Lady Liberty – Der Weg in die Freiheit – Annabelle Tilly

AutorAnnabelle Tilly
Verlag Tinte & Feder
Erscheinungsdatum 8. Mai 2018
FormatTaschenbuch
Seiten396
SpracheDeutsch
ISBN-13978-2919800391

„Glaubst du, dass Lady Liberty in zweihundert Jahren immer noch hier steht?“ (Zitat Seite 386)

Inhalt

Camille St. Laurent ist die jüngste von sechs Töchtern einer wohlhabenden, adeligen Pariser Familie. Sie will Journalistin werden, was im Jahr 1885 für eine Frau beinahe unmöglich war. Doch Jules Aragon, der Chefredakteur des Figaro gibt ihr eine Chance.

Sie soll nach New York reisen, um dort vom Aufbau der Freiheitsstatue zu berichten. Allerdings sollen die Leser denken, dass Camille ein Mann ist. Der Verleger Joseph Pulitzer, dem die New York World gehört, teilt den Reporter Patrick O’Sullivan ein, sich um „den Kollegen aus Frankreich“ zu kümmern.

Nach anfänglichen Zweifeln werden die beiden rasch ein Team und neben den Berichten über den Bau des Sockels für die Freiheitsstatue recherchieren sie in einem Mordfall: zwei Frauen sind ermordet worden. Sie folgen mehreren Spuren, doch als Camille die Zusammenhänge erkennt, könnte sie das nächste Opfer sein …

Thema und Genre

Dieser historische Unterhaltungsroman verpackt die Geschichte einer engagierten jungen Frau, die in der Männer-dominierten Welt des späten 19. Jahrhunderts ihren Weg gehen will. Themen sind das soziale Umfeld der wohlhabenden amerikanischen Familien, die Frauenrechte in Amerika, die Konstruktion der Freiheitsstatue und vor allem die Errichtung derselben in New York, wo es beinahe am Bau des entsprechenden Sockels scheitert.

Charaktere

Camille ist eine selbstbewusste Frau, die sich rasch den amerikanischen Gegebenheiten anpasst. Patrick ist irischer Abstammung und stammt aus ärmlichen Verhältnissen. Er zeigt ihr sein New York und gibt ihr dadurch ein Gefühl von Freiheit abseits der engen gesellschaftlichen Zwänge, die damals in Europa noch vorherrschten.

Besonders liebenswert ist Camille’s Tante Catherine, die seit vielen Jahren in New lebt und bei der Camille wohnt. Tante Catherine ist eine nach außen hin etwas strenge alte Lady, die jedoch Sinn für Humor, Spaß und ein großes Herz hat.

Handlung und Schreibstil

Ort der Handlung ist vorwiegend New York. Die Ereignisse dieses Romans finden in den Jahren 1885 bis 1886 statt und in chronologischer Reihenfolge. Ein kurzer Prolog schildert den ersten Mord. Die Handlung ist in insgesamt 35 Kapitel eingeteilt, die Überschrift gibt jeweils Ort und Zeitrahmen an, es folgt ein kurzer Epilog. Spannung erhält die Geschichte durch die Mordfälle und die Klärung der Zusammenhänge, wobei die Autorin die Protagonisten und damit auch den Leser auf einige falsche Fährten führt. Der Schreibstil ist flüssig und sprachlich sehr angenehm zu lesen, Die Beschreibungen der Stadt New York im Jahr 1885 sind sehr lebhaft und anschaulich, auch die berühmten Schauplätze wie Coney Island fehlen nicht.

Fazit

Ein historischer Roman, der spannende Lesestunden garantiert. Die in den Roman eingebauten geschichtlichen Tatsachen sind sehr gut recherchiert, auch das Leben in der Stadt New York ist realistisch, anschaulich und interessant geschildert. Die ersten Frauenbewegungen im Zusammenhang mit dem angestrebten Wahlrecht für Frauen, sowie der mühsame Überlebenskampf der Frauen in den Armenvierteln im Gegensatz zum Leben der sehr reichen Gesellschaftsschicht vertiefen das Thema und machen aus diesem Buch mehr als nur unterhaltsame Trivia.

Die Schatten der Ideen – Klaus Modick

AutorKlaus Modick
Verlag Piper Taschenbuch
Erscheinungsdatum 10. August 2015
FormatTaschenbuch
Seiten464
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492308724

„Das College sei ein Zauberberg, der unter seiner akademischen Käseglocke dahindämmere, und damit werde das Abgeschiedene des Städtchens noch isolierter, die Puppenstubenidylle noch hinterwälderischer, der Elfenbeinturm noch weltentrückter.“ (Zitat Seite 55)

Inhalt

Moritz Carlsen, Schriftsteller und Übersetzer, wird von seinem früheren Studienkollegen Hocki eingeladen, am Centerville College in Vermont als Gastprofessor zwei Seminare in deutscher Sprache zu halten. Da ihm gerade die Ideen für einen neuen Roman fehlen und er daher das Geld benötigt, sagt er zu. Er bezieht ein altes Gästehaus, das zum College gehört. Im Keller entdeckt er durch Zufall eine Korrespondenz zwischen Carl Zuckmayer und Julius Steinberg, sowie die Tagebücher von Julius Steinberg, der zwischen 1939 und 1950 Assistenzprofessor für Geschichte am Centerville gewesen war. Neugierig geworden, beginnt er zu recherchieren. Doch in den Archiven findet sich kein Hinweis auf Steinberg und einige einflussreiche Personen sind sehr daran interessiert, dass dies auch so bleibt.

Thema und Genre

Es handelt sich hier um einen Roman auf zwei Zeitebenen, Hauptbezugsort der Handlung ist ist das Centerville College in Vermont, USA. Die Ereignisse, in deren Mittelpunkt Moritz Carlsen steht, spielen in der Gegenwart, während der Leser die Geschichte von Julius Steinberg aus dessen Briefen und Aufzeichnungen erfährt. Themen sind das Leben der vor den Nazis geflohenen Juden in Amerika, die Wirtschaftskrise, Gewerkschaften und die McCarthy-Ära.

Charaktere

Die Hauptprotagonisten sind Julius und Moritz. Beide zeigen Zivilcourage und lassen sich von politischem Druck nicht einschüchtern. Sehr gut beschrieben ist die Situation in diesem kleinen College, sowohl in der Gegenwart, als auch in der Vergangenheit.

Handlung und Schreibstil

Die aktuelle Geschichte ist in der personalen Erzählform geschrieben, Steinbergs Tagebücher in der Ich-Form. Beide Handlungsstränge sind sehr spannend aufgebaut und in sich geschlossen, wobei die Gegenwart die Vergangenheit gleichsam umschließt. Sehr anschaulich beschrieben ist das politische Umfeld im Amerika zur Zeit des WKII und danach. Auch diesmal verwöhnt uns der Autor mit sprachlich großartigen Schilderungen.

Fazit

Eine spannende Handlung, ein Roman mit interessanten Themen und eine gelungene, glaubhafte Idee. Wer schon Romane von Klaus Modick gelesen hat, wird auch diesmal begeistert sein und wer diesen Autor erst mit diesem Buch kennen lernt, wird sicher weitere Bücher von ihm lesen.

Unter blutrotem Himmel – Mark Sullivan

AutorMark Sullivan
Verlag Tinte & Feder
Erscheinungsdatum 22. Mai 2018
FormatTaschenbuch
Seiten596
SpracheDeutsch
ISBN-13978-1503950085

„Das Beste ist, um die Menschen zu trauern, die man geliebt und verloren hat, und dann die neuen Menschen willkommen zu heißen und zu lieben, die dir das Leben vor die Nase setzt.“ (Zitat Seite 360)

Inhalt

1943 ist Pino (Giuseppino) Lella siebzehn Jahre alt, liebt Jazz und Mädchen und träumt von   Amerika. Seine Familie lebt in Mailand, das von den Deutschen besetzt ist. Als die ersten Bomben der Alliierten auf Mailand fallen, wird er, wie zuvor schon sein jüngerer Bruder, in ein Jugendlager in den Alpen, die Casa Alpina, geschickt. Dort hat Pater Re eine Aufgabe für ihn. Mehrmals in der Woche führt Pino jüdische Flüchtlinge über gefährliche Berg- und Kletterpfade an die Schweizer Grenze. Doch sein Vater ruft ihn zurück nach Mailand und Pino verpflichtet sich widerwillig zur deutschen Armee. Am 8. August 1944 wird er der persönliche Fahrer von Generalmajor Hans Leyers und dadurch eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten. Er sieht auch Anna wieder, die er vor vierzehn Monaten ein Mal gesehen und nie vergessen hat. Doch der Krieg ist noch nicht zu Ende und seine Aufgaben sind gefährlich …

Thema und Genre

Dieser biografische, historische Roman erzählt eine wahre Geschichte und steht beispielhaft für die vielen noch immer unbekannten mutigen Menschen, die während des WKII unter Einsatz des eigenen Lebens einen täglichen heimlichen Kampf gegen die Nationalsozialisten führten, Menschenleben retteten, ohne sich jemals selbst als Helden zu präsentieren. In diesem Buch geht es um Norditalien unter deutscher Besatzung, von Juni 1943 bis Mai 1945. Der Roman handelt aber auch von persönlicher Verantwortung und Schuld und stellt die Frage, ob Mord, egal von welcher Seite, gerechtfertigt sein kann.

Charaktere

Die Hauptprotagonisten sind Pino Lella und Generalmajor Hans Leyers. Pino ist ein normaler siebzehnjähriger Teenager, als die Bomben der Alliierten auf Mailand zu fallen beginnen. Innerhalb weniger Wochen wird er erwachsen und übernimmt die Verantwortung für die Flüchtlinge, die er über steile Alpenwege führt. Obwohl er Angst hat, bleibt er spontan in seinen Entscheidungen und gibt nie auf. Er träumt vom Ende des Krieges und einem gemeinsamen Leben mit seiner großen Liebe Anna.

Hans Leyers hat gelernt, immer auf der richtigen Seite zu stehen. Befehle empfängt er direkt vom Führer, dennoch versucht er, eigene Wege zu gehen und seine Rolle blieb undurchschaubar, was auch dazu führte, dass er in den Jahren nach dem Krieg seine Verbrechen erfolgreich leugnen konnte.

Handlung und Schreibstil

Nicht nur durch die Geschichte, die ihm Pino Lella persönlich erzählt, sondern auch durch die nachfolgenden intensiven Recherchen gelingt dem Autor hier ein realistisches Portrait der Ereignisse während dieser für Norditalien prägenden Jahre vor Kriegsende.

Der Roman ist in 5 Teile eingeteilt und in insgesamt 34, fortlaufend nummerierte Kapitel.

Der Autor wählt die personale Erzählform, er erzählt die Ereignisse aus der Sicht von Pino, verzichtet jedoch auf die Ich-Form.

Die Geschichte ist sehr packend und sprachlich gekonnt erzählt. Der Spannungsbogen ergibt sich schon durch die tatsächlichen Ereignisse dieser Zeit, wobei die Spannung durch Pino Lellas Einsätze gesteigert wird.

Fazit

Ein großartiger Roman, den zu lesen sich wirklich lohnt, ein wichtiges Stück Zeitgeschichte, über die außerhalb Italiens relativ wenig bekannt ist, da man nach dem Krieg über diese Ereignisse geschwiegen hat. Der reale biographische Hintergrund macht dieses Buch ungemein spannend.

Das Jahrhundertversprechen (Jahrhundertsturm-Serie, Band 3) – Richard Dübell

AutorRichard Dübell
Verlag Ullstein Taschenbuch
Erscheinungsdatum 8. Juni 2018
AusgabeTaschenbuch
Seiten656
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3548289663

„Träume tragen einen auch durch die finstere Nacht.“ (Zitat Seite 357)

Inhalt

Seit Max Brandow Weihnachten 1918, gerade vierzehn Jahre alt, der elfjährigen Luisa von Briest das Leben gerettet hatte und dabei nur durch ein Wunder überlebt, gehört auch er zur Familie und lebt auf Gut Briest. Die Wirtschaftskrise trifft auch Otto und Hermine von Briest, ihre Detektivagentur bekommt kaum mehr Aufträge und sie müssen damit rechnen, das Gut zu verlieren. Magda von Cramm wartet schon darauf, dieses zu erwerben, ganz im Sinne der verbitterten Feindschaft zwischen den beiden Familien. Ihr Sohn Sigurd von Cramm fährt Autorennen. Auch Max begeistert sich für Automobile, arbeitet als Mechaniker, aber träumt ebenfalls davon, selbst Rennen zu fahren. Luisa dagegen ist vom Film und den neuen Möglichkeiten begeistert, doch vor allem liebt sie Max. Doch sie leben in gefährlichen Zeiten, denn eine neue, extreme Partei ist dabei, Deutschland zu unterwandern …

Thema und Genre

Der dritte Teil der Jahrhundert-Trilogie spielt in der Zeit der Weimarer Republik. Dieser historische Roman umfasst die Jahre 1918 – 1934. Thema sind die extrem schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland mit Inflation und Weltwirtschaftskrise, vor allem jedoch die zuerst versteckt agierenden, dann immer offener und mächtiger werdenden Anhänger der Nationalsozialistischen Partei. Beschrieben wird auch in diesem dritten Band wieder eine wichtige technische Entwicklung, diesmal ist es das Automobil und hier besonders die Autorennen, doch auch die beginnende Filmindustrie ist ein Thema.  

Charaktere

Hauptprotagonisten sind die Mitglieder der beiden verfeindeten adeligen Familien von Briest und von Cramm. Unter den weiteren Protagonisten ist auch der bekannte Filmregisseur Fritz Lang, der sehr realistisch geschildert wird. Insgesamt jedoch sind die Charaktere sehr strikt in Gut und Böse eingeteilt, ohne die Graubereiche des menschlichen Charakters.

Handlung und Schreibstil

Der Roman ist in 4 Bücher eingeteilt, dazu ein Prolog und ein Epilog. Jedes Buch trägt eine Überschrift und den entsprechenden Zeitraum und ist in nummerierte Kapitel unterteilt, die jeweils neu mit 1 beginnen.

Die Handlung ist spannend und in einem sich steigernden Bogen aufgebaut, wobei sich die Spannung einerseits durch die Familiengeschichte ergibt, die erzählt wird, andererseits durch die ohnedies aufregenden realen historischen Ereignisse.

Die Sprache erzählt angenehm und flüssig, ergänzt durch detaillierte Beschreibungen.

Fazit

Ein Familienroman und Abschluss einer Generationsgeschichte, eingebunden in eine Episode neuerer deutscher Zeitgeschichte. Eine interessante Lektüre für Leser von historischen Romanen, wobei man diesen dritten Band auch lesen kann, ohne die beiden anderen Bücher zu kennen. Die Charaktere konnten mich allerdings nicht vollkommen überzeugen, ich hätte mir mehr Facetten gewünscht und weniger „gut und edel“.

Das Grau der Karolinen – Klaus Modick

AutorKlaus Modick
Verlag KiWi-Taschenbuch
Erscheinungsdatum 13. Oktober 2016
FormatTaschenbuch
Seiten512
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462049435

„Auch er spürte, daß hier jede Stimmung unmittelbar Wirklichkeit schuf, daß umgekehrt alle Wirklichkeit sich augenblicklich in Stimmung umsetzte.“ (Zitat Seite 345, Ausgabe 1998)

Inhalt

Michael Jessen hat ursprünglich Malerei studiert, arbeitet jedoch erfolgreich als Grafiker für die Werbeagentur McLinn in Hamburg. Als er sich bei einem Regenguss im Eingang eines Trödelladens unterstellt, entdeckt er ein Ölgemälde, grau in grau, mit zwei roten Doppeldecker-Flugzeugen. Er kann nicht sagen, was genau es ist, aber dieses Bild lässt ihn nicht mehr los und er kauft es. Was hat es mit diesen eigenartigen Schattierungen der Grautöne auf sich und wer ist der Maler mit der Signatur C.W.? Er beginnt zu recherchieren und die Kunsthistorikerin Edith Gärbels unterstützt ihn bei dieser zunächst nicht sehr erfolgreichen Suche, bis sich eine völlig neue Sichtweise ergibt …

Thema und Genre

„Das Grau der Karolinen“ ist ein Roman über Kunst und Künstler. Er handelt von Malerei, vor allem aber vom Sehen aus der Sicht eines Betrachters, mit unterschiedlichen Verständnisebenen. Hier taucht das Thema tief in die Philosophie ein. Es geht aber auch um die Schrecken der beiden Weltkriege, um Freiheit und darum, die eigene Erfüllung in der Kunst und im einfachen Leben zu finden.

Charaktere

Je tiefer Michael Jessen in die Geschichte des Gemäldes eintaucht, desto mehr hinterfragt er seine Tätigkeit als Grafiker, welche sich nach dem Geschmack der Auftraggeber und der Konsumenten richtet und ihm plötzlich banal erscheint. Sein Studienkollege und Freund Benjamin Waldhoff dagegen ist weiterhin als freier Künstler tätig. Hauptprotagonisten sind Michael Jessen, Edith Gärbels und vor allem das eigenartige Gemälde. Gemessen an der Fülle und dem Zeitrahmen der Erzählung kommt der Autor mit erstaunlich wenigen Personen aus, um seine Geschichte zu erzählen.

Handlung und Schreibstil

Der Roman ist in vier Teile gegliedert, mit jeweils einem Zitat zu Beginn. Es gibt keine weiteren Unterkapitel. Der gesamte Zeitrahmen umfasst die Jahre 1841 bis 1988. Es gibt jedoch nur einen Handlungsstrang, der in der Gegenwart von 1985 bis 1988 spielt. Die früheren Ereignisse erfährt der Leser aus schriftlichen Aufzeichnungen wie Tagebüchern und aus Gesprächen und Erinnerungen. Der Autor wählt die personale Erzählform aus der Perspektive von Michael Jessen, wird jedoch in den zahlreichen Beobachtungen und philosophischen Betrachtungen teilweise zum auktorialen Erzähler. Die Handlung selbst entwickelt sich von Beginn an spannend und nachvollziehbar, geschrieben in einer poetischen, beeindruckenden Sprache.

Fazit

Die packende Handlung, der künstlerische Hintergrund und die Charaktere überzeugen, wie auch die großartige Sprache. Dennoch hatte dieser Roman für mich auf Grund der langen kunst-philosophischen Betrachtungen einige Längen und konnte mich nicht so uneingeschränkt begeistern, wie „Der kretische Gast“, ein Roman ebenfalls von Klaus Modick.

Blutiges Katalonien – Monika Grasl

AutorMonika Grasl
Verlag Mondschein Corona
Erscheinungsdatum 9. Mai 2018
FormatKindle
Seiten364 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB07D35TH6Q

„Davonrennen bringt nichts. Das, was dich jagt, holt dich ohnehin irgendwann ein,“ (Zitat Pos. 863)

Inhalt

Eine Gruppe von Nonnen aus dem Orden „die frommen Nonnen Kataloniens“ sind auf einer Pilgerreise nach Santiago de Compostela. Als sie in einem Kloster in Ascara, einem kleinen Ort in den Pyrenäen, übernachten, werden fünf von ihnen grausam ermordet. Die Ärztin des Dorfes, Raquel Santos, ist vor Ort, doch es muss die Mordkommission aus Barcelona gerufen werden. Die Kommissare Ramiro Valdés und Santiago Moreno arbeiten zusammen mit der Pathologin Glacita Hernández an der Aufklärung dieser Morde. Die Spuren führen weit in die Vergangenheit zurück, doch es gibt eindeutig einen Bezug zur Gegenwart, nur welchen?

Thema und Genre

Dieser dunkle Mystery-Thriller zeigt die Probleme einer kleinen, in sich geschlossenen Dorfgemeinschaft auf, welche noch in religiösen Traditionen lebt. Fremden gegenüber ist man schweigsam und misstrauisch. Thema sind jedoch auch die späteren Auswirkungen von gut gemeinter, aber gefühllos-strenger Erziehung. Dazu kommen geheimnisvolle mystische Elemente, sie aus einer düsteren Vergangenheit ins Heute führen.

Charaktere

Ramiro und Santiago versuchen, durch ihre Ermittlungen Licht in die geheimnisvollen Hintergründe zu bringen, müssen sich aber gleichzeitig den persönlichen Problemen ihrer Vergangenheit stellen. Die Pathologin Glacita steht ihnen kollegial und tatkräftig zur Seite. Ein sympathisches Ermittlerteam mit einigen Ecken und Kanten. Sehr gut beschrieben sind die Charaktere des kleinen Dorfes, besonders der Großvater von Ramiro und auch das Verhältnis der beiden zueinander.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte ist in Kapitel gegliedert und beginnt mit einem Prolog, der in der Jetztzeit spielt und die Morde schildert. Erzählt wird in der personalen Multiperspektive, jedoch beschränkt sich die Autorin zwei Personen: Ramiro und ein an den Morden Beteiligter, natürlich ohne die Identität aufzudecken. Diese Erzählform ist einerseits beschreibend, gibt dem Leser zusätzliche Informationen und erhöht andererseits die Spannung. Trotz der mystischen Elemente bleibt die Handlung nachvollziehbar.

Fazit

Dieses Buch ist ein Page-turner. Spannende Lektüre für ein interessantes Lesewochenende in einer gelungenen Kombination aus Mystik und Thriller.

Der restliche Sommer – Max Scharnigg

AutorMax Scharnigg
Verlag Hoffmann und Campe
Erscheinungsdatum 14. März 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3455404944

„Der Fingerabdruck eines Paares liegt in einer Sprache, die nur ein anderer Mensch auf der Welt wirklich vollkommen richtig entschlüsseln konnte.“ (Zitat Seite 196)

Inhalt

Paul Neulich schreibt seit zwölf Jahren als August Sternberg eine konservative Ratgeber Kolumne über gutes Benehmen. Als ihm die Redaktion mitteilt, dass er nicht mehr in die zukünftige, moderne Blattlinie passt, verbringt er gerade mit der Performance Künstlerin Sara Almeida eine Auszeit in Portugal. Zwölf Jahre lang war Paul mit der Paartherapeutin Dr. Sonja Wilms verheiratet, bevor er sie verlassen hat. Sara wiederum war zuvor mit dem mit introvertierten Informatiker Tin Hasenglock zusammen, der gemeinsam mit zwei Freunden eine sehr erfolgreiche Social-Media-Community entwickelt hatte, Harpf.com. Persönliche Erlebnisse am Beginn dieses Sommers leiten Veränderungen ein …

Thema und Genre

Dieser Roman ist eine Momentaufnahme im Leben der Protagonisten, gesellschaftskritisch und mit ironischer Betrachtung der Entwicklungen im Social Media Bereich und Journalismus. Er handelt aber auch von der Frage „wer war ich früher, wer will ich heute sein“, die sich wohl jeder irgendwann im Laufe des Lebens stellt.

Charaktere

Die Protagonisten haben eines gemeinsam, sie träumen sich die eigene Situation schön, spielen ihre Rollen, reagieren, statt zu agieren. Erst als der Autor sie mehr oder weniger wichtige Situationen erleben lässt, setzen Veränderungen ein. Doch selbst manche dieser Ereignisse sind im Grunde banal, nur in ihrem persönlichen Empfinden bedeutend. Dadurch bleibt man auch als Leser ein unbeteiligter Beobachter.

Handlung und Schreibstil

Der Zeitrahmen der Handlung beschränkt sich auf die ersten Sommerwochen, alle weiteren Details aus dem Leben der jeweiligen Person erfährt der Leser, indem der Autor ihn durch die personale Erzählform an den Gedanken und Erinnerungen seiner Figuren teilhaben lässt. Die einzelnen Kapitel betreffen abwechselnd Paul, Sara, Sonja, Tin; der jeweilige Name ist die Überschrift.  Ein einziges Kapitel ist aus Sicht des Nachrichtenchefs des Magazins, für das Paul schreibt, erzählt.

Die fließende, leicht zu lesende Sprache zeigt einige interessante Metapher, zum Beispiel beobachtet Paul ein Moskito in einem Spinnennetz. Interessant ist es auch, die Gedanken und Überlegungen der Protagonisten zu lesen, die oft im Gegensatz zum sichtbaren Verhalten und Handeln stehen.

Fazit

In der Realität sind die Dinge, die den vier Personen passieren, zwar wichtig, aber nicht so außergewöhnlich, wie sie es für sich selbst empfinden. Der Autor macht sich nicht die Mühe, auf die Auswirkungen der Ereignisse einzugehen, er bleibt vage, bei einem „vielleicht, vielleicht auch nicht“. Der ironisch gemeinten Gesellschaftskritik fehlen leider Humor und Ironie, dadurch versickert alles in 240 schnell zu lesenden Seiten von enttäuschender Mittelmäßigkeit.

Der kretische Gast – Klaus Modick

AutorKlaus Modick
Verlag KiWi-Taschenbuch
Erscheinungsdatum 17. August 2017
FormatTaschenbuch
Seiten592
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462051056

„Und er wußte, daß in der Flüchtigkeit dieses Anblicks die Dauer beschlossen lag und vielleicht sogar ein Funken Ewigkeit.“ (Originalzitat Seite 406, Auflage 2005)

Inhalt

Lukas Hollbach, Student, kauft im März 1975 auf einem Flohmarkt von Kindern zwei gerahmte Fotografien. Die eine Fotografie, auf der zwei Männer zu sehen sind, kommt ihm bekannt vor. Das andere Foto zeigt eine Hafenansicht und auf der Rückseite entdeckt er eine Notiz in griechischer Sprache. Eine Studienkollegin erkennt den Hafen, Agia Galini auf Kreta, und zu Sommerbeginn fährt Lukas auf diese Insel, eine Reise die ihn in die Vergangenheit führt, ins Jahr 1943, als Kreta von den Deutschen und Engländern besetzt war.

Als Johann Martens, Archäologe, auf Grund seiner Sprachkenntnisse 1943 den Auftrag erhält, für die deutsche Wehrmacht die Kunstschätze der Insel Kreta zu katalogisieren, kann er nicht ablehnen. Als der deutsche Leutnant, dem er auf Kreta zugeteilt ist, feststellt „Katalogisieren kann man nur, was man zu Gesicht bekommt, wovor man nicht die Augen verschließt“ (Zitat Seite 36), ist Johann anfangs nicht bewusst, wie rasch dies für ihn Wirklichkeit wird. Er muss Entscheidungen treffen, die ihn in Lebensgefahr bringen. Der griechische Wort Xenos bedeutet sowohl „Fremder“, als auch „Gast“ und manchmal erfolgt der Übergang fließend.

Thema und Genre

Dieser Roman ist ein zeitgeschichtliches Epos und eine eindrucksvolle Schilderung der Insel Kreta. Es umfasst die beiden letzten Kriegsjahre, als Kreta von den Deutschen und von den Engländern besetzt war. Die stolzen Kreter wollten jedoch vor allem eines, Freiheit. Es geht hier um Entscheidungen, die in dieser gefährlichen, dunklen Zeit jeder für sich selbst treffen musste, wo zwischen Mut und Verrat, zwischen dem Ausführen der Befehle wie unter Zwang und der Befehlsverweigerung alles möglich war. Es geht aber auch um die heutige Generation der Kinder und wie sie mit der Vergangenheit der Familie umgehen.

Charaktere

Johann Martens ist Archäologe und versucht, sich als Deutscher möglichst neutral zu verhalten. Gewalt lehnt er ab, doch auf Kreta wird er mit einer Realität konfrontiert, wo er nicht mehr wegschauen kann. Durch den Einheimischen Andreas, der ihm von den Deutschen als Chauffeur und Übersetzer zugeteilt wurde, lernt er rasch, hinter die Kulissen zu blicken und beginnt zu verstehen, worum es wirklich geht. Ein mutiger, unangepasster Protagonist.

Lukas Hollbach wird im Zuge seiner Recherchen 1975 endgültig erwachsen und er entdeckt die Schönheit der Insel Kreta, die griechische Gastfreundschaft und taucht tief in die Ereignisse der Kriegsjahre ein, die auch ihn betreffen.

Der Autor geht realistisch, aber sensibel mit den Charakteren der besetzten Insel um, dadurch bleiben die handelnden Personen im Graubereich und es gibt keine gut – böse Stereotypen. Das macht diesen Roman so beeindruckend, unvorhersehbar und spannend. Natürlich kommen auch Frauen in der Geschichte vor, sowohl Johann, als auch Lukas verlieben sich, doch steht die Liebesgeschichte nicht im Vordergrund, sondern erklärt manche Entscheidungen der Hauptprotagonisten.

Handlung und Schreibstil

Die Erzählung ist zweisträngig. Die beiden zeitlich getrennten Ereignisketten 1943 und 1975 sind ineinander verschränkt. Ort der Handlung ist überwiegend die Insel Kreta. Jedes Kapitel trägt als Überschrift Ort und Jahr und ist in nummerierte Unterkapitel eingeteilt. Dadurch bleibt der Roman für den Leser übersichtlich. Die gesamte Geschichte ist sehr spannend erzählt.

Dieser Roman ist pures Lesevergnügen, sprachlich gekonnte Schilderungen wecken Sehnsucht nach Kreta, ohne jedoch bemüht metaphorisch zu sein.

Fazit

Dies ist das erste Buch, das ich von diesem Autor gelesen habe, aber es werden bald weitere folgen. Sprachgewandt zieht uns Klaus Modick von der ersten Zeile an in eine sehr spannende Handlung mit interessanten, vielschichtigen Charakteren. Dieser Roman ist ein Page-turner, der alle Erwartungen erfüllt.

Trümmerkind – Mechtild Borrmann

AutorMechtild Borrmann
Verlag Droemer Verlag
Erscheinungsdatum Dezember 2017
FormatTaschenbuch
Seiten304
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3-426-30492-1

„Weil du immer weiter in der Vergangenheit wühlst, bis du endlich alles ans Licht gezerrt hast.“ (Zitat Seite 183)

Inhalt

Auch wenn Anna Meerbaum keine Ansprüche betreffend Gut Anquist in der Uckermark stellen will, das bis zur Enteignung ihrem Großvater gehörte, ist sie neugierig, wo ihre Wurzeln liegen. Ihre Mutter weigert sich beharrlich, über die Vergangenheit zu reden. Anna ist Lehrerin und in den Herbstferien fährt sie in die Uckermark und beginnt nachzuforschen. Sie erfährt, dass der Architekt Joost Dietz im Auftrag einer Investorenfirma das alte Gutshaus sanieren und zu einem Hotel umbauen soll. Er zeigt ihr ein paar alte Fotos und ihr Leben scheint auf den Kopf gestellt – jetzt will sie die Wahrheit wissen …

Thema und Genre

Dieser Roman ist sowohl ein Kriminalroman, als auch eine Familiengeschichte mit zeitgeschichtlichem Hintergrund. Thema sind eine sehr problematische Mutter-Tochter Beziehung und die Wirren und Armut der frühen Nachkriegsjahre in Deutschland.  Es geht aber auch um die Tragik der Findelkinder, die oft nie mehr nachvollziehen konnten, wer die Eltern waren.

Charaktere

Clara Meerbaum ist Alkoholikerin und jener selbstsüchtige Muttertyp, der immer auf die „Opfer“ hinweist, die für das Kind gebracht wurden. Erst im Laufe ihrer Recherchen gelingt es Anna, ihre ständigen Schuldgefühle als Tochter abzustreifen und selbstbewusster zu werden. Ihre Hartnäckigkeit, mit der sie die Geschichte um Gut Anquist verfolgt, macht sie zu einer sympathischen Protagonistin.

Agnes Dietz steht für das schwere Leben der Trümmerfrauen in Kriegs- und Nachkriegszeiten, in denen es kaum Arbeit und kaum Lebensmittel gab. Sie muss alleine für das Überleben ihrer Kinder sorgen. Doch sie kämpft und behält die Hoffnung. Sie zögert keine Minute, den kleinen Jungen aufzunehmen, den ihr Sohn Hanno in den Trümmern eines Hauses findet.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird in drei parallelen Handlungssträngen erzählt, Hamburg 1947, Uckermark ab 1945 und Hamburg 1992, 1993 (Jetztzeit). Die Kapitel sind fortlaufend nummeriert und die Überschrift gibt immer den jeweiligen Handlungsort und Zeit an. Dies macht die gesamte Handlung für den Leser übersichtlich. Auch wenn man schon während des Lesens Zusammenhänge vermutet, bleibt die Geschichte bis zum Ende sehr spannend und interessant. Die Sprache ist gekonnt, angenehm und flüssig.

Fazit

Ein Kriminalroman mit zeitgeschichtlichem und gesellschaftlichem Hintergrund. Spannend zu lesen und kaum aus der Hand zu legen. Leser, die bereits Bücher von Mechtild Borrmann gelesen haben, werden auch von diesem Buch begeistert sein. Eine empfehlenswerte Lektüre für alle Leser, die anspruchsvolle Kriminalromane suchen, deren Thema weit über einfache Mordtaten hinausgeht.

Die Ermordung des Commendatore Band 2: Eine Metapher wandelt sich – Haruki Murakami

AutorHaruki Murakami
Verlag DuMont Buchverlag
Erscheinungsdatum 11. Mai 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten496
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3832198923

„Eine Idee kann ohne die Anerkennung durch andere nicht existieren, speist aber diese Anerkennung zugleich durch ihre Existenz.“ (Zitat Seite 105)

Inhalt

Der Maler arbeitet weiterhin am Porträt von Marie und  gleichzeitig malt er ein Landschaftsbild, eine realistisch-fotografische Darstellung der Grube im Wald. Seine kreative, künstlerische Phase dauert an, er spürt, dass beide Gemälde von beeindruckender Qualität sind. Gleichzeitig beschäftigt ihn weiterhin das Bild „Die Ermordung des Commendatore“ und das Leben von Tomohiko Amada. Als er den alten Maler eines Nachts in seinem Atelier zu sehen glaubt, beschließt er, ihn zu besuchen. Da verschwindet Marie und für den Maler beginnt ein mystisches Abenteuer, das ihn in physisch und psychisch an seine Grenzen bringt …

Thema und Genre

Da es sich um einen Roman in zwei Teilen handelt, ohne zeitliche Abgrenzung, ändert sich die Thematik nicht. Ein Schwerpunkt sind weiterhin die Ereignisse in Kriegszeiten und ihre Auswirkung auf den einzelnen Menschen, der sie überlebt. Es geht um Verluste von nahestehende Menschen und die unterschiedlichen Arten, damit umzugehen.

Die mystische Komponente verstärkt sich im weiteren Verlauf der Handlung, einzelne Szenen erinnern an das griechische Orpheus-Mythos, welches sich jedoch auch in der japanischen Mythologie findet.

Charaktere

Der Hauptprotagonist erzählt seine Geschichte weiter. Die Gespräche mit Marie, vor allem aber sein gefährliches Abenteuer nach Maries Verschwinden verändern ihn. Er beginnt, sich von der Trauer um seine Schwester zu lösen und sieht auch seine Ehe realistischer. Seine künstlerische Kreativphase, die sich beim Malen des Porträts von Marie fortsetzt, gibt ihm ein neues Selbstbewusstsein, er kann Entscheidungen treffen.

Die 13-jährige Marie Akikawa besucht den Maler öfter heimlich, mit ihm spricht sie über ihre Probleme und ihr Leben, da sie ihm vertraut und er andererseits ihre Beobachtungsgabe und kluge Sicht der Dinge erkennt.

Wataru Menshiki freundet sich mit Maries Tante an, bleibt jedoch bei seinem präzisen, ordentlichen Tagesablauf. Er unterstützt den Maler weiterhin und man könnte durchaus von einer Art Freundschaft zwischen diesen beiden unterschiedlichen Männern sprechen. Anders als der Hauptprotagonist will er jedoch keine Antworten wissen, sondern ihm genügt die Möglichkeit.

Handlung und Schreibstil

Der Spannungsbogen des ersten Teiles steigt weiter an, um dann erzählend auszuklingen. Wobei der Autor nicht für alle Themen und Erzählstränge Lösungen anbietet, manche erklärt er, dann wieder überlässt er es dem Leser, sich mögliche Entwicklungen vorzustellen.

Gerade dies macht den Roman so ungewöhnlich, aber auch packend. Für viele Ereignisse im Leben der Hauptfiguren bieten sich mehrere Erklärungen an, alle sind möglich, aber der Autor legt sich auf keine fest.

Dieser zweite Band führt die Geschichte aus dem ersten Buch mit Kapitel 33 nahtlos fort und endet mit dem Kapitel 64. Auch die Erzählperspektive wechselt nicht.

Die Sprache ist weiterhin großartig zu lesen, der Autor spielt mit Worten, Metaphern und Symbolik, teilweise werden Metapher sogar zu Protagonisten.

Fazit

Es handelt sich hier nicht zum zwei in sich geschlossene Teile, sondern um einen Roman, der in zwei Bänden erschienen ist. Daher sollte man auch mit Band 1 zu lesen beginnen. Der zweite Teil führt die surrealen Ereignisse fort und das mystische Element steigert sich. Der Autor bietet nicht für alles Erklärungen und eindeutige Antwort an, damit muss man als Leser umgehen können. Dann wird man dieses neueste Werk von Haruki Murakami mit Begeisterung lesen und vielleicht, so wie ich, eines der Lieblingsbücher des Lesejahres 2018 gefunden haben.

Die Ermordung des Commendatore Band 1: Eine Idee erscheint – Haruki Murakami

AutorHaruki Murakami
Verlag DuMont Buchverlag
Erscheinungsdatum 25. Januar 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten480
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3832198916

„Die Zivilisation schreitet voran, während du wie Urashima im Drachenpalast auf dem Meeresgrund mit den Seebrassen dein Mittagsschläfchen hältst.“ (Zitat Seite 132)

Inhalt

Ein Künstler dessen Namen wir nicht kennen erzählt seine Geschichte, die inzwischen einige Jahre zurück liegt. Der erfolgreiche Porträtmaler ist 36 Jahre alt, als sich seine Frau scheiden lassen will. Einge Monate lang reist er durch Japan, bevor ihm ein Studienfreund das einsam auf einem Berg gelegene Haus seines Vaters, des berühmten Malers Tomohiko Amadas,  zur alleinigen Nutzung überlässt. Eines Tages findet er auf dem Dachboden des Hauses ein Gemälde von beeindruckender Intensität: ›Die Ermordung des Commendatore‹, das ihn an eine Szene aus „Don Giovanni“ erinnert. Gleichzeitig kontaktiert ihn Wataru Menshiki, sein charismatischer Nachbar – er soll ihn porträtieren, wobei ihm künstlerisch keine Grenzen gesetzt sind. Der Erzähler will auf Grund seiner Schaffenskrise ablehnen, doch plötzlich kehrt die Inspiration zurück. Gleichzeitig ereignen sich einige erstaunliche Vorfälle …

Thema und Genre

Haruki Murakami hat hier wieder einen außergewöhnlichen Roman geschaffen. Angesiedelt in der Welt der Künstler, reicht der Inhalt jedoch weit darüber hinaus. Ein Erzählstrang, verbunden mit der Geschichte des Gemäldes, führt nach Wien, wo der alte Maler von 1933 bis 1939 studiert hatte. Auch zwischenmenschliche Beziehungen sind ein Thema. Eine mystische Spur von geheimnisvollen Ereignissen zieht sich durch die gesamte Handlung.

Charaktere

Der Hauptprotagonist, ein Portraitmaler, erzählt uns eine erstaunliche, teilweise unheimliche Geschichte, die er vor einigen Jahren erlebt hat. Damals befand er sich in einer Phase der künstlerischen Stagnation, da ihn mit seiner Frau auch die Inspiration verlassen hatte. Die Trennung von seiner Frau hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen, bis er sich überreden ließ, doch wieder ein Portrait zu malen.

Sein Auftraggeber und Mentor Wataru Menshiki ist ein älterer Herr, sehr begütert, eine imposante Erscheinung, charismatisch, aber nicht zu durchschauen. Er ist gewohnt, Menschen manipulieren zu können. Zur Zeit dieser Geschichte lebt er in einer großen Villa im Sichtfeld des Erzählers auf der anderen Seite des Tales.

Handlung und Schreibstil

Das Buch beginnt mit einem scheinbar zusammenhanglosen Prolog in der Jetztzeit, geht dann zurück in die Geschichte, die der namenlose Ich-Erzähler erzählen will und die inzwischen einige Jahre zurückliegt. Erklärungen und Hintergrundinformationen erhält der Leser vom Erzähler in Form von Gedanken, Überlegungen, Erinnerungen. So kommt es manchmal zu Überschneidungen, durch neue Details ergänzte Wiederholungen, wenn sich der Hauptprotagonist in seinen Gedanken nochmals mit denselben Vorgängen befasst. Insgesamt verschwimmen auch in diesem Roman Murakamis die Grenzen zwischen Realität und möglicher Einbildung, mystischen, kaum erklärbaren Vorgängen.

Die Geschichte umfasst einen Prolog und 32 Kapitel, wobei die Überschrift jeweils einen Gedanken des jeweiligen Kapitels aufnimmt. Kapitel 31 endet mit einem Cliffhanger, ein  aufregender nächster Sonntag wird erwähnt, während das kurze Kapitel 32 einen Verweis in die Vergangenheit enthält, der für den Leser noch nicht zuordenbar ist. Der zweite Band ist bereits erschienen.

Die Sprache ist pures Lesevergnügen, der Autor spielt mit Worten und Beschreibungen, geht ins Detail, wo es ihm wichtig erscheint. Als Leser taucht man sofort tief in die Geschichte ein.

Fazit

Die spannende, teilweise auch magische Handlung und die Personen begeistern von der ersten Seite an. Wenn man bereit ist, sich auf den Autor einzulassen und auch seine surrealen Einfälle auf sich einwirken lässt, ohne alles hinterfragen zu wollen, wird man das Buch kaum aus der Hand legen können.

… und am Dornbusch fällt ein Schuss – Burkhard Wetekam

AutorBurkhard Wetekam
Verlag Hinstorff Verlag
Erscheinungsdatum 1. Februar 2018
FormatTaschenbuch
Seiten351
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3356021783

„Tom fragte sich, ob Sylke Bartel hinter einem dieser Fenster sitzen und über den Fall Flosbach nachdenken würde.“ (Zitat Seite 156)

Inhalt

Jeder der den umstrittenen Klimaforscher Volker Flosbach kennt weiß, dass dieser jedes Jahr an seinem Geburtstag zu nächtlicher Stunde alleine auf den Leuchtturm am Hiddenseer Dornbusch steigt. So verlässt er auch in diesem Jahr irgendwann seine Geburtstagsfeier, doch diesmal kommt er nicht zurück. Er wurde ermordet. Hauptkommissarin Sylke Bartel soll die Ermittlungen auf Hiddensee leiten, während die Tochter des Ermordeten den Privatermittler Tom Brauer beauftragt, den Mörder ihres Vaters zu finden. Keine einfache Aufgabe, da sich Volker Flosbach mit seinen Vorträgen und Büchern über das rasche Ansteigen der Meeresspiegel und die Auswirkungen auf die Küstenorte nicht gerade beliebt gemacht hat. Da war auch noch dieses einschneidende Ereignis in der Vergangenheit …

Thema und Genre

Wie schon aus dem Titel ersichtlich, handelt es sich um einen Kriminalroman, der an der Ostsee, überwiegend auf der Insel Hiddensee, spielt. Schwerpunkt sind die für dieses Genre typischen Fragen nach dem Täter und dem Motiv. Thema ist die Klimaforschung, wobei es auch um die Vermarktung von Extremszenarien geht. Natürlich wird auch die Insel Hiddensee beschrieben und die Eigenheiten der Inselbewohner.

Charaktere

Die Protagonistin Sylke Bartel steht unter Erfolgsdruck, da sie diesmal als Leiterin der Ermittlungen auch die volle Verantwortung trägt. Dies scheint sie teilweise zu überfordern, was sie mit einem ziemlich unfreundlichen, arroganten Auftreten wettzumachen versucht, eine Kombination, die sie nicht sympathisch macht – nicht für die Personen, die sie vernehmen muss, aber auch nicht für mich als Leser.

Tom Brauer mit seinen teilweise ungewöhnlichen Methoden, manchmal sehr spontan handelnd, und seine Freundin Clara, die ihn unterstützt, sind dagegen interessante, unterhaltsame Charaktere.

Eine eigene Spezies sind die Bewohner der Insel Hiddensee, auch wenn sie etwas zu stereotyp angelegt sind.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung  bewegt sich zwischen Spannung, zwischenmenschlichen Beziehungen und Beschreibungen der Insel Hiddensee, dazu kommen einige überraschende Wendungen. Insgesamt ergibt dies das typische Setting für eine unterhaltsame Urlaubslektüre, wozu auch der durchaus humorvolle Schreibstil beiträgt, gefällig und flüssig zu lesen.

Fazit

Ein Kriminalroman für den Urlaub, vorzugsweise an der Ostsee, für ein entspannte Lesestunden im Strandkorb. Gestört haben mich die stereotyp-„lustigen“ Bewohner Hiddensees und die Beschreibungen, die leider nicht über das übliche Reiseführer-Wissen hinausgehen. Eine leichte Urlaubslektüre für alle, die gerne Kriminalromane mit Ortsbezug lesen.

Immer wenn du tötest: Ein Fall für Targa Hendricks (2) – B.C. Schiller

AutorB.C. Schiller
Verlag Penguin Verlag
Erscheinungsdatum 14. Mai 2018
FormatTaschenbuch
Seiten400
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3328101635

„Targa ahnt mit einem Mal, dass dieser Auftrag die dunkle Seite ihrer Seele zum Klingen bringt“ (Zitat Seite 84)

Inhalt

Nach ihrem ersten Einsatz ist Targa in Südfrankreich untergetaucht, als Volker Lundt sie anruft. Er ist ihr Vorgesetzter im Sonderdezernat K2 und er braucht sie sofort in Berlin für einen wichtigen Undercover-Einsatz. Man hat drei junge Menschen gefunden, blutleer, drapiert wir ein Gemälde – und tot. Hat die erfolgreiche Künstlerin Freya von Rittberg, die ihre Gemälde mit Blut malt, etwas mit diesen grausamen Morden zu tun? Doch sie hat einflussreiche Freunde. Gelingt es Targa, als persönlicher Bodyguard das Vertrauen von Freya zu gewinnen und heimlich Informationen zu sammeln?

Gleichzeitig ist Targa immer noch auf der Suche nach dem Namen ihres Vaters und als völlig überraschend eine Spur aus dem aktuellen Fall direkt in Targas Vergangenheit zeigt, gerät sie in einen gefährlichen Konflikt …

Thema und Genre

Das Autorenteam hat hier wieder einen spannungsgeladenen Thriller mit Tiefgang geschrieben.  Die Handlung führt in die NS-Vergangenheit und zu einer Institution, deren ideologisch-verbrecherischer Hintergrund auch Jahre später noch nicht umfassend erkannt worden war. Ein wichtiges Thema sind auch die Möglichkeiten, über Social Media bis in Bereiche des Darknet junge Menschen in ihren Entscheidungen zu beeinflussen. Hier geht es um harte Mut-Challenges, die mit den bekannten Eiswürfel-Eimern nichts mehr zu tun haben, sich aber durch entsprechende Hypes ähnlich rasch verbreiten. Wieder hinterfragt auch dieser Roman, wie sehr gravierende Ereignisse in der Kindheit das Leben eines Menschen dauerhaft formen können.

Charaktere

Targa hat sich bereits im ersten Band dieser Serie durch ihre Eigenheiten, aber auch ihren Mut, unbeirrbar ihr Leben nach ihren eigenen Regeln zu leben, bei den Lesern einen fixen Platz als spezielle, aber liebenswerte Ermittlerin geschaffen. Diesen Platz teilt sie mit Hund. Doch auch Lundt, ihr Vorgesetzter ist sehr sympathisch, da er in jedem Fall und unerschütterlich für Targa da ist.

Mit der charismatischen Künstlerin Freya hat das Autorenteam hier einen extrem starken Gegenpol geschaffen, einen schillernden Charakter, wie Targa der dunklen Seite zugeneigt.

Diese beiden einprägsamen Frauenfiguren bilden den Kern dieser Geschichte, ergänzt durch weitere dominante und gefährliche Protagonisten, die im Hintergrund die Fäden ziehen.

Handlung und Schreibstil

Der Thriller beginnt wieder mit einem kurzen Prolog in der Vergangenheit, um dann sofort in die Handlung, 30 Jahre später, einzusteigen. Die Geschichte findet an mehreren Schauplätzen statt, die oft gleichzeitigen Ereignisketten sind verknüpft. Durch die Einteilung in entsprechend kurze Kapitel bleibt der Lesefluss jedoch klar strukturiert und die extreme Spannung, die sich rasch aufbaut, bleibt erhalten. Die Handlung ist durch einige erklärende Rückblicke in den Gedanken des jeweiligen Protagonisten  verständlich und nachvollziehbar.

Der Schreibstil passt zum Genre, doch wird auf den Humor nicht vergessen, zum Beispiel durch die sympathische Nebenfigur Edgar, ein Schauspieler, der seine Rollen nur vor sich drehenden Waschmaschinen lernen kann.

Fazit

Autorenpaare sind immer ein Gewinn für den Leser, weil Geschichten und Figuren, entstanden aus zwei unterschiedlichen Gedankenkreisen, irgendwie anders sind. B.C. Schiller, das kongeniale Thrillerpaar, versorgt uns Leser mit extrem spannenden Page-Turnern, die eine schlaflose Lesenacht garantieren, uns aber gleichzeitig traurig stimmen, wenn das letzte Wort der letzten Seite gelesen ist. Es gab einmal einen Werbespot: „wenn i nur aufhörn könnt“ – dieser Thriller weckt ähnliche Gefühle.

Dunkel Land – Roxann Hill

AutorRoxann Hill
Verlag HarperCollins
Erscheinungsdatum 13. November 2017
FormatTaschenbuch
Seiten384
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3959671385

„Wenn ich den Mörder nicht aufspüre, wird er weitermachen. Dann wird es noch zahlreiche solcher Fotos auf zahlreichen anderen Tischen geben.“ (Zitat Seite 136)

Inhalt

Die Literaturwissenschaftlerin Verena Hofer übernimmt eine befristete Anstellung auf Gut Wuthenow, da sie sich hier gleichzeitig um ihre 5 Jahre alte Nichte Amelie kümmern kann, Tochter ihrer verstorbenen Schwester. Sie soll Carl, den Neffen von Frau von Wuthenow auf deren Landgut betreuen und rechnet mit einem etwa 12 Jahre alten Jungen – der sich allerdings als Dr. Carl von Wuthenow, 37, international anerkannter Kriminalist und Profiler entpuppt. Nach einer gefährliche Schussverletzung ist sein Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt. Carl hat jedoch keine Zeit für intellektuelle Diskussionen mit der Literaturdozentin, sondern er braucht eine Assistentin, da die Staatsanwaltschaft Berlin dringend seine Hilfe benötigt. So befindet sich Verena schon nach wenigen Stunden mitten in einem aufreibenden, gefährlichen Mordfall, der sie an ihre Grenzen bringt.

Thema und Genre

Dieser spannende Kriminalroman spielt in den Randszenen der Gesellschaft, zwischen Ideologien und Prostitution, legal und illegal. Auch psychologische Aspekte sind ein Thema, sowie der interessante Bereich Kriminologie.

Charaktere

Verena, die manchmal verträumte Literaturdozentin, ist manchmal etwas überbesorgt, wenn es um Amelie geht. Als sie jedoch durch die Ereignisse innerhalb weniger Stunden gezwungen ist, sich mit der harten, brutalen Realität von Ausbeutung und Verbrechen eines etwas anderen Berlin auseinanderzusetzen, wächst sie mit den Herausforderungen. Ihr logisches Denkvermögen beeindruckt rasch auch den anfangs skeptischen Profiler Carl.

Carl von Wuthenow wirkt zwar etwas arrogant und überheblich, aber wenn er diese Distanziertheit aufgibt, ist er einfühlsam und humorvoll.

Die Chemie stimmt zwischen diesen beiden Hauptprotagonisten und sie ergänzen einander bei den gemeinsamen Ermittlungen perfekt.

Auch die Zusammenarbeit mit Staatsanwaltschaft und Polizei verläuft in diesem Roman sehr positiv, die Autorin verzichtet hier bewusst auf Kontroversen.

Handlung und Schreibstil

Dieses Buch ist eine interessante Mischung zwischen einem hartem Thriller mit Realitätsbezug und einer romantischen Geschichte in einer Wohlfühlumgebung. Die Autorin erzählt die Handlung  in der Ich-Form, aus Sicht der Hauptprotagonisten Vera. Nur dort, wo es um die Morde geht, berichtet ein personaler Erzähler aus der Sicht des Mörders, natürlich ohne zu verraten, wer dieser „er“ ist. Dieser Wechsel der Erzählform ist jedoch gekonnt in den Handlungsverlauf eingebunden, erhöht die Spannung, ohne zu unterbrechen. Dazu kommen überraschende Wendungen, die den Leser in Atem und in Leselaune halten.

Der Zeitrahmen umfasst wenige Tage, wobei der neue Tag jeweils als  Überschrift über die durch das ganze Buch fortlaufend nummerierten, kurzen Kapitel gesetzt ist.

Der Schreibstil ist angenehm und leicht zu lesen, direkte Reden beleben die Handlung, welche durch Schilderungen ausgewogen ergänzt ist.

Fazit

Ein packender Thriller, ein ungewöhnliches neues Ermittlerpaar: die Literaturwissenschaftlerin und der Profiler. Dazu ein Hauch von Romantik zwischen den beiden. Eine Mischung, die spannende Lesestunden und durchaus auch eine lange Lesenacht garantiert. Fortsetzung folgt – hoffentlich.

Herr Kato spielt Familie – Milena Michiko Flasar

AutorMilena Michiko Flasar
Verlag Klaus Wagenbach
Erscheinungsdatum 2. Februar 2018
FormatGebundene Ausgabe
Seiten176
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3803132925

„Mit großen Schritten geht er los, als ob dort, wohin er geht, jemand warten würde und es von höchster Dringlichkeit wäre, rechtzeitig hinzugelangen.“ (Zitat Seite 9)

Inhalt

Seit Herr Kato im Ruhestand ist, hat er plötzlich viel Zeit. Wie schon die Jahre zuvor, kontrolliert er penibel, wie seine Frau die anfallenden Arbeiten im Haushalt erledigt und er merkt genau, wie wenig sie sich im Grunde zu sagen haben. Da trifft er Mie, eine junge Frau, deren Agentur „Happy Family“ Personen als perfektes Double für fehlende Familienmitglieder vermittelt. Die Einsätze sind kurz, für die Dauer eines Besuches oder einer Feier, professionell, aber unverbindlich. In seinem ersten Auftrag spielt er Herrn Kato, den Großvater eines Jungen. Es folgen weitere Einsätze, die ihn langsam verändern.

Thema und Genre

Dieser Roman skizziert einen kurzen Zeitraum im Leben des Protagonisten, ergänzt durch Rückblenden in Form seiner Gedankengänge. Es ist ein kritisches Gesellschaftsbild, das uns die Autorin hier schildert, als unpassend empfundene oder abwesende Familienmitglieder werden durch perfekt agierende Doubles ersetzt. Kernthema ist der Ruhestand und die Auswirkungen auf das Umfeld am Beispiel eines langjährigen Ehepaares in Japan. Im traditionellen Rollenbild war der Mann der in seinem Beruf aufgehende Erwerbstätige, während die Aufgabe der Frau daraus bestand, den Mann zu Hause perfekt zu umsorgen. Plötzlich war der Ehemann im Ruhestand rund um die Uhr zu Hause, eine neue Situation, die zu Problemen führen konnte.

Charaktere

Herr Kato – seinen richtigen Namen erfährt der Leser nicht – war gewohnt, dass sich die Familie immer nach seinen Wünschen richtete. Diese Haltung verstärkt sich im Ruhestand, seine Gedanken drehen sich hauptsächlich um die eigenen Befindlichkeiten und kritisch kontrolliert er jeden Handgriff seiner Frau im Haushalt. Erst als er durch seine Stand-In-Auftritte gezwungen ist, sich mit Problemen fremder Menschen zu beschäftigen, beginnt er, auch sein eigenes Leben zu überdenken. Dennoch kein besonders sympathischer Charakter. Die anderen Personen kommen ins Bild, wenn sie für eine Episode und als Vergleich dienen, um dann die Handlung wieder zu verlassen. Interessant ist es, wie die Ehefrau zeitgleich mit dem Ruhestand des Ehemannes langsam beginnt, eigene Wege zu gehen.

Handlung und Schreibstil

Die personale Erzählperspektive schildert dem Leser die Ereignisse aus Sicht von Herrn Kato. Auf insgesamt 164 Seiten fügt die Autorin kurze Episoden und bruchstückhafte Einblicke in Ereignisse im Leben von Herrn Kato aneinander, ergänzt durch zahlreiche Rückblenden in Form von langen gedanklichen Selbstgesprächen des Hauptprotagonisten. Auch viele der Dialoge finden nur im Kopf von Herrn Kato statt, während in der Realität geschwiegen wird.

Herausragend ist die Sprache dieses Romans, intensive Schilderungen der einzelnen Stimmungen und Gedanken des Herrn Kato wechseln zu beinahe stichwortartigen Halbsätzen, sobald es um wirkliche Gespräche geht.  Der Aufbau der Handlung entspricht der in kleinen Schritten wahrnehmbaren positiven Veränderung des Hauptprotagonisten, er muss „lernen mit dem ganzen Körper zu lächeln“.

Fazit

Sprachlich ein Lesevergnügen, ist dieser Roman auch thematisch interessant. Allerdings wirkt die hier beschriebene Problematik des Eintritts in den Ruhestand in der heutigen Zeit der ebenfalls berufstätigen Frauen auf mich etwas veraltet. Dies mag daran liegen, dass der Roman in Japan spielt, wo das Arbeitsleben tatsächlich einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Trotz einiger skurriler Szenen überwiegt für mich der negative Grundtenor und die Handlung und ihre Personen konnten mich nicht vollkommen überzeugen. Ein Buch für Leser mit Interesse an neuer deutscher Literatur.

Dornenzeit – Ein Hiddensee-Roman – Gerhard Dallmann

AutorGerhard Dallmann
Verlag Husum Druck- und
Verlagsges.esellschaft
Erscheinungsdatum 1. März 2017
FormatGebundene Ausgabe
Seiten430
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3898762762

„Darüber nahm des Jahr seinen Lauf, die Schiffer zogen im Frühjahr wieder in die Weite, die Erdkugel drehte sich unaufhaltsam weiter, die Jahreszeiten wechselten einander ab. Das Leben lebte weiter.“ (Zitat Seite 162)

Inhalt

An einem sonnigen Sommertag, es ist der 13. Juni 1773,  wird in Vitte auf Hiddensee Niklas Jochim Schluck geboren, Sohn von Anna und Stoffer Schluck. Maria Amalia Casten, damals neun Jahr alt, hilft Anna mit dem kleinen Kind und auch später verbindet Niklas und Maria Amalia eine tiefe Freundschaft. 1754 kaufte der Stralsunder Kaufmann Ulrich Giese die Insel Hiddensee, wozu auch die Menschen gehörten, die auf der armen Insel leben – nur wenige sind Freie. 1774 kommt seine Ehefrau, die Kammerrätin Sophie Elisabeth Giese, auf die Insel und sie hat Verständnis für die Sorgen und die Not der Menschen und bemüht sich zu helfen. Doch nicht nur die Armut und eisig kalte Winter machen den Bewohnern von Hiddensee zu schaffen, sondern auch die Naturgewalten und Krankheiten. Ein Arzt auf der Insel wäre dringend notwendig und auch ein Schullehrer, doch wer würde für deren Lebensunterhalt aufkommen?

Thema und Genre

Dornenzeit ist ein historischer Roman, ein Bild des Lebens auf der Insel Hiddensee in den Jahren 1773 – 1807. In dieser Zeit stand die Insel unter schwedischer Verwaltung und  es war noch die Zeit der Leibeigenschaft mit einem Abgaben- und Frondienstesystem. Die sozialen Veränderungen beginnen erst, sich für die Zukunft abzuzeichnen.

Charaktere

Der Autor beschreibt die Ereignisse anhand einiger Familien, deren Schicksal, Lebensumstände und Leben er als roten Faden durch den Roman ziehen lässt. Dies sind die Besitzer der Insel, die jeweiligen Pastoren, die sich unermüdlich für die Insel einsetzen und ihre Familien, der Seemann Niklas Jochim Schluck und Familie, Maria Amalia Schluck (geb. Carstens), Ehefrau des Hans Schluck, der wiederum der Patenonkel von Niklas war. Es sind Menschen, die trotz des schweren Lebens nie die Freude am Leben verlieren und die niemals aufgeben.

Handlung und Schreibstil

Die fortlaufende Handlung ist in Kapitel eingeteilt, Überschrift ist jeweils die entsprechende Jahreszahl. In den Kapiteln selbst reihen sich die wichtigen Ereignisse der einzelnen Protagonisten, erkennbar getrennt, aneinander. Dadurch ergibt sich ein klarer Lesefluss und die Handlungsstränge sind für den Leser gut nachvollziehbar. Gleichzeitig erfährt der Leser das Schicksal und den Lebensweg der betreffenden Personen in diesen mehr als dreißig Jahren.

Spannung ergibt sich aus den Problemen der Inselbewohner und der Insel selbst, sowie auch aus den Abenteuern der Männer auf See.

Obwohl die Menschen im Buch untereinander Platt reden, ist es in geschriebener Form auch für Leser sehr gut verständlich, die kein Platt sprechen.

Fazit

Ein Roman wie ein Menschenleben, mit den schönen und den weniger schönen Tagen. Dem Autor gelingt es durch seine intensiven Recherchen, ein interessantes, einprägsames Bild des entbehrungsreichen, gefährlichen Lebens auf Hiddensee im 18. Jahrhundert zu zeichnen, eine realistische Darstellung er damaligen Verhältnisse. Dennoch ist es keine trostlose Geschichte, sondern es gibt immer wieder auch Hoffnung und Lebensfreude. Nicht nur für Menschen mit einem direkten Bezug zu Rügen und Hiddensee lesenswert.

Der Bornholm-Code – Thorsten Oliver Rehm

AutorThorsten Oliver Rehm
Verlag Ruhland
Erscheinungsdatum 8. Dezember 2017
FormatGebundene Ausgabe
Seiten518
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3920793306

„Die beiden Teile schienen eine untrennbare Einheit zu bilden, eine Symbiose, im Duett schienen sie ein altes Lied zu singen, eine Dichtung zu erzählen.“ (Zitat Seite 59)

Inhalt

IEin einschneidendes Erlebnis brachte den Archäologen und Forscher Frank Strebe vor zehn Jahren dazu, seine wissenschaftliche Tätigkeit aufzugeben und er leitet nun erfolgreich eine Tauchschule auf Mallorca. Doch ein Anruf von seinem früheren Partner und Freund Lars holt ihn zurück an die Ostsee – ein aktueller Fund scheint seine Theorien vom Nibelungenschatz in der Ostsee, sein spezielles Forschungsthema, zu untermauern. Bei einem Tauchgang findet Frank dann noch ein altes Schwert und eine Maske, welche seine Ansichten wissenschaftlich belegen. Doch eine mächtige Organisation ist ebenfalls an den Fundstücken interessiert und dies skrupellos, mit allen Mitteln. Aber er gibt nicht auf und erhält unerwartet Unterstützung …

Thema und Genre

Kernthema dieses spannenden Romans sind das Nibelungenlied, die Hauptpersonen der Sage und der legendäre Nibelungenschatz. Der Autor baut auf den seit den 60er Jahren immer wieder kontrovers diskutierten wissenschaftlichen Erkenntnissen auf, dass der Römer Arminius=Hermann der Etrusker=Vorbild für Siegfried ist. Doch auch seine Leidenschaft für das Tauchen spielt in dieser Geschichte eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit wissenschaftlicher Unterwasser-Archäologie. Es geht aber auch um mögliche finanzielle Abhängigkeiten in der Forschung, da die finanziellen Mittel immer knapp sind und man auf privatwirtschaftliche Unterstützung angewiesen ist. Auch die Politik wird thematisiert und macht aus diesem Roman einen Wissenschafts- und Politthriller.

Charaktere

Die Hauptprotagonisten sind das Team Frank, Lars, Rita, Rolf, überzeugte Wissenschaftler, Forscher, Taucher. Frank ist von wissenschaftlichem Ehrgeiz getrieben, noch nicht aufgearbeitete Selbstvorwürfe aus der Vergangenheit bestimmen teilweise sein Handeln. Die Funde und die damit verbundenen Erkenntnisse  bedeuten für seine Theorie den endgültigen Durchbruch und Anerkennung. Im Laufe der Handlung jedoch lässt seine Verbissenheit als Wissenschaftler nach und er sieht manches in einem völlig neuen Licht. Dies macht Frank zu einem sehr menschlichen, sympathischen Hauptcharakter. Viele Charaktere der Geschichte bewegen sich in einem Graubereich zwischen Gut und Böse, nicht immer zuordenbar, dies sorgt für Spannung und das Verhalten bleibt stimmig.

Handlung und Schreibstil

Der Roman ist in einzelne Kapitel eingeteilt, jeweils mit kurzen Unterkapiteln, da die Handlungsstränge zwischen Orten und Personen rasch und oft wechseln. Dies bremst in den ersten etwa fünfzig Seiten meiner Meinung nach etwas die Spannung. Dem Leser wird eine Reihe von Personen und Handlungsorten vorgestellt, noch ohne Zusammenhang, aber mit versteckten Hinweisen, und dies einerseits in einer zehn Jahre zurück liegenden Vergangenheit und andererseits in der Jetztzeit, in welcher der Roman auch spielt.

Die Sprache ist flüssig zu lesen, Beschreibungen erklären auch dem Laien die Vorgänge rund um das Tauchen, soweit es für das Verständnis der Handlung notwendig ist und ohne dieser die Spannung zu nehmen. Die Erklärungen der wissenschaftlichen Theorien rund um das Nibelungenlied, Siegfried, die Römer und Germanen und den Nibelungenhort sind spannend geschrieben und eine wichtige Ergänzung der Geschehnisse, welche dadurch für den Leser nachvollziehbar sind.

Fazit

Der Autor legt uns einen sehr spannenden Debütroman vor, sehr gut recherchiert, mit einer Komponente zur Entwicklung menschlicher Charaktereigenschaften, die diesen Wissenschafts- und Politthriller über die interessante, packende Handlung hinaus vertieft.

Eine sichere Empfehlung für Leser, die sich für Themen im Forschungsbereich „es ist nicht erwiesen, aber auch nicht unmöglich, es könnte so sein“ begeistern und Autoren wie Dan Brown, Dos Santos, Schilddorfer&Weiss schätzen. Gerade zum Nibelungenthema gibt es kaum fiktive Literatur, die sich mit den neueren Erkenntnissen beschäftigt. Aber auch ohne diese speziellen Interessen ist das Buch ein packender Pageturner für spannende Lesestunden und lange Lesenächte.

Der Himmel über Positano – Margot S. Baumann

AutorMargot S. Baumann
Verlag Tinte & Feder
Erscheinungsdatum 26. September 2017
FormatKindle
Seiten345 (Print Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB071SLF3BQ

„Die Lichter von Positano funkelten wie Edelsteine auf schwarzem Samt und spiegelten sich auf der Wasseroberfläche.“ (Zitat Seite 106)

Inhalt

IDie Hamburgerin Lara unterrichtet Deutsch und Italienisch. Als ihre italienische Freundin Celia sie zur Hochzeit einlädt und sie bittet, ihre Trauzeugin zu sein, reist sie begeistert an die Amalfiküste. Hier lernt sie Romeo kennen, den charmanten Bruder von Celia. Doch warum interessiert sich der Vater Enzo überhaupt nicht für seinen Sohn und was hat es mit den eigenartigen Andeutungen von Sophia, der alten, eigenwilligen Tante von Celia und Romeo auf sich?

Thema und Genre

Bei diesem Buch handelt es sich um einen Unterhaltungsroman für Frauen. Es geht um Themen wie Familie und Missverständnisse, die, wenn man nicht darüber spricht, ein ganzes Menschenleben beeinflussen können. Der Roman spielt an der Amalfiküste.

Charaktere

Lara, die Hauptprotagonistin, 26 Jahre alt, steht den Männern misstrauisch gegenüber, weil sie fürchtet, wieder verletzt zu werden. Andererseits fühlt sie sich zu Romeo hingezogen, ein seelischer Zwiespalt, der sich durch den Roman zieht. Romeo, 31 Jahre alt, lebt als erfolgreicher Investmentbanker in Neapel. Er hat Positano verlassen, da er sich mit seinem Vater Enzo absolut nicht versteht, ohne zu wissen, warum das so ist. Insgesamt bleiben die Charaktere leider beliebig und die Autorin lässt kaum ein Klischee aus.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte wird aus einer neutralen Perspektive in der dritten Person erzählt. Spannungsmomente ergeben sich vor allem aus zahlreichen Missverständnissen und einem Familiengeheimnis, das in der Vergangenheit liegt und über das nicht gesprochen wird. Leider wirkt die Handlung sehr konstruiert.

Die Sprache ist rasch und einfach zu lesen. Die Handlung wird nur von einigen, sich mehrmals wiederholenden Reiseführer-artigen Beschreibungen der Amalfiküste unterbrochen. Die Autorin lässt einige italienische Ausdrücke einfließen, die jedoch nicht korrekt eingesetzt werden. So wird zum Beispiel das Hotel, auf Italienisch l’albergo, ein männliches Substantiv, in diesem Buch mehrmals als „die“ Albergo bezeichnet.

Fazit

Ein rasch zu lesender Unterhaltungsroman, mit einer sehr seichten, teilweise unglaubwürdigen Handlung, die enttäuscht. Wer sich Italien-Feeling und vor allem, mehr Bezug zur wunderschönen Amalfiküste erhofft, wird ebenfalls mit den wenigen Schilderungen der Buchten und der Sonnenuntergänge nicht zufrieden sein. Diese Beschreibungen findet man in jedem Reiseführer. Ein Roman wohl nur für Fans der Autorin.

Rendezvous im Café de Flore – Caroline Bernard

AutorCaroline Bernard
Verlag atb Aufbau
Taschenbuch
Erscheinungsdatum 11. November 2016
FormatTaschenbuch
Seiten432
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3746632711

„Sie sind stark. Sie haben ein schönes Lächeln. Sie bringen mein Leben durcheinander.“ (Zitat Seite 336)

Inhalt

Marlène Roussel, eigentlich Lili Marlène, 39 Jahre alt, liebt die Stadt Paris und ihr Ehemann Jean-Louis überrascht sie zum 15. Hochzeitstag mit einer Reise in diese Stadt. Doch ausgerechnet am Hochzeitstag kommt es zu einem Streit und Marlène geht allein ins Museum. Plötzlich steht sie vor dem Gemälde „Nach dem Ball“ und die Frau auf dem Bild könnte sie selbst sein. Dieses geheimnisvolle Rätsel lässt sie nicht mehr los und sie beginnt mit Nachforschungen, wer diese Frau ist. Der Auktionator Etienne Viardot unterstützt sie dabei. Im Geburtenregister entdecken sie den Namen der Frau, Vianne Renard. Wer ist diese Frau und gibt es eine Verbindung zu Marlène?

Thema und Genre

Es handelt sich hier um einen Roman mit zwei starken Frauen als Hauptprotagonistinnen. Die Geschichte spielt in Paris, einerseits in der Zeit von 1926 bis 1945, andererseits in der Jetzt-Zeit. Die Vergangenheit gibt einen sehr gut recherchierten Einblick in das Paris der Künstler und auch der Frauen, die ihren Platz im männerbetonten Bereich der Forschung, im Fall von Vianne ist es die Botanik, suchen. Das Leben im von den Nationalsozialisten besetzten Frankreich und die Resistance ist ebenfalls ein wichtiges Thema. Es geht aber auch um Beziehungen und die damit verbundenen Überlegungen eines Neubeginns.

Charaktere

Sowohl die mutige Vianne, als auch Marlène schließt man als Leser rasch ins Herz. Die Handlungen und Entscheidungen aller Protagonisten sind nachvollziehbar und stimmig, wobei Vianne und ihr Leben den Schwerpunkt der Geschichte bilden. Marlène entwickelt im Lauf der Handlung eine neue Zielstrebigkeit und ihre Einstellung zu ihrem eigenen Leben verändert sich, je weiter sie in die Vergangenheit von Vianne eindringt.

Handlung und Schreibstil

Der Roman spielt hauptsächlich in Paris, erzählt wird in zwei Handlungssträngen, wovon einer in der Gegenwart verläuft, der andere in der Zeit vor und im 2. Weltkrieg. Dadurch wird die Geschichte doppelt spannend, einerseits durch packende Ereignisse in der Zeit der Resistance, andererseits ist man als Leser auch gespannt, wie Marlène auf das sich langsam vor ihr öffnende Leben von Vianne, der zunächst großen Unbekannten auf einem Gemälde, reagieren wird. Gekonnt verknüpft die Autorin im Verlauf der Handlung die beiden Erzählstränge, indem sie zwischen diesen wechselt.

Die Handlung der Jetztzeit ist in der Ich-Form aus Sicht von Marlène geschrieben, für die Vergangenheit wählt die Autorin die neutrale Erzählform.

Der Roman liest sich flüssig, sprachlich angenehm und überzeugend, Beschreibungen und aktive Handlung sind sehr gut ausgewogen.

Fazit

Ein überzeugender Roman mit zeitgeschichtlichem Hintergrund, sehr gut recherchiert. Ergänzt wird die Handlung durch Beschreibungen und Schilderungen von Paris, der Kultur und der französischen Resistance. Besonders empfehlenswert für Leser, die sich für Romane mit mehreren Handlungssträngen interessieren. Perfekt für spannende, aber auch genussvolle Lesestunden.

Hausboot Lotte, Kater Emma und ich – Nicola Eisenschink

AutorNicola Eisenschink
Verlag Eden Books
Erscheinungsdatum 9. April 2018
FormatTaschenbuch
Seiten224
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3959101561

„Ein eigenes Haus zu besitzen, das nur mir gehörte, eines das schwankte, das stellte ich mir unfassbar schön vor,“ (Zitat Seite 33)

Inhalt

Dieser Roman ist eine wahre Geschichte, erzählt von der Hauptprotagonistin selbst. Mit viel Humor,  aber auch ehrlich und realistisch schreibt Nicola Eisenschink über diesen ganz besonderen Zeitraum in ihrem Leben, als sie dabei ist, sich den Traum vom Wohnen auf einem Hausboot zu erfüllen. Die Autorin berichtet von den schönen Seiten, aber auch von Rückschlägen und Problemen, vor allem in den Wintermonaten. Unvorhersehbare Ereignisse geben der Handlung die Spannung.

Thema und Genre

Vierlanden gehört zwar zu Hamburg, ist aber vom Charakter her Landschaft und Natur und so erleben wir als Leser mit, wie sich das Leben der Autorin verändert, mit dem Jahreslauf der Natur erdet. Man lernt einen Teil Hamburgs kennen, den man bisher vielleicht noch nicht kannte.

Charaktere

In diesem Buch lernen wir nicht nur die sympathische Hauptprotagonistin und Autorin kennen, sondern auch ihren Freundeskreis, Menschen, die sie immer wieder bestärken und unterstützen. Eine besonderen Platz nehmen ihre langjährigen Freundinnen Angela und die Wienerin Maria ein. Dazu erfährt der Leser auch die Eigenheiten der vierbeinigen Gefährten von Nicola, das sind Herr Emma, Peikko und Lotte. 

Handlung und Schreibstil

Die Sprache ist erzählend und die genauen Beschreibungen zaubern dem Leser gekonnt Bilder der Landschaft und des Hausboots selbst in die Gedanken. Hier zeigt sich die Erfahrung aus der Zeit der journalistischen Tätigkeit der Autorin. Auf den Seiten 91 und 92 beschreibt sie zum Beispiel nur die unterschiedlichen nächtlichen Geräusche des Wassers, der Natur und auch von anderen Booten, zu Beginn noch neu und schwer zuordenbar. Ein anderes Mal spricht sie vom „türkisfarbenen Himmel mit Goldrand“.

Wenn ich entspannte, „cosy“ Lektüre zum Abschalten und in die Ferne Träumen lesen will, greife ich meistens zu englischen Autorinnen. Die entsprechenden deutschsprachigen Bücher, auch wenn sie in Cornwall spielen und unter englischen Pseudonymen geschrieben werden, haben mich bisher immer enttäuscht. Doch diese Erzählung hat wirklich alles, das man sich als Leserin wünscht. Dass es sich um wahre Erlebnisse handelt, macht das Leseerlebnis noch interessanter.

Fazit

Ein Buch für genussvolle Lesestunden, zum Träumen, Mitfühlen und zugleich ein unterhaltsam zu lesender, interessanter Ratgeber für Menschen, die vielleicht auch über alternative Wohnideen nachdenken, wie zum Beispiel das Wohnen auf dem Wasser in einem Hausboot

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