wolken westwärts: ermittlungen zweiter ordnung – ralf b. korte

AutorRalf B. Korte
VerlagKlingenberg Verlag
Datum1. März 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten192
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3903284616

„deine Erfahrung soll auch bereits gemachte und laufende beobachtungen der ermittelnden sehen und mit entsprechendem abstand identifizieren, wer denn was gesehen und anderes übersehen hat.“ (Zitat Seite 9)

Inhalt

Michael Henze, ein nicht mehr aktiver Kriminalbeamter, wird von Eliza aus Graz kontaktiert, im Namen von Auftraggebern, die zunächst im Hintergrund bleiben. Bru, eine Mitarbeiterin von dem Grazer Unternehmen sens_x, die an brisanten Recherchen gearbeitet hat, ist in Triest ermordet worden. Auf Intervention der österreichischen und amerikanischen Botschaft wurden die Ermittlungen jedoch rasch eingestellt, Unterlagen und die von der Triester Polizei gesammelten Indizien sind verschwunden. Nun soll Henze als neuer Beobachter des bisher Beobachteten nochmals die Hintergründe der Tat ermitteln. Er reist zwischen Berlin, Graz und Triest, Eliza scheint ihm zu folgen und Henze frage sich, ob er tatsächlich den Spuren folgen, oder sie, während er sucht, verwischen soll.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um philosophische, naturwissenschaftliche, psychologische und gesellschaftsrelevante Überlegungen und Themen, in deren Mittelpunkt KI und das Metaverse stehen, verbunden mit der Frage, wie weit es möglich ist, mittels KI durch gezielt eingesetzte Emotionen die Menschen zu manipulieren und in die Gedankenfreiheit einzugreifen. Auch die Literatur und hier vor allem die themenrelevante Lyrik, fließen wiederholt in Henzes Überlegungen ein.

Erzählform und Sprache

wolken westwärts ist im Grunde ein Gedankenmonolog in Romanform. Es sind Henzes Gedanken und Überlegungen, seine Beobachtungen und Selbstbeobachtungen, die wir lesen, mit Auslassungen und Gedankensprüngen. Eliza überlässt Henze Brus Aufzeichnungen, doch auch diese sehen wir nur durch Henzes Gedankenströme, er liest und interpretiert, bindet seine eigenen Überlegungen und Wissen ein. Dialoge finden nicht statt, auch der Informationsaustausch zwischen seiner Auftraggeberin Eliza und Henze erfolgt ausschließlich schriftlich und manchmal vermisst Henze die fehlende Interaktion. Die klare, präzise Sprache verzichtet auf Groß- und Kleinschreibung, was mich zu der Überlegung brachte, dass auch unsere Gedanken ohne Groß- und Kleinschreibung fließen. Der Autor setzt auch die Beistriche sehr sparsam ein. Manche Sätze musste ich zwei Mal lesen, um dann mit Vergnügen diese wohlüberlegte, literarische Wortsetzung und Anordnung im Satz zu erkennen.

Fazit

Dies ist kein einfacher Kriminalroman, sondern es ist eine Vielfalt an gesellschaftsrelevanten, aktuellen Themen, eingebunden in ein gedankliches Verwirrspiel mit möglichen Erkenntnissen. Es gibt beim Lesen und auch danach reichlich Stoff zum Nachdenken und auch neues Wissen über wissenschaftliche Begriffe wie Noosphäre, Metaverse und moderne Lyriker wie Ben Lerner. Eine anspruchsvolle Lektüre, die mich inhaltlich und auch sprachlich gefordert hat, aber es war eine positive Herausforderung, die mich gepackt und begeistert hat.

Die Victoria Verschwörung – Andreas Storm

AutorAndreas Storm
VerlagKiWi-Paperback
Datum8. Mai 2025
AusgabeBroschiert
Seiten368
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462006681

„Zu viele Informationen auf einmal. Zu viele Fäden mit zu vielen losen Enden.“ (Zitat Pos. 1669)

Inhalt

Im Mai 1965 besucht Königin Elizabeth II. Westdeutschland. Ein aus vielen Gründen bedeutsames Ereignis, denn dies ist der erste Staatsbesuch eines britischen Monarchen nach den beiden Weltkriegen in Deutschland. Bei diesem Besuch wird der Queen das Gemälde ‚Victoria 45‘ von Johann Hermann Kretzschmer als besondere Überraschung zurückgegeben, das bis zu diesem Zeitpunkt als verschollen galt. 2016, über fünfzig Jahre später, wendet sich der Leiter des Royal Collection Trust mit einer brisanten Nachricht an den bekannten Kunstexperten und Beutekunstforscher Lennard Lomberg. Bei dem besagten Gemälde handelt es sich möglicherweise um eine Fälschung. Die geschichtlichen Hintergründe bergen eine Reihe von gefährlichen Geheimnissen und der Besitzer des angeblich echten Gemäldes droht, diese öffentlich bekanntzumachen. Plötzlich ist die versierte Kunstgutachterin Alexandra Cullen, die das Gemälde der Royal Collection  untersuchen sollte, spurlos verschwunden. Es gibt ein Ultimatum und die Zeit drängt. Gelingt es Lennard Lemberg, gemeinsam mit seiner Tochter Julie und seiner Lebensgefährtin, Kriminalrätin Sina Röhm, herauszufinden, was damals wirklich geschehen ist, und wer heute Interesse daran hat, die vergangenen Ereignisse zu enthüllen?

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman geht es um Kunst und zeitlos aktuelle Geschäfte mit Raubkunst, Familiengeheimnisse, politische und diplomatische Beziehungen, Geheimdienste und ungeklärte Mordfälle, und natürlich um die beeindruckende Stadt London.

Erzählform und Sprache

Der Schreibstil ist präzise und flüssig zu lesen. Die Geschichte wird in drei unterschiedlichen Erzählsträngen und Zeitebenen geschildert, 1940, Mai 1965, und Herbst 2016. Die Ereignisse finden manchmal gleichzeitig, oder aber in einem knappen Zeitablauf statt, dies ergibt eine rasante, packende Handlung. Dennoch bleibt die Geschichte übersichtlich und nachvollziehbar, was auch an der klaren Struktur liegt. Jedes der sieben großen Kapitel spielt in jeweils einem der Zeitbereiche, ist in kurze Abschnitte eingeteilt, welche genaue Angaben von Zeit und Ort als Überschrift tragen. Am Ende des Buches findet sich ein Figurenverzeichnis mit ergänzenden Erklärungen.

Fazit

Auch dieser dritte Band der Lennard-Lomberg-Serie ist eine interessante Mischung aus gut recherchierten Fakten, bekannten Tatsachen und Fiktion. Eine spannende, facettenreiche Geschichte, überraschende Wendungen und eine Vielfalt an bis ins Detail ihres Verhaltens glaubhaften Figuren – ein Kriminalroman, den man mit Vergnügen liest.

Their Little Secret – Mark Billingham

AutorMark Billingham
VerlagLittle, Brown Book Group
Datum2. Mai 2019
AusgabeKindle
Seiten397 (Print)
SpracheEnglish
ASINB07KW91G2B

„In many ways, he found murder simpler to process and deal with, because the questions were always the same. Who had done it, why and, most importantly of all, how was he going to find them?” (Zitat Seite 14)

Inhalt

DI Tom Thorne und sein Team gehören auch einer mobilen Einheit an, die bei einem plötzlichen Todesfall prüft, ob ein Verdacht auf ein Verbrechen besteht und weitere Ermittlungen notwendig sind. In diesem Fall ist es eindeutig Selbstmord. Philippa Goodwin hat sich in Highgate Underground Station vor die einfahrende U-Bahn gestürzt und es waren keine anderen Personen in der Nähe. Als jedoch Philippas ältere Schwester Mary dem Ermittler Tom Thorne den Grund für den Selbstmord nennt, beginnt dieser im Team mit DI Nicola Tanner zu recherchieren. Der charismatische Patrick Jennings, Philippas große Liebe, ist plötzlich verschwunden, nachdem sie eine erhebliche Summe in seine Unternehmensidee investiert hat und diese tiefe Enttäuschung hat den Selbstmord ausgelöst. Tom Thorne ist der Meinung, dass Jennings nicht einfach so davonkommen darf. Doch auch ein neuer Fall hält Thorne und sein Team mit offenen Fragen in Atem, ein junger Mann wurde am Strand tot aufgefunden, brutal ermordet.

Thema und Genre

Ein Hauptthema dieses englischen Kriminalromans, Band 16 einer Serie um den Ermittler Tom Thorne, sind psychologische Hintergründe als Beweggründe für menschliches Verhalten und Verbrechen. Es geht um Beziehungen, Mütter und Kinder, Traumata, Schuld, Liebe in einigen Facetten, und um polizeiliche Ermittlungsarbeit.

Erzählform und Sprache

Es sind unterschiedliche Ereignisse und Geschichten, die gleichzeitig stattfinden und abwechselnd in kurzen Kapiteln geschildert werden. Erst im Laufe der Handlung zeigen sich mögliche Zusammenhänge, Überlegungen und Verdächtigungen und eine Menge überraschende Wendungen, nicht nur für Tom Thorne und sein Team, sondern auch für uns Leser, die wir miträtseln. Nicht alle späteren Erklärungen waren für mich auch glaubwürdig und realistisch nachvollziehbar. Mich haben die begeisterten Kritiken in englischen Medien auf diesen Autor und die Serie neugierig gemacht, allerdings wurden nicht alle Erwartungen erfüllt. Tom Thorne und seine Partnerin Nicola Tanner sind von ihren eigenen Dämonen und Erinnerungen geprägt, sowie von Vorkommnissen aus einem älteren Fall, dennoch fehlen mir bei diesen beiden Hauptfiguren jene besonderen Eigenschaften, die aus literarischen Ermittlerpersönlichkeiten herausragende, spezielle Figuren machen, die im Gedächtnis bleiben. Ich habe das englische Original gelesen, die Sprache schildert packend und passt zum Genre.

Fazit

Ich bin erst mit diesem sechzehnten Band in die Serie eingestiegen, doch es ist eine neue, in sich geschlossene Geschichte, und trotz einiger Hinweise auf ältere Fälle, Tatpersonen und besondere Ereignisse, muss man die früheren Bücher nicht unbedingt kennen. Spannende, interessante Unterhaltung mit kleinen Schwächen.

Wut und Liebe – Martin Suter

AutorMartin Suter
VerlagDiogenes Verlag
Datum23. April 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten304
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3257073331

„Wie eine Buchhaltung. Da kann man auch nicht warten, bis sie stimmt. Man muss etwas tun.“ (Zitat Seite 30)

Inhalt

Noah Bach und Camilla da Silva sind seit fast drei Jahren ein Paar, als Camilla ihm plötzlich mitteilt, dass sie ihn verlässt, obwohl sie ihn liebt. Doch mit Anfang Dreißig hat sie noch andere Pläne, wie sie ihr Leben gestalten will, als mit ihrem Gehalt als Buchhalterin auch für den als Künstler bisher erfolglosen Noah zu sorgen. Noah ist am Boden zerstört und als Betty Hasler, eine fünfundsechzig Jahre alte Witwe, ihm ihr persönliches Problem und den größten Wunsch schildert, den sie in ihrem Leben noch hat, lässt ihn dies nicht mehr los. Denn Camilla will eine finanziell gesicherte Zukunft und die Vernissage in einer mittelmäßig erfolgreichen Galerie zeigt wieder, dass der Erfolg von Noah Bachs Bildern noch auf sich warten lässt. Doch da ist immer noch Betty Haslers Visitenkarte.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Beziehungen, Freundschaft und Hass, Künstlerleben, Wirtschaft und Finanzwelt.

Erzählform und Sprache

Die drei Teile der Geschichte schließen fortlaufend aneinander an, die Ereignisse werden chronologisch geschildert und finden innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne statt. Details aus der Vergangenheit fließen in Form von Erinnerungen und Gesprächen in die aktuelle Handlung ein und ergänzen diese. Im personalen Mittelpunkt der Geschichte stehen Noah und Camilla, teilweise gemeinsam, aber auch getrennt und abwechselnd. Freunde, Bekannte und weitere, für die Handlung wichtige Kernfiguren ergänzen den Personenkreis. Martin Suter versteht es, jede seiner Figuren pointiert so zu gestalten, dass ihre Probleme und Konflikte sie menschlich machen und man auch dort, wo sich ihre Entscheidungen irgendwo in einem Bereich zwischen Grau und sehr dunklem Grau abspielen, hofft, dass es für sie dennoch ein positives Ende gibt. Die Sprache unterstreicht das Lesevergnügen.

Fazit

Auch in diesem neuesten Roman zeigt sich Martin Suter als sprachgewandter, phantasievoller Autor, der manchmal ironisch-böse auf die Beweggründe und das Verhalten seiner Figuren schaut, aber immer auch mit Empathie. Eine unterhaltsame, packende Geschichte mit zunächst vielen losen Fäden, die sich langsam zu verbinden scheinen, allerdings mit einigen sehr überraschenden Wendungen.

Ketzer – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum15. Juni 2015
AusgabeTaschenbuch
Seiten656
SpracheDeutsch
ÜbersetzerHans-Joachim Hartstein
ISBN-13978-3293206960

„Die Häufung von Zufällen, Ungereimtheiten und überraschenden oder erzwungenen Wendungen in dieser Geschichte überstiegen sein Fassungsvermögen.“ (Zitat Seite 163)

Inhalt

In diesem heißen September 2007 in Havanna wird Mario Conde von dem New Yorker Künstler Elias Kaminsky kontaktiert. Dieser erzählt ihm die abenteuerliche Geschichte seiner Familie, die seine Vorfahren von Polen nach Kuba und dann in die USA geführt hat und von einem Originalbild von Rembrandt, eine Vorstudie zu den Pilgern von Emmaus, das sich seit 1648 im Besitz seiner Familie befand. 1939 hatten die Großeltern von Elias es auf ihrer Flucht mit nach Kuba gebracht, doch ihnen wurde die Einreise verweigert und das Bild ist seither verschwunden. Nun ist das Bild plötzlich bei einer Auktion aufgetaucht. Elias Kaminsky konnte die Auktion mit Berufung auf Raubkunst stoppen, doch El Conde soll in seinem Auftrag die Wahrheit darüber herausfinden, was ist damals geschehen und warum.

Thema und Genre

Dieser Gesellschafts-, Familien-, Künstlerroman, historischer Roman und auch Kriminalroman und Kubaroman erzählt drei große Geschichten. Familie, Freundschaft, Grundsatzfragen der Religion spielen eine wichtige Rolle, der zeitlose Traum von Freiheit und wie immer das Leben in Havanna.

Erzählform und Sprache

Der Roman ist in drei große Abschnitte, der Autor betitelt sie als Bücher, gegliedert und einen kurzen vierten Teil, in dem sich alle Teile der Geschichte verbinden und bisher offene Lücken schließen. Die unterschiedlichen Handlungsstränge spielen zum Teil um 1647 in Amsterdam und es geht um Rembrandt, seine Kunst und seinen Schüler Elias, der zweite Handlungsstrang ist die Geschichte der Familie Kaminsky, die tief in der Vergangenheit beginnt und von Polen über Kuba in die USA führt. Die dritte Erzählebene spielt in der aktuellen Zeit zwischen 2007 und 2009 in Havanna und schildert El Condes Recherchen im Zusammenhang mit dem Bild von Rembrandt und seine Ermittlungen in einer besonderen Gruppierung innerhalb der Jugendszene von Havanna, von der Suche nach einem verschwundenen Mädchen, bei der er auf die Hilfe von Mayor Manuel Palacios „Manolo“ hofft, sein ehemaliger Kollege, der immer noch bei der Kriminalpolizei ist. El Conde soll sich aus den Ermittlungen heraushalten, was er jedoch nicht tun wird, denn irgendwie zeigen sich erste Zusammenhänge. „Er war nun überzeugt davon, das sich am Ende dieser Geschichte mehrere Wege kreuzen würden.“ (Seite 135)

Fazit

Eine packende, interessante, lebhaft pulsierende und überaus klug und stimmig aufgebaute Geschichte, ein poetischer, in vielen Facetten schillernder Roman, der gekonnt reale Ereignisse und geschichtliche Fakten zu einem fiktiven, spannenden und glaubhaften Leseerlebnis verbindet, das begeistert.

Kuckuckskinder – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagUllstein Taschenbuch
Datum30. November 2023
AusgabeTaschenbuch
Seiten416
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatrin Frey
ISBN-13978-3548068725

„Hier gab es eine Geschichte, die es zu entdecken galt. Alle ihre Bücher hatten so angefangen. Mit einem menschlichen Schicksal und ihrer Lust, der Geschichte dahinter auf den Grund zu gehen.“ (Zitat Seite 83)

Inhalt

Erica Falck und Patrik Hedström sind zu einem festlichen Event eingeladen. Henning Bauer, einer der angesehensten Schriftsteller Schwedens und seine Frau Elisabeth, eine erfolgreiche Verlegerin, feiern ihren fünfzigsten Hochzeitstag im Kreise der Familie und Freunde. Nur Rolf Stenklo, der berühmte Fotograf, sagt ab, da er in der nahegelegenen Galerie seine Ausstellung vorbereitet, die in zwei Tagen stattfinden wird. Seine Frau Vivian jedoch geht auf die Feier und erwähnt gegenüber Erica einen bis heute ungeklärten Mordfall, der 1980 in Stockholm stattgefunden hat. Lola und ihre kleine Tochter hatten damals ebenfalls zu dem engen Freundeskreis um Henning und Rolf gehört. Erica weiß sofort, dass sie den Stoff für ihren nächsten Roman gefunden hat. Als Rolf Stenklo am nächsten Morgen tot in der Galerie aufgefunden wird, ahnt Kommissar Patrik Hedström zunächst nicht, dass Ericas Recherchen sie direkt in die Gegenwart und mitten in seinen aktuellen Fall führen werden, eine Mordserie und ein Durcheinander von möglichen Zusammenhängen, die Patrik und sein Team an ihre Grenzen bringen.

Thema und Genre

In diesem schwedischen Kriminalroman geht es um Schriftsteller, Künstlerkreise, Beziehungen, Konflikte und alte Familiengeheimnisse, die plötzlich aus der Vergangenheit in die Gegenwart führen.

Erzählform und Sprache

Die aktuelle Handlung findet in einem knappen Zeitrahmen statt, was für zusätzliche Spannung sorgt. Die zweite, abwechselnd erzählte Handlung spielt im Jahr 1980 in der Stockholmer Künstlerszene und auch hier geht es um einen kurzen Zeitraum. Camilla Läckberg nimmt sich Zeit, wichtige gesellschaftspolitische und zwischenmenschliche Themen in die Geschichte einzubinden und sie einerseits in die Ermittlungen einzufügen, oder als Ereignisse innerhalb des privaten Umfelds der einzelnen Ermittler. Alle Figuren sind sehr interessant und ihr Verhalten und Handlungen entsprechen ihrem Charakterbild. Die Sprache ist angenehm zu lesen.

Fazit

Dieser elfte und vorerst letzte Band der Falck-Hedström-Serie überzeugt durch eine packende, facettenreiche Handlung und vielseitige Figuren.

„Die Eishexe“ – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagUllstein Taschenbuch
Datum9. November 2018
AusgabeTaschenbuch
Seiten752
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatrin Frey
ISBN-13978-3548290669

„Stift und Papier hatte sie immer griffbereit. Gedanken und Ideen, die ihr in den Sinn kamen, schrieb sie rasch auf, und sie führte ständig Listen der Dinge, die getan werden mussten, damit sie mit dem buch vorankam.“ (Zitat Seite 86)

Inhalt

Die kleine Stella Strand wurde nur vier Jahre alt. Die Freundinnen Helen und Marie, dreizehn Jahre alt, hatten auf sie aufgepasst und den Mord gestanden, dann jedoch das Geständnis widerrufen. Dies ist nun dreißig Jahre her und die Schriftstellerin Erica Falck ist mitten in ihren eigenen Recherchen zu diesem Fall, denn sie schreibt an einem Buch über Stella. Helen lebt weiterhin in Fjällbacka, Marie ist heute ein Hollywoodstar und kommt für einen Filmdreh zurück. Als die vierjährige Linnea „Nea“ verschwindet, ist der Ort sofort in Aufregung, der Fall Stella ist immer noch in den Erinnerungen der Menschen präsent und das Verschwinden der kleinen Nea wird sofort mit Maries Auftauchen in Verbindung gebracht. Oder finden sich die Täter im nahe gelegenen Flüchtlingsheim? Kann es sein, dass ein alter Fluch aus dem Jahr 1672 mächtig genug ist, um bis in die heutige Zeit zu reichen? Das Team um Patrik Hedström muss vielen Spuren folgen und alle sind eine Mischung aus Fakten, Gerüchten, Vertuschung und Unwahrheiten.

Thema und Genre

In diesem zehnten Band der Serie geht es um Gewalt an Frauen, zeitlos und in vielen Facetten. Familienkonflikte, prägende Erfahrungen und seelische Belastungen, sowie Vorurteile gegenüber Flüchtlingen sind weitere Kernthemen. Die Summe davon führt zu katastrophalen Folgen.

Erzählform und Sprache

Dieser Kriminalroman umfasst drei unterschiedliche Handlungen, die in sich chronologisch geschildert werden, wobei sich die Recherchen zum aktuellen Fall Linnea sich rasch mit dem alten Fall Stella verknüpfen, wobei auch Ericas eigene Recherchen eine wichtige Rolle spielen. Die dritte Geschichte hat sich in den Jahren 1671 und 1672 zugetragen und erzählt die Geschichte von Elin Jonsdotter aus Fjällbacka. Die sehr realistisch und detailliert geschilderten Ereignisse bilden diesmal einen starken Kontrast zum fröhlich-lebhaften Familienleben rund um Erica und Patrik.

Fazit

Ein weiterer Kriminalroman dieser Serie aus Fjällbacka, der diesmal einige sehr drastische Szenen schildert. Man versteht Camilla Läckbergs Anliegen, viele brisante, aber unterschiedliche Themen einzubringen, doch dies geht auf Kosten der Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit.

Meerjungfrau – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagList Taschenbuch
Datum5. Oktober 2012
AusgabeTaschenbuch
Seiten480
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatrin Frey
ISBN-13978-3548611266

„Er hatte es gewusst, früher oder später würde alles ans Licht kommen. So etwas ließ sich nicht verbergen.“ (Zitat Seite 7)

Inhalt

Am 3. November verlässt Magnus Kjellner wie jeden Morgen das Haus und trifft nie an seinem Arbeitsplatz ein. Dies geschah vor drei Monaten. Wie kann es sein, dass ein glücklich verheirateter Mann, Vater von zwei Teenagern, beliebt und unbescholten, plötzlich spurlos verschwindet? Gerade hat Christian Thydell, Bibliothekar in Fjällbacka, erfolgreich seinen ersten Roman „Meerjungfrau“ veröffentlicht. Sie sind seit Jahren befreundet, Magnus, Christian, Erik und Kenneth, und seit einiger Zeit erhalten sie Drohbriefe, sie hätten ihr Glück nicht verdient. Auch als die Leiche von Magnus endlich gefunden wird, verläuft die Spurensuche des Ermittlerteams um Kommissar Patrik Hedström zunächst ergebnislos, obwohl sie überzeugt sind, dass alle Ereignisse zusammenhängen. Erst als Erica Falck Christians Roman in einer schlaflosen Nacht nochmals genau liest, erkennt sie die Wahrheit.

Thema und Genre

Ein schwedischer Kriminalroman und ein neuer Fall für die Schriftstellerin Erica Falck und ihren Ehemann, Kommissar Patrik Hedström. Es geht um psychologische Themen wie Kindheitstraumata, Schuld, Rache, Familienkonflikte, aber auch um Familienglück und das Alltagsleben in Fjällbacka.

Erzählform und Sprache

Die Schilderung der Ereignisse entspricht den straffen Abläufen der Ermittlungstätigkeit im Zusammenhang mit Kriminalfällen. Sehr kreativ      und meistens nicht zur Freude ihres Ehemannes Patrik recherchiert Erica parallel dazu selbst, folgt teilweise anderen Spuren und das, obwohl sie Zwillinge erwartet. Diese Abläufe in der Gegenwart werden durch Abschnitte mit den Gedankenströmen einer bestimmten Person unterbrochen, welche die Vergangenheit betreffen, aber ebenfalls chronologisch, langsam bis in die Gegenwart führen. Die Sprache erzählt anschaulich, ist angenehm flüssig zu lesen und passt zum Genre.

Fazit

Dieser sechste Band der Serie überzeugt durch eine spannende Handlung mit einer Themenvielfalt im psychologischen Bereich, kommt ohne betont blutige Morddetails aus, sondern schildert leise und dadurch mit packender Intensität. Lesevergnügen mit Tiefgang, besonders, aber nicht nur, für Fans nordischer Kriminalromane.

Der Leuchtturmwärter – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagUllstein Taschenbuch
Datum11. November 2013
AusgabeTaschenbuch
Seiten496
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatrin Frey
ISBN-13978-3548285863

„Patrik spürte, dass seine Geduld mit griesgrämigen alten Männern und miesepetrigen Anarchisten zur Neige ging.“ (Zitat Seite 268)

Inhalt

Während sich Fjällbacka auf die Eröffnung des neuen Wellnesshotels Badis vorbereitet, wird Mats Sverin, der für die Finanzen des neuen Unternehmens zuständig ist, ermordet. Bald scheint es, als ob dies eher mit seinem früheren Arbeitsplatz zu tun haben könnte und Patrik Hedström und sein Team müssen in mehreren Fällen gleichzeitig ermitteln. Annie Wester kehrt mit ihrem kleinen Sohn Sam auf die Insel Gråskär zurück, die „Geisterinsel“, auf der es nur ein kleines Haus gibt und einen weißen Leuchtturm, der längst nicht mehr in Betrieb ist – und angeblich die Geister von Verstorbenen. Gut, dass Oma Kristin auf Maja und die vor kurzem geborenen Zwillinge von Patrik und Erica aufpassen kann, denn Erica kümmert sich nicht nur um ihre Schwester Anna, sondern auch um ihre Kindheitsfreundin Annie. Sie beginnt, selbst zu recherchieren, und nicht nur in der Geschichte der Geisterinsel.

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman aus Schweden, Band 7 der Falck-Hedström-Serie, geht es um Mord, Gewalt in der Familie, Verlust und Trauer, und die Ermittlungsarbeit des Teams der Polizeidienststelle Tanum.

Erzählform und Sprache

Dieser Kriminalroman berichtet über mehrere Verbrechen an unterschiedlichen Handlungsorten und obwohl Patrik das Gefühl hat, dass alle Vorfälle irgendwie zusammenhängen, finden sich keine derartigen Spuren, im Gegenteil, es entstehen immer neue Fragen. Die Handlung verläuft chronologisch, wobei die Recherchen und Gespräche weitere Informationen aus der Vergangenheit ergänzen. Unterbrochen wird die aktuelle Handlung mehrmals durch eine Geschichte, die in den Jahren ab 1870 spielt. Auch diesmal nimmt sich Camilla Läckberg Zeit, in die Familien zu schauen, in Glück und Krisen, und den Alltag in Fjällbacka mit glaubwürdigen, originellen Figuren zu schildern. Die Geisterinsel sorgt für mystische Momente.

Fazit

Ein packender Kriminalroman, der sich durch die Vielfalt der Themen auszeichnet und für spannende Lesestunden sorgt.

Wackelkontakt – Wolf Haas

AutorWolf Haas
VerlagCarl Hanser Verlag
Datum9. Januar 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3446282728

„Sie vermutete, Madrisa hätte ihr sagen wollen, man weiß nie, was geschrieben steht, bevor man den letzten Satz gelesen hat. Bevor man am Ende des Buches angekommen ist.“ (Zitat Pos. 2474)

Inhalt

Seit Franz Escher, von Beruf Trauerredner, zu seinem neunzehnten Geburtstag sein erstes Puzzle bekommen hat, tausend Teile, kamen viele weitere dazu. An diesem Tag, über dreißig Jahre später, wartet er auf den Elektriker. Die Wartezeit vertreibt er sich mit dem Puzzle „Die große Welle“, fünfhundert Teile. Das Puzzle ist fertig, der Elektriker noch nicht da, also greift er zu dem Roman, den er am Vorabend zu lesen begonnen hat, ein Mafia-Roman, sein bevorzugtes Genre. Elio Russo, ein junges Mitglied der Mafia, wurde zum Kronzeugen. In einigen Tagen soll Russo mit einer neuen Identität in ein neues Leben in Deutschland entlassen werden, doch er ist überzeugt, nicht vor der Rache der Mafia sicher zu sein. Er kann nicht schlafen und liest weiter in einem Buch über einen Mann namens Escher, der auf den Elektriker wartet.

Thema und Genre

Eine Roman im Roman im Roman, parallel und gleichzeitig gespiegelt, spielt er mit den Möglichkeiten des Erzählens, OFF-ON, diffus wie ein Wackelkontakt.

Erzählform und Sprache

Was mit zwei parallelen Handlungssträngen beginnt, die Geschichte des Puzzle-begeisterten Eigenbrötlers Franz Escher und die Geschichte des jungen Kriminellen Elio Russo, entwickelt sich rasch zu einem spannenden, genialen Verwirrspiel, je weiter Escher und Elio lesen, desto mehr verwischen die Grenzen zur Realität, kommen sie einander im Gelesenen näher, bis sie rasant durch die aktuellen Ereignisse gleiten. Franz Escher denkt über die Formulierungen seiner Trauerreden nach: „Es ging darum, mit seinen Worten den Übergangsbereich zu berühren. Die unsichtbare Nahtstelle zwischen den Welten des tatsächlich Geschehenen und des möglich Gewesenen.“ (Zitat Pos. 1725) Genau darum geht es auch in diesem Roman.

Fazit

Dieser Roman ist eine Wundertüte aus vielen Geschichten, Kriminalroman, Lebensgeschichte, Liebesgeschichte und ein spannendes, amüsantes Verwirrspiel zwischen Romanfiguren und  Erzählebenen, überraschend bis zum letzten Satz.

Biblioteca criminale: Pellegrinis vierter Fall – Dino Minardi

AutorDino Minardi
VerlagKampa Verlag
Datum23. März 2023
AusgabeTaschenbuch
Seiten224
SpracheDeutsch
ISBN-13 978-3311120582

„Sonia, das ist Commissario Marco Pellegrini aus Como. Der, den ich für die Ermittlung vorgeschlagen habe.“ (Zitat Seite 39)

Inhalt

Die Jahrestagung der Vereinigung Hominis et Tigris, in der es um Kriminologie und Aufklärung von Gewaltverbrechen geht, findet in der berühmten Bibliothek Angelo Mai in Bergamo statt. Commissario Marco Pellegrini aus Como ist seit vielen Jahren Mitglied und diesmal begleitet ihn seine Mitarbeiterin, Ispettrice Claudia Spagnoli. Doch als sie am Samstag, 22. Mai, zum ersten Vortrag kommen, wird den Teilnehmern der Zutritt verweigert. Am Vortag hatte der Archivar Bertoldo Novarese noch begeistert Claudia Spagnoli einen riesigen, alten Globus, kunstvoll aus Holz geschnitzt, erklärt, nun ist der Archivar tot. Er war in der Nacht in der Bibliothek ermordet worden und nur die Teilnehmer der Konferenz waren noch im Gebäude und hatten daher zur Tatzeit Zutritt zur Bibliothek. Dies macht den Fall besonders brisant und Marco Pellegrini wird mit den Ermittlungen beauftragt, da es jemand von außerhalb sein muss.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman handelt von der Aufklärung eines Mordfalls, der zunächst viele Fragen aufwirft. Doch auch Beziehungen, Liebe und Familie und natürlich wertvolle alte Bücher spielen eine Rolle.

Erzählform und Sprache

In diesem vierten und letzten Band der Serie geht es um die Frage nach Motiv und Tatperson. Die Geschichte wird chronologisch erzählt und findet innerhalb von wenigen Tagen statt. Dadurch ergibt sich eine straffe Handlung, die mit zwischenmenschlichen Themen und Konflikten ergänzt wird, und die dem Commissario dennoch manchmal Zeit lässt für einen guten caffè. Auch dieser Fall ist in sich abgeschlossen und kann gelesen werden, ohne die anderen drei Bücher zu kennen.

Fazit

Eine interessante, spannende Geschichte und sympathische Figuren ergeben ein unterhaltsames Lesevergnügen.

Ein Espresso für den Commissario: Pellegrinis erster Fall – Dino Minardi

AutorDino Minardi
VerlagKampa Verlag
Datum13. Juni 2024
AusgabeTaschenbuch
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3311155409

„Richtig, er war Commissario der Polizia di Stato von Como, der ab und zu in der Bar seines Vaters die Espressomaschine bediente, und kein Barista. Es gab diese Tage, an denen er sich wünschte, es wäre anders, und heute schien ein solcher zu sein.“ (Zitat Seite 12)

Inhalt

Als Commissario Marco Pellegrini nach einer Auszeit von etwa vier Jahren wieder nach Brunate zurückgekehrt war, ein Ort über dem Comer See, wo seine Familie ein Albergo besitzt, hatte er sich auf eine ruhigere Zeit bei der Polizia di Stato gefreut. Auch an diesem Dienstagmorgen, es ist der 15. Mai, genießt der den wunderbaren Blick über den See bei einem perfekten caffè, natürlich selbst zubereitet, in der Bar della Funicolare, die ebenfalls der Familie gehört. Doch kaum betritt er etwas später die Questura, ist es mit der Ruhe vorbei. Ein Student wurde in seiner Wohnung tot aufgefunden, im Bett erwürgt. Die ungewöhnlich hohe Anzahl an unterschiedlichen Fingerabdrücken, die sich in dieser Wohnung finden, ist bald geklärt, die Wohnung wurde immer wieder über Airbnb an Touristen untervermietet. Doch das Vermögen, über das dieser Student verfügt, lässt sich damit nicht erklären und das Ermittlerteam steht zunächst vor eine Reihe von unterschiedlichen Vermutungen und vielen Fragen.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman, der erste Band einer Serie, spielt am Comer See. Es geht um Verbrechen und Ermittlungen, Umwelt, Forschung, Investment, und viele Facetten von zwischenmenschlichen Beziehungen.

Erzählform und Sprache

Die straffe Handlung spielt zwischen dem 15. und 18. Mai und durch diesen knappen Zeitraum wirkt die Arbeit der Ermittler realistisch und nachvollziehbar. Pellegrinis enges Team besteht aus zwei Personen: Vice Ispettore Fabio Cunego und der jungen, ehrgeizigen Ispettrice Claudia Spagnoli. Die Spannungen zwischen diesen beiden Mitarbeitern machen die Ermittlungsarbeit für den Commissario nicht einfacher, andererseits ergibt sich daraus für den Autor die Möglichkeit, die Tage in viele unterschiedliche Ereignisse an teilweise unterschiedlichen Orten zu splitten, die gleichzeitig stattfinden, was die Spannung erhöht. Die Handlung wird ergänzt durch persönliche Erlebnisse und Probleme der unterschiedlichen Figuren, so ergibt sich zum Beispiel aus den Erinnerungen und Gedanken des Commissario eine eigene Geschichte und nach und nach die Erklärung für seine Auszeit. Bildintensiv und eindrücklich schildert die Sprache auch das italienische Lebensgefühl und die Schönheit der Landschaft.

Fazit

„Gleich einer hellen Ameisenspur blinkten am gegenüberliegenden Ufer die Lichter von Cernobbio und den kleineren Nachbarorten. Der See strahlte erhabene Ruhe aus, samtschwarzen Frieden.“ (Zitat Seite 90) Schilderungen wie diese machen diesen vielseitigen Kriminalroman zu einem überzeugenden Lesevergnügen, am besten mit mehreren Espressi zu genießen.

Schneesturm und Mandelduft – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagUllstein Verlag
Datum30. November 2012
AusgabeKindle-Ausgabe
Seiten160 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB009T3LGXY

„Der Duft von Mandeln. Von etwas, das es hier nicht geben durfte.“ (Zitat Pos. 229-240)

Inhalt

Kommissar Martin Molin, der junge Kollege von Patrik Hedström, wird von seiner neuen Freundin Lisette von Liljecrona eingeladen, sie auf die Weihnachtsfeier ihrer Familie zu begleiten. Lisettes Großvater, der Milliardär Ruben von Liljecrona, hatte alle auf die kleine, abgelegene Insel Valö eingeladen und sie alle lassen die Launen des despotischen Familienoberhauptes über sich ergehen, auf einen möglichst großen Teil des Erbes hoffend. Doch der alte Patriarch hat andere Pläne, er teilt den geschockten Familienmitgliedern mit, er werde sein Erbe an wohltätige Organisationen spenden. Kurz darauf bricht er während des Essens tot zusammen, ermordet. Gleichzeitig ist die Insel durch einen Schneesturm von der Umwelt abgeschnitten und Kommissar Molin muss alleine ermitteln, denn die Tat kann nur von einer der anwesenden Personen begangen worden sein.  

Thema und Genre

Diese weihnachtliche Geschichte ist ein typischer Whodunit-Kriminalroman. Die Tat, ein Kreis von möglichen Tatpersonen, ein Ermittler. Es geht um mehrere Generationen einer Familie, Zwistigkeiten, und um ein großes Erbe.

Erzählform und Sprache

Auch die Erzählform ist klassisch, eine chronologisch fortlaufende Handlung, Details über die einzelnen Personen ergeben sich aus den Gesprächen. Starker Schnellfall, Kälte und Eis verstärken die Stimmung von winterlicher Abgeschiedenheit.

Fazit

Ein unterhaltsamer weihnachtlicher Kriminalroman.

Die Totgesagten – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagList Taschenbuch
Datum10. März 2010
AusgabeTaschenbuch
Seiten416
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatrin Frey
ISBN-13978-3548609614

„Wenn ihr – ich nehme an, Molin wird dich unterstützen – einen Hinweis findet, das wirklich etwas nicht stimmt, macht weiter. Falls ihr allerdings nichts Berauschendes findet, verschwendet ihr keine weitere Zeit damit.“ (Zitat Seite 72)

Inhalt

Der Termin der Hochzeit von Erica Falck und Patrik Hedström rückt rasch näher, zum Glück wird Erica von ihrer Schwester Anna tatkräftig unterstützt, denn Patrik und sein Team sind intensiv mit den Ermittlungen zu zwei völlig unterschiedlichen Fällen beschäftigt. Da ist der tödliche Autounfall von Marit Kasperson, Inhaberin eines kleinen Ladens. Warum hatte die Frau, die keinen Tropfen Alkohol angerührt hat, einen extrem hohen Alkoholspiegel im Blut? Patrik erinnert sich an einen ähnlichen Fall, der inzwischen drei Jahre her ist, ein angeblicher Selbstmord eines Mannes, der nie Alkohol getrunken hat, jedoch stark alkoholisiert war. Genaue Untersuchungen zeigen Details, die eindeutig auf Mord hinweisen, dennoch gibt es offenbar keine Verbindung zwischen den beiden Fällen, außer einer Seite aus einem Märchenbuch.  Gerade wird in Tanum die beliebte Reality-Soap ‚Raus aus Tanum‘ gedreht und nach einem heftigen Streit unter den Teilnehmern wird die Leiche eines jungen Mädchens, eine Teilnehmerin, in einer Mülltonne gefunden. Die Ermittler vermuten, dass eine der teilnehmenden Personen diesen Mord begangen hat, doch wer?

Thema und Genre

In diesem schwedischen Kriminalroman geht es um Mordermittlungen, Kindheitserinnerungen, Familienbeziehungen, Traumata, Reality-Fernsehshows, aber auch das Alltagsleben in einer überschaubaren Gemeinde.

Erzählform und Sprache

Auch dieser Band 4 der Falck-Hedström-Serie spielt in der Gemeinde Tanum, in Fjällbacka und in Tanumshede, wo sich das Polizeikommissariat befindet. Die Geschichte wird chronologisch erzählt, immer wieder unterbrochen von Abschnitten mit den Erinnerungen und Gedanken der unbekannten Tatperson. Sehr gut gelingt der Autorin der Wechsel zwischen den Schilderungen der brutalen Morde und dem Familienleben von Erica und Patrik mit den Hochzeitsvorbereitungen, sowie dem Leben in der Gemeinde mit den vielen unterschiedlichen Charakteren und Schicksalen. Lebhaft und anschaulich sind auch die Schilderungen des Umfeldes und der medienwirksamen Dreharbeiten von Reality-Soaps. Auch wenn man als Leser eigene Vermutungen anstellt, sobald sich durch die Informationen der Ermittlungsarbeit Puzzleteil um Puzzleteil zusammenfügt, sorgen überraschende Wendungen für eine durchgehend packende Geschichte, die glaubwürdig und nachvollziehbar ist.

Fazit

Auch dieser Teil der Serie um den sympathischen Ermittler Patrik Hedström und seine Frau, die Autorin Erica Falck, garantiert spannende Unterhaltung, deren Vielschichtigkeit für ein abwechslungsreiches Leseerlebnis sorgt.

The Light in the Ruins – Chris Bohjalian

AutorChris Bohjalian
VerlagVintage Contemporaries
Datum9. Juli 2013
AusgabeKindle Ausgabe
Seiten322
SpracheEnglish
ASINB00B3GMIBY

„She might even take two days and visit the Rosati villa in Monte Volta. Maybe she would learn something from its ghosts.” (Zitat Seite 86)

Inhalt

Das alte Landgut der adeligen Familie Rosati, die Villa Chimera, liegt versteckt zwischen Weinbergen etwas außerhalb des toskanischen Ortes Monte Volta und damit auch abseits des direkten Kriegsgeschehens im zweiten Weltkrieg. Bis im September 1943 die Nationalsozialisten weite Teile Italiens besetzen und erfahren, dass sich nahe der Villa eine antike etruskische Grabstätte befindet. Zunächst interessiert den deutschen Oberst Erhard Decker, immer auf der Suche nach Kunstschätzen für Berlin, vor allem das Grabgewölbe, doch rasch auch für die große Villa selbst.

1955 findet Cristina Rosati den toten Körper ihre Schwägerin Francesca Rosati, das Herz wurde aus der Brust geschnitten und wirkungsvoll in einem Aschenbecher vor dem Frisierspiegel präsentiert. Rasch zeigt sich, dass es jemand offenbar auf die noch lebenden Mitglieder der Familie Rosati abgesehen hat. 1943 kämpfte Serafina Bettini trotz ihrer Jugend aktiv auf der Seite der Partisanen. Heute ist sie die erste Frau in der Mordkommission von Florenz. Sie ist überzeugt, dass der Tathintergrund in der Vergangenheit zu suchen ist, obwohl sie und ihr Chef Paolo Ficino sich fragen, warum erst jetzt, nach elf Jahren.

Thema und Genre

In diesem Roman mit geschichtlichem Hintergrund geht es um Italien im zweiten Weltkrieg zwischen Nationalsozialisten, Angriffen der Alliierten und Widerstand, Familiengeheimnisse, Verlust, Liebe und Rache. Die Geschichte zeigt viele Facetten zwischen Kriminalroman, Familiengeschichte und Generationenroman.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen und auf zwei tatsächlichen Zeitebenen erzählt, die einander abwechseln und in sich chronologisch verlaufen. Die aktuellen Ereignisse schildern die Mordfälle, die Ermittlungsarbeit und Recherchen im Jahr 1955, ergänzt durch Erinnerungen. Das Geschehen in der Vergangenheit spielt während der Kriegsjahre 1943 und 1944. Wirklich spannend und interessant wird die Geschichte jedoch durch einen dritten Erzählstrang, den Gedankenströmen der Tatperson. Damit beginnt das Buch und die Schilderungen der Ermittlungen und Befragungen im Jahr 1955 werden wiederholt durch die Gedanken, Überlegungen und Planungen der nächsten Schritte dieser unbekannten Person ergänzt, wodurch wir aus einer anderen Perspektive auf das Geschehen blicken. Der Roman in englischer Sprache wurde nie übersetzt, doch die elegante, klare Erzählsprache, eindrucksvoll und lebhaft in den Schilderungen, ist sehr gut zu lesen.

Fazit

Ein packender Roman mit zeitlos gültigen Themen und Fragestellungen und einer Vielfalt an Charakteren, menschlichem Verhalten und Gefühlen. Spannende Unterhaltung und Lesevergnügen.

Anständige Leute – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum8. Juli 2024
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten400
SpracheDeutsch
ÜbersetzerPeter Kultzen
ISBN-13978-3293006218

„Die Wege der Literatur und des Lebens neigen dazu, sich auf alle möglichen und unmöglichen Arten zu kreuzen. Und die dabei entstehende Reibung fördert vielfach beunruhigende, manchmal auch augenöffnende Wahrheiten zutage.“ (Zitat Seite 127, 128)

Inhalt

Fast dreißig Jahre ist es nun schon her, dass Mario Conde „El Conde“ den Polizeidienst verlassen hat. In diesem Jahr 2016 stehen zwei einmalige Ereignisse unmittelbar bevor: der amerikanische Präsident Barack Obama besucht Kuba, ein Besuch, der mit großen Hoffnungen verbunden ist. Auch die Rolling Stones setzen ein Zeichen und geben ein kostenloses Open-Air-Konzert in Havanna. Die Stadt vibriert vor Vorfreude und Aufregung. Da wird Reynaldo Quevedo, in den 1970ern einer der meistgefürchteten Politiker und bis meistgehassten Männer, ermordet aufgefunden und Mario Condes ehemaliger Kollege bei der Polizei Manuel „Manolo“ Palacios, braucht seine Hilfe bei den Ermittlungen. Gerade in diesen Tagen müssen die Ermittlungen besonders diskret erfolgen und es werden schnelle Resultate verlangt. Mario Conde sagt zu, obwohl er gerade einen Abendjob angenommen hat und mit eigenen Recherchen beschäftigt ist, die ihn in die Jahre 1909 und 1910 in Havanna zurückführen, zu einem jungen Ermittler, zu Morden im Rotlichtmilieu und zu der schillernden, charismatischen Legende Alberto Yarini Ponce de León.

Thema und Genre

In diesem gesellschaftskritischen, literarischen Kriminalroman geht es um die politische und gesellschaftliche Situation Kubas im Jahr 2016 und mehr als einhundert Jahre zuvor. Themen sind Korruption, Machtmissbrauch, kulturelle Diktatur, die Armut der Bevölkerung, unerfüllte Lebensträume, aber auch Freundschaft, Liebe und Lebensfreude. Die wichtigste Frage aller Figuren damals und heute ist die persönliche Definition des Begriffes Anstand und was es bedeutet, ein anständiges Leben zu führen.

Charaktere

Die Lebenseinstellung von Mario Conde wurde mit den Erfahrungen der Jahre und durch die genaue Beobachtung des Alltagslebens in Kuba nicht optimistischer, im Gegenteil. Kritisch verfolgt er die Vorgänge in seinem Heimatland und er lässt sich von der Euphorie im Vorfeld der beiden Großereignisse nicht überzeugen. „Marío Conde, der eingefleischte Pessimist, verfügte womöglich über ein zu umfangreiches historisches Wissen und war, was manche Dinge anging, so oder so von unheilbarem Misstrauen erfüllt, jedenfalls hatte er das Gefühl, sein Land genieße gerade lediglich eine kurze Verschnaufpause, nach deren Ende sich die Härte wiedereinstellen würde.“ (Zitat Seite 229)

Erzählform und Sprache

Padura erzählt auch in diesem Roman zwei Geschichten, die einander abwechseln. Um die Zuordnung einfach zu gestalten, wählt er für die Abschnitte rund um El Condes Ermittlungen im Jahr 2016, die innerhalb von wenigen Tagen stattfinden, nur die fortlaufende Nummerierung als Überschrift. Die Kapitel mit den Geschehnissen in den Jahren 1909, 1910 tragen Überschriften. Den unterschiedlichen Inhalten folgend, wird der aktuelle Handlungsstrang in der dritten Person geschildert, mit Marío Conde im personalen Mittelpunkt. Die historischen Ereignisse dagegen werden als Aufzeichnungen in der ersten Person erzählt. Es ist Paduras besondere Art zu schreiben, die begeistert, mühelos wechselt er zwischen umgangssprachlichen Dialogen, literarischen Schilderungen und philosophischen Gedankenströmen. Havanna im Ausnahmezustand durch Obamas Besuch – für Padura eine Gelegenheit, dies kritisch zu betrachten und durch die Gedanken und Beobachtungen Condes die Realität in Kuba zu beschreiben.

Fazit

Zwei facettenreiche Geschichten, lose vernetzt, ergeben interessante Einblicke in das Leben in Havanna 1910 und mehr als einhundert Jahre später, im wichtigen Jahr 2016 mit den zwei besonderen Großereignissen. Eine spannende, interessante Mischung aus kritischem Gesellschaftsroman, politischem Roman, historischem Roman und Kriminalroman in einer Sprache, die das Lesen zum Erlebnis macht.

Das Kreuz des Nordens – Hendrik Falkenberg

AutorHendrik Falkenberg
VerlagEdition M
Datum8. Dezember 2015
AusgabeKindle
Seiten498 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB017BCMC2S

„Denk nicht nur an die offensichtlich Verdächtigen. Dann übersiehst du ganz schnell jemanden.“ (Zitat Seite 442)

Inhalt

Die Ermittlungen konzentrieren sich auf den spektakulären Mord durch Kreuzigung, dass auch eine Frauenleiche gefunden wurde, geht da im öffentlichen Interesse unter. In diesem zweiten Fall für den jungen Sportler und Kriminalpolizisten Hannes Niehaus finden sich rasch Verdächtige und Motive in zwei rivalisierenden Glaubensgemeinschaften. Doch irgend etwas passt für Hannes Niehaus nicht ins Gesamtbild dieses komplexen Falles.

Thema und Genre

In diesem zweiten Teil der Ostsee-Krimi-Serie mit dem Ermittler Hannes Niehaus geht es um religiöse Überzeugungen, Glaube und Fanatismus. Obwohl vom Verlag als Ostsee-Krimi eingestuft, gehört diese Serie für mich ins Genre Thriller.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte wird in zwei parallelen Handlungssträngen geschildert. Wir folgen chronologisch den Ermittlungen, erfahren weitere Details und neue Spuren. Gleichzeitig lesen wir die Gedanken, welche die Taten begründen, natürlich ohne Hinweise, um wessen Gedankengänge und Überlegungen es sich handelt.

Fazit

Spannende Unterhaltung.

Die Zeit heilt keine Wunden – Hendrik Falkenberg

AutorHendrik Falkenberg
VerlagEdition M
Datum21. April 2015
AusgabeKindle e-book
Seiten508 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB00U9SQIT0

„Dann ist es wohl deine Aufgabe herauszufinden, wohin dieses Seil verschwunden ist. Willkommen in deinem ersten Fall.“ (Zitat Seite 44)

Inhalt

Als der Wunsch des jungen Kanusportlers und Polizisten Hannes Niehaus in Erfüllung geht und er zur Kriminalpolizeit wechseln kann, rechnet er nicht damit, sofort in einem äußerst komplexen Fall eingesetzt zu werden. Ein alter Mann findet am Strand eine Leiche, angeblich Tod durch Ertrinken, doch ein paar merkwürdige Details fallen der Rechtsmedizinerin auf. Gleichzeitig verschwindet eine junge Frau spurlos. Kriminalhauptkommissar Fritz Janssen, der neue Vorgesetzte von Hannes Niehaus, ist absolut nicht begeistert, drei Jahre vor der Pensionierung nochmals einen neuen Kollegen ausbilden zu müssen. Er ist ein eigenwilliger Einzelgänger und arbeitet am liebsten allein. Doch im Laufe der Ermittlungen zeigt sich, dass diese Zusammenarbeit auch eine besondere Chance ist, nicht nur für Hannes Niehaus.

Thema und Genre

In diesem Ostsee-Krimi, Band 1 der Serie um den Sportpolizisten Hannes Niehaus, geht es um eine Schuld in der Vergangenheit, die bis in die Gegenwart nicht vergessen wurde.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte wird abwechselnd in zwei Handlungssträngen geschildert, welche gleichzeitig in der Gegenwart stattfinden. Die straffe Handlung erstreckt sich über wenige Tage, was das Tempo und damit auch die Spannung erhöht. Die Sprache entspricht dem Genre, nimmt sich aber auch Zeit für Erklärungen, Schilderungen und Details.

Fazit

Ein spannender Auftakt einer Serie, interessante Ermittlerfiguren und eine gut entwickelte Geschichte mit Raum für eigene Überlegungen und überraschende Wendungen.

Der Nebel von gestern – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum1. Februar 2010
AusgabeTaschenbuch
Seiten384
SpracheDeutsch
ÜbersetzungHans-Joachim Hartstein
ISBN-13978-3293204843

„Die Bolerosängerinnen damals, das waren ganz besondere Frauen. Frauen mit Charakter, wie geschaffen für die Musik, die sie sangen.“ (Zitat Seite 88)

Inhalt

Mehr als dreizehn Jahre sind vergangen, seit Mario Conde die Kripo verlassen hat und nun als Antiquar tätig ist. Gerade in diesen Zeiten der Wirtschaftskrise werden kaum mehr neue Bücher veröffentlicht, Privatbibliotheken werden aus Not jedoch verkauft. El Conde spürt interessante Sammlungen auf, sein Geschäftspartner Yoyi „El Palomo“ bringt diese dann auf den Markt. In einem alten Haus, dessen ehemalige Eleganz noch spürbar ist, entdeckt El Conde eine umfangreiche Bibliothek mit wertvollen Erstausgaben. Die Geschwister Amalia und Dionisio Ferrero, die mit ihrer neunzigjährigen Mutter in dem Haus leben, brauchen das Geld, um nicht zu verhungern. In einem alten Kochbuch findet El Conde einen Zeitungsartikel aus dem Jahr 1960 über die junge, schöne und erfolgreiche Bolerosängerin Violeta del Rio und ihren überraschenden Rücktritt von der Bühne. Das Bild und die Stimme der Bolerosängerin ziehen El Conde beinahe magisch an und er beginnt nachzuforschen, was damals geschehen ist. Eines frühen Morgens jedoch steht plötzlich Manuel Palacios, inzwischen Capitán, vor El Condes Tür. Dionisio Ferrero ist in seinem Haus ermordet worden, El Conde und El Palomo stehen unter Mordverdacht.

Thema und Genre

Gibt es den epischen Kriminalroman schon als Genre, denn besser kan man diesen Roman nicht beschreiben. Es geht um Politik und die Wirtschaftskrise in Kuba, das blühende, lebhafte, schillernde Nachtleben Havannas in den Clubs der vorrevolutionären fünfziger Jahre, um Musik, Schicksale, Freundschaft, Liebe und natürlich um Literatur und alte, wertvolle Bücher.

Charaktere

Die einzelnen Protagonisten in beiden Handlungssträngen bieten eine bunte Vielfalt, sie alle sind realistisch und absolut glaubhaft charakterisiert. Seine Heimatstadt Havanna, in der Bandenkriminalität und Armut allgegenwärtig sind, wird Mario Conde immer fremder, ihm bleiben seine Erinnerungen, die ihn bei seinen Streifzügen durch die alten Viertel begleiten. „In dieser Nacht der Verirrungen sah er sich vor die Tatsache des allgemeinen Scheiterns gestellt, das er selbst verkörperte, er und seine brutale Entwurzelung inmitten einer im Nebel der Erinnerungen versunkenen und einer anderen, sich auflösenden Welt.“ (Zitat Seite 211, 212)

Erzählform und Sprache

Die aktuelle Handlung wird unterbrochen durch eine Reihe von Briefen, die jemand zwischen Oktober und März eines bestimmten Jahres in der Vergangenheit schreibt. Die Jahreszahl fehlt, lässt sich jedoch nachvollziehen, wer diese Briefe schreibt, lässt sich nur vermuten. Erst im Laufe der fortschreitenden Handlung und durch Condes Recherchen, Erinnerungen und Gespräche ergeben sich Hinweise und weitere Teile eines Puzzles der Ereignisse in den fünfziger Jahren. Gleichzeitig malt Leonardo Padura durch seine lebhaften Schilderungen ein eindrückliches und interessantes Bild Havannas in den fünfziger Jahren und in der Zeit der aktuellen Handlung, die ersten Jahre des einundzwanzigsten Jahrhunderts.  

Fazit

Eine bildintensive, epische Zeitreise durch das pulsierende Leben in Havanna, seine Kultur, Musik und Literatur und gleichzeitig eine packende Geschichte über Träume, Hoffnungen und menschliche Leidenschaften. 

Adiós Hemingway – Leonardo Padura

AutorLeonardo Padura
VerlagUnionsverlag
Datum22. April 2013
Ausgabemetro Taschenbuch
Seiten192
SpracheDeutsch
ÜbersetzungHans-Joachim Hartstein
ISBN-13 978-3293206144

„Eigentlich hatte alles genauso angefangen, genau hier, mit dem Blick aufs Meer, unter diesen Kasuarien, inmitten genau dieser ewigen Gerüche, an jenem Tag im Jahre 1960, als er Ernest Hemingway begegnet war.“ (Zitat Seite 10)

Inhalt

Acht Jahre sind vergangen, seit Mario Conde die Kriminalpolizei verlassen hat. Er schreibt oder versucht es zumindest, und handelt mit alten Büchern. „An diesem Morgen jedoch hatte ihn sein ehemaliger Kollege Manuel Palacios angerufen und ihm die Geschichte der Leiche, die auf der Finca Vigía gefunden worden war, auf dem Silbertablett serviert.“ (Zitat Seite 17) Sturmschäden legten ein Skelett frei, ein Mann, ermordet vor vierzig Jahren auf Hemingways damaligem Wohnsitz und mit Kugeln aus legendären Waffen Hemingways. Hier sind El Condes Spürsinn und seine Verschwiegenheit gefragt und er sagt sofort zu, den Fall zu übernehmen. Nach einem Regenguss wird auch noch eine verrostete Blechmarke mit dem bekannten Wappen und drei Buchstaben gefunden, hat Hemingway …? Noch will El Conde das nicht glauben, aber er will unbedingt herausfinden, was damals geschehen ist.   

Thema und Genre

In diesem Kriminalroman geht es um Kuba, Lebensfreude trotz Wirtschaftskrise, und Ernest Hemingway, dessen Geschichten und Mythos auf Kuba immer noch präsent sind.

Charaktere

Für El Conde sind die wichtigsten Dinge im Leben Freundschaft, Kaffee, Zigaretten, Rum, Frauen, Musik und die Literatur. Auch an seinen Traum, eines Tages als Schriftsteller in enem Holzhaus am Meer zu leben, hält er fest.

Erzählform und Sprache

Diesmal sind es zwei Geschichten, die in diesem Kriminalroman erzählt werden. Wir folgen Mario Conde chronologisch tagsüber durch seine intensiven Recherchen mit Teniente Manuel Palacios, und durch die intensiven Nächte mit seinen Freunden. Die zweite Geschichte führt uns zurück in die ersten Oktobertage des Jahres 1958, zu Ernest Hemingway und seine Finca La Vigía bei Havanna. So sind wir als Leser mit unserem Wissen El Condes Recherchen manchmal voraus, doch auch hier werden die Ereignisse in einem chronologischen Ablauf geschildert, daher bleibt die Handlung durchgehend spannend und lässt viel Raum für eigene Überlegungen. Auch wenn es sich um einen Roman handelt, ist diese Geschichte mit den bekannten Fakten aus Hemingways Leben eng und gekonnt verwoben, eine perfekte Mischung, in der sich Padura durchaus auch kritisch mit dem berühmten Schriftsteller Hemingway auseinandersetzt.

Fazit

Ein spannender und interessanter literarischer Kriminalroman aus Kuba, in dessen Mittelpunkt der Ex-Polizist Mario Conde und der Schriftsteller Ernst Hemingway stehen.

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