und nach auftauchen. Der Schreibstil ist spannend angenehm zu lesen und entspricht dem Genre. Lebendige, authentische Schilderungen der Schauplätze an der Ostsee ergänzen die Handlung.

Fazit

Der packende Beginn einer neuen Serie, die an der deutschen Ostseeküste spielt und durch eine interessant aufgebaute Geschichte, ein sympathisches Ermittlerteam und überraschende Wendungen für spannende Unterhaltung sorgt.

Der brennende See – John von Düffel

AutorJohn von Düffel
Verlag DuMont Buchverlag
Erscheinungsdatum 18. Februar 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten320
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3832181222

 „Neu sind nicht die Erkenntnisse, sondern unser Wille zu handeln, das Ende der Geduld meiner Generation mit deiner und die des Planeten mit uns. Die letzte Chance, etwas zu verändern, ist jetzt.“ (Zitat Seite 241)

Inhalt

Hannah reist mit leichtem Gepäck, wie schon ihr Vater, ein bekannter Schriftsteller. Nach seinem Tod kehrt Hannah ein letztes Mal an den Ort ihrer Kindheit zurück, um seine Wohnung zu räumen. Neben dem Bett liegt sein zuletzt erschienenes Buch, darin ein Foto von einer jungen Frau. Hannah will wissen, wer diese Unbekannte ist und als der Anwalt ihres Vaters sie vorab informiert, dass ihr Vater kurz vor seinem Tod sein Testament geändert hat, beginnt sie nachzuforschen. Obwohl sie, die einzige Tochter, ohnedies erwogen hatte, das Erbe auszuschlagen, will sie nun den Grund für die Entscheidung ihres Vaters wissen.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Generationenkonflikte, die Eltern-Kind-Problematik und aktuelle Umweltthemen.

Charaktere

Hannah ist stolz darauf, unabhängig und mit kleinem Gepäck zu reisen, wie schon ihr Vater. In ihrem Verhalten jedoch dient dies eher der Möglichkeit, rasch aus einer unangenehmen Situation fliehen zu können, sie ist labil und versucht wiederholt, trotz aller guten Vorsätze, auftretende Probleme mit Alkohol zu lösen, insgesamt keine besonders sympathische Hauptfigur.

Die junge Umwelt-Aktivistin Julia ist typisch für die Fridays-for-Future-Generation. Engagiert und überzeugt davon, dass die Elterngeneration an allem schuld sei, ist sie doch froh, dass immer, wenn sie erwischt wird, der Familienanwalt ihr zu Hilfe eilt, wenn ihre auf Grund ihrer Jugend ohnedies nur bedingte Strafmündigkeit sie nicht ausreichend schützt.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt innerhalb von wenigen Tagen zwischen dem 21. und 24. April. Jedes Kapitel berichtet als Einleitung über das aktuelle Wetter in diesen extrem warmen, sehr trockenen Vorsommertage. Im Mittelpunkt der personalen Erzählform steht Hannah, im Mittelpunkt der Ereignisse steht ein Baggersee.

Der Roman überzeugt durch seine eindringliche, leise Erzählsprache, nicht jedoch durch die Handlung und das Verhalten der einzelnen Figuren, denn viele Szenen sind weder logisch noch nachvollziehbar.

Fazit

Ein Roman über die Kernthemen unserer Zeit: Generationenkonflikt, Gesellschaftsstrukturen und Umwelt. Leider sind sowohl die Handlung, als auch das eigenartige Verhalten der einzelnen Figuren teilweise nicht stimmig und unglaubwürdig. Dies ist schade, denn der Autor ist ein genauer Beobachter und erzählt in einer eindrücklichen, klaren Sprache, die sehr angenehm zu lesen ist.

Bücher für die einsame Insel – François Armanet

AutorFrançois Armanet
Verlag Atlantik
Erscheinungsdatum 11. April 2017
FormatGebundene Ausgabe
Seiten224
SpracheDeutsch
ÜbersetzungClaudia Steinitz, Angela Volknant
ISBN-13978-3455000368

„Im Ergebnis mischt die Sammlung Meisterwerke der Weltliteratur, heilige Bücher der großen Religionen und geheime Madeleines.“ (Zitat Seite 19)

Thema und Inhalt

Die Frage, welche drei Bücher man auf die einsame Insel mitnehmen würde, gibt es wohl so lange, wie es auch Bücher und begeisterte Lesende gibt. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen Gilles Anquetil stellte François Armanet diese Frage über zehn Jahre lang jedem Schriftsteller, den sie für den Nouvel Observateur interviewt haben. Als dann 2014 die Idee entstand, die Antworten zu veröffentlichen, schrieb Armanet weitere einhundert Schriftsteller und Schriftstellerinnen an. Das vorliegende Buch ist das Ergebnis.

Umsetzung

Jedes Kapitel trägt den Namen des Schriftstellers oder der Schriftstellerin und das Datum. Dann folgt die jeweilige Originalantwort, manchmal sind es nur wenige kurze Sätze, dann wieder wird die persönliche Auswahl mit ausführlichen Texten erklärt. Das Kapitel schließt mit einer Zeile, die Angaben über Geburtsjahr und Geburtsort enthält, manchmal bereits ergänzt durch das Sterbejahr. Zuletzt nennt François Armanet drei Titel aus dem Werk des jeweiligen Befragten, gleichsam als Literaturtipp: den ersten als Vorschlag, den zweiten als Einführung, den dritten als Hommage. Damit wird die Liste der Ideen, die man in diesem handlichen, sehr ansprechend gestalteten Buch findet, gleichsam verdoppelt.

Besonders gespannt wird man sicher auf die Bücherliste der persönlichen Lieblingsautoren sein und ich freute mich besonders, auch Alessandro Baricco, Carlos Ruiz Zafón, Umberto Eco und John Le Carré in dieser Sammlung zu finden. Ich entdeckte aber auch Namen, von denen ich bisher noch nicht gehört hatte und auf die ich auf Grund der von ihnen genannten drei Bücher neugierig wurde.

Fazit

»Welche drei Bücher würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?« Diese klassische Frage wird in diesem handlichen Buch sehr interessant, vielseitig und unterhaltsam gelöst. Eine bunt bestückte Fundgrube für alle Lesebegeisterten.

Nelkenblatt – Yusuf Yeşilöz

AutorYusuf Yeşilöz
Verlag Limmat
Erscheinungsdatum 12. Mai 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten160
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3039260126

„Einen Ort gibt es, jenseits des Bösen. Ich und du, wir werden uns dort wiedersehen.“ (Zitat Pos. 141)

Inhalt

Nach einer politischen Studentendemonstration in ihrer Heimat muss Pina fliehen, denn es drohen ihr sechs Jahre Gefängnis. Nun lebt sie als Migrantin in der Schweiz und studiert im drittletzten Semester Kulturanthropologie. Von der Juristin Luzia wird sie als Pflegerin für ihre alte, schwer kranke Mutter Elsa engagiert, die sich weigert, in ein Pflegeheim zu gehen. Pina wohnt in Elsas Haus und soll mit Elsa spazieren gehen und dafür sorgen, dass diese das von der etwas herrischen Luzia vorgeschriebene gesunde Essen isst. Doch Elsa will lieber, dass ihr Pina etwas von ihrer Familie erzählt von ihrer alten Heimat und auch sie erzählt aus ihrem Leben.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um die leise Annäherung von zwei völlig unterschiedlichen Frauen, Elsa, Schweizerin, ist alt und ihr Leben geht zu Ende. Pina ist eine junge Frau, ein politischer Flüchtling aus einem völlig anderen Kulturkreis. Wichtige Themen sind Familie, Verständnis, Verlust, Trauer und Abschied.

Charaktere

Die junge Pina ist in ihrem neuen Land noch nicht wirklich angekommen, sehnt sich nach ihrer Familie, trauert um ihre verstorbene Mutter, die sie nicht mehr sehen konnte. Elsa spürt, dass ihr Leben bald zu Ende geht, sie weigert sich, nach draußen zu gehen, isst kaum, viel lieber will sie mit Pina ihre alten Fotoalben ansehen, reden und zuhören.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt an schönen, sonnigen Herbsttagen und lebt von den Erzählungen den Erinnerungen der beiden unterschiedlichen Frauen. Es ist eine leise Geschichte, in deren Mittelpunkt Elsa und Pina stehen. Die schildert das Kennenlernen der beiden Hauptfiguren und das gegenseitige Verständnis. Die Tage fließen in einem konstanten Ablauf, es gibt keine herausragenden Ereignisse.

Fazit

Eine leise Geschichte über die Annäherung von zwei Frauen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, eine ist bereits am Ende ihres Lebens angekommen, die andere hat ihr Leben noch vor sich.

Die heilige Waffe – M.C. Roberts und R.F. Maclay

SerieEin Tom Wagner Abenteuer, Band 1
AutorM.C. Roberts
AutorR.F. Maclay
Verlag Independently published
Erscheinungsdatum 30. Juni 2019
FormatTaschenbuch
Seiten424
SpracheDeutsch
ISBN-13978-1077190542

„Es waren Menschen dabei, die die Welt so sahen, wie sie ist. Nämlich, dass es kein Gut oder Böse gibt, sondern einfach nur verschiedene Wahrheiten und Wertesysteme.“ (Zitat Seite 397)

Inhalt

Nach einigen gewagten Aktionen wird Tom Wagner, Offizier der Cobra, österreichische Spezialeinheit zur Terrorbekämpfung, von seinem Vorgesetzten zum Personenschutz anlässlich einer UNESCO Fachtagung in der Hofburg eingeteilt. Notre Dame, Terroranschläge, der Diebstahl des Turiner Grabtuchs und weiterer wertvoller christlicher Reliquien halten Europa in Atem und als Tom zufällig entdeckt, dass in der Schatzkammer die wertvolle heilige Lanze gestohlen werden soll, versucht er, den Raub zu verhindern – als Folge muss die Schatzkammer wochenlang komplett saniert werden. Daher schickt ihn sein Vorgesetzter endgültig in Urlaub. Doch Tom Wagner ist nicht bereit, seine Recherchen aufzugeben und zusammen mit seinem vertrauten Freund Noah, ein hochspezialisierter IT-Fachmann mit internationalen Verbindungen, entdeckt er eine Verschwörung, deren weitweites Ausmaß er nur ahnen kann. Im Mittelpunkt steht eine Legende, das Schwert des Heiligen Petrus, die Zeit drängt und die Gegner sind mächtig und skrupellos und nicht immer ist klar, wer nun auf welcher Seite steht.

Thema und Genre

In diesem actionreichen Abenteuerthriller geht es um Religion, Reliquien, Wertesysteme, Macht und die Möglichkeit einer weltweiten Kontrolle der sensiblen Bereiche Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

Charaktere

Tom Wagner, als Nummer eins seiner Cobra-Einheit entsprechend ausgebildet, lebt mit seiner Kindheitserinnerung an den Tod seiner Eltern, als er sechs Jahre alt war. Nun, zwanzig Jahre später, sieht er plötzlich den Täter im Zusammenhang mit den Anschlägen und Diebstählen der kirchlichen Relikte wieder. Grund genug für Tom Wagner, intensiv zu recherchieren und allen Spuren zu folgen.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt in der aktuellen Zeit und wird durch Rückblenden ergänzt und mit weiteren Details vertieft. Die rasante Handlung führt von Wien in die Schweiz, nach Italien, Tunesien und in die kosmopolitische Hauptstadt Kataloniens, Barcelona. Das österreichische Autorenduo nimmt sich Zeit für interessante Schilderungen der Örtlichkeiten, Sehenswürdigkeiten, Landschaften und der historischen Hintergründe der Relikte. Überraschende Wendungen, immer jedoch im Bereich des nachvollziehbar Möglichen, erhöhen die Spannung. Die Actionszenen mit Tom Wagner im Mittelpunkt sind trotz seiner Ausbildung nicht immer realistisch, bleiben jedoch im logischen Rahmen der bekannten Actionfilme und so entsprechen auch die Schilderungen in dieser Geschichte dem Genre Actionthriller und einer sehr gelungenen Mischung aus spannender Unterhaltung und Lesevergnügen.

Fazit

Ein rasanter Actionthriller mit einem brisanten, realistischen Thema, legendären Relikten, interessanten Schauplätzen, facettenreichen Figuren und überraschenden Wendungen.

Das Jahrhundert der Martha Jacoby – Maria Charlotte Wulff

AutorMaria Charlotte Wulff
Verlag Mövenort Verlag
Erscheinungsdatum 1. Mai 2021
FormatTaschenbuch
Seiten306
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3981895551

„Das Haus wurde Mittelpunkt einer in der Welt verzweigten Familie, in der sich alles um sie drehte. Keiner hat länger hier gelacht und geweint und geprägt.“ (Zitat Seite 296)

Inhalt

Am 1. April 2020 feiert Martha Jacoby Geburtstag, geboren am 1. April 1920 ist sie jetzt hundert Jahre alt. Damals, als ihr Urgroßvater 1825 ein einfaches Fachwerkhaus erreichtet hatte, nicht weit vom Lankower See entfernt, lag dieses noch außerhalb von Schwerin, inzwischen ist das zuletzt von ihrem Vater weiter ausgebaute „Haus Jacoby“ ein Stadthaus in Schwerin. Martha hat ihr ganzes Leben in diesem Haus verbracht und beide, Martha und das Haus, haben wechselvolle Jahre, den zweiten Weltkrieg, Besatzung, die DDR und den Neubeginn nach dem Mauerfall überdauert. Längst ist Martha Urgroßmutter und im Dezember 2020 ist sie der Meinung, dass es mit hundert Jahren auch einmal genug ist.

Thema und Genre

In diesem Generationenroman geht es um die Geschichte und Schicksale einer inzwischen weit verzweigten Familie, gleichzeitig ist es ein interessanter geschichtlicher Streifzug durch einhundert Jahre Zeitgeschehen in Deutschland. Ein wichtiges Thema ist das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben bis zum letzten Tag.

Charaktere

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Martha Jacoby, eine optisch zierliche, aber geistig umso stärkere, kluge Frau. Den unterschiedlichen politischen Strömungen unterwirft sie sich nicht, agiert aber überlegt und im Sinne ihrer Familie. Rückschläge bleiben in so einem langen Menschenleben nicht aus, aber Martha behält ihre positive Lebenseinstellung und Freude am Leben.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte von Martha Jacoby wird in mehreren Erzählsträngen geschildert, die einander abwechseln. Wir erleben Martha und ihre Tochter Annegret in diesem Dezember 2020, parallel dazu erfahren wir die Geschichte der Familie, beginnend mit Marthas Geburt und mit Rückblicken auf das Leben ihrer Eltern, ergänzt durch Ereignisse im Leben von Marthas Geschwistern, ihrer Tochter, Enkel, Urenkel. Im Laufe der Handlung erweitert sich die Handlung um neue Erzählstränge, in deren Mittelpunkt neue und vorerst unbekannte Personen stehen, die sich dann mit einzelnen Mitgliedern der Familie zu verbinden. Damit ergibt sich ein lebhaftes und vielschichtiges Bild der Familie Jacoby, gleich einem sich immer weiter verzweigenden Baum, dessen einzelne Zweige auch Länder und Meere überqueren. Die Autorin ist eine großartige Erzählerin mit Erfahrung, Wissen, Empathie und einem feinen Humor, es ist, als ob man neben Martha säße und ihr zuhört wie einer seit Jahren lieben Freundin.

Fazit

Ein einfühlsam erzählter, facettenreicher Generationenroman, der zugleich auch ein Ausflug in die deutsche Vergangenheit der letzten hundert Jahre ist. Die auch mit hundert Jahren noch verschmitzte, zierliche aber charmant-willensstarke Hauptfigur Martha schließt man sofort ins Herz und verfolgt mit großem Vergnügen die Geschichte ihres Lebens.

Tod auf Madeira: Comissário Torres löst seinen ersten Fall – Tomás Bento

AutorTomás Bento
Verlag Ullstein Taschenbuch
Erscheinungsdatum 31. Mai 2021
FormatTaschenbuch
Seiten368
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3548064314

„Dies war war kein spektakuläres Verbrechen in einem ihrer Bücher. Es war einfach nur ein tragischer Unfall. Nicht erfunden, sondern real.“ (Zitat Seite 72)

Inhalt

Laura Flemming, Autorin von Kriminalromanen, braucht eine kurze Auszeit von Hamburg. Ein Streit mit ihrer Co-Autorin beendet die Zusammenarbeit. Ihren Ehemann Matthias, Hochschulprofessor, überrascht sie im Ehebett mit einer Studentin, die etwa gleich alt ist, wie ihre gemeinsame Tochter Lily. Lily, die gerade ihr Studium abgebrochen hat und für ein Jahr Work+Travel nach Schottland entschwunden ist. Lauras beste Freundin Britta schlägt vor, Laura soll sie doch nach Madeira begleiten, eine Woche mit Britta und ihrem Freundeskreis, anschließend wird Laura alleine drei weitere Wochen Urlaub auf Madeira machen. Die Schönheit dieser Insel begeistert Laura sofort. Da geschieht ein Unfall, oder war es Mord? Laura wittert den Stoff  einen neuen Roman. Der schroffe, etwas überhebliche Comissário Mauricio Torres hält Laura für eine phantasiebegabte Nervensäge. Plötzlich wird im Zuge der Ermittlungen Britta verdächtigt und Laura muss handeln.

Thema und Genre

Dieser facettenreiche Kriminalroman, Band 1 einer Serie, spielt auf der portugiesischen Blumeninsel Madeira.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird chronologisch erzählt und schildert Ereignisse, die innerhalb eines knappen Zeitrahmens stattfinden. Es ist ein klassischer Whodonit-Kriminalroman mit Tat, Ermittlungen, Suche nach dem Motiv und, damit verbunden, nach dem Täter oder der Täterin. Die beiden unterschiedlichen Charaktere und Mentalitäten, Mauricio Torres, der schroffe portugiesische Ermittler mit den sanften Augen und Laura, die deutsche Autorin, eine sehr aufmerksame Beobachterin mit schriftstellerischer Kombinationsgabe, sind stimmig und überzeugen. Interessante, lebhafte Beschreibungen von Madeira ergänzen die Handlung, die durch überraschende Wendungen spannend bleibt. 

Fazit

Eine unterhaltsame, packende Geschichte mit interessanten, facettenreichen Charakteren und Themen. Die perfekte Sommerlektüre mit Flair und hohem Fernwehfaktor, denn sie macht neugierig auf die prachtvolle Blumeninsel Madeira.

Das Buch des Totengräbers: Ein Fall für Leopold von Herzfeldt – Oliver Pötzsch

AutorOliver Pötzsch
Verlag Ullstein Paperback
Erscheinungsdatum 31. Mai 2021
FormatBroschiert
Seiten448
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3864931666

 „Ein Totengräber und eine neugierige Zimmerwirtin als Ermittlerkollegen, dachte er. Fehlt nur noch ein Wiener Schrammelgeiger, dann ist das Panoptikum komplett.“ (Zitat Pos. 4596)

Inhalt

Schon bevor der neue Kollege aus Graz, der ehemalige Untersuchungsrichter Leopold von Herzfeldt, seinen Dienst als Inspektor der Wiener Kriminalpolizei offiziell angetreten hat, kommt er an seinen ersten Tatort, ein totes Dienstmädchen. Der jungen Frau war die Kehle durchgeschnitten worden und in ihrem Körper steckt ein spitzer Holzpfahl. Bald gibt es weitere Tote, immer nach dem gleichen Schema. Gleichzeitig macht der Totengräber Augustin Rothmayer den neuen Inspektor auf einige eigenartige Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Selbstmord von Bernhard Strauss, einem Halbbruder von Johann Strauss, aufmerksam und unterstützt ihn mit seinem unerschöpflichen Wissen im Zusammenhang mit dem Tod. Obwohl die Familie Strauss sofort interveniert und die Vorgesetzten Leo von Herzfeldt weitere Ermittlungen in diesem Umfeld verbieten, recherchiert dieser heimlich weiter. Ist es möglich, dass in Wien ein Vampirjäger sein Unwesen treibt und dass diese Fälle zusammenhängen?

Thema und Genre

Dieser erste Band der Totengräber-Serie ist ein historischer Kriminalroman mit Regionalbezug. Er spielt Ende des 19. Jahrhunderts in Wien.

Charaktere

Die Figur des Leopold von Herzfeldt überzeugt als Ermittler, denn wir erleben hier einen Menschen im Graubereich mit einigen Geheimnissen in seiner Vergangenheit. Brillant in seinen Kombinationen, setzt er die neuesten technischen Ermittlungsmethoden ein, ist engagiert und hartnäckig, aber auch unangepasst, ein Einzelgänger, der sich an die starre, behäbige Beamtenmentalität der Wiener mit ihren Vorurteilen nicht gewöhnen kann und dem es schwerfällt, sich Vorgesetzten unterzuordnen. Ihm zur Seite, oder eher gegenüber, steht der Totengräber Augustin Rothmayer, ein Nachfahre des berühmten Wiener Augustin, der seine jahrelangen Erfahrungen und interessierten Beobachtungen in einem „Almanach für Totengräber“ niederschreibt. Zunächst hält Leo von Herzfeldt den schroffen Urwiener mit Schlapphut, der Mozarts Requiem summt, für einen Spinner, doch er muss seine Meinung ändern.

Handlung und Schreibstil

Die Ereignisse finden im Oktober 1893 statt und enden mit einem Epilog Anfang November 1893. Dieser straffe Zeitrahmen erhört die Spannung. Jedes Kapitel beginnt mit einem Auszug aus dem „Almanach für Totengräber“ und bietet interessante, durchaus makabre Informationen über die medizinischen Kenntnisse jener Zeit, vor allem im Zusammenhang mit dem Tod und den damit verbundenen Riten und Aberglauben.

Der Autor lässt seine Hauptfigur Leopold von Herzfeldt erst zu Beginn der Handlung von Graz nach Wien übersiedeln. Dies gibt ihm die perfekte Möglichkeit, uns beim Lesen auf die damalige Situation, Alltag, Örtlichkeiten und Menschen in Wien durch die Beobachtungen und Gedanken des Wien-Neulings blicken zu lassen, was diese Schilderungen authentisch, lebendig und unterhaltsam macht. Denn durch Leo werden wir sofort in die typischen Kaffeehäuser und einfachen Beisln versetzt, auf die prächtige Ringstraße und in die Armut und das Elend der Außenbezirke. Der Adel und das wohlhabende Bürgertum tanzen Walzer, die einfachen Leute vergnügen sich im Prater und zu Schrammelmusik. Strizzis und Verbrecher findet man überall. Wir erleben auch die Anfänge des bekannten Wiener Zentralfriedhofs, der erst zwanzig Jahr zuvor eröffnet worden war.

Fazit

Dieser spannende historische Kriminalroman spielt 1893 in Wien und zeigt ein sehr gut und umfassend recherchiertes Bild der berühmten Stadt zwischen Tradition und beginnender Moderne Ende des 19. Jahrhunderts. Originelle Figuren und eine gute Prise Humor vollenden das unterhaltende Lesevergnügen.

Die goldene Ananas – Dennis Kornblum

AutorDennis Kornblum
IllustrationDila Bayar
Verlag tredition
Erscheinungsdatum 8. Dezember 2020
FormatTaschenbuch
Seiten580
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3347122109

„Als er dieses Thema gedanklich einigermaßen zu seiner vorläufigen Zufriedenheit abgehakt hatte, schweiften seine Gedanken noch einmal zu dem, was Willi über die goldene Ananas gesagt hatte, eine ziemlich merkwürdige Metapher, die Elias zuvor noch niemals gehört hatte.“ (Zitat Pos. 1647)

Inhalt

Elias ist sechsundzwanzig Jahre alt, spielt Gitarre und kennt sich mit allen Varianten der Musikrichtung Death Metal aus. Seine bisherigen Umzüge führten ihn vom Elternhaus in ein Übergangs-Wohnheim, ein weiteres Wohnheim und jetzt bezieht er seine erste eigene Wohnung in einem Mehrparteienhaus. Einerseits freut er sich darauf, andererseits hat er Sorge, dass vielleicht sein genauer Tagesablauf gestört wird. Doch rasch lernt er die anderen Bewohner des Hauses kennen. Sie akzeptieren seine Eigenheiten, aber ermuntern ihn zu weiteren Schritten. Besonders der ältere Schreiner Willi kümmert sich um ihn. Im Juni ist er eingezogen und als es Herbst wird, ist er überrascht, was sich in einem halben Jahr alles verändert hat, nicht nur in seinem Leben.

Thema und Genre

In diesem Entwicklungsroman mit autobiografischem Hintergrund geht es um Ereignisse, die das Leben des Hauptprotagonisten, ein junger Mann mit Asperger-Syndrom, entscheidend prägen.

Charaktere

Elias ist ein guter und sehr genauer Beobachter, nicht nur seine persönlichen Eindrücke betreffend, einfühlsam blickt er auch hinter die gesellschaftliche Fassade seiner Mitmenschen und erkennt ihre Probleme. Sein Tagesablauf ist genau eingeteilt und täglich gleich. Abweichungen sind für ihn sehr unangenehm und machen ihn nervös.

Handlung und Schreibstil

Durch den autobiografischen Hintergrund der Geschichte, geschrieben in der personalen Erzählform mit Elias im Mittelpunkt, erhält man beim Lesen sehr interessante und wichtige Einblicke in das Leben von Menschen mit dem Asperger-Syndrom, die damit verbundenen Ängste, Zwänge und Unsicherheiten. Die Ereignisse während dieser Monate erklären nachvollziehbar wesentlich mehr, als jeder medizinische Bericht. Die absolute Ehrlichkeit macht Elias sympathisch und die Frage, ob es ihm gelingen wird, sich neuen Herausforderungen zu stellen, sorgt für Spannung.

Fazit

Eine Geschichte über die unterschiedlichen Bewohner eines Wohnhauses und eine Katze, in deren Mittelpunkt der neu eingezogene Mieter Elias steht, ein junger Mann, dessen Tage nach einem strengen Muster und immer gleich ablaufen müssen, damit er sich wohl fühlt. Bis er beginnt, sich selbst Ausnahmen aus der täglichen Routine zu erlauben und sein Einsatz nicht mehr nur für die goldenen Ananas ist. Ein eindrücklicher, überaus positiver Roman.

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, Band 8: Im Schatten junger Mädchenblüte 2 – Stéphane Heuet

AutorStéphane Heuet
Graphic Novel nachMarcel Proust
Verlag Knesebeck
Erscheinungsdatum 14. Juni 2011
FormatGebundene Ausgabe
Seiten48
SpracheDeutsch
ÜbersetzerKai Wilksen
ISBN-13978-3868732634

„Natürlich hatte er in seinem Atelier fast nur hier in Balbec gemalte Seestücke. Ich konnte in ihnen jedoch erkennen, dass der Reiz eines jeden von ihnen in einer Art Metamorphose der dargestellten Dinge bestand, entsprechend derjenigen, die in der Poesie als Metapher bezeichnet wird.“ (Zitat Seite 15)

Inhalt

In diesem zweiten Teil beobachtet der junge, schwärmerische Marcel täglich aus der Ferne eine Gruppe von Mädchen und überlegt, wer sie wohl sein mögen und wie er ihre Bekanntschaft machen könnte. Beinahe hätte er deswegen auch die Einladung des Malers Elstir, ihn im Atelier zu besuchen, nicht angenommen, was nicht nur wegen der Gespräche mit dem Künstler schade gewesen wäre, denn dort trifft er völlig überraschend auf Albertine Simonet und macht endlich ihre Bekanntschaft. Dann lernt er auch alle ihre Freundinnen kennen und verbringt nun jeden Tag mit den Mädchen, bis mit Kälte und Nässe der Herbst beginnt und alle Gäste abreisen.

Thema

1998 begann der französische Autor und Zeichner Stéphane Heuet, fasziniert vom Originalwerk von Marcel Proust, an einer Comic-Adaption zu arbeiten. Inzwischen liegen acht Bücher auch in einer deutschen Ausgabe vor.

Umsetzung

Diese Graphic Novel orientiert sich an Band 2 „Im Schatten junger Mädchenblüte“ des Werkes „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von Marcel Proust. Es ist das siebente bisher in deutscher Sprache erschienene Buch der Graphic Novel Serie und Stéphane Heuet entwirft in seiner malerischen Umsetzung der sorgfältig ausgewählten Szenen ein großartiges Bild dieser Zeit. Das Leben in den Seebädern, die vielfältigen gesellschaftlichen Vergnügungen, Sport, Spiele, Ausflüge werden in den Zeichnungen lebendig. Der Besuch im Atelier des Malers Elstir schildert die Entstehung bekannter Gemälde des Impressionismus. Auch die Textpassagen schwelgen poetisch wie das Originalwerk.

Fazit

Dieser achte Band der Graphic Novel nach „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von Marcel Proust führt uns mit seinen Illustrationen und Textausschnitten direkt in den lebhaften, unbeschwerten Sommer des gesellschaftlichen Strandlebens am Meer, mit kulturellen Veranstaltungen, Einladungen, Ausflügen, und wir sehen den jungen, verliebten Marcel inmitten einer Gruppe von fröhlichen Mädchen.

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